Januar
Freizügigkeit für Rumänen und Bulgaren
Zum 1. Januar tritt die volle Freizügigkeit für bulgarische und rumänische Arbeitnehmer in Kraft und befeuert noch einmal die Debatte um eine angebliche "Armutsmigration" aus den beiden Ländern. Die Bundesregierung setzt daraufhin einen Staatssekretärsausschuss ein, der die "Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten" untersuchen soll (siehe auch August und November). Auch in der Bevölkerung spiegelt sich das Thema wider: Im ZDF-Politbarometer nennen 22 Prozent der Befragten Zuwanderung als wichtigstes Problem in Deutschland – das ist bislang der höchste Werte unter den Befragten.
Februar
Schweizer Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung"
In einer Volksabstimmung sprechen sich 50,3 Prozent der Wähler für eine Begrenzung der Zuwanderung in ihr Land aus. Diese muss nun innerhalb von drei Jahren umgesetzt werden. Ein von der Schweizer Volkspartei (SVP) angeführtes Komitee hatte die Initiative mit den Argumenten einer drohenden Überlastung von Infrastruktur und Versorgungssystemen eingebracht und wurde dafür bereits vor der Abstimmung stark kritisiert. Mehr zum Thema finden Sie hier.
März
Studie belegt Diskriminierung am Ausbildungsmarkt
Eine Studie des SVR-Forschungsbereichs weist anhand sogenannter Testing-Verfahren die Ungleichbehandlung am Ausbildunsmarkt in Deutschland nach: An etwa 1.800 Betriebe wurden Bewerbungen mit gleichen Qualifikationen, aber jeweils einem deutschen und einem türkischen Bewerbernamen verschickt. Bewerber mit türkischem Namen mussten im Schnitt sieben Betriebe anschreiben, um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden – diejenigen mit deutschem Namen hingegen nur fünf.
April
Debatte um doppelte Staatsbürgerschaft spitzt sich zu
Ende 2013 hatten sich CDU und SPD im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die sogenannte Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern zu lockern. Mussten sich diese bisher zwischen ihrem 18. und 23. Lebensjahr für eine Staatsangehörigkeit entscheiden, sollen sie nun – sofern sie in Deutschland aufgewachsen sind – zwei Pässe behalten dürfen. Wie das "Aufgewachsensein" definiert und nachgewiesen werden soll, sorgt für Streit innerhalb der großen Koalition. Im Interview mit dem MEDIENDIENST kritisiert der Politikwissenschaftler Rainer Bauböck den Gesetzentwurf (siehe auch Dezember).
Mai
Europa- und Kommunalwahlen
Vom 22. bis zum 25. Mai sind die Bürger der 28 EU-Mitgliedstaaten aufgerufen, ein neues EU-Parlament zu wählen. Der bereits im Vorfeld befürchtete Rechtsruck bewahrheitet sich: Fast 20 Prozent der Sitze gehen an Abgeordnete europakritischer Parteien. Besonders in Frankreich und Großbritannien, aber auch in zahlreichen weiteren Ländern verzeichnen rechtspopulistische Parteien Erfolge.
Bei den zeitgleich in zehn deutschen Bundesländern stattfindenden Kommunalwahlen dürfen nach wie vor nur EU-Bürger, nicht aber Drittstaatsangehörige teilnehmen. Nach Berechnungen des MEDIENDIENSTES bleibt damit vor allem in Großstädten ein erhebliches Wählerpotenzial ungenutzt.
Juni
Gedenken an den NSU-Anschlag in der Keupstraße
Zehn Jahre nach dem Nagelbombenanschlag in der Keupstraße finden in Köln über das geamte Pfingstwochenende Gedenkveranstaltungen statt. Mit Theaterstücken, Lesungen und Konzerten wird an die 22 Verletzten erinnert, in Reden und Diskussionen das Versagen der Behörden bei der Aufklärung thematisiert. Erst ab 2011, nachdem jahrelang ein rechtsextremistischer Hintergrund ausgeschlossen und die Opfer selbst verdächtigt worden waren, wurde die Tat dem "Nationalsozialisitischen Untergrund" (NSU) zugerechnet. Die Amadeu Antonio Stiftung veröffentlicht zum Gedenken einen Sammelband mit Berichten von Angehörigen und Anwohnern.
Deutschland verdoppelt Aufnahmekontingent für syrische Flüchtlinge
Auf ihrer Frühjahrskonferenz in Bonn einigen sich die Innenminister von Bund und Ländern darauf, weitere 10.000 Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Damit wird das Gesamtkontingent noch einmal verdoppelt, nachdem die Antragszahlen die bisher zur Verfügung stehenden Plätze weit überschritten hatten.
Juli
Sprachtests für türkische Ehepartner verstoßen gegen EU-Recht
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärt die Sprachanforderungen an türkische Staatsbürger im Rahmen des Ehegattennachzugs für rechtswidrig. Nach einer 2007 eingeführten Regelung müssen sich Drittstaatsangehörige "zumindest auf einfache Art" auf Deutsch verständigen können, wenn sie als Ehepartner in die Bundesrepublik einwandern möchten. Im Fall der Türkei verstößt dies laut Urteil jedoch gegen die sogenannte Stillhalteklausel des EU-Assoziierungsabkommens, die keine neuen Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit türkischer Arbeitnehmer zulässt.
Deutsche Abschiebungshaft nicht mit EU-Recht vereinbar
Noch ein zweites Urteil des EuGH betrifft Deutschland im Juli: Die in mehreren Bundesländern gängige Praxis, Abzuschiebende bis zu ihrer Ausreise in Gefängnissen unterzubringen, verstößt gegen die EU-Rückführungsrichtlinie. Abschiebehäftlinge müssen fortan grundsätzlich in gesonderten Einrichtungen untergebracht werden.
August
Präsidentschaftswahlen in der Türkei
Am 10. August können die Bürger der Türkei zum ersten Mal ihr Staatsoberhaupt in einer Direktwahl bestimmen. Neu ist dabei auch, dass im Ausland lebende türkische Staatsbürger mitwählen können. Die weitaus größte Gruppe unter ihnen bilden die fast 1,4 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland. Ein kompliziertes Anmeldeverfahren und zum Teil weite Entfernungen zu den Wahllokalen tragen jedoch dazu bei, dass sich nur rund sieben Prozent von ihnen an der Abstimmung beteiligen.
Staatssekretärsausschuss stellt Abschlussbericht über "Armutsmigration" vor
Der im Januar eingesetzte Staatssekretärsausschuss legt nach einem Zwischenbericht im August seinen Abschlussbericht vor. Darin wird die Konzentration von rumänischen und bulgarischen Sozialleistungsempfängern auf wenige deutsche Städte dokumentiert und eine Reform des Freizügigkeitsgesetzes vorgeschlagen.
AfD erreicht fast 10 Prozent bei Landtagswahl in Sachsen
Nachdem die neue Partei bei der Bundestagswahl 2013 den Einzug ins Parlament knapp verfehlt hatte, zieht die "Alternative für Deutschland" am 31. August 2014 erstmals in einen Landtag ein. In Sachsen erreicht sie 9,7 Prozent der Stimmen. Im September folgten weitere Erfolge in Brandenburg (12,2 Prozent) und Thüringen (10,6 Prozent). Der Fokuswechsel von der Euro-Kritik zu innenpolitischen Themen wie Migration und Sicherheit scheint sich ausgezahlt zu haben, wie der MEDIENDIENST in einem Artikel analysierte.
September
Studie belegt Ablehnung von Sinti und Roma
Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage kommt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu dem Schluss, dass Sinti und Roma die am stärksten abgelehnte Bevölkerungsgruppe in Deutschland sind. Die Antipathien übertreffen beispielsweise jene gegenüber Muslimen oder Asylbewerbern und ziehen sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. Damit einher geht der Studie zufolge ein großes Unwissen über die Minderheit.
Bundesweiter Aktionstag der Muslime gegen Hass und Unrecht
In den Medien wird vielfach diskutiert, inwieweit Gewalt und Islam zusammenhängen. Ein häufiger Vorwurf: Muslime würden sich nicht genügend von Terror, Hass und Unterdrückung distanzieren. In einem Artikel weist der MEDIENDIENST auf zahlreiche Stellungnahmen muslimischer Verbände hin, die das wiederlegen. Am 19. September rufen muslimische Organisationen in ganz Deutschland zu Kundgebungen und Mahnwachen auf, um ein Zeichen für Frieden, gegen Extremismus, Rassismus und Terrorismus zu setzen.
Kirchliche Arbeitgeber dürfen Kopftuch verbieten
Das Bundesarbeitsgericht weist die Klage einer muslimischen Krankenschwester zurück, die wegen ihres Kopftuchs nicht weiterbeschäftigt worden war. Sie hatte sich auf ihr Recht auf freie Religionsausübung berufen. Das Gericht spricht dem evangelischen Krankenhaus jedoch das Sonderrecht für kirchliche Arbeitgeber zu, Mitarbeitern das Tragen eines Kopftuchs zu untersagen. Mehr zum Thema finden Sie in unserem Dossier.
Oktober
"Migrationsstichprobe" wird erstmals veröffentlicht
Drei deutsche Forschungsinstitute haben sich für eine neuartige Studienreihe zusammengeschlossen und stellen die erste "IAB-SOEP-Migrationsstichprobe" vor, die fortan jährich erscheinen soll. Befragt wurden rund 5.000 Menschen, die seit 1995 nach Deutschland gekommen oder als Nachkommen von Einwanderern in den Arbeitsmarkt eingetreten sind. Die Studie untersucht erstmals individuelle Migrationsverläufe, Bildungs- und Erwerbsbiografien. Weitere Fragen betreffen Diskriminierungserfahrungen sowie die persönliche Zufriedenheit in Deutschland.
Gewaltbereite Hooligans in Köln
Unter dem Motto "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) ziehen am 26. Oktober über 4.000 Demonstranten aus der rechten Szene durch Köln. Im Interview mit dem Mediendienst analysiert Johannes Baldauf von no-nazi.net, wie sich eine so große Gruppe über das Internet mobilisieren konnte. Kurz zuvor findet in Dresden die erste Kundgebung der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) statt. Die 160 Teilnehmer lassen noch nicht erahnen, welchen Zulauf die Bewegung in den darauffolgenden Wochen erfährt.
November
Länder des Westbalkans werden "sichere Herkunftsstaaten"
Am 6. November tritt eine umstrittene Änderung des Asylrechts in Kraft, die die drei Balkanstaaten Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien als "sichere Herkunftsstaaten" einstuft. Asylanträge aus diesen Ländern können nun, außer im Fall von politischer Verfolgung, als unbegründet abgelehnt und die Verfahren dadurch schneller abgeschlossen werden. Gleichzeitig wird mit der Gesetzesreform der Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber und Geduldete erleichtert. Verbesserungen im Asylbewerberleistungsgesetz, die in diesem Zug ausgehandelt wurden, sollen 2015 in Kraft treten.
Reform des EU-Freizügigkeitsgesetzes beschlossen
In Reaktion auf die Vorschläge des Staatssekretärsausschusses will die Bundesregierung das Freizügigkeitsgesetz reformieren. So sollen unter anderem das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche künftig auf sechs Monate beschränkt und Mehrfachanträge auf Kindergeld unterbunden werden. Der MEDIENDIENST stellt in einem Artikel die Frage, ob die geplanten Änderungen angesichts der bereits bestehenden Regelungen tatsächlich notwendig sind.
Nichterwerbstätigen Unionsbürgern dürfen Sozialleistungen verweigert werden
Im Rechtsstreit zwischen einer seit 2010 in Deutschland gemeldeten Rumänin und dem Jobcenter Leipzig urteilt der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die wiederholte Ablehnung ihres Antrags auf SGB-II-Leistungen rechtmäßig ist. Die Klägerin habe sich nicht erkennbar um Arbeit bemüht und somit als Nichterwerbstätige keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Demnach steht das deutsche Sozialgesetzbuch in diesem Fall in Einklang mit europäischem Recht und muss nicht geändert werden.
Dezember
Integrationsgipfel mit Schwerpunkt Ausbildung
Zum siebten Mal findet am 1. Dezember der Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt statt. Der thematische Schwerpunkt liegt auf der Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Beschlossen wird unter anderem ein Programm für eine "assistierte Ausbildung", mit dem Auszubildende aus Einwandererfamilien betreut und begleitet werden sollen. Der Migrationsforscher Klaus J. Bade würdigt in einem Kommentar für den MEDIENDIENST die Entwicklung des Gipfels, fordert jedoch, den Fokus nicht allein auf Migranten und ihre Nachkommen, sondern stärker auf die Gesamtbevölkerung zu richten.
Reform des Aufenthaltsgesetzes beschlossen
Vor dem Hintergrund der gestiegenen Asylbewerberzahlen beschließt die Bundesregierung eine Reform des Aufenthaltsgesetzes. Unmittelbar ausreisepflichtige Migranten ohne Anspruch auf einen Aufenthaltstitel sollen dadurch schneller abgeschoben werden können. Menschen, die ohne Aufenthaltstitel "anerkennenswerte Integrationsleistungen" erbracht haben, soll hingegen mit der Gesetzesänderung der Weg zu einem gesicherten Aufenthaltsstatus erleichtert werden.
Gesetz zur Reform der Optionspflicht tritt in Kraft
Ein Jahr nachdem die Neuregelung der Optionspflicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen und lange über die Details der Umsetzung diskutiert wurde, tritt am 20. Dezember das entsprechende Gesetz in Kraft. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern können nun die doppelte Staatsangehörigkeit behalten, wenn sie einen deutschen Schulabschluss, einen sechsjährigen Schulbesuch oder eine achtjährige Aufenthaltszeit in der Bundesrepublik nachweisen können.
Zusammenstellung: Marie Buchta
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