Abschiebungen und "freiwillige Ausreisen"
Eine Abschiebung ist eine staatliche Zwangsmaßnahme: Die Polizei bringt einen Drittstaatsangehörigen ohne Aufenthaltsstatus außer Landes – im äußersten Fall mit Gewalt. Immer öfter fordern Politiker ein konsequenteres Durchgreifen bei Abschiebungen. Doch nicht jeder abgelehnte Asylbewerber ist "unmittelbar ausreisepflichtig" und viele verlassen das Land freiwillig.
Wie viele Abschiebungen und "freiwillige Ausreisen" gibt es?
2020 gab es 10.800 Abschiebungen – darunter 2.953 Überstellungen im Rahmen der Dublin-III-Verordnung. Im gleichen Zeitraum haben etwa 5.700 Personen Deutschland mit einer finanziellen Förderung (REAG/GARP) freiwillig verlassen. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Abschiebungen sowie der geförderten Ausreisen mehr als halbiert. Das liegt in erster Linie an den Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie.Quelle
2019 gab es 22.100 Abschiebungen – darunter etwa 8.400 Überstellungen im Rahmen der Dublin-III-Verordnung – und etwa 13.100 geförderte Ausreisen (REAG/GARP).Quelle
Neben REAG/GARP gibt es auf Bundesebene weitere Rückkehr- beziehungsweise "Reintegrationsprogramme". Zudem verfügen neun von 16 Bundesländern über landeseigene Rückkehr-Programme, um Ausreisende zu beraten und eventuell finanziell zu unterstützen. Je nach Bundesland ist die Rückkehr-Praxis sehr unterschiedlich: Einige Bundesländer bevorzugen freiwillige Rückreisen, während andere tendenziell mehr Menschen abschieben.
Inzwischen ist die Zahl der abgelehnten Asylbewerber*innen, die Deutschland verlassen, höher als die Zahl derjenigen, die durch eine Ablehnung "ausreisepflichtig" werden. 2020 gab es etwa 13.400 "Ausreiseentscheidungen" gegenüber abgelehnten Asylbewerber*innen. Im selben Zeitraum haben etwa 24.500 abgelehnte Asylbewerber*innen Deutschland verlassen (inklusive Abschiebungen, "freiwillige Rückkehr" und Weiterreisen). 2019 gab es rund 15.400 "Ausreiseentscheidungen" und etwa 37.600 Ausreisen von abgelehnten Asylbewerber*innen.Quelle
Wie viele Menschen werden an den Grenzen abgewiesen?
Wenn Ausländer*innen "von außen" die Grenze der Bundesrepublik überschreiten wollen und dies von den Grenzbehörden verhindert wird, spricht man von "Zurückweisung". Eine "Zurückschiebung" findet hingegen statt, wenn Ausländer*innen bereits unerlaubt die Grenze überschritten haben.
2020 gab es 19.690 Zurückweisungen an den Grenzen und 2.883 Zurückschiebungen. Im Gesamtjahr 2019 wurden rund 13.700 Personen zurückgewiesen und etwa 3.000 zurückgeschoben.Quelle
Kann Deutschland Asylsuchende an den Grenzen zurückweisen?
Prinzipiell gilt: „Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen“ (AufenthG §15, Abs. 1). Doch nach geltendem deutschen (AufenthG §15, Abs. 4) und europäischen (Richtlinie 2011/95/EU, Artikel 4) Recht hat jede*r Asylsuchende in Deutschland Anspruch auf die individuelle Prüfung ihres/seines Antrags. Ohne diese Prüfung kann er nicht zurückgewiesen werden.
Wem im Herkunftsstaat schwere Gefahr oder Verfolgung droht, hat ein individuelles Recht auf Schutz vor Zurückweisung (non-refoulement). Das sieht insbesondere Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention vor. Auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt sich ein Schutz vor Zurückweisung, wenn Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
Was sagen Experten?
Einige Juristen argumentieren: Nach dem deutschen Asylgesetz (AsylG §18 Abs. 2) könne einem Asylsuchenden die Einreise verweigert werden, wenn er aus einem "sicheren Drittstaat" oder einem sogenannten Dublin-Staat kommt.
Viele andere Rechtswissenschaftler haben jedoch darauf hingewiesen, dass Deutschland nicht nur an die nationale, sondern auch an die europäische Gesetzgebung gebunden ist. Letztere hätte vor nationalem Recht Vorrang. Das heißt: Im Zweifelsfall sei die europarechtliche Regelung anzuwenden beziehungsweise die nationale Regelung europarechtskonform auszulegen.
Was spricht gegen Zurückweisungen?
⇒ Auch Anträge von Asylsuchenden aus sicheren Herkunfts- und Drittstaaten sind inhaltlich zu prüfen. Die Bundesregierung kann zwar im Rahmen des europäischen Flüchtlingsschutzes "sichere Dritt- und Herkunftsstaaten" bestimmen. Dass ein Staat als "sicherer Herkunftsstaat" gilt, bedeutet aber nicht, dass man eine Person ohne weiteres an der Grenze abweisen kann. Zwar sind Schutzanträge von Personen aus sicheren Herkunftsstaaten grundsätzlich als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen. Ein Asylbewerber kann aber im Einzelfall deutlich machen, dass das entsprechende Land für ihn nicht sicher ist und ihm dort Verfolgung oder andere schwerwiegende Gefahren drohen.
⇒ Sobald ein Asylsuchender sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet, muss dieser Staat auch die Zuständigkeit nach der Dublin-Verordnung prüfen.Um den Staat zu ermitteln, der für eine*n Asylbewerber*in zuständig ist, müssen die Behörden laut Dublin-Verordnung zunächst die/den Schutzsuchende*n anhören, eventuell ihre/seine Fingerabdrücke nehmen, sie mit der EURODAC-Datenbank abgleichen und ein "Übernahmeersuchen" an den zuständigen Staat schicken. Dieses Verfahren kann unter den aktuellen Bedingungen nicht an der Grenze durchgeführt werden. Das bedeutet, dass Menschen, die über Dublin-Staaten nach Deutschland kommen, nicht einfach an der Grenze abgewiesen werden können.
Warum scheitern Abschiebungen?
Selbst wenn Drittstaatsangehörige ohne Aufenthaltsstatus der Aufforderung nicht nachkommen, Deutschland zu verlassen, kann ihre Abschiebung aufgeschoben oder gar ausgesetzt werden.
Die Abschiebung kann aufgeschoben und eine "Duldung" erteilt werden, wenn:
- die Landesbehörde die Abschiebung "aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen" für maximal drei Monate aussetzt,
- der/die Ausländer*in eine qualifizierte Berufsausbildung absolviert,
- sie/er ein minderjähriges Kind hat, das im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist,
- sie/er mit einem anderen Geduldeten eng verwandt ist,
- ein Arzt bescheinigen kann, dass die Person, die abgeschoben werden muss, eine schwerwiegende Erkrankung hat, die die Abschiebung beeinträchtigen kann oder
- rechtliche Gründe vorliegen, die eine Ausreise hindern – wie etwa mangelnde Reisedokumente.Rechtsgrundlage
Die Zahlen
Fehlende Reisedokumente sind der häufigste Grund für "Duldungen". Zum Stichtag 31.12.2019 wurden abgelehnte Asylbewerber*innen in Deutschland aus folgenden Gründen "geduldet":
- Fehlende Reisedokumente: 83.465
- Familiäre Bindungen zu anderen Geduldeten: 15.282
- Dringende humanitäre oder persönliche Gründe (z. B. Beendigung der Schule/Ausbildung; Betreuung kranker Familienangehöriger): 12.533
- Abschiebestopp für bestimmten Gruppen oder in bestimmte Staaten: 3.926
- Medizinische Gründe: 3.705
- "Konkrete Maßnahmen" zur Abschiebung stehen bevor: 2.026
- Folgenatrag gestellt: 2.057
- Unbegleitete Minderjährige: 488
- Sonstige Gründe: 71.968
Quelle
Geduldete, die ihre Abschiebung verhindern, können mit Leistungskürzungen bestraft werden.
Um Identitäten schneller festzustellen und die nötigen Reisedokumente zu beschaffen, hat die Bundesregierung Rückübernahmeabkommen mit etlichen Ländern unterschrieben (darunter mehrere Balkanstaaten, Algerien und Marokko). Mit Afghanistan hat die Europäische Union ein Kooperationsabkommen vereinbart, in dessen Rahmen Rückführungen erleichtert werden sollen. Mit einigen der wichtigsten Herkunftsländer von Asylbewerbern wie etwa Pakistan, Iran oder Nigeria gibt es bislang kein Abkommen.
Wer ist "ausreisepflichtig"?
Bei "Ausreisepflichtigen" handelt es sich um abgelehnte Asylbewerber*innen sowie um ausländische Studenten, Arbeitnehmer*innen oder Touristen, deren Visum abgelaufen ist (sogenanntes overstay).
Zum Stichtag 31. Dezember 2020 waren etwa 281.100 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. Entgegen anderslautender Erwartungen ist diese Zahl seit 2015 um etwa 38 Prozent gestiegen.Quelle
Etwa 84 Prozent der "Ausreisepflichtigen" haben eine Duldung. Das heißt: Sie wurden aufgefordert, das Land zu verlassen, können aber "aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen" nicht abgeschoben werden. Die Zahl der "unmittelbar Ausreisepflichtigen" – also Personen, die gleich abgeschoben werden könnten – beläuft sich auf rund 45.400 (Stand: Dezember 2020).Quelle
Wie funktioniert eine Abschiebung?
Drittstaatsangehörige, die keinen Aufenthaltsstatus haben, sowie Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde, werden ausreisepflichtig. Das heißt: Sie müssen das Bundesgebiet unverzüglich oder innerhalb einer bestimmten Frist verlassen. Im Fall von abgelehnten Asylbewerbern beträgt diese Frist 30 Tage – beziehungsweise eine Woche, wenn sie aus sicheren Herkunftsstaaten kommen.
Wenn sie der Aufforderung, das Land zu verlassen, nicht nachkommen, können sie abgeschoben werden. Für den Vollzug der Abschiebung sind die Bundesländer zuständig. Zunächst prüfen die lokalen Ausländerbehörden, ob es Abschiebungshindernisse gibt. Ist dies nicht der Fall, wird ein Abschiebetermin festgesetzt, der dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird.Quelle
Wenn ein Ausreisepflichtiger sich zuvor der Abschiebung entzogen hat oder eine erhebliche Fluchtgefahr anzunehmen ist, kann er in Haft genommen werden.
Für abgeschobene Ausländer gilt ein Wiedereinreiseverbot, dessen Dauer von der zuständigen Ausländerbehörde festgelegt wird. Das Einreiseverbot darf nicht länger als fünf Jahre gelten – es sei denn, dass der Ausländer "auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht."
Einige Ausreisepflichtige werden einzeln abgeschoben, andere im Rahmen von sogenannten Sammelabschiebungen. Auch können die Abschiebungen in Begleitung von Polizisten oder von privatem Sicherheitspersonal stattfinden.
Von den rund 10.800 Abschiebungen, die 2020 vollzogen wurden, fanden etwa 4.000 im Rahmen von Sammelabschiebungen statt. Sammelabschiebungen werden zum Teil von deutschen Behörden, zum Teil von der EU-Grenzschutzagentur Frontex koordiniert.Quelle
Rund 4.000 Abschiebungen erfolgten in Begleitung von Bundes- oder Landespolizisten. Etwa 5.200 fanden ohne Begleitung statt.Quelle
751 Abschiebungen scheiterten nachdem die die ausreisepflichtige Personen an die Bundespolizei übergeben wurden. 266 Abschiebungen mussten wegen des Widerstands der Betroffenen am Flughafen abgebrochen werden; 37 wegen medizinischer Gründe. In 136 Fällen weigerten sich die Fluggesellschaft oder der Pilot, die Abzuschiebenden zu transportieren.Quelle
Ausweisung oder Abschiebung?
In der Alltagssprache wird der Begriff "Ausweisung" oft als Synonym für "Abschiebung" verwendet. In der Rechtssprache bezeichnen die Begriffe jedoch sehr unterschiedliche Dinge: "Abschiebung" bezeichnet das Verfahren, mit dem ein Ausländer außer Landes gebracht wird. "Ausweisung" meint hingegen laut Aufenthaltsgesetz den Entzug eines Aufenthaltstitels. Das geschieht, wenn der Ausländer "die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet". In jedem Einzelfall muss geprüft werden, ob das "Ausweisungsinteresse" das "Bleibeinteresse" übertrifft. Nicht alle Ausweisungen führen auch zu einer Abschiebung.
Das Ausweisungsinteresse wiegt besonders schwer bei Straftaten, die zu Freiheitsstrafen von mindestens zwei Jahren führen – und ein Jahr, wenn es sich um Straftaten "gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte" handelt. Ein besonders schweres "Ausweisungsinteresse" besteht zudem, wenn der Ausländer zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft oder Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Organisation ist. Das Bleibeinteresse wiegt hingegen besonders schwer, wenn der Ausländer in Deutschland geboren ist beziehungsweise hier länger als fünf Jahre lebt.
Wer ausgewiesen wird, muss das Land verlassen. Für ihn gilt ein Einreiseverbot, dessen Dauer von der zuständigen Ausländerbehörde festgelegt wird. Das Einreiseverbot darf nur bei einer „schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ fünf Jahre überschreiten.Rechtsgrundlage
Anerkannte Flüchtlinge können nur dann ausgewiesen werden, wenn sie "eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" darstellen. Straffällige Asylbewerber können ausgewiesen werden, wenn ihr Antrag endgültig abgelehnt wird oder sie als Gefahr für die Sicherheit angesehen werden.Rechtsgrundlage
Die Zahlen
Im ersten Halbjahr 2020 wurden 3.369 Personen ausgewiesen. Im Gesamtjahr 2019 waren es etwa 11.000 Menschen. Im Ausländerzentralregister (AZR) sind mehr als 300.000 Ausländerinnen und Ausländer mit einer sogenannten Ausweisungsverfügung eingetragen. Weniger als 30.000 von ihnen hielten sich allerdings noch zum Stichtag 30. Juni 2020 in Deutschland auf. Die meisten von ihnen kommen aus der Türkei, Serbien und Kosovo.Quelle
Wie funktioniert die geförderte Rückkehr?
Anerkannte Flüchtlinge, abgelehnte Asylbewerber sowie Asylbewerber, die vor Abschluss ihres Asylverfahrens Deutschland verlassen wollen, können unter anderem mit Unterstützung von Rückkehr- beziehungsweise Reintegrations-Programmen Deutschland verlassen. Dazu gehören:
- REAG/GARP: Das Rückkehr-Programm der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bietet Rückkehrenden unter anderem Reisebeihilfe bis maximal 200 Euro, die Erstattung medizinischer Kosten und eine "Starthilfe" bis zu 3.500 Euro pro Familie an. Menschen, die kein Visum benötigen, um nach Deutschland einzureisen – wie etwa aus dem West-Balkan, Georgien und der Ukraine – bekommen nur verminderte Reisebeihilfe und sind aus dem "Starthilfe"-Programm ausgeschlossen. Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die noch während des Asylverfahrens oder spätestes zwei Monate nach einem negativen Bescheid die Rückkehrförderung beantragen, erhalten einen "Bonus" von 500 Euro. REAG/GARP ist das meistgenutzte Rückkehr-Programm in Deutschland. Zahlen: In den ersten zehn Monaten von 2019 wurden rund 11.000 geförderte Rückreisen bewilligt. Im Gesamtjahr 2018 waren es etwa 16.000. Die größte Gruppe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kam aus dem Irak.Quelle
- StarthilfePlus: Zusätzlich zum REAG/GARP-Programm können sich Rückkehrer für das Programm "Starthilfe Plus" bewerben. Dabei erhalten Personen aus 35 Staaten eine "Reintegrationshilfe" im Wert von 1.000 Euro pro Person beziehungsweise 2.000 Euro pro Familie. Rückkehrer aus Armenien, Aserbaidschan, Iran, Libanon, Tadschikistan und der Türkei erhalten zudem Hilfe, um ihre Wohnsituation zu verbessern. Langzeitgeduldete aus dem West-Balkan, Georgien und der Republik Moldau bekommen Unterstützung bei Wohn- und medizinischen Kosten. Bis Ende 2018 bekamen Antragsteller, die vor Abschluss ihres Asylverfahrens ausreisen, eine höhere Förderung. Diese Regelung wurde 2019 agbeschafft. Zahlen: Seit Programmstart im Februar 2017 haben rund 21.000 Menschen am Programm teilgenommen (Stand: November 2019). Auch hier kommen die meisten Antragsteller aus dem Irak.Quelle
- Neun Bundesländer haben eigene Rückkehr- und Reintegrationsprogramme ins Leben gerufen. Einige dieser Programme gibt es schon seit langem, wie etwa die "Landesförderung freiwillige Rückkehr" in Baden-Württemberg und die "Landesinitiative Rückkehr" in Rheinland-Pfalz. Doch die meisten sind in den vergangenen drei Jahren entstanden. Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz haben auch mithilfe nicht-staatlicher Organisationen wie Diakonie, Caritas und dem Roten Kreuz ihre Beratungsangebote im Bereich Rückkehr gestärkt. Außerdem bieten mehrere Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern Rückkehrförderung für Länder, die vom REAG/GARP-Programm ausgeschlossen sind – wie etwa Syrien, Libyen, Jemen und Eritrea. Sehr oft dienen die landeseigenen Programme dazu, Förderungen durch andere Programme aufzustocken. Deshalb ist es nicht möglich, genau zu sagen, wie viele Menschen ausschließlich mithilfe dieser Programme Deutschland verlassen haben.Quelle
- Perspektive Heimat: Das Programm des Entwicklungsministeriums in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bietet Teilnehmerinnen und Teilnehmern in 13 Ländern Beratung in Sachen Arbeitssuche und Existenzgründung an. Darunter sind auch viele Rückkehrer. Zahlen: Zwischen Juli 2017 und Oktober 2019 gab es rund 500.000 individuelle Unterstützungsangebote – davon etwa 38.000 für Rückkehrer aus Deutschland.Quelle
- URA: Das Projekt URA bietet kosovarischen Rückkehrern ein "Überbrückungsgeld", einen Mietkostenzuschuss, die Erstattung von Behandlungs- und Medizinkosten und Arbeitsberatung an. Zahlen: Seit 2015 haben rund 13.200 Menschen am Programm teilgenommen. Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist in den vergangenen Jahren stark gesunken. In den ersten zehn Monaten von 2019 waren es lediglich 427 Personen.Quelle
- ERRIN: Das Europäische Rückkehr- und Reintegrationsnetzwerk (ERRIN) ist eine Arbeitsgemeinschaft aus 15 europäischen Ländern zur Umsetzung von Reintegrationsmaßnahmen durch lokale Partner in 15 Drittstaaten. Das Netzwerk bietet Beratung und Sachleistungen bis zu 2.000 Euro an. Zahlen: Im Gesamtjahr 2018 wurden rund 3.000 Personen über ERRIN gefördert. In den ersten zehn Monaten von 2019 waren es mehr als 3.100.Quelle
Weitere Informationen über Rückkehr-Beratung beziehungsweise -Förderung und Reintegrationsprogramme findet man unter anderem auf den Webportalen "Returning from Germany" und "Build your future".
Wie ist Abschiebehaft geregelt?
Wenn ein Ausländer unmittelbar ausreisepflichtig ist und Deutschland nicht freiwillig verlässt, kann er in Abschiebehaft genommen werden. Ein Gericht darf das aber nur dann anordnen, wenn es keine andere Möglichkeit sieht, die Ausreise durchzusetzen beziehungsweise eine "erhebliche Fluchtgefahr" besteht. In Abschiebehaft können auch Ausreisepflichtige genommen werden, von denen eine "Gefahr für Leib und Leben Dritter" ausgeht.Rechtsgrundlage
Die Abschiebehaft kann eine maximale Dauer von sechs Monaten haben. Nach der EU-Rückführungsrichtlinie müssen Abzuschiebende in gesonderten Hafteinrichtungen untergebracht werden, getrennt von Straftätern.
Eine ausreisepflichtige Person, die "ein Verhalten gezeigt hat, das erwarten lässt, dass [sie] die Abschiebung erschweren oder vereiteln wird" kann außerdem in Gewahrsam genommen werden. Diese "Ausreisegewahrsam" kann eine maximale Dauer von zehn Tagen haben.Rechtsgrundlage
Die Bundesregierung plant, die Inhaftierung von ausreisepflichtigen Ausländern zu erleichtern. Das geplante Gesetz stieß auf starke Kritik von Rechtswissenschaftlern.
Die Zahlen
Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Inhaftnahmen deutlich. 2015 wurden nach Angaben der Bundesregierung 1.800 Menschen in Abschiebehaft genommen. 2017 waren es mehr als 4.000. 2018 hat sich dieser Trend fortgesetzt, zeigen die Halbjahreszahlen. Mehrere Bundesländer haben angefangen, ihre Abschiebegefängnisse auszubauen: Die aktuell etwa 400 Haftplätze sollen fast verdoppelt werden (Stand Januar 2019).
Die Zahl der Abschiebungen direkt aus der Haft stieg zwar, aber deutlich weniger als die der Inhaftierungen. Das zeigt eine Umfrage des MEDIENDIENSTES unter den Bundesländern, in denen die größten Abschiebehafteinrichtungen angesiedelt sind (Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz): In Bayern etwa hat sich die Zahl der Inhaftnahmen von 2016 auf 2017 mehr als verdoppelt, während die Zahl der Abschiebungen aus der Haft um lediglich 56 Prozent gestiegen ist (siehe Grafik und diese Übersichtstabelle).
Wie viele "Dublin-Fälle" gibt es?
Im Rahmen der Dublin-III-Verordnung hat Deutschland 2020 etwa 30.100 "Übernahmeersuche" an andere EU-Mitgliedstaaten gestellt. Das heißt: Ungefähr jeder fünfte Asylantrag wurde in dieser Zeit "formell abgelehnt", da die Zuständigkeit bei einem anderen europäischen Staat liegt.
Tatsächlich in das Land überstellt, das für sie zuständig ist, wurden in dieser Zeit etwa 3.000 Menschen. Im gleichen Zeitraum wurden etwa 4.400 Menschen aus anderen europäischen Staaten nach Deutschland überstellt.Quelle
2019 gab es 23.700 "Übernahmeersuche" und rund 8.400 Überstellungen in andere europäischen Staaten. Etwa 6.000 Personen wurden aus einem anderen Land nach Deutschland zurückgeschickt.Quelle
Wenn der Asylschutz widerrufen wird
Drei Jahre nach einem positiven Asylbescheid prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), ob der Asyl- oder Flüchtlingsstatus einer Person widerrufen wird. Für Asylanträge, die zwischen 2015 und 2017 gestellt wurden, kann dieser Zeitraum auf bis zu fünf Jahre verlängert werden.
- Widerrufen wird der Flüchtlingsstatus, wenn sich die Lage im Herkunftsland der Geflüchteten verbessert hat. Zudem kann es auch anlassbezogene Widerrufsverfahren geben. So kann die Reise eines Geflüchteten in sein Herkunftsland Grund für ein Widerrufsverfahren sein.
- Zurückgenommen wird der Status hingegen, wenn das BAMF feststellt, dass Schutzsuchende falsche Angaben im Asylverfahren gemacht haben.Rechtliche Grundlage
Der Widerruf oder die Rücknahme des Schutzstatus führen jedoch nicht zwingend dazu, dass die Person Deutschland umgehend verlassen muss.
Die Zahlen
Im Jahr 2020 wurden rund 187.600 Prüfverfahren eingeleitet und rund 253.000 abgeschlossen. In rund 7.300 Fällen (2,9 Prozent der Entscheidungen) wurde der Flüchtlingsstatus widerrufen. Zurückgenommen wurde er nur in 1.400 Fällen (0,6 Prozent der Fälle).Quelle
In den vergangenen zwei Jahren hat das BAMF mehrere hunderttausend positive Asylbescheide aus den Jahren 2015 bis 2017 unter die Lupe genommen. Es wurden viel mehr Widerrufsprüfungen durchgeführt. Dennoch wurde nur in wenigen Fällen der Schutzstatus widerrufen. Im Jahr 2019 wurde der Schutzstatus in rund 5.600 Fällen zurückgenommen beziehungsweise widerrufen – das heißt: in drei Prozent aller Fälle.Quelle
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