Bevölkerung
Wie setzt sich die Bevölkerung in Deutschland zusammen? Wie viele Einwanderer und Nachkommen von Einwanderern sind darunter? Bevölkerungsstatistiken sind oft nicht eindeutig. Wir zeigen, welche Statistik was aussagt.
Wie viele Menschen mit Migrationshintergrund leben in Deutschland?
2022 lebten in Deutschland rund 23,8 Millionen Menschen mit einem sogenannten Migrationshintergrund – das entspricht 28,7 Prozent der Bevölkerung (2021 lag der Anteil bei 27,5 Prozent).Quelle
- Rund 12,2 Millionen von ihnen haben einen deutschen Pass.
- Etwa 11,6 Millionen sind Ausländerinnen und Ausländer.
- Rund 15,2 Millionen haben "eigene Migrationserfahrung", sind also im Ausland geboren und eingewandert.Quelle
Deutschlands Einwohner*innen mit "Migrationshintergrund" sind deutlich jünger als diejenigen ohne. Menschen mit Migrationshintergrund waren 2022 im Schnitt 35,6 Jahre alt, diejenigen ohne Migrationshintergrund hingegen 47 Jahre.Quelle
Das Geschlechterverhältnis unter Menschen mit und ohne Migrationshintergrund unterscheidet sich kaum. 2022 waren etwa 51 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund Frauen. Bei den Menschen mit Migrationshintergrund lag der Frauenanteil bei 49,4 Prozent.Quelle
Wie viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte leben in Deutschland?
Seit dem Zensus 2021 erhebt das Statistische Bundesamt auf Empfehlung der "Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit" auch Zahlen zu "Eingewanderten und ihren direkten Nachkommen" – also zu Personen, die selbst eingewandert sind sowie zu ihren Kindern. Demnach lebten 2022 in Deutschland 15,3 Millionen Menschen, die seit 1950 eingewandert sind. Das sind ungefähr 18 Prozent aller Einwohner*innen. In der sogenannten zweiten Generation gibt es rund 4,9 Millionen Personen, bei denen beide Elternteile eingewandert sind und weitere rund 3,9 Millionen Personen, bei denen nur ein Elternteil eingewandert ist. Letztere zählen nach der Definition der Fachkommission nicht zu Personen mit einer Einwanderungsgeschichte.Quelle
Mehr Informationen zum Unterschied zwischen "Migrationshintergrund" und "Eingewanderte und ihre Nachkommen" gibt es im MEDIENDIENST-Factsheet.
In einer Expertise für den MEDIENDIENST erläutert die Sozialanthropologin Anne-Kathrin Will, wie Zuwanderer und ihre Nachkommen in der Statistik erfasst werden. Wie andere europäische Länder den "Migrationshintergrund" erfassen, erklärt die Soziologin Linda Supik hier. Da der "Migrationshintergrund" seit Jahren in der Kritik steht, hat das Statistische Bundesamt neue Kategorien eingeführt: Eingewanderte und ihre Nachkommen, zusammengefasst als "Personen mit Einwanderungsgeschichte". Die erste Publikation dazu ist Anfang März 2023 erschienen. Weitere Informationen hier.
Wie viele "Ausländerinnen" und "Ausländer" leben in Deutschland?
Ende 2022 lebten nach vorläufigen Ergebnissen aus dem "Ausländerzentralregister" (AZR) rund 13,4 Millionen "Ausländer*innen" in Deutschland. Damit stieg die Zahl im Jahresverlauf um 13,3 Prozent (rund 1.566.000 Personen). Die größten Zuwächse verzeichnete das AZR im Jahr 2022 aus der Ukraine (+ 1.008.890 Personen), Afghanistan (+ 67.420 Personen) und Syrien (+ 56.220 Personen).Quelle
Die Zahl der "Ausländer*innen" – also der Einwohner*innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit – variiert je nach Erhebung. Für das Jahr 2021 lagen die Angaben zwischen 10,6 und 11,8 Millionen.
- Laut "Ausländerzentralregister" (AZR) lebten Ende 2021 rund 11,8 Millionen "Ausländer*innen" in Deutschland. Damit stieg die Zahl im Jahresverlauf um 3,4 Prozent (rund 386.000 Personen). Die größten Zuwächse verzeichnete das AZR im Jahr 2021 aus Syrien (+ 49.000 Personen), Rumänien (+ 45.000 Personen) und Afghanistan (+ 38.000 Personen).Quelle
- Die "Bevölkerungsfortschreibung" zählte für Ende 2021 rund 10,9 Millionen "Ausländer*innen". Anders als das AZR beruht die "Bevölkerungsfortschreibung" auf dem "Zensus 2011", der bis dato aktuellsten Volkszählung in Deutschland.Quelle
- Laut Mikrozensus lebten 2022 rund 11,6 Millionen ausländische Staatsbürger*innen in Deutschland.Quelle
Welche Zahl am verlässlichsten ist, lässt sich nicht eindeutig sagen. Expert*innen vermuten jedoch, dass die Zahlen des AZR zu hoch sind. Der Grund: Das AZR wurde zuletzt im Jahr 2004 "bereinigt", das heißt mit den Daten der regionalen Ausländerbehörden abgeglichen. Damals musste die Zahl der "Ausländer*innen" stark nach unten korrigiert werden. Auch ein Abgleich des AZR mit dem Zensus 2011 war bislang nicht möglich – aus "technischen und rechtlichen Gründen", wie das Statistische Bundesamt erklärt.
Das Ausländerzentralregister ist eine umfangreiche Datensammlung zu allen Personen, die in Deutschland leben und nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Viele Behörden haben Zugriff auf die Datenbank, darunter Polizei, Jobcenter und Gerichte. In den letzten Jahren hat die Bundesregierung das AZR einige Male erweitert, zuletzt im Juli 2021.
Fachleute kritisieren das AZR aus verschiedenen Gründen:
Sensible Daten schlecht geschützt: Das AZR speichert unter anderem asyl- und aufenthaltsrechtliche Gerichtsurteile im Volltext, also auch Angaben zur Fluchtgeschichte wie sexuelle Orientierung und politische Einstellungen. Tausende Behördenmitarbeiter*innen können die Daten einsehen und potenziell missbrauchen.
Diskriminierende Datenerhebung: Das AZR gehört zu den umfangreichsten Datenbanken in Deutschland und soll unter anderem der Bekämpfung von Kriminalität dienen. Es erfasst jedoch nur Ausländer*innen.
Fehlerhafte Daten: Die Zahlen des AZR sind teilweise veraltet oder enthalten Fehler. Diese können wiederum zu Fehlentscheidungen in Asylverfahren führen.
Was sind die größten Einwanderergruppen in Deutschland?
Von den 23,8 Millionen Menschen mit "Migrationshintergrund" haben:
- 11,9 Prozent einen türkischen Migrationshintergrund (rund 2,8 Millionen),
- 9,2 Prozent einen polnischen Migrationshintergrund (rund 2,2 Millionen),
- 5,7 Prozent einen russischen Migrationshintergrund (rund 1,4 Millionen)
- 5,1 Prozent einen syrischen Migrationshintergrund (1,2 Millionen).Quelle
Von den rund 15,1 Millionen Menschen, die selbst nach Deutschland eingewandert sind, kommen die meisten aus Europa: rund 64 Prozent aus europäischen Ländern (inklusive Türkei), rund 34 Prozent aus EU-Mitgliedsstaaten.Quelle
Hinweis: Die im Jahr 2022 aus der Ukraine eingewanderten Kriegsflüchtlinge sind im Mikrozensus noch nicht vollständig erfasst. Die Zahl wird auf etwa 521.000 geschätzt, liegt aber deutlich höher. Die aktuellen Zahlen gibt es in unserer Rubrik.
Wer sind die "Aussiedler" und "Spätaussiedler"?
Deutsche "Volkszugehörige" aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion – sogenannte Aussiedler*innen und Spätaussiedler*innen – waren 2021 dem Mikrozensus zufolge mit knapp 2,68 Millionen Menschen die zweitgrößte Einwanderergruppe in der Bundesrepublik, knapp hinter der Gruppe der Türkeistämmigen. 2016 ging das Statistische Bundesamt noch davon aus, dass 3,2 Millionen Aussiedler*innen und Spätaussiedler*innen in Deutschland leben. Laut dem Statistischen Bundesamt wird die Gruppe seit 2017 genauer erfasst, etwa weil das Geburtsland und das der Eltern neuerdings mit abgefragt wird. Dadurch wurde deutlich, dass viele Menschen zuvor mitgezählt wurden, die nicht unter die Definition von Aussiedlern und Spätaussiedlern fallen – etwa weil sie ihren Geburtsort außerhalb von Europa und Asien haben.Quelle
Laut Definition des Bundesinnenministeriums handelt es sich bei Aussiedler*innen und Spätaussiedler*inen um "Personen deutscher Herkunft, die in Ost- und Südosteuropa sowie in der Sowjetunion unter den Folgen des Zweiten Weltkrieges gelitten haben (und die) noch Jahrzehnte nach Kriegsende aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit massiv verfolgt" wurden. Sie genießen seit der frühen Nachkriegszeit einen besonderen Schutz in der Bundesrepublik. 1953 bot ihnen die Bundesregierung unter Konrad Adenauer mit dem Bundesvertriebenengesetz an, gemeinsam mit ihren Familien einzuwandern und hier volle Bürgerrechte zu genießen, die ihnen nach dem Grundgesetz zustehen. Die meisten Spätaussiedler kamen aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, dort vor allem aus Russland und der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan, wohin das Stalin-Regime die "Russlanddeutschen" während der Kriegszeit verbannt hatte.Quelle
Zahl der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland
Laut Mikrozensus lebten 2022 in Deutschland rund 2,83 Millionen Menschen mit Migrationsbezügen zur Türkei. Damit stellen sie die größte Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland.Quelle
Seit dem Zensus 2021 erhebt das Statistische Bundesamt auch Zahlen zu "Eingewanderten und ihren direkten Nachkommen" – also zu Personen, die selbst eingewandert sind sowie zu ihren Kindern. Demnach lebten Ende 2022 in Deutschland 2,4 Millionen Menschen, die aus der Türkei eingewandert sind.Quelle
Welche Staatsangehörigkeit haben sie?
Angaben zur Staatsangehörigkeit Türkeistämmiger finden sich in unterschiedlichen statistischen Quellen. Laut Mikrozensus hatten Ende 2022 etwa 1,53 Millionen Türkeistämmige einen deutschen Pass. Rund 1,3 Millionen Menschen hatten nur den türkischen Pass. Quelle
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf Anfrage des MEDIENDIENSTES hatten Ende 2022 rund 290.000 Personen sowohl die türkische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Dem letzten Zensus von 2011 zufolge waren das knapp 530.000 Menschen.Quelle
Die Zensus-Zahlen, die hauptsächlich auf Auswertungen von Melderegistereinträgen beruhen, dürften zu hoch liegen. Das liegt unter anderem daran, dass die türkischen Behörden die deutschen nicht immer informieren, wenn sie eine Person ausgebürgert haben. Die Mikrozensus-Zahlen hingegen, die auf einer Selbstauskunft der Befragten beruhen, dürften zu niedrig sein. Das liegt unter anderem daran, dass die Befragten ihre zweite Staatsangehörigkeit nicht immer angeben.
Welche Wanderungsbewegungen gibt es zwischen Deutschland und der Türkei?
Nach einem kurzfrstigen Rückgang im "Covid-Jahr" 2020 ist die Zahl der Zuzüge aus der Türkei 2021 erneut gestiegen: laut Statistischem Bundesamt sind knapp 42.000 türkische Staatsbürger*innen nach Deutschland gezogen, etwa 25.400haben Deutschland verlassen.Quelle
Ein Blick in die Geschichte: Die türkische Migration nach Deutschland begann 1961 mit dem "Anwerbeabkommen". Bis zum Anwerbestopp 1973 kamen zahlreiche Arbeitnehmer*innen aus der Türkei. Von allen "Gastarbeiter*innen" waren rund ein Drittel Frauen. Nach dem Anwerbestopp gewann der Familiennachzug an Bedeutung. Rund die Hälfte der türkeistämmigen Menschen in Deutschland heute kamen über den Familiennachzug.Quelle
Zahlen und Fakten zur neueren Migration aus der Türkei haben wir 2020 in einem Factsheet zusammengestellt. Zu den politischen Einstellungen, zur Religiosität und zum Zugehörigkeitsgefühl von Türkeistämmigen hat der Integrationsforscher Hacı-Halil Uslucan 2017 einen Gastbeitrag für den MEDIENDIENST verfasst.
Wie viele Migrantinnen und Migranten gibt es weltweit?
Laut den Vereinten Nationen (UN) gab es 2019 weltweit rund 272 Millionen Migrant*innen. Dazu zählen laut UN alle Menschen, die außerhalb des Landes leben, in dem sie geboren sind. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl deutlich gestiegen: 1990 lag sie noch bei rund 153 Millionen.Quelle
2019 kamen die meisten Migrantinnen und Migranten aus Indien, Mexiko und China. Die Länder, in denen die meisten Migranten lebten, waren die USA (mehr als 50 Millionen), Deutschland und Saudi-Arabien (jeweils rund 13 Millionen).Quelle
WIE HÄTTE SICH DIE BEVÖLKERUNG OHNE EINWANDERUNG ENTWICKELT?
News Zum Thema: Bevölkerung
Statistik Kein Abschied vom Migrationshintergrund
Der Migrationshintergrund steht seit längerem in der Kritik. Das Statistische Bundesamt hat deshalb eine neue Kategorie eingeführt. Erstmals liegen jetzt Zahlen dazu vor. Wirklich abgeschafft wird der Migrationshintergrund aber nicht. Die wichtigsten Informationen im Factsheet.
MEDIENDIENST-Recherche Wo gibt es herkunftssprachlichen Unterricht?
Einige Bundesländer bauen ihre staatlichen Angebote zum herkunftssprachlichen Unterricht weiter aus. Das zeigt eine Recherche des MEDIENDIENSTES. Doch auch der Konsulatsunterricht wird vielerorts weiterhin stark nachgefragt.
Bevölkerung 27 Prozent haben "Migrationshintergrund"
2021 lebten in Deutschland rund 22,3 Millionen Menschen mit einem sogenannten Migrationshintergrund. Das sind rund zwei Prozent mehr als 2020. Neue Zahlen und die wichtigsten Entwicklungen gibt es bei uns im Überblick.