Arbeitsmarkt
Ob eingewandert oder nicht – einen Beruf und eine Arbeit zu haben, ist eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe von Menschen an der Gesellschaft. Hier sind allerdings deutliche Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu erkennen.
Wie viele Ausländer arbeiten in Deutschland?
Der Anteil ausländischer Beschäftigter steigt seit Jahren: 2023 lag er bei 15,3 Prozent und hat sich damit seit 2010 mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: In der Bevölkerung lag der Anteil ausländischer Menschen 2022 laut Mikrozensus bei 14 Prozent. Es arbeiteten 2023 insgesamt 5,3 Millionen ausländische Beschäftigte in Deutschland in sozialversicherungspflichtigen Jobs (von insgesamt 34,7 Millionen Beschäftigten). Wenn man die geringfügig Beschäftigten mit einbezieht, liegt ihr Anteil etwas höher, bei 15,5 Prozent (von insgesamt 42,6 Millionen Beschäftigten).Quelle
Die meisten ausländischen Beschäftigten in Deutschland haben eine türkische Staatsbürgerschaft, gefolgt von den Beschäftigten aus Polen. Besonders stark stieg in den letzten Jahren die Zahl der Beschäftigten aus Rumänien und Bulgarien. Und die Nicht-EU-Staaten werden immer wichtiger, seit die Zuwanderung aus der EU zurückgeht (Stand: 2021).
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Staatsbürgerschaft, 2021
Quelle: Bundesagentur für Arbeit / Migrationsmonitor
Was sind die Gründe?
Ein Grund ist der demographische Wandel: Jedes Jahr gehen mehr Beschäftigte in den Ruhestand als neue nachkommen. Je größer die Engpässe in verschiedenen Branchen werden, desto wichtiger wird Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Einschätzungen von Expert*innen finden Sie hier in einem ausführlichen Artikel.Quelle
Angesichts dieses Rückgangs wächst die Bedeutung von Migration für die Wirtschaft. Aktuell wäre ein Wirtschaftswachstum ohne Zuwanderung kaum noch möglich. Das zeigen Zahlen der Bundesregierung: Demnach sind etwa Dreiviertel der Stellen, die zwischen 2010 und 2023 neu geschaffen wurden, mit ausländischen Arbeitskräften besetzt worden (71 Prozent). Diese seien "unverzichtbar" für "Wohlstand und Stabilität der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland", so die Bundesregierung.Quelle
Aktuelle Zahlen zu ausländischen Beschäftigten in verschiedenen Branchen finden sich bei der Bundesagentur für Arbeit im Migrationsmonitor, der monatlich aktualisiert wird.
Wie viele Ausländer sind arbeitslos?
Ende 2023 waren in Deutschland rund 987.000 Ausländerinnen und Ausländer arbeitslos (987.148). Ihre Arbeitslosenquote lag bei 14,7 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung (6,6 Prozent).Quelle
Insgesamt waren Ende 2023 rund 1,8 Millionen Ausländerinnen und Ausländer als arbeitsuchend bei der Bundesagentur für Arbeit oder einem Jobcenter gemeldet (1.795.329). Viele von ihnen befanden sich in Integrations- oder Ausbildungsmaßnahmen und standen dem Arbeitsmarkt somit nicht zur Verfügung.Quelle
Warum sind Ausländer häufiger arbeitslos?
Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum Beispiel weil sie noch nicht so lange in Deutschland leben, sie geringe Deutschkenntnisse haben oder keinen deutschen Berufsabschluss, ihre Schulabschlüsse aus dem Ausland nicht anerkannt werden oder sie Diskriminierung am Arbeitsmarkt erleben.Quelle
Außerdem könnten unterschiedliche Ansätze in der Integrationspolitik eine weiterer Grund sein: Häufig wird zwischen dem "language-first"-Ansatz in Deutschland und dem "work-first"-Ansatz zum Beispiel in Dänemark unterschieden. Die Forschung zeigt: Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile. Zwar kommen Migranten in Deutschland langsamer im Arbeitsmarkt an – aber langfristig sorgen intensive Sprachkurse für niedrigere Arbeitslosenquoten. Im Langzeit-Vergleich sind die Arbeitslosenquoten bei den meisten Zuwanderer-Gruppen heute niedriger als zehn Jahre zuvor. Quelle
Wie viele EU-Bürger arbeiten in Deutschland?
In Deutschland arbeiten rund 2,72 Millionen Staatsangehörige aus anderen EU-Ländern (Stand: Januar 2024). Die Beschäftigungsquote liegt bei rund 61,3 Prozent. In der Gesamtbevölkerung sind es 68,7 Prozent. Viel weniger sind arbeitslos: Im Januar 2024 waren etwa 238.000 EU-Staatsbürger arbeitslos, das ist ein Anteil von 8,9 Prozent (Gesamtbevölkerung: 7 Prozent).Quelle
Die Zahlen gehen aus dem "Zuwanderungsmonitor" des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Gezählt werden hier alle, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, auch in Minijobs. Selbstständige sind dabei nicht berücksichtigt.Quelle
Besonders aus den Gebieten der EU-Osterweiterung arbeiten viele Menschen in Deutschland, insgesamt 1,6 Millionen Beschäftigte (EU-8 und EU-2). Allein aus Bulgarien und Rumänien (EU-2) sind es über 730.000. Die befürchtete "Armutszuwanderung" ist größtenteils ausgeblieben, stattdessen kamen sehr viele Arbeitskräfte. Forscher sprechen von einer Erfolgsgeschichte für die Wirtschaft. Die Beschäftigungsquoten für diese beiden Länder liegen für die EU-8 Staaten bei 62,1 Prozent, für die EU-2 sogar bei 69,1.
Wie viele EU-Bürger sind arbeitslos?
Leistungen nach SGB II ("Hartz IV") erhalten laut IAB 400.000 EU-Ausländer in Deutschland (Stand: Dezember 2023). Arbeitslos waren im Januar 2024 etwa 238.000 EU-Staatsbürger. Die sogenannte SGB-II-Hilfequote von Unionsbürger*innen lag im Dezember 2023 bei 8,8 Prozent (Gesamtbevölkerung: 8,4 Prozent). Darunter fallen auch sogenannte Aufstocker, die zwar arbeiten, aber so wenig verdienen, dass sie zusätzlich Hartz IV beantragt haben.Quelle
Wie viele Menschen aus Nicht-EU-Staaten arbeiten in Deutschland?
Aktuell arbeiten rund 2,8 Millionen Beschäftigten aus Nicht-EU-Ländern ("Drittstaaten") in Deutschland. Und die Zuwanderung steigt von Jahr zu Jahr: Aktuell leben rund 420.000 Ausländer*innen mit einem Aufenthaltstitel zum Arbeiten für Nicht-EU-Bürger*innen ("befristeten Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit") in Deutschland, die vor Kurzem zum Arbeiten gekommen sind. Inzwischen kommen mehr Menschen von außerhalb der EU als aus EU-Staaten zum Arbeiten nach Deutschland (Zahlen). Besonders stark stieg die Zuwanderung zum Beispiel aus der Ukraine oder Indien.Quelle
Der häufigste Aufenthaltstitel für Menschen aus Nicht-EU-Staaten ist die Blaue Karte für Hochqualifizierte. In den letzten Jahren haben immer mehr Menschen aus Drittstaaten außerhalb der EU diese Blaue Karte bekommen. Mehr zur "Blauen Karte" gibt es >>hier.
Vor allem aus der Türkei und vom Westbalkan
Die meisten Nicht-EU-Arbeitskräfte, die in Deutschland leben, kommen aus "klassischen" Zuwanderungsländern wie der Türkei oder den Westbalkanstaaten. Aber auch weitere Staaten werden immer wichtiger, wie etwa die Ukraine oder Indien. Mehr dazu >>hier.
Erstmals mehr Arbeitskräfte aus Drittstaaten als aus der EU
Auch Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen: Die Zahl der Beschäftigten aus Nicht-EU-Staaten ("Drittstaaten") steigt. Seit Ende 2023 übersteigt die Zahl der Nicht-EU-Ausländer (2,7 Millionen) erstmals die der EU-Ausländer (2,6 Millionen), die in Deutschland sozialversicherungspflichtig arbeiten. Die Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten wird in Zukunft noch wichtiger werden, betont zum Beispiel der Arbeitsmarkt-Experte Herbert Brücker (IAB) in einer Folge unseres Podcasts.Quelle
Wie viele Flüchtlinge haben Arbeit?
Derzeit haben 703.800 Menschen aus Asylherkunftsländern eine Beschäftigung (Stand: Juli 2024), die meisten von ihnen in sozialversicherungspflichtigen Stellen (599.300). Zudem gab es 104.500 geringfügig Beschäftigte. Die Zahl der Geflüchteten in Arbeit ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen: Ende 2014 – bevor viele Geflüchtete nach Deutschland kamen – waren es rund 70.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus Asylherkunftsländern. Eine separate Statistik zu Ukrainer*innen finden Sie >>hier.Quelle
Die Beschäftigungsquoten von Menschen aus Asylherkunftsländern steigen seit Jahren: Im Juli 2024 lag ihre Beschäftigungsquote bei 44,6 Prozent. Sie ist niedriger als die von Ausländern insgesamt (55,3) und der Gesamtbevölkerung (68,8).Quelle
Wie schnell finden Geflüchtete Arbeit?
Mit längerer Aufenthaltsdauer steigt der Anteil der Geflüchteten, die einen Job gefunden haben. Mit Ausnahme eines Einschnitts während der "ersten Welle" der Corona-Pandemie setzt sich ein grundsätzlich positiver Trend der letzten Jahre fort. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat diesen Zusammenhang für Menschen untersucht, die unter anderem in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland kamen. Die Ergebnisse:
- Rund zwei Drittel, nämlich 64 Prozent der Geflüchteten, die 2015 kamen, haben einen Arbeitsplatz, davon fast Dreiviertel in Vollzeit, so ein Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2024. Ihre Beschäftigung ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.Quelle
- Nach acht und mehr Jahren Aufenthalt haben geflüchtete Männer eine höhere Erwerbstätigenquote (86 Prozent) als die durchschnittliche männliche Bevölkerung in Deutschland (81 Prozent). Bei geflüchteten Frauen liegt die Quote deutlich niedriger (33 Prozent).Quelle
- 70 Prozent üben eine qualifizierte Tätigkeit aus. Dennoch sind viele unterhalb des Ausbildungsniveaus beschäftigt, das sie vor ihrer Ankunft in Deutschland hatten, und zwar 41 Prozent der Personen, die seit sechs Jahren in Deutschland sind. Zwölf Prozent haben inzwischen eine höhere Ausbildung und eine dem entsprechende Stelle gefunden.Quelle
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie des DIW. Außerdem wird betont: Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Geflüchteten arbeitet als Fachkraft (rund 60 Prozent). Insgesamt sind es zum Beispiel ein Drittel von allen männlichen Geflüchteten, die in den letzten zehn Jahren nach Deutschland gekommen sind.Quelle
Kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland haben noch die wenigsten Geflüchteten Arbeit – denn sie unterliegen einerseits einem Arbeitsverbot, andererseits haben sie noch keine Sprachkenntnisse. Im ersten Jahr haben nur sieben Prozent von ihnen eine Stelle, nach sechs Jahren sind es 54 Prozent, nach sieben Jahren 62 Prozent.Quelle
Zwischen den Geschlechtern zeigt sich allerdings ein deutlicher Unterschied: So hatten sechs Jahre nach Zuzug 67 Prozent der Männer eine Arbeit gefunden, aber nur 23 Prozent der Frauen. Nach acht Jahren waren 39 Prozent der Frauen in Arbeit.Quelle
Wie viele Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten?
Seit Jahren steigt die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund unter den Beschäftigten, inzwischen sind es 12 Millionen Erwerbstätige. Zum einen weil die Gesamtzahl der Personen mit Migratinoshintergrund in der Bevölkerung zunimmt. Zum anderen finden sie immer besser Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Auffällig ist: Menschen mit Migrationshintergrund sind immer häufiger als Angestellte oder Selbständige beschäftigt, und immer seltener als Arbeiter.Quelle
Die überwiegende Mehrheit der Menschen mit "Migrationshintergrund" geht einer bezahlten Tätigkeit nach. Das zeigen die Erwerbstätigenquoten für 2023 aus dem Mikrozensus:
- 70,4 Prozent bei Menschen mit Migrationshintergrund
- 65,6 Prozent bei ausländischen Staatsbürger*innen (zum Vergleich: Gesamtbevölkerung: 77,2 Prozent / Deutsche ohne Migrationshintergrund: 84,3 Prozent).Quelle
Einen weiteren Hinweis gibt die Beschäftigungsquote von ausländischen Staatsangehörigen, sie liegt nicht für Menschen mit Migrationshintergrund vor. Die Quote zeigt, wie viele Personen sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt sind und lag Anfang 2024 bei ausländischen Staatsbürger*innen niedriger als beim Durchschnitt der Gesamtbevölkerung:
- Beschäftigte insgesamt: 69,1 Prozent
- Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft: 53,2 Prozent.Quelle
Woran liegt das? Ein Grund: Viele ausländische Staatsbürger*innen arbeiten als Selbstständige oder mithelfende Familienangehörige. Damit sind sie zwar erwerbstätig, tauchen aber nicht als Beschäftigte in der Beschäftigungsstatistik auf (siehe unten).
Im internationalen Vergleich ist die Beschäftigungsquote von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland im Mittelfeld. Laut Zahlen der OECD liegen sie für Migrant*innen für 2022 bei: Quelle
- Deutschland: 69,8 Prozent
- EU-Länder: 66,8 Prozent
- OECD-Länder: 72,3 Prozent
Die Beschäftigungsquoten sind so hoch wie noch nie seit Beginn der Zählung Anfang der 2000er-Jahre – ebenso wie die Zahl der Beschäftigten. Viele Länder versuchen Zuwanderung zu erleichtern, da immer mehr Arbeitskräfte durch den demographischen Wandel fehlen.Quelle
Erwerbstätigkeit und Beschäftigung - was ist der Unterschied?
Um die Integration in den Arbeitsmarkt zu messen, gibt es zwei wichtige Statistiken: die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit und die Erwerbstätigenstatistik des Statistischen Bundesamtes. Sie werden unterschiedlich erhoben. Je nach Sachverhalt muss man sich für eine Statistik entscheiden.
Beschäftigungsstatistik: Die Bundesagentur für Arbeit zählt, wer sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt ist und von den Arbeitgeber*innen gemeldet wird. Selbständige werden hier zum Beispiel nicht erfasst. Die Beschäftigungsstatistik wird monatlich aktualisiert, bietet allerdings nur Zahlen zu deutschen und ausländischen Beschäftigten, nicht zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund.
Erwerbstätigenstatistik: Das Statistische Bundesamt erhebt in der Befragung zum Mikrozensus Erwerbstätige, unabhängig davon, wie viele Stunden sie pro Woche arbeiten. Schon ab einer Stunde bezahlter Tätigkeit pro Woche zählt eine Person als erwerbstätig. Auch Selbstständige werden gezählt sowie Beamte oder Auszubildende. Die Erwerbstätigenstatistik wird einmal pro Jahr aktualisiert und bietet Zahlen zu deutschen und ausländischen Staatsbürger*innen sowie der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Quelle
Wie viele Menschen mit Migrationshintergrund sind arbeitslos?
Eindeutige Statistiken zur Arbeitslosigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund gibt es nicht, da sie nicht gesondert in der Arbeitslosenstatistik erfasst werden. Es gibt aber Hinweise darauf, dass sie häufiger arbeitslos sind.
Das zeigt etwa die Hochrechnung des Mikrozensus, einer repräsentativen jährlichen Haushaltsbefragung. Dort geben Menschen mit Migrationshintergrund etwa doppelt so oft an, erwerbslos zu sein wie Deutsche ohne Migrationshintergrund. Das bedeutet, dass sie keiner bezahlten Arbeit nachgehen – unabhängig davon, ob sie bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitslos gemeldet sind oder nicht. 2021 lagen die Erwerbslosenquoten dem Mikrozensus zufolge:
- bei Deutschen ohne Migrationshintergrund bei 2,6 Prozent (rund 840.000 Erwerbslose)
- bei Deutschen mit Migrationshintergrund bei 6,2 Prozent (rund 693.000 Erwerbslose)
- und bei Ausländer*innen bei 7,6 Prozent (rund 435.000 Erwerbslose).Quelle
Hinweise bieten außerdem die Arbeitslosenquoten. Für die Arbeitslosenquoten wird gezählt, wer bei der Bundesagentur für Arbeit als "arbeitslos" gemeldet ist. Menschen mit Migrationshintergrund werden in der Arbeitslosenstatistik nicht getrennt erfasst. Erfasst werden aber ausländische Staatsbürger*innen in Deutschland (sie machen etwa die Hälfte aller Menschen mit Migrationshintergrund aus). Im Januar 2022 lagen die Arbeitslosenquoten:
- bei der Bevölkerung insgesamt bei 6,3 Prozent
- bei der Bevölkerung mit ausländischer Staatsbürgerschaft bei 13,1 Prozent.Quelle
Auch in anderen OECD-Ländern sind Eingewanderte häufiger arbeitslos. Im internationalen Durchschnitt lag im Jahr 2018 die Arbeitslosenquote von Menschen, die nicht im Land geboren waren, um 2,4 Prozentpunkte höher als bei Einheimischen. Allerdings ist dieser Unterschied in den letzten Jahren kleiner geworden.Quelle
Wichtige Quellen:
> Aktuelle Arbeitslosenquoten von ausländischen Staatsbürger*innen und Geflüchteten finden Sie im Zuwanderungsmonitor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
> Aktuelle Zahlen zu Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt finden Sie in unserer Rubrik "Wie viele Flüchtlinge haben Arbeit? Wie viele nicht?"
Wie oft leben Migranten in Armut?
Menschen mit Migrationshintergrund haben ein doppelt so hohes Armutsrisiko wie der Rest der Bevölkerung. So lag die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2023:
- bei 22,3 Prozent bei Menschen mit Migrationshintergrund
- bei 11,1 Prozent bei Menschen ohne Migrationshintergrund.Quelle
Auch wenn sie einen Job haben sind sie stärker von Armut bedroht (13,7 Prozent) als andere Beschäftigte (6,5). Und auch Abitur schützt nicht immer vor Armut: Menschen mit Migrationshintergrund und Abitur sind ähnlich häufig von Armut bedroht (17,2 Prozent) wie Menschen ohne Migrationshintergrund und Hauptschulabschluss (17,3).Quelle
Definition der Armutsgefährdungsquote
Die Quote wird gemessen am mittleren Einkommen der Bevölkerung ("relative Einkommensarmut"). Als "armutsgefährdet" gilt, wer mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens auskommen muss. Wenn das mittlere Einkommen steigt, können auch Menschen unter die Armutsschwelle fallen, obwohl sie nicht weniger verdienen als vorher. Quelle
Menschen mit Einwanderungsgeschichte waren 2023 in Deutschland etwas häufiger von Armut betroffen (24,0 Prozent) als Menschen mit Migrationshintergrund. Dies trifft auch zu, wenn sie in arbeiten oder Abitur haben. Quelle
Auch für Kinder aus Einwandererfamilien ist die Gefahr größer, in Armut zu leben: Laut einer Studie des Kinderhilfswerks Unicef von 2023 sind Kinder von ausländischen Eltern 2,4-fach häufiger von Einkommensarmut betroffen als Kinder ohne Einwanderungsgeschichte. Quelle
Ein höheres Armutsrisiko haben Menschen zum Beispiel, weil sie noch nicht so lange in Deutschland leben, geringe Deutschkenntnisse haben, ihre Schulabschlüsse aus dem Ausland nicht anerkannt werden oder sie Diskriminierung am Arbeitsmarkt erleben.Quelle
Rassismus erhöht Armutsrisiko
Häufig wird eine geringere Bildung oder schlechter bezahlte Arbeit für das höhere Armutsrisiko verantwortlich gemacht. Doch auch unmittelbare Diskriminierung dürfte eine Rolle spielen. Das legen neuere Studien nahe, die sich besonders "rassistisch markierte" Menschen angeschaut haben. So erleben einige Gruppen häufiger Diskriminierung, zum Beispiel schwarze Frauen oder muslimische Männer – und sie haben ein deutlich höheres Armutsrisiko als Deutsche oder Migrant*innen ohne "sichtbaren" Migrationshintergrund.Quelle
Ein Beispiel: Laut einer Befragung des "Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor" von 2022 haben Schwarze Männer ein deutlich höheres Armutsrisiko. Jeder fünfte von ihnen (22 Prozent) hat ein Einkommen unterhalb der Armutsgrenze. Damit sind sie doppelt so häufig von Armut bedroht wie nicht von Rassismus betroffene Männer in vergleichbaren Lebenslagen (11 Prozent), so die soziodemografisch bereinigten Ergebnisse der Befragung.
Ein guter Schulabschluss und und ein Vollzeit-Job schützen nicht gleichermaßen vor Armut. So ist jede 5. rassistisch markierte Frau trotz Vollzeit-Job von Armut bedroht (viermal so hoch wie bei nicht rassistisch markierten Menschen). Der Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft kann das Risiko deutlich senken, in Armut zu leben, besonders bei Schwarzen und asiatisch gelesenen Männern.Quelle
Armutsgefährdungsquote – welche Daten gibt es?
EU-SILC-Daten
Die amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armut auf Bundesebene, die auch oben verwendet wird, ist EU-SILC. Mit diesen Daten wird das jeweilige Einkommen des vergangenen Jahres erfasst, und darauf basierend wird die Armutsgefährdungsquote berechnet. Es werden auch unregelmäßige Einkommen erfasst.Quelle
Mikrozensus
Armutsgefährdungsquoten werden auch aus Mikrozensus-Daten berechnet, was jedoch nur das reguläre Einkommen für den Monat vor der Datenerhebung dokumentiert. Dadurch werden unregelmäßige Einkommen nicht so gut erfasst, weshalb EU-SILC eine detailliertere Aussage über die Armutsgefährdung der Bevölkerung treffen kann.Quelle
Diskriminierung am Arbeitsmarkt
Viele Menschen erfahren Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt – sie werden etwa seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen oder machen Rassismuserfahrungen am Arbeitsplatz. Das zeigen Befragungen von Betroffenen sowie Experimente, bei denen fiktive Bewerbungen verschickt werden.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) zählte 2023 insgesamt 2.646 Beratungsanfragen wegen Diskriminierung am Arbeitsmarkt. Davon hatten 30 Prozent der Personen (798 Anfragen) rassistische Diskriminierung erlebt und rund sieben Prozent (172 Anfragen) Diskriminierung aufgrund ihrer Religion.Quelle
Aus Befragungsstudien geht hervor, dass sich viele Menschen mit Migrationshintergrund bei der Jobsuche benachteiligt fühlen – vor allem türkeistämmige Personen. Auch Muslim*innen und Schwarze Menschen berichten häufig von Diskriminierung im Arbeitsleben:
- In einer Studie der Bertelsmann Stiftung 2022 gaben 58 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund an, dass es für sie schwieriger sei, eine passende Arbeitsstelle zu finden als für die meisten anderen Menschen. Unter Befragten mit einem türkischen Migrationshintergrund und muslimischen Befragten waren es sogar jeweils 70 Prozent. Auch eine Befragung des BAMF 2023 stellte fest, dass sich Muslim*innen und türkeistämmigen Personen häufiger bei der Stellensuche benachteiligt fühlen.Quelle
- Laut einer Umfrage der EU-Grundrechteagentur (FRA) 2024 erlebten mehr als die Hälfte (55 Prozent) der befragten Muslim*innen in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Laut einer Studie des DeZIM 2022 berichten Kopftuchtragende Musliminnen häufiger davon, eine Arbeitsstelle nicht bekommen zu haben als Musliminnen ohne Kopftuch und muslimische Männer. Zudem gab knapp die Hälfte (48 Prozent) der Musliminnen mit Kopftuch an, dass sie häufig auf Bewerbungen verzichten, weil sie erwarten, wegen ihrer Religion benachteiligt zu werden.Quelle
- Im SVR-Integrationsbarometer 2022 gaben mehr als zwei Drittel (68,6 Prozent) der befragten türkeistämmigen Personen an, dass Deutsche und Migrant*innen auf dem Arbeitsmarkt bei gleicher Qualifikation nicht die gleichen Chancen hätten. Dies war unter allen befragten Gruppen der höchste Anteil.Quelle
- Befragungen von Schwarzen Menschen zeigen, dass sie häufig Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt erfahren: In der repräsentativen Studie "Being Black in the EU" der EU-Grundrechteagentur 2023 gaben 58 Prozent an, dass sie in den letzten 5 Jahren bei der Arbeit rassistisch diskriminiert wurden, 56 Prozent berichteten von Diskriminierung bei der Jobsuche. Im Afrozensus 2020 gaben rund 81 Prozent der Befragten an, dass sie in den vergangenen zwei Jahren im Arbeitsleben aus rassistischen Gründen diskriminiert wurden.Quelle
- Auch Fachkräfte aus dem Ausland berichten von Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt: Laut einer IAB-Befragung 2024 (Befragungszeitraum: 2022) hatten 21 Prozent der befragten Fachkräfte im Vorjahr am Arbeitsplatz Diskriminierung erfahren. 22 Prozent hatten Diskriminierung bei der Arbeits- oder Ausbildungsplatzsuche erlebt. In einer OECD-Befragung 2023 unter ausländischen Fachkräften gaben 28 Prozent der Befragten an, dass sie bei der Arbeit aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden. Rund die Hälfte (48 Prozent) stimmte der Aussage zu, dass Menschen aus dem Ausland es in Deutschland schwerer haben, einen Arbeitsplatz zu finden und beruflich erfolgreich zu sein als Deutsche.Quelle
Menschen mit Migrationshintergrund haben ein erhöhtes Armutsrisiko. Auch Rassismuserfahrungen spielen dabei eine Rolle. Mehr dazu finden Sie hier.
Auch Experimente, wie beispielsweise Korrespondenztests, zeigen, dass bestimmte Bewerber*innen von Unternehmen benachteiligt werden:
- Besonders stark von Diskriminierung betroffen sind Musliminnen, die ein Kopftuch tragen: Eine Studie mehrerer Forschungsinstitute 2023 zeigt, dass sie seltener positive Rückmeldungen auf Bewerbungen erhalten als Bewerberinnen anderer Gruppen. Das betrifft besonders Berufe mit viel Kundenkontakt. Aus einer Studie von 2016 geht hervor, dass Musliminnen mit türkischem Namen, die ein Kopftuch tragen, sich viermal so oft bewerben müssen, um für ähnlich viele Bewerbungsgespräche eingeladen zu werden wie Bewerberinnen mit deutschem Namen, die kein Kopftuch tragen.Quelle
- Laut einer Studie 2018 erhalten Menschen mit Migrationshintergrund deutlich seltener eine positive Rückmeldung auf ihre Bewerbungen als Menschen ohne Migrationshintergrund. Die Chancen variierten je nach Herkunftsland: Besonders schlechte Chancen hatten Menschen mit einem albanischen, marokkanischen oder äthiopischen Migrationshintergrund. Etwas bessere Chancen hatten Bewerber*innen mit Migrationshintergrund aus einem westeuropäischen Land sowie aus Japan oder China.Quelle
- Ausländische Bewerber*innen werden in höherqualifizierten Berufen stärker diskriminiert als in geringqualifizierten Berufen: Zu diesem Ergebnis kam 2019 eine Studie, in der Schweizer Hotelbetriebe fiktive Bewerbungen von Menschen unterschiedlicher Herkunft beurteilen sollten. Während die Betriebe Schweizer Staatsangehörige für die Arbeit an der Hotelrezeption deutlich bevorzugten, wurde bei Bewerber*innen für Reinigungsberufe kaum nach Herkunft unterschieden.Quelle
- Auch bei der Jobvermittlung kommt es zu rassistischer Diskriminierung. Das zeigt ein Experiment aus dem Jahr 2017, für das Wissenschaftler*innen fiktive E-Mails mit deutsch, türkisch und rumänisch klingenden Namen an Jobcenter verschickt haben. Die Behörden antworteten zwar auf alle Mails, schickten den Fragesteller*innen mit ausländischen Namen aber häufiger unzureichende und weniger detaillierte Informationen.Quelle
Selbstständige und Gründer mit Migrationshintergrund
Die Zahl der "Migrant*innen-Unternehmen" wächst. Prominente Beispiele sind das Biotechnologie-Unternehmen "Biontech" oder der Computerspiele-Entwickler "Crytek".
2022 gab es 833.000 Selbstständige mit Migrationshintergrund in Deutschland. Die knappe Mehrheit von ihnen sind Alleinunternehmer*innen. Etwa 48 Prozent (415.000) sind selbst Arbeitgeber*innen mit weiteren Beschäftigten – und sorgen für zahlreiche Jobs: Verschiedenen Schätzungen zufolge stellen sie über zwei Millionen Arbeitsplätze.Quelle
Zahlen zum Anteil der Personen mit Migrationshintergrund in den Vorständen großer Unternehmen gibt es in unserer Rubrik "Wie viele Führungskräfte haben Migrationshintergrund?"
Attraktiv für ausländische Gründer*innen
Deutschland ist attraktiv für Gründer*innen aus dem Ausland. Mehr als jedes fünfte Startup wird von Zugewanderten gegründet (21 Prozent). Das ist das Ergebnis des "Migrant Founders Monitoring 2023", einer Umfrage unter rund 380 "migrantischen Unternehmensgründer*innen". Allerdings: Einige berichten auch von Problemen, Kapital für ihre Gründungen zu bekommen, zum Beispiel durch staatlichen Hilfen oder "Risiko-Kapitalgeber". Ein Drittel berichtet von Rassismuserfahrungen, zum Beispiel durch Behörden oder Banken.Quelle
Im Vergleich zur sonstigen Bevölkerung gründen Menschen mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich häufig Unternehmen. Im Jahr 2019 ging jede vierte Existenzgründung auf Menschen mit Migrationshintergrund zurück (26 Prozent). Durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sank dieser Anteil 2020 auf 21 Prozent. Quelle
Immer mehr Selbstständige mit Migrationshintergrund arbeiten im Bereich "öffentliche und private Dienstleistungen", zum Beispiel im Gesundheits- oder Erziehungsbereich (28 Prozent) und immer weniger in der Gastgewerbe oder im Handel (26 Prozent).Quelle
In welchen Berufen arbeiten viele Ausländer?
Mehr als jede dritte Reinigungskraft hat eine nicht-deutsche Staatsbürgerschaft. Auf Baustellen sind es ähnlich viele. Auch bei LKW-Transporten, Paketzustelldiensten oder in der Altenpflege – ohne Zuwanderung würde in vielen Branchen kaum noch etwas funktionieren.
Was sind die Gründe?
Ein Grund ist der demographische Wandel: Jedes Jahr gehen mehr Beschäftigte in den Ruhestand als neue nachkommen. Je größer die Engpässe in verschiedenen Branchen werden, desto wichtiger wird Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Daher wächst in der "Mitte" der Arbeitswelt der Anteil ausländischer Arbeitskräfte. Also in klassischen Mittelstandsberufen wie LKW-Fahrer, Bürokraft, Bauelektriker oder in der Altenpflege.Quelle
Ein weiterer Grund: Deutsche Schulabgänger*innen bevorzugten eher akademische Berufe anstatt der klassischen Ausbildungsberufe. "Hier tun sich Lücken auf, in die ausländische Arbeitskräfte vorstoßen." Damit federn sie heute schon die Engpässe ab, die sonst deutlich stärker spürbar wären, so die Einschätzungen von Expert*innen in einem ausführlichen Artikel.
In einigen Berufen sind ausländische Beschäftigte die Mehrheit
Besonders deutlich zeigt sich der Trend, wenn man einzelne Berufe anschaut. In einzelnen, sehr kleinen, Berufsgruppen machen sie inzwischen sogar die Mehrheit der Beschäftigten aus, zum Beispiel bei den Tänzer*innen und Köch*innen. Die Statistik zeigt auch Kurioses: Jeder fünfte der "Zauberer/innen und Illusionist/innen" kommt aus dem Ausland. Kaum ausländische Beschäftigte findet man hingegen in der Justiz, bei Notaren oder unter den Schornsteinfeger*innen.
Aktuelle Zahlen zu ausländischen Beschäftigten in verschiedenen Branchen finden sich bei der Bundesagentur für Arbeit im Migrationsmonitor, der monatlich aktualisiert wird.
Ausländer*innen in Leiharbeit
Ausländische Beschäftigte arbeiten deutlich häufiger in der Leiharbeit (6 Prozent) als deutsche Beschäftigte (2 Prozent). In der Leiharbeitsbranche stieg ihr Anteil in den letzten Jahren: Mehr als jede*r dritte Beschäftigte in der Leiharbeit hatte 2019 einen ausländischen Pass (37 Prozent). In den Jahren von 2000 bis 2012 lag ihr Anteil noch bei durchschnittlich 17,4 Prozent.Quelle
Der Anstieg ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Geflüchtete, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, in der Branche arbeiten. Jede*r sechste Beschäftigte in Leiharbeit kommt inzwischen aus einem Asylherkunftsland. Unter Geflüchteten arbeiten deutlich mehr in der Leiharbeit (13 Prozent) als bei Beschäftigten insgesamt (2 Prozent). Für sie bietet Zeitarbeit offenbar einen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt. Gewerkschaften kritisieren, dass Leiharbeit oft keine Perspektive auf einen sicheren Job biete, und sie mit einem höheren Risiko verbunden ist, arbeitslos zu werden.Quelle
Wie groß ist der Fachkräftemangel?
Der Fachkräftemangel ist in den letzten Jahren zu einem der größten Probleme der deutschen Wirtschaft geworden. Hauptgrund ist der demographische Wandel in Deutschland: In den nächsten 15 Jahren wird die Generation der Babyboomer in den Ruhestand gehen. Unter dem Strich gehen mehr Menschen in Rente als neue einheimische Arbeitskräfte nachkommen. Hierdurch fehlen in vielen Bereichen Arbeitskräfte.
Bis zum Jahr 2027 werden etwa 54.000 Arbeitskräfte fehlen, so eine Schätzung des Fachkräftemonitorings des Bundesarbeitsministeriums. Der Mangel ist geringer als bisher angenommen, vorher war man von einem Bedarf von 240.000 Stellen ausgegangen. In dieser Prognose ist das abgeschwächte Wirtschaftswachstum und die aktuelle Zuwanderung bereits berücksichtigt.Quelle
Bisher ging man davon aus, dass eine langfristig eine Nettozuwanderung von mindestens 400.000 Personen im Jahr notwendig ist, Grundlage war eine Schätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Eine aktuellere IAB-Prognose aus dem November 2024 geht von einem niedrigeren Bedarf aus, mit einer Nettozuwanderung von 288.000 bis 368.000 Personen, die jedes Jahr bis 2040 zuwandern. Weitere Strategien gegen den Fachkräftemangel sind, die Frauenerwerbstätigkeit weiter zu erhöhen und mehr Menschen zu qualifizieren.Quelle
In welchen Berufen fehlen Fachkräfte?
Fachkräfte sind in den vergangenen Jahren in vielen Berufen und Regionen deutlich knapper geworden: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) verzeichnete Ende 2023 Engpässe in 183 Berufsgruppen – die Zahl der Engpassberufe ist leicht zurückgegangen, liegt aber trotz des Rückgangs weiterhin auf einem sehr hohen Niveau (zum Vergleich: Während es 2017 nur 25 Berufsgruppen waren, stieg die Zahl bis 2022 auf 200 an). Insgesamt fehlten damit Fachkräfte in etwa jedem siebten untersuchten Beruf. Ein Mangel an Fachkräften besteht vor allem in den Pflege- und Gesundheitsberufen, im Handwerk und in den Bauberufen. Darüber hinaus gibt es Engpässe im technischen Bereich, in Verkaufsberufen, im Gastronomieservice, sowie bei Berufskraftfahrer*innen im Güterverkehr.Quelle
Die Engpässe schlagen sich oft darin nieder, dass Stellen lange unbesetzt bleiben. Ein Beispiel: In der Pflege konnten 2023 offene Fachkräftestellen im Schnitt mehr als dreieinhalb Monate (112 Tage) lang nicht besetzt werden. Außerdem gibt es in manchen Berufen starke regionale Unterschiede: Während 2023 Fachkräfte im Gartenbau in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und Bayern gesucht wurden, war die Situation in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Berlin, Brandenburg Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt entspannter.Quelle
Ein Problem für Unternehmen
Auch die Unternehmen sehen Probleme: Laut einer Umfrage hatten 2023 die Hälfte aller befragten Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen (50 Prozent), besonders in der Baubranche und im Industriebereich – so der jüngste "Fachkräftereport" des Deutschen Industrie- und Handelskammertags von November 2023. Mehr als die Hälfte der Unternehmen sieht Arbeitskräfte aus dem Ausland als mögliche Gegenstrategie (55 Prozent).Quelle
In welchen Ländern Deutschland um Fachkräfte wirbt
Medien zufolge will die Bundesagentur für Arbeit in Zukunft vor allem in 13 Ländern um Arbeitskräfte werben: Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Ecuador, Marokko, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Indien, Indonesien, Usbekistan und die Philippinen sowie Ghana.Quelle
Nicht nur Fachkräfte fehlen
Häufig wird in der Debatte um Arbeitskräftezuwanderung von "Fachkräfteeinwanderung" gesprochen. Expert*innen weisen jedoch daraufhin, dass in vielen Wirtschaftsbereichen, beispielsweise im Dienstleistungsbereich, auch ungelernte Arbeitskräfte dringend gesucht werden. Oft wäre es also präziser, von "Arbeitskräftemangel" zu sprechen.
Wichtige Quellen
• Bundesagentur für Arbeit: Jährliche Fachkräfteengpassanalyse, Link
sowie Interaktives Datenportal mit Details zum Bedarf in einzelnen Branchen, Link, und die Übersicht zu Fachkräfte-Engpässen in verschiedenen Berufen, Link
• DIHK-Arbeitsmarkt- und Konjunkturreport: Jährliche Umfrage bei Unternehmen, Link
• Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (2023): Fachkräftemonitoring für das BMAS, Mittelfristprognose bis 2027, Linkhttps://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-625-fachkraeftemonitoring-bmas-mittelfristprognose-2027.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Wie beliebt ist Deutschland bei Fachkräften aus dem Ausland?
Deutschland ist im Vergleich zu anderen großen Industriestaaten mittelmäßig attraktiv für Fachkräfte. So liegt es im aktuellen OECD-Ranking für "Fachkräfte-Attraktivität" auf Platz 15 von 38, hinter Ländern wie Kanada, den USA, Großbritannien oder Schweden. Sehr beliebt ist es bei Studierenden. Quelle
Potentielle Fachkräfte sind sehr interessiert an einem Job in Deutschland - entscheiden sich aber oft für andere Länder. Die Gründe hat die OECD in einer großen Umfrage unter 30.000 potentiellen Migrant*innen im Ausland abgefragt. Ergebnis: Nur 5 Prozent arbeiteten drei Jahre später in Deutschland. Die größten Probleme: die deutschen Visa-Stellen im Ausland. Befragte berichten von teilweise monatelangen Wartezeiten, während andere Länder teilweise schon nach einer Woche eine Visa-Entscheidung anbieten können.Quelle
Ein weiteres Problem: Viele Fachkräfte, die in Deutschland arbeiten, berichten von Rassismus und Diskriminierung, laut OECD-Umfrage besonders bei der Wohnungssuche, in der Schule der Kinder oder auf der Straße. In einer Umfrage der IAB 2024 (Erhebungszeitraum: 2022) gaben 56 Prozent der Fachkräfte aus dem Ausland an, dass sie im Vorjahr in mindestens einem Lebensbereich Diskriminierung erfahren hatten. Besonders häufig passierte das bei der Wohnungssuche (40 Prozent), in der Öffentlichkeit (auf der Straße/in öffentlichen Verkehrsmitteln: 26 Prozent; in Geschäften/Restaurants: 23 Prozent) sowie bei der Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz (22 Prozent).Quelle
Steuervorteile für neu zugewanderte ausländische Fach- oder Arbeitskräfte gibt es bislang nicht. Die Bundesregierung plant solche als Teil ihrer "Wachstumsinitiative". Europäische Beispiele für solche Steuervorteile gibt es etwa in den Niederlanden oder Portugal.Quelle
Online-Umfragen mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen
In einer Online-Umfrage (Methodik) unter mehr als 12.000 "Expats" landete Deutschland 2023 unter beliebten Zielen zum Arbeiten auf Platz 49 von 53 weltweit. Die Hauptgründe für die Unzufriedenheit vieler Expats: die fehlende Willkommenskultur sowie fehlende Digitalisierung, Sprachbarrieren und Probleme bei der Wohnungssuche. Drei von zehn Expats finden, dass die deutsche Bevölkerung "nicht freundlich" zu ausländischen Arbeitskräften sei (weltweit: 18 Prozent). Quelle
Online-Umfragen von Unternehmensberatungen messen eine höhere Beliebtheit. So lag Deutschland in einer Online-Umfrage u.a. von der Boston Consulting Group von 2024 auf Platz 5 hinter Australien, USA, Kanada und Großbritannien. Quelle
Schreckt Rechtspopulismus Fachkräfte ab?
Der Fachkräftemangel ist in den letzten Jahren zu einem der größten Probleme der deutschen Wirtschaft geworden. Aktuelle Zahlen haben wir hier zusammengestellt.
Starker Rechtspopulismus ist vermutlich schlecht für Fachkräfte-Anwerbung
Die rechtspopulistischen und teils rechtsextremen Positionen der AfD belasten vermutlich den Wirtschafts-Standort Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Forschungs-Übersicht von 2024, die empirische Studien zum Thema ausgewertet hat. Wo die AfD oder ähnliche rechtspopulistische Bewegungen stark seien, gebe es "einen nicht zu unterschätzenden Nachteil bei der Anwerbung von in- und ausländischen Fachkräften". Unter anderem wird auf ein Experiment hingewiesen, wonach Dresden weniger attraktiv sei für inländische Fachkräfte, weil dort über Jahre "asyl- und migrationskritische Kundgebungen" stattfanden.Quelle
Mehr als 500 Unternehmen haben sich Anfang 2024 gegen Rechtspopulismus ausgesprochen. Auch die deutschen Handwerks-Betriebe sprachen sich gegen "Hetze und Rassismus" aus. Bei direkten Befragungen sehen die Vertreter von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden die AfD kritisch: Die Mehrheit lehnt laut einer Befragung des WZB 2024 den Kontakt zur Partei ab und sieht von ihr keine positiven Beiträge zur Wirtschaft in Deutschland. Vielmehr werde die Partei als "systemfeindlich und systemgefährdend" angesehen. Ein Grund: die wirtschaftspolitischen Ideen der AfD. Kritisch sehen die Wirtschaftsvertreter*innen Forderungen nach dem Austritt aus der EU oder dem Euro-Raum und die Ablehnung von Zuwanderung.Quelle
Qualifizierte Arbeitskräfte fühlen sich abgeschreckt
Intoleranz und Diskriminierung beeinflussen stark, ob qualifizierte Arbeitskräfte in ein Land gehen wollen oder nicht, das belegen Studien. Zwar ist Deutschland beliebt bei Studierenden, aber nur mittelmäßig beliebt bei ausgebildeten Arbeitskräften. Ein wichtiger Grund: Die als mittelmäßig wahrgenommene Willkommenskultur ("inclusiveness"), so OECD-Befragungen.Quelle
In einer Online-Umfrage (Methodik) unter mehr als 12.000 "Expats" landete Deutschland 2023 unter beliebten Zielen zum Arbeiten auf Platz 49 von 53 weltweit. Die Hauptgründe für die Unzufriedenheit vieler Expats: die fehlende Willkommenskultur. Drei von zehn Expats finden, dass die deutsche Bevölkerung "nicht freundlich" zu ausländischen Arbeitskräften sei (weltweit: 18 Prozent). Die Ergebnisse von solchen Online-Umfragen sind offenbar wenig zuverlässig und weichen teils stark voneinander ab. Quelle
Aufenthalt für Hochqualifizierte - Blaue Karte EU
Die Blaue Karte EU ist ein Aufenthaltstitel, der es Hochqualifizierten aus Nicht-EU-Staaten ("Drittstaaten") erlaubt, in einem EU-Staat zu arbeiten. Sie ist das europäische Pendant zur US-amerikanischen "Green Card". Wer einen Job in Aussicht hat, kann so für zunächst vier Jahre nach Deutschland kommen.Quelle
Im ersten Halbjahr 2023 wurden in Deutschland rund 22.000 Blaue Karten neu ausgestellt, was fast ein Drittel der gesamten Erwerbsmigration ausmachte. Zum Stichtag 30. Juni 2023 lebten etwa 102.000 Menschen mit einer Blauen Karte in Deutschland. Im gesamten Jahr 2022 wurden in Deutschland rund 39.000 Blaue Karten neu ausgestellt. Seit Einführung der Blauen Karte 2012 ist die Zahl der Neuausstellungen, außer während der Corona-Pandemie, kontinuierlich gestiegen.Quelle
Es werden auch Menschen mitgezählt, die schon länger in Deutschland leben und vorher einen anderen Aufenthaltstitel hatten. Mehr als die Hälfte aller Blauen Karten ging 2022 an Menschen, die neu zugewandert sind (rund 21.000). Der Großteil der Blauen Karten der EU wird in Deutschland ausgestellt (2022 waren es rund 77 Prozent).Quelle
Die wichtigsten Herkunftsländer unter den Zugewanderten mit einer Blauen Karte waren im ersten Halbjahr 2023:
- Indien (rund 25 Prozent)
- die Russische Föderation (rund 22 Prozent)
- die Türkei (rund 10 Prozent)
- der Iran (rund 5 Prozent)
Der Anteil an Staatsangehörigen aus der Russischen Föderation stieg zuletzt stark an (um 16 Prozentpunkte).Quelle
Wer kann eine Blaue Karte bekommen?
Die Blaue Karte wird vorrangig an Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium erteilt. Für IT-Spezialist*innen gilt allerdings eine Sonderregel: Sie können auch eine Blaue Karte erhalten, wenn sie statt eines Hochschulabschlusses drei Jahre Berufserfahrung vorweisen.
Außerdem benötigen alle Interessierten einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot mit einem bestimmten Mindestgehalt. Derzeit liegt die Untergrenze bei einem Jahresgehalt von 45.300 Euro. Für einige Berufe ist das Mindestgehalt etwas niedriger und liegt bei rund 41.000 Euro, da in diesen Branchen besonders viele Stellen unbesetzt sind. Das betrifft zum Beispiel Ärzt*innen, Apotheker*innen, Ingenieur*innen, Lehrkräfte und Beschäftigte in der Kinderbetreuung und im Gesundheitswesen. Die Liste der Engpassberufe wurde im November 2023 zuletzt erweitert. Die Blaue Karte ist auf maximal vier Jahre befristet und kann unter bestimmten Voraussetzungen nach zwei bis drei Jahren in eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis münden.Quelle
Wer besitzt eine Blaue Karte EU?
2023 lebten etwa 102.000 Menschen in Deutschland, die eine Blaue Karte hatten. Mehr als die Hälfte von ihnen (rund 70.000) hatten bereits eine Niederlassungserlaubnis.Quelle
Die erste repräsentative BAMF-Befragung von Inhaber*innen der Blauen Karte kam 2016 zu folgenden Ergebnissen:
- Zwei Drittel der Besitzer*innen eine Blauen Karte waren in MINT-Berufen tätig, etwa ein Fünftel als Ärzt*innen.
- Zwei Drittel waren verheiratet oder lebten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (61 Prozent). Der überwiegende Teil der Ehepartner*innen lebt ebenfalls in Deutschland (90 Prozent). 37 Prozent haben ein oder mehrere Kinder.
- Ein Drittel von ihnen konnte sich vorstellen, dauerhaft in Deutschland zu leben (31,4 Prozent) und 39 Prozent wollen mindestens zehn Jahre bleiben.Quelle
Anerkennung von ausländischen Abschlüssen
Die Nachfrage bei Anerkennungsverfahren für ausländische Abschlüsse ist auf einem neuen Höchststand: 2023 wurden rund 62.000 Anträge auf Anerkennung neu gestellt, das sind etwa 26 Prozent mehr als im Vorjahr.
2023 wurde in rund 65.500 Anerkennungsverfahren positiv entschieden. Die meisten Anerkennungen gibt es im Gesundheitsbereich: Pflegepersonal, Ärzt*innen, Apotheker*innen und weitere Berufe im medizinischen Sektor machten 67 Prozent der entschiedenen Fälle aus. Deutlich seltener sind Anerkennungen aus der am zweithäufigsten vertretenen Berufsgruppe: Mechatronik-, Energie- und Elektrobereich (6 Prozent).Quellen
Zum Hintergrund: Es gibt zahlreiche Berufe, in denen sich ausländische Arbeitskräfte unmittelbar bei Unternehmen bewerben können (zum Beispiel im Bereich KFZ-Mechatronik, im Einzelhandel oder als Tischlerin oder Tischler). Für einige Berufe benötigt man in Deutschland aber eine Zulassung (z.B. Ärztinnen und Ärzte oder Lehrkräfte). Für Zugewanderte heißt das, sie müssen zuerst ihre Abschlüsse anerkennen lassen bevor sie in Deutschland in diesen Berufen arbeiten dürfen.
Für Berufe, die vom Bund geregelt werden, gibt es das Anerkennungsgesetz (betrifft z.B. Ärztinnen und Ärzte oder Pflegekräfte). Für Berufe, die auf Länderebene geregelt werden, gibt es für alle Bundesländer eigene Anerkennungsgesetze (z.B. bei Lehrkräften, bei Erzieherinnen und Erziehern oder in Ingenieurberufen). Die Regelungen weichen zum Teil stark voneinander ab. Die meisten Anerkennungen entfallen auf den Bund, etwa ein Fünftel auf die Bundesländer.Quellen
Seit dem 1. März 2024 muss die Anerkennung des ausländischen Abschlusses nicht mehr zwingend vor der Einreise erbracht werden. In den vom Bund geregelten Berufen kann eine "Anerkennungspartnerschaft" geschlossen werden: Der Arbeitgeber kümmert sich gemeinsam mit der Fachkraft nach der Einreise um die Anerkennung.Quelle
Wer lässt seine Abschlüsse anerkennen?
Die Personen, die im Jahr 2023 eine Anerkennung bekommen haben, kamen zu rund einem Fünftel aus der EU. Am häufigsten ließen Menschen aus der Türkei ihre Abschlüsse anerkennen, gefolgt von Menschen aus den Philippinen und Tunesien. Auch Syrien war ein wichtiges Herkunftsland.Quelle
In unserer Rubrik "Flucht und Asyl" finden Sie Zahlen und Fakten zu Flüchtlingen, die ihre Berufsabschlüsse anerkennen lassen möchten.
Eine bundesweite Übersicht von Beratungsstellen, die Einwanderer bei der Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse unterstützen, bietet das IQ Netzwerk "Integration durch Qualifizierung".
Wie viel Geld schicken Migranten in ihre Herkunftsländer?
Insgesamt flossen im Jahr 2023 etwa 6,8 Milliarden Euro als Rücküberweisungen ("Remittances") ins Ausland, so Schätzungen der Bundesbank. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein leichter Rückgang (-4 Prozent). Experten schätzen, dass der Großteil von Arbeitsmigranten in Deutschland stammt – und nicht von Geflüchteten. Ein Großteil ging an Angehörige in Europa (ca. 5 Milliarden).Quelle
Besonders viel Geld ging in die Türkei, nach Polen, Italien und Rumänien. Das ist wenig überraschend, da aus diesen Ländern in der Vergangenheit die meisten Arbeitskräfte nach Deutschland kamen. Besonders stark stiegen Rücküberweisungen in "Asylherkunftsländer" wie Syrien, die Ukraine, den Irak und Afghanistan (insgesamt: ca. 1 Milliarde Euro).
Nur ein geringer Teil dieses Geldes dürfte aus Asylleistungen stammen. So zeigte eine Studie von 2024: Während unter Migrant*innen 12 Prozent Geld ins Ausland überweisen, sind es unter Geflüchteten 7 Prozent (Befragungen zwischen 2013 bis 2022). Ein weiterer Hinweis: Nur 14 Prozent aller Menschen aus Asylherkunftsländern bekommen überhaupt Asylleistungen. Die Gelder dürften deshalb vor allem von Geflüchteten stammen, die einen Job gefunden haben.Quelle
Die Zahlen zu Remittances sind Schätzungen anhand von verschiedenen Statistiken (zur Methode siehe Box unten). Dazu werden freiwillige Meldungen von Kreditinstituten abgeglichen mit der Zahl der ausländischen Beschäftigten aus dem jeweiligen Land in Deutschland. Bei Abweichungen entscheidet die Beschäftigten-Zahl. Es ist nicht möglich, zu unterscheiden, ob Arbeits-Migrant*innen oder Geflüchtete das Geld überwiesen haben. Die Bundesbank betont: Auf Basis dieser Zahlen lässt sich keine Aussage treffen darüber, ob Geflüchtete Teile ihrer Sozialleistungen ins Ausland überweisen.Quelle
Zur Methode
Der allergrößte Teil privater Rücküberweisungen wird von der Bundesbank geschätzt, im Rahmen der Zahlungsbilanz. Meldungen zu einzelnen Geldüberweisungen erhält sie nur bei Überweisungen von über 12.500 Euro.
Die Schätzungen erfolgen in zwei Schritten: Die Bundesbank erhält monatlich freiwillige Meldungen von Banken und Kreditinstituten zu akkumulierten Werten von vermutlichen privaten Überweisungen. Im zweiten Schritt werden diese freiwilligen Meldungen einem "Plausibilitäts- Check" unterzogen. Anhand der aktuellen Zahlen der ausländischen Beschäftigten aus dem jeweiligen Land legt die Bundesbank einen "Plausibilitäts-Intervall" fest, in dem die Rücküberweisungen liegen sollten.
Bei Abweichungen – oder wenn nur sehr wenige Daten zu Überweisungen in ein Land vorliegen – entscheidet die Zahl der Beschäftigten. Besonders für Länder, in denen kein funktionierendes Banken-System existiert – wie zum Beispiel Syrien – ist es wahrscheinlich, dass vor allem anhand der syrischen Beschäftigten in Deutschland geschätzt wird. Ob das so ist, wollte die Bundesbank auf Anfrage des Mediendienstes nicht mitteilen, mit Verweis auf "statistische Geheimhaltung". Die Weltbank veröffentlicht keine Schätzungen zu Syrien. Mehr...
"Remittances" weltweit
Weltweit gesehen steigen Rücküberweisungen seit Jahren an. Expert:innen schätzen, dass dieser Trend anhalten wird. Trotzdem sieht die Weltbank aktuell für 2023 ein langsameres Wachstum oder sogar eine Stagnation bei den Remittances. Als Gründe nennt sie eine langsamere wirtschaftliche Entwicklung in Sendeländern und sinkende Reallöhne. Die meisten Remittances weltweit gehen laut Weltbank nach Indien, Mexiko, China, die Philippinen und Pakistan.Quelle
Die Weltbank schätzt neben den ausgehenden Überweisungen auch, wie viele Remittances in Länder eingehen. Für europäische Länder schätzt sie höhere Werte für Zahlungen aus Deutschland: Polen (3,2 Mrd. USD), Türkei (1,8 Mrd. USD). Für Asyl-Länder schätzt sie deutlich niedrigere Werte von Zahlungen aus Deutschland für 2021: Afghanistan (24 Mio. USD), Irak (83 Mio. USD), für Syrien gibt es keine Angaben.Quelle
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland auf Platz vier der Länder, aus denen die höchsten Rücküberweisungen ausgehen. Vor 20 Jahren war es auf Platz drei.Quelle
Gute und schlechte Folgen von Rücküberweisungen
Mit den Geldern finanzieren die Familien in den Herkunftsländern etwa Arztbesuche oder ermöglichen es Kindern, zur Schule zu gehen. Und sie reduzieren generell die Armut der Empfänger. In einigen Ländern , wie zum Beispiel Moldawien, gab es durch die höhere Nachfrage teilweise sehr schnelle Lohnsteigerungen.
Es gibt aber auch Nachteile: Rücküberweisungen können die Inflation verstärken, da die Wirtschaft mehr importiert und selbst weniger konkurrenzfähig ist. Und Haushalte, die keine Rücküberweisungen erhalten, leiden an der Preissteigerung.
Kaum Rückgänge während Corona
Der Einfluss der Corona-Pandemie auf die Rücküberweisungen war erstaunlich gering. Der Anstieg bei den Überweisungen setzte sich fort, wenn auch etwas verlangsamt. Auch weltweit sind die Werte der Rücküberweisungen im Jahr 2021 insgesamt stabil und vergleichbar mit denen vor Beginn der Pandemie. Dafür könnte es verschiedene Gründe geben: Migrant*innen schicken oft kurzfristig mehr Geld in ihr Heimatland, wenn es benötigt wird, etwa bei Naturkatastrophen oder anderen Krisen. Viele würden eher bei sich sparen, als Rücküberweisungen an die Familie einzustellen.
Die wichtigsten Fragen zu Rücküberweisunge / Remittances beantworten wir in einem Factsheet, hier >>
Eine aktuelle Übersicht zum Forschungsstand zu "Rücküberweisungen" bietet die Bundeszentrale für politische Bildung, hier >>
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