Kita
Rund 40 Prozent der Kinder unter fünf Jahren hat einen Migrationshintergrund. Sie besuchen aber seltener eine Kita als Kinder ohne Einwanderungsgeschichte. Dabei wünschen sich Eltern mit Migrationshintergrund sich fast genauso oft wie andere Eltern, dass ihre Kinder in einer Kita betreut werden. Unter anderem fehlt es aber an guten Angeboten.
Frühkindliche Bildung
Frühkindliche Bildung meint die institutionelle Bildung von Kindern von ihrer Geburt bis zum Schulalter. Nach dem "PISA-Schock" setzte sich in Politik, Wissenschaft und Medien die Formel durch: Je früher der Eintritt ins Bildungssystem, desto größer die Chance auf einen späteren Bildungserfolg.
So fasst etwa der SVR zusammen: Wenn Kinder bis zu ihrem dritten Lebensjahr eine Krippe besucht haben, vergrößert sich die statistische Wahrscheinlichkeit, später ein Gymnasium zu besuchen, um fast 40 Prozent. Bei Kindern mit Migrationshintergrund erhöhe sie sich sogar um rund 55 Prozent. Besonders Kinder, die zuhause kein Deutsch lernen, könnten von einem frühen Kitabesuch profitieren.Quelle
Einige Forscher*innensagen, dass frühkindliche Bildung nicht per se wirke, sondern nur, wenn sie qualitativ hochwertig und der Betreuungsschlüssel gut sei. Andere betonen, dass der Bildungsauftrag den Schulen und nicht den Kindertagesstätten obliege.
Wie viele Kinder im Vorschulalter haben einen Migrationshintergrund?
2023 hatten rund 2,1 Millionen Kinder unter sechs Jahren einen "Migrationshintergrund". Das entspricht etwa 43 Prozent aller Kinder unter 6 Jahren in Deutschland. Der Anteil der Kinder aus Einwandererfamilien nimmt zu: 2011 waren es noch rund 33 Prozent.Quelle
Dabei gibt es große regionale Unterschiede insbesondere zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern:
- Bremen hat deutschlandweit den höchsten Anteil: Rund 67 Prozent aller unter 6-Jährigen haben einen Migrationshintergrund. Mecklenburg-Vorpommern hat mit fast 18,5 Prozent den niedrigsten Anteil.
- Es folgen die weiteren ostdeutschen Bundesländer Brandenburg (21,3 Prozent), Sachsen (20 Prozent), Sachsen-Anhalt (24,2 Prozent) und Thüringen (22 Prozent).
- Bei den übrigen Bundesländer hat den niedrigsten Anteil Schleswig-Holstein (35 Prozent), den höchsten Berlin (57 Prozent), gefolgt von Hessen (54 Prozent).Quelle
Kinder mit Migrationshintergrund in Kitas
Im März 2022 besuchten 22 Prozent der unter Dreijährigen mit Migrationshintergrund eine Kita. Bei Kindern ohne Migrationshintergrund traf das auf 43 Prozent zu.Quelle
Bei den Drei- bis Sechsjährigen nahmen 78 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund einen Kita-Betreuungsplatz in Anspruch. Nach Hochrechnung des Mikrozensus traf das auf 100 Prozent der Kinder ohne Migrationshintergrund zu.Quelle
Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund an allen Kita-Kindern ist in den vergangenen Jahren gestiegen: Machten Kinder mit Migrationshintergrund 2007 rund 23 Prozent aller Kita-Kinder aus, waren es 2020 fast 29,2 Prozent. Bis 2022 ist die Zahl auf etwa 29,5 Prozent, gestiegen.Quelle
Laut dem Bildungsbericht war die Verteilung der Kinder mit Einwanderungsgeschichte an Kitas im Jahr 2022 deutschlandweit unterschiedlich. In den ostdeutschen Flächenländern war der Anteil mit 10 Prozent vergleichsweise niedrig. Der höchste Anteil war in Bremen (43 Prozent), Berlin (37 Prozent) und Hessen (35 Prozent). Der niedrigste in Mecklenburg-Vorpommern (acht Prozent).Quelle
Seit dem 1. August 2013 besteht für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer öffentlich geförderten Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege. Das gilt unabhängig davon, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht.
Wieso gehen Kinder mit Migrationshintergrund seltener in eine Kita?
Ob Kinder in einer Kita betreut werden, hängt weniger mit der Herkunft der Eltern zusammen als mit ihrem Bildungsstand. Das zeigt eine Untersuchung des SVR-Forschungsbereichs:
- Bei allen anderen Eltern hängt die Betreuungsquote vor allem mit der Schulbildung zusammen: Je höher der Bildungsabschluss, desto eher entscheiden sich die Eltern für eine Betreuung in der Kita.
- Nur Eltern, die selbst eingewandert sind, lassen ihre Kleinkinder besonders häufig zuhause. Das liegt daran, dass sie wenig Erfahrung mit dem deutschen Bildungssystem haben oder andere Erwartungen an die Betreuung und den Eintrittszeitpunkt in die Kita. Weitere Hürden sind fehlende mehrsprachige Angebote oder die Entfernung der Kitas.Quelle
Eltern mit Migrationshintergrund wünschen sich fast genauso oft wie andere Eltern, dass ihre Kinder in einer Kita betreut werden. Aber es fehlt an guten Angeboten. Das zeigt eine Studie des DIW Berlin. Um das zu ändern, müssten den Autor*innen der Studie zufolge nicht nur mehr Kita-Plätze verfügbar sein. Auch die Anmeldung müsste leichter werden, die Kosten für die Betreuung sinken und mehr mehrsprachige Erzieher*innen in den Kitas arbeiten.Quelle
Dass der Bedarf nach einem Kitaplatz bei Familien mit und ohne Migrationshintergrund etwa gleich hoch ist, zeigte 2021 auch eine Studie für Berlin. Es gebe mehrere Gründe, warum Kinder mit Migrationshintergrund dennoch seltener eine Kita besuchen: Eltern mit Migrationshintergrund sind deutlich seltener erfolgreich bei Kita-eigenen Vergabeverfahren. Außerdem fehlen in manchen Stadtteilen deutlich mehr Kitaplätze. Das treffe wohl besonders "bildungsferne" Familien, so die Studie.Quelle
Kinder aus Flüchtlingsfamilien an Kitas
Geflüchtete Kinder haben ein Anrecht auf einen Kitaplatz. Eine Ausnahme machen viele Bundesländer bei Kindern, die in Erstaufnahmeeinrichtungen leben.
Kinder mit Fluchterfahrung seltener in Kitas
Laut einer Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe besuchen 79,2 Prozent der Kinder mit Fluchterfahrung eine Kindertageseinrichtung – das ist deutlich seltener als bei gleichaltrigen Kindern ohne Migrationshintergrund (97,9 Prozent) und bei Kindern mit Migrations- aber ohne Fluchthintergrund (94,2 Prozent). Ein häufiger Grund ist, dass sie in ihrer Region keinen Kita-Platz finden. Außerdem hängt die Platzvergabe oft davon ab, ob die Eltern berufstätig sind.Quelle
Der Großteil der befragten Eltern wünscht sich, dass ihre Kinder eine Kita besuchen: Sie erhoffen sich Kontakt zur deutschen Sprache (98,2 Prozent), zu anderen Kindern (97,6 Prozent) und zur deutschen Kultur (95,8 Prozent). Von den befragten Erzieher*innen stimmten 94,1 Prozent der Aussage zu, die "Integration von Kindern mit Fluchthintergrund gelingt in ihren Einrichtung insgesamt gut".Quelle
Aus der Ukraine geflüchtete Kinder unterrepräsentiert
Laut dem zweijährlich erscheinenden Bericht „Bildung in Deutschland 2024“ stammt seit Anfang 2022 ein besonders hoher Anteil geflüchteter Kinder aus der Ukraine, die oftmals mit ihren Müttern Deutschland erreichen. Im Vergleich sind diese Kinder in Kitas allerdings unterrepräsentiert. Nach etwa einem Jahr Aufenthalt in Deutschland besuchten zu Beginn des Jahres 2023 gerade mal 51 Prozent der geflüchteten Kindern aus der Ukraine unter 6 Jahren eine Kita (12 Prozent der unter 3-Jährigen, 63 Prozent der 3- bis 6-Jährigen).Quelle
Bis Mitte 2023 stieg der Anteil von aus der Ukraine geflüchteten Kindern in Kindertagesbetreuungen laut Bildungsbericht auf 62 Prozent an (26 Prozent der unter 3-Jährigen, 76 Prozent der 3- bis 6-Jährigen). Dennoch liege der Anteil von aus der Ukraine geflüchteten Kindern in Kitas weiterhin unter dem der gleichaltrigen Bevölkerung (unter 3-Jährige: 36 Prozent, 3- bis unter 6-Jährige: 91 Prozent) und bewege sich auf dem Niveau von Kindern mit Einwanderungsgeschichte (unter 3-Jährige: 22 Prozent, 3- bis unter 6-Jährige: 78 Prozent).Quelle
Kita-Nutzung hilft auch geflüchteten Müttern
Folgen seien Teilhabebarrieren, etwa was den Spracherwerb oder die Ausbildung angehe – das gelte auch für die Mütter der Kinder. Auswertungen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) im Rahmen des Berichts „Bildung in Deutschland 2024“ zeigen, dass aus der Ukraine geflüchtete Mütter häufiger Angebote der medizinischen Versorgung, Hilfe bei der Arbeitssuche oder beim Deutschlernen wahrnehmen, wenn ihre Kinder in der Kita betreut werden.Quelle
Soziale Lage von Kindern aus Einwandererfamilien
Kinder mit "Migrationshintergrund" leben häufiger in Familien mit geringem Einkommen. Laut Mikrozensus lebt rund ein Drittel der unter 18-Jährigen mit Migrationshintergrund in Familien, die von Armut gefährdet sind. Unter Gleichaltrigen ohne Migrationshintergrund sind es rund 12 bis 13 Prozent.Quelle
Aus dem Mikrozensus geht zudem hervor, dass selbst ein guter Schulabschluss nicht unbedingt vor Armut schützt: So bleibt die Armutsgefährdungsquote bei Menschen aus Einwandererfamilien selbst dann hoch (20,4 Prozent), wenn sie Abitur haben. Sie liegt damit sogar deutlich höher als bei Hauptschulabsolventen ohne Migrationshintergrund (16,2 Prozent).Quelle
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