Aus- und Einwanderung
Anders als oft wahrgenommen ist Deutschland ein traditionelles Einwanderungsland. Im Deutschen Reich, in der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland hat es immer Migranten gegeben. Allerdings sind erst nach dem Zweiten Weltkrieg mehr Menschen ein- als ausgewandert.
Zuwanderung und Abwanderung
Zahlen für 2024: Dem Statistischen Bundesamt zufolge gab es im Jahr 2024 eine Nettozuwanderung von rund 430.000 Personen nach Deutschland. Das heißt, so viele Personen mehr sind zugewandert als Menschen abgewandert sind. Die Nettozuwanderung ist somit um etwa 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Nach einem Höchstwert im Jahr 2022, als viele Personen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind, ist die Migration damit wieder auf dem durchschnittlichen Niveau früherer Jahre angekommen (zwischen 2016 bis 2019 durchschnittlich 410.000 Personen).Quelle
Ein Grund für den Rückgang im Vergleich zu 2023 ist die geringere Nettozuwanderung aus den Hauptherkunftsländern von Asylsuchenden (Syrien: minus 25 Prozent, Türkei: minus 53 Prozent, Afghanistan: minus 32 Prozent). Ein weiterer Grund ist die rückläufige Migration aus Ländern der Europäischen Union: Zum ersten Mal seit 2008 sind mehr Personen in das EU-Ausland ausgewandert als von dort eingewandert. Das Wanderungssaldo aus der EU betrug minus 34.000 Personen.Quelle
Zahlen für 2023: Laut Statistischem Bundesamt gab es im Jahr 2023 rund 1,93 Millionen Zuzüge und 1,27 Millionen Fortzüge nach und aus Deutschland (2022: 2,67 Millionen Zuzüge und 1,20 Millionen Fortzüge). Nach dem Höchstwert im Jahr 2022 – als viele Ukrainer*innen nach Deutschland kamen – hat sich die Nettozuwanderung (Zuzüge abzüglich Fortzüge) 2023 mehr als halbiert und lag bei 662.964 Personen. Sie bleibt damit aber auf einem hohen Niveau. Übertroffen wurde sie neben 2022 nur in den Jahren 2015, 1992 und 1990.Quelle
Unklar ist, wie viele Personen vorübergehend nach Deutschland kommen und wie viele dauerhaft bleiben. Dasselbe gilt für die Fortzüge: Auch hier weiß man nicht, ob es sich um eine vorübergehende oder eine dauerhafte Auswanderung handelt.
Weniger Zuzüge aus dem Ausland
Im Jahr 2024 wanderten insgesamt rund 1,5 Millionen Ausländer*innen nach Deutschland ein – das sind rund 13 Prozent weniger Menschen als 2023. Die Zahl der Fortzüge von Ausländer*innen lag auf ähnlichem Niveau wie im Vorjahr – bei rund 994.000 Personen. Das zeigen die Daten des Statistischen Bundesamtes.Quelle
Leichter Rückgang bei Abwanderung deutscher Staatsbürger*innen
2024 zogen laut Statistischem Bundesamt rund 270.000 deutsche Staatsbürger*innen aus Deutschland fort. Im Jahr 2023 waren es etwa 265.000 Personen. Insgesamt ist seit 2005 eine Nettoabwanderung festzustellen.Quelle
Woher kommen die Zuwanderer nach Deutschland?
Woher sind die Zugewanderten zugezogen?
Der Großteil der Zugewanderten zog 2024 aus einem anderen europäischen Land nach Deutschland (rund 63 Prozent). Rund 221.000 von ihnen kamen aus der Ukraine. Etwa 37 Prozent der Zugewanderten kamen aus einem Staat der Europäischen Union.
Aus Asien zogen etwa ein Viertel zu (insbesondere aus Syrien, Afghanistan und Indien), aus Afrika etwa 6 Prozent und rund 4 Prozent aus Amerika. Die Angaben beziehen sich auf den vorherigen Wohnsitz und nicht auf die Staatsangehörigkeit der Menschen, die zugezogen sind.Quelle
Welche Staatsangehörigkeit haben sie?
Die meisten Zugewanderten hatten 2024 die Staatsangehörigkeit eines europäischen Landes (rund 64 Prozent). Am häufigsten hatten Zugewanderte die ukrainische, die rumänische, die syrische oder die türkische Staatsbürgerschaft – deutsche Staatsbürger nicht berücksichtigt. Die Übersicht:
Welche Migrationsabkommen gibt es?
Aktuell schließt die Bundesregierung eine Reihe von Migrationsabkommen mit anderen Ländern ab. Das Ziel: Es soll mehr Abschiebungen in die Länder geben, gleichzeitig sollen mehr Arbeits– und Fachkräfte kommen. Ein Überblick (Stand April 2025):
- Das erste der "neuen Migrationsabkommen" hat Deutschland 2022 mit Indien abgeschlossen, im Dezember 2023 folgte Georgien und im September 2024 Kenia und Usbekistan.
- Anfang 2024 wurden eine Vereinbarung mit Marokko getroffen. Mit Kirgisistan und Kolumbien wurden bereits Absichtserklärungen unterzeichnet, auf die demnächst ein Abkommen folgen soll.
- Auch mit Moldau, den Philippinen und Ghana hat die Bundesregierung Gespräche aufgenommen.Quelle
- Es gibt weitere Vereinbarungen zur Gewinnung von Fachkräften – zum Beispiel die "Pflegekräfte-Vereinbarungen" ("Triple-Win") mit derzeit sieben Ländern. Auch schloss das Bundesarbeitsministerium zuletzt eine Absichtserklärungen mit Vietnam ab, die Arbeitsmigration fördern sollen. Ein geplantes Programm mit Brasilien wurde Ende 2023 ausgesetzt, unter anderem da die Pflegekräfte in Brasilien selbst benötigt werden.Quelle
In diesem Punkt geht es um Migrationsabkommen, die Deutschland direkt mit anderen Ländern abschließt. Mehr zu EU–Abkommen unten.
Seit den 1990er Jahren hat Deutschland rund 30 Abkommen abgeschlossen, die sich vor allem auf die Rückübernahme von Staatsbürger*innen fokussierten. Rund die Hälfte davon wurde mit anderen EU-Staaten abgeschlossen.
Im Interview mit dem MEDIENDIENST sagt Migrationsforscher Marcus Engler: Viele Arbeitskräfte würden durch die einzelnen Abkommen vermutlich nicht kommen, auch die Abschiebungen könnten nicht so leicht erhöht werden. Damit wirklich mehr Menschen kämen, müssten Vorhaben wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz richtig umgesetzt werden – ganz ohne Abkommen: Aktuell seien die Ausländerbehörden stark überlastet und auch die Erteilung von Visa dauere oft sehr lange.
Eine Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik zu den Abkommen gibt es hier.
Eine Recherche des Mediendienstes (Dezember 2024) zu Migrationsbewegungen nach dem Abkommen mit Indien gibt es hier.
Reguläre Migration aus Partnerländern überwiegt
Die Zahl der Personen aus den Partnerländern, die 2023 hier ein nationales Visum – also etwa für eine Arbeit, ein Studium oder Familienzusammenführung – bekommen haben, ist für die meisten Länder viel höher als die Zahl der Asylantragstellenden. Ausnahmen sind Georgien, Kolumbien und Moldau.
Vergleicht man die Jahre 2018 und 2023, haben sich die Einwanderungszahlen aus den zehn Ländern insgesamt erhöht.
Gemessen am Gesamtanteil der Asylerstangräge 2023 machte der Anteil der Anträge von Staatsbürger*innen, die aus Indien, Kolumbien, Kenia, Marokko, Georgien, Moldau, Usbekistan, Kirgisistan, den Philippinen und Ghana kamen, insgesamt lediglich 5,6 Prozent aus.
Weitere Bemühungen, um Fachkräfte zu werben, sind die "Zentren für Migration und Entwicklung", wo sich Interessierte über Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland informieren können. Die gibt es in Nigeria, Ägypten, Ghana, Indonesien, Irak, Jordanien, Marokko, Nigeria, Pakistan und Tunesien. Ein weiteres öffnet voraussichtlich in Indonesien im Sommer 2024. In weiteren Ländern – Albanien, Serbien, Kosovo, Gambia und Senegal – gibt es solche Zentren, sie werden aber langsam zurückgefahren.Quelle
Die Weltgesundheitsorganisation WHO veröffentlicht regelmäßig eine Liste von rund 50 Staaten, aus denen keine Pflegekräfte angeworben werden sollten. So soll ein "Care Drain" verhindert werden, also eine zu starke Abwanderung aus Ländern, die bereits selbst einen Fachkräftemangel im Gesundheitswesen haben. Deutschland verzichtet auf die Anwerbung aus solchen Ländern und untersagt das auch für private Anbieter. Quelle
Bürokratische Hürden verhindern Fachkräftemigration
Wie stehen die Partnerländer zu den Abkommen? Der MEDIENDIENST hat im März 2024 dazu mit Fachleuten gesprochen, die in und zu den Ländern arbeiten. Es könnten mehr Fachkräfte kommen, derzeit seien die bürokratischen Hürden aber noch sehr hoch. Neben Deutschland gebe es viele weitere Länder, mit denen Abkommen abgeschlossen werden.
In vielen Ländern seien die Abkommen mit Deutschland eine Möglichkeit, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Für andere stelle sich die Frage, ob Auswanderung von qualifizierten Personen gefördert und im Gegenzug mehr Menschen zurückgenommen werden sollten. Es gebe auch einen Widerspruch: Einerseits brauche Deutschland dringend Migrant*innen, andererseits versuche es andere Länder dazu zu bringen, Migration zu verhindern und Migrant*innen zurückzunehmen. Zu den Statements.
Abkommen auf EU-Ebene
Auf EU-Ebene wurden seit 2007 eine Reihe von Abkommen abgeschlossen. Eine Übersicht gibt es hier. Fachleuten zufolge waren diese aber weitgehend wirkungslos. Sie fokussierten sich auf irreguläre Migration und ließen die Interessen der Herkunftsstaaten unberücksichtigt. Jüngst hat die EU mit Tunesien und Ägypten Abkommen geschlossen, beide Länder sollen Migrant*innen an der Flucht nach Europa hindern. Forscher*innen zufolge wird das Menschen nicht an der Migration hindern, sondern eher auf gefährlichere Routen treiben.
Einwanderer aus der EU: Wer kommt nach Deutschland?
2023 sind rund 466.500 EU-Bürger*innen zugewandert. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der zugewanderten EU-Staatsangehörigen um 3,1 Prozent. Die meisten EU-Einwanderer*innen kamen 2023 aus Rumänien (rund 152.300), Polen (79.000) und Bulgarien (51.700). Im gleichen Zeitraum sind rund 349.700 EU-Bürger*innen abgewandert – darunter rund 114.900 Rumän*innen, 58.600 Pol*innen und 41.300 Bulgar*innen. Die drei Länder machen mit mehr als 60 Prozent den Großteil der Zu- und Fortzüge von EU-Staatsangehörigen aus.Quelle
EU-Bürger*innen in Deutschland
Zum Stichtag 31. Dezember 2023 lebten laut Ausländerzentralregister (AZR) rund 5,1 Millionen Staatsangehörige anderer EU-Staaten in Deutschland. Das sind rund 49.000 Personen mehr als Ende 2022.Quelle
Einwander*innen aus EU-Staaten und deren Kinder stellen einen großen Teil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund hierzulande: Von den rund 24,9 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, die Ende 2023 in Deutschland lebten, hatten rund 7,6 Millionen Bezüge zu einem Mitgliedstaat der Europäischen Union.Quelle
Von den Menschen mit EU-Migrationshintergrund haben die meisten Bezüge zu:
- Polen: Rund 2,2 Millionen Menschen. Nach Menschen mit familiären Bezügen zur Türkei (rund 1,3 Millionen) bilden sie die zweitgrößte Gruppe unter den Menschen mit Migrationshintergrund.
- Rumänien: 1,1 Million
- Italien: 876.000
- Griechenland: 432.000
- Kroatien: 400.000
- Bulgarien: 376.000
- Österreich: 341.000
- Spanien: 233.000
- Frankreich: 222.000
- Niederlande: 218.000
- Portugal: 166.000Quelle
Wie viele Visa werden für Deutschland erteilt?
Rund 1,7 Millionen Visa hat Deutschland 2024 erteilt (1.719.689). Zu einem großen Teil handelt es sich dabei um kurzfristige (Reise-)Visa ("Schengen-Visa", rund 1,3 Mio.) und zu einem kleineren Teil um längerfristige Visa ("Nationale Visa", 420.000). Kein Visum benötigen Personen aus EU-Staaten, für einige weitere Länder gibt es Ausnahmen.Quelle
2024 wurden mehr Visa ausgestellt als in den Jahren zuvor (2023: 1,6 Millionen Visa; 2022: 1,3 Millionen Visa). Die Zahl liegt aber noch deutlich unter den Vor-Corona-Jahren (2019: 2,3 Millionen Visa). Besonders stark war der Rückgang für Visa für Menschen aus Russland (minus 92 Prozent im Vergleich zu 2019) und aus dem Kosovo (minus 63 Prozent im Vergleich zu 2019) verzeichnet. Der gesamte Rückgang betrifft vor allem Visa für Kurzaufenthalte ("Schengen-Visa").Quelle
Die Zahl der längerfristigen Visa ("Nationale Visa") ist gestiegen – darunter die für Beschäftigung und Studium – und liegt inzwischen über dem Vor-Corona-Niveau. 2024 wurden rund 420.000 Nationale Visa vergeben (419.108), die meisten davon für "Erwerbstätigkeit" (172.422).Quelle
Die fünf wichtigsten Herkunftsländer (kurz- und längerfristige Visa zusammen) waren im Jahr 2024:
- Türkei (216.062 Visa, 2023: 244.000),
- China (277.629 Visa; 2023: 175.393),
- Indien (183.595 Visa, 2023: 168.208),
- Belarus (52.892 Visa; 2023: 54.045),
- Iran (46.621 Visa, 2023: 35.683).Quelle
Die meisten Menschen, die längerfristige Visa erhalten, zum Beispiel zum Arbeiten oder Studieren oder für den Familiennachzug, kommen aus:
- Indien (56.000 Visa)
- Türkei (46.000 Visa)
- China (20.000 Visa).Quelle
Insgesamt wurden 2024 rund 265.000 (2023: 253.248) Visa-Anträge abgelehnt. Das entspricht einer Ablehnungsquote von etwa 13,2 Prozent.Quelle
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