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Rassismus
Das Verständnis von Rassismus ist in Deutschland stark an den Nationalsozialismus gekoppelt. Doch Rassismus ist kein Synonym für Rechtsextremismus. Vor allem die Diskussion über "Racial Profiling", islamfeindliche Straftaten oder die Forderungen rechtspopulistischer Parteien haben die Frage aufgeworfen, was Rassismus im 21. Jahrhundert bedeutet.
Was ist Rassismus?
Rassismus liegt vor, wenn Menschen aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher Merkmale (z.B. Hautfarbe, Herkunft, Religion) als homogene Gruppen konstruiert, negativ bewertet und ausgegrenzt werden. In der Regel wird zwischen zwei Formen von Rassismus unterschieden:
- Der "klassische" Rassismus behauptet eine Ungleichheit und Ungleichwertigkeit von Menschen aufgrund der oben genannten Merkmale.
- Der sogenannte Neorassismus oder Kulturrassismus dagegen argumentiert mit kulturellen Zuschreibungen wie etwa "die Muslime" oder "die Roma", die mit ihren Werten und Traditionen nicht "zu uns passen".
Lesenswert:
– Die "Bundeszentrale für politische Bildung" zeichnet in einem Dossier die Geschichte des Rassismus-Begriffs nach und gibt einen Überblick über verschiedene Definitionen.
– Informationen zum Thema bietet auch die Website "Belltower News".
Was ist struktureller Rassismus?
Beim strukturellen Rassismus geht es nicht um eine Interaktion zwischen zwei Menschen, sondern um rassistische Strukturen und Entscheidungsabläufe. Es handelt sich also um Routinen, die so ausgestaltet sind, dass überdurchschnittlich und regelmäßig Schwarze Menschen und PoC benachteiligt werden.Quelle
Da struktureller Rassismus in Routinen und Abläufen angelegt ist, ist die Benachteiligung – anders als bei einzelnen rassistischen Äußerungen – oft schwer zu erkennen. Die einzelne Person entscheidet sich nicht notwendigerweise bewusst dafür, eine Gruppe zu benachteiligen, sondern die Strukturen einer Institution – wie Schule oder Polizei – führen dazu. Fachleuten zufolge äußert sich struktureller Rassismus unter anderem in folgenden Bereichen:
Beispiel Schule
- Umgang mit Spracheniveaus: Viele schulische Routinen – wie etwa die Notenvergabe – sind nach Kindern ausgerichtet, die mit Deutsch als Erstsprache aufwachsen. Schüler*innen, deren Erstsprach nicht Deutsch ist, werden daher in allen Fächern – und nicht nur in Deutsch – schlechter bewertet als sie eigentlich sind. Oft erhalten sie nicht die notwendige Unterstützung, um gleichberechtigt am Unterricht teilzuhaben.
- Gymnasialempfehlung: Kinder, die erst im Kindergarten Deutsch lernen, brauchen Zeit, um sprachlich aufzuholen. Die haben sie nicht, da schon in der vierten Klasse selektiert wird. Zu diesem Zeitpunkt sind sie noch nicht so weit mit der Sprache – und bekommen dann keine Gymnasialempfehlung. Die Folgen sind weitreichend: Schlechteres Abschlusszeugnis, niedrigerer Bildungsabschluss, geringere Erwerbsmöglichkeiten.
- Schulbücher: Schulbücher gehen oft von einer homogenen weiß-christlich-deutschen Schüler*innenschaft aus. Dort werden zum Beispiel Aufgaben gestellt, in denen sich die Schüler*innen mit dem Islam als fremder, problematischer Religion beschäftigen sollen. Muslimische Schüler*innen und Schüler werden dadurch ausgegrenzt.Quelle
Beispiel Polizei
Die Polizei darf Menschen nicht anlasslos wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer Merkmale kontrollieren. Dieses sogenannte Racial Profiling ist in Deutschland verboten. Dennoch gehört für viele Schwarze Menschen in Deutschland Racial Profiling zum Alltag: Eine Studie der EU-Grundrechteagentur im Jahr 2017 zeigte, dass 14 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland in den vorangegangenen fünf Jahren Racial Profiling erlebt haben. Expert*innen zufolge ist das nicht nur auf Vorurteile einzelner Beamt*innen zurückzuführen. Wahrscheinlich begünstigen auch Strukturen in der Polizei das Racial Profiling. Unter anderem deshalb sprechen sich derzeit viele Wissenschaftler*innen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Betroffene für eine Studie zu Racial Profiling aus.Quelle
Wie verbreitet ist Rassismus in der Gesellschaft?
Mehrere repräsentative Umfragen weisen darauf hin, dass rassistische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet sind:
- Laut einer repräsentativen Studie des Rassismus-Monitors des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) von 2025 sind rassistische Einstellungen weit verbreitet: 23 Prozent der Befragten finden, dass ethnische und religiöse Minderheiten zu viele Forderungen nach Gleichberechtigung stellen. 22 Prozent glauben, dass sie in den letzten Jahren mehr profitiert haben, als ihnen zusteht. Jede zweite Person (54 Prozent), die einer ethnischen oder religiösen Minderheit angehört, erlebt mindestens einmal im Monat Diskriminierung.Quelle
- Laut Autoritarismus-Studie der Universität Leipzig (2024) haben 21,8 Prozent der Deutschen ein geschlossen ausländerfeindliches Weltbild. Das heißt, sie stimmen den folgenden Aussagen überwiegend oder voll zu: "Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen", "Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken" und "Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet". Der Wert ist im Vergleich zur Vorgängerstudie gestiegen (2022: 17 Prozent).Quelle
- Die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung 2022/2023 kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: 16,2 Prozent der Bevölkerung vertreten rassistische Auffassungen. Der Wert hat sich seit der vorangegangenen Erhebung zwei Jahre zuvor mehr als verdreifacht (2021/22: rund 5 Prozent). Jede*r Vierte stimmte der Aussage zu: "Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen". Weitere knapp 30 Prozent stimmten teilweise zu, distanzierten sich also nicht eindeutig.Quelle
- Ist Rassismus in Ostdeutschland verbreiteter als im Westen? Laut Leipziger Autoritarismus Studie 2024 ist das der Fall. Aussagen wie "Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen", stimmen in Ostdeutschland 46,3 Prozent ganz oder überwiegend zu. In Westdeutschland sind es 29,9 Prozent (gesamt: 33,2 Prozent).Quelle
Warum kommen die "Autoritarismus"-Studie und die "Mitte"-Studie zu unterschiedlichen Ergebnissen?
Es gibt mehrere Studien, die rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung untersuchen. Die beiden größten Studien sind die Mitte-Studie (Friedrich-Ebert-Stiftung und Universität Bielefeld) und die Autoritarismus-Studie (Heinrich-Böll-Stiftung und Universität Leipzig). Beide sind repräsentativ, werden jeweils etwa alle zwei Jahre durchgeführt und erscheinen abwechselnd. Obwohl sie teilweise exakt dieselben Fragestellungen haben, kommen sie zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dies liegt an den unterschiedlichen Befragungsmethoden: Bei der Autoritarismus-Studie und der Studie zu rechtsextremen Einstellungen in Ostdeutschland kommen die Forschenden zu den Befragten nach Hause und übergeben ihnen einen Papierfragebogen. Die Befragten antworten schriftlich und geben den Fragebogen in einem verschlossenen Umschlag zurück. So erfahren die Forschenden nicht, welche Antworten die Befragten geben. Die Befragung der Mitte-Studie hingegen wird telefonisch durchgeführt: Hier müssen die Befragten den Forschenden direkt sagen, was sie denken. In den Telefoninterviews fällt die Zustimmung zu vielen Aussagen anders aus, da die Menschen ihre Ansichten einer fremden Person gegenüber am Telefon nicht so offen zugeben. Die Autor*innen der Mitte-Studie gehen zudem davon aus, dass rechtsextreme oder wissenschaftsfeindliche Personen seltener an derartigen Studien teilnehmen. Das führe dazu, dass die Mitte-Studie das Ausmaß rechtsextremer Einstellungen eher unterschätze.Quelle
Wie viele rassistische Straftaten gibt es?
2023 zählte das Bundesinnenministerium 15.087 "fremdenfeindliche" Straftaten. Das ist ein deutlicher Anstieg um 50 Prozent im Vergleich zu 2022 (10.038) und ein neuer Höchststand. Bereits im Vorjahr war die Zahl gestiegen. Rund 77 Prozent der "fremdenfeindlichen" Straftaten waren 2023 politisch rechts motiviert.Quelle
Die Bezeichnung "fremdenfeindlich" wird von Fachleuten kritisiert, da es sich bei Betroffenen von Rassismus nicht notwendigerweise um "Fremde" (etwa Ausländer*innen) handelt, sondern zum Beispiel um Schwarze Deutsche oder Deutsche mit Einwanderungsgeschichte. Der Begriff grenze aus, weil er vorgibt, dass die Personen, gegen die sich die feindliche Einstellung richtet, fremd und nicht Teil der deutschen Gesellschaft seien. Korrekter wäre der Begriff "rassistische" Straftaten. Das Bundesinnenministerium benutzt den Begriff der "rassistischen" Straftaten zwar auch. Darunter fallen aber nur ein Teil der "fremdenfeindlichen" Straftaten: nämlich solche, bei denen sich die Motivlage auf die zugeschriebene oder tatsächliche ethnische Zugehörigkeit und/oder Hautfarbe des Opfers bezieht.Quelle
Wie aussagekräftig sind behördliche Zahlen?
In einer Expertise für den MEDIENDIENST schreibt die Rechtsanwältin Kati Lang: Viele rassistische Straftaten tauchen in der Statistik des BMI nicht auf. Das liege unter anderem daran, dass viele Betroffene Vorfälle nicht anzeigen. Zudem seien Polizeibehörden nicht ausreichend für Rassismus sensibilisiert, um rassistische Straftaten als solche zu erkennen. Opferberatungsstellen erfassen daher deutlich mehr Delikte als die Behörden, so Lang.Quelle
Zahlen zu rassistischen Gewalttaten veröffentlicht auch der "Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt" (VBRG). 2023 zählte der VBRG 1.446 rassistische Gewalttaten - ein Anstieg um fast ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr (1.088). Erfasst sind hier aber nur Taten in elf Bundesländern.Quelle
Wie können Betroffene reagieren?
Eine Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) zeigt: Betroffene von Rassismus können sich oft nicht richtig zur Wehr setzen. Für die Studie wurden 2.528 Fälle rassistischer Diskriminierung ausgewertet. Nur knapp ein Viertel der Betroffenen hat die Diskriminierung bei einer Antidiskriminierungsstelle gemeldet, öffentlich auf die Diskriminierung aufmerksam gemacht oder Klage eingereicht. Als mögliche Ursachen nennen die Forscher*innen strukturellen Rassismus und die Angst der Betroffenen, als "Problemverursacher" zu gelten.Quelle
Angriffe auf Flüchtlinge
Angriffe auf Flüchtlinge
2024 gab es 1.905 politisch motivierte Straftaten auf Geflüchtete. 218 Mal waren Flüchtlingsunterkünfte das Ziel politisch motivierter Angriffe. Die Angaben sind vorläufig, es können Nachmeldungen folgen.Quelle
2023 gab es 2.488 politisch motivierte Angriffe auf Geflüchtete. Die Zahlen waren im Vergleich zum Vorjahr (1.420 Angriffe) um 75 Prozent gestiegen. 321 dieser Taten waren Gewaltdelikte, 219 Personen wurden verletzt. Zudem gab es 179 Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten. Fast 90 Prozent der Taten waren politisch rechts motiviert. Bereits 2022 war die Zahl der Angriffe auf Geflüchtete im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.Quelle
Geringe polizeiliche Aufklärung, wenig Urteile
Viele Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte werden nicht aufgeklärt: 2024 konnte die Polizei bei rund 71 Prozent der Angriffe keine Tatverdächtigen ermitteln. Bei Angriffen auf Geflüchtete außerhalb der Unterkünfte wurden häufiger Tatverdächtige ermittelt, 2024 in rund 68 Prozent der Fälle (Stand: Februar 2025).Quelle
Gerichtlich werden Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte nur selten geahndet. Das zeigt eine Recherche von Südwestrundfunk und Bayerischem Rundfunk. Demnach haben die Behörden zwischen 2015 und 2018 insgesamt 2.558 politisch motivierte Übergriffe auf Asylunterkünfte registriert. In 206 Fällen kam es zu Verurteilungen. Die Aufklärungsquote liege daher bei unter zehn Prozent, so die Autor*Innen.Quelle
Antimuslimischer Rassismus
Was ist antimuslimischer Rassismus?
"Antimuslimischer Rassismus" steht für die pauschale Abwertung und Diskriminierung von Muslim*innen und Menschen, die als Muslim*innen wahrgenommen werden.
Verwandte Begriffe sind "Muslimfeindlichkeit, "Islamfeindlichkeit" oder "Islamophobie". Erklärungen und die Abgrenzung vom Begriff "Islamkritik" bietet ein Informationspapier des MEDIENDIENST.Quelle
Der Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit hat 2023 in einem umfassenden Bericht antimuslimische Einstellungen in Deutschland und Diskriminierung in Bereichen wie Politik, Bildung, Kultur und Alltag analysiert. Nach dem rassistischen Anschlag von Hanau 2020 hatte der damalige Innenminister Horst Seehofer das Gremium eingesetzt, dem neun Wissenschaftler*innen und Expert*innen angehörten. Anfang 2024 zog das Bundesinnenministerium die Veröffentlichung des Expertenkreises zurück, nachdem Publizist*innen gegen ihre Nennung in dem Bericht geklagt hatten. Der Bericht wurde im Juli 2024 mit leicht veränderten Passagen erneut veröffentlicht.Quelle
Antimuslimische Straftaten
2024 zählte die Polizei 1.554 islamfeindliche Straftaten. Dazu gehören Körperverletzungen, Beleidigung, Sachbeschädigung und Volksverhetzung. Die Zahlen sind vorläufig, es können Nachmeldungen folgen.Quelle
2023 zählte die Polizei 1.464 islamfeindliche Straftaten. Die Zahl war im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen und hat sich mehr als verdoppelt (2022: 610 Straftaten, +140 Prozent). Rund 83 Prozent der Straftaten (1.211) waren politisch rechts motiviert. Stark zugenommen hatten islamfeindliche Straftaten, die durch eine ausländische Ideologie motiviert waren (2023: 72, +620 Prozent).Quelle
Welche Statistiken gibt es neben den polizeilich erfassten Fällen?
Nicht alle antimuslimischen Vorfälle werden angezeigt oder von der Polizei als muslimfeindlich erkannt. Die Europäische Grundrechteagentur (FRA) stellte in einer Umfrage zwischen 2021 und 2022 fest, dass nur 12 Prozent der Betroffenen muslimfeindliche Vorfälle und Straftaten melden. Eine nicht-repräsentative Studie des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Claim zeigt: In Deutschland meldet die Mehrheit der Betroffenen Übergriffe nicht und nimmt keine Beratungsangebote in Anspruch (57 Prozent).Quelle
Claim führt daher jährlich eigene Zählungen durch. 2023 erfasste das Bündnis 1.926 strafbare und nicht strafbare Vorfälle. Dazu zählen Beleidigungen, Körperverletzungen oder Bedrohungen. Besonders betroffen sind muslimische Frauen, auch Angriffe von Erwachsenen auf Kinder wurden registriert. Die Zahlen haben sich im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppelt, wobei damals nur Daten aus sieben Bundesländern einflossen. Claim geht sowohl bei den selbst erfassten als auch bei den offiziellen Zahlen von einem großen Dunkelfeld aus.Quelle
Antimuslimische Vorfälle und Straftaten nach dem 7. Oktober 2023
Es gibt unterschiedliche Zahlen zu antimuslimischen Vorfällen nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023:
- Rund 10.400 politisch motivierte Straftaten erfasste das Bundeskriminalamt (BKA) seit dem 7. Oktober 2023 im Zusammenhang mit dem Nahost-Krieg. Darunter sind etwas über 270 antimuslimische Straftaten (Stand: 20.12.2024). Es handelt sich vor allem um Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen.
- Insgesamt hat die Zahl der antimuslimischen Straftaten 2023 deutlich zugenommen; schon vor dem Angriff der Hamas waren die registrierten Straftaten angestiegen. Der MEDIENDIENST hat zur Entwicklung mit Fachleuten gesprochen.
- Das Netzwerk Claim im Oktober einen starken Anstieg von Meldungen und Beratungsanfragen. Zwischen 7.10. und 31.12.2024 zählte Claim 679 antimuslimische Vorfälle .
- In einer Chronologie zeigt ZEIT Online eine Auswahl antimuslimischer Vorfälle und Straftaten in Deutschland seit dem Überfall der Hamas auf Israel.Quelle
Angriffe auf Moscheen
Zu islamfeindlichen Straftaten gehören auch Angriffe auf Moscheen. 2024 erfassten die Behörden 54 Straftaten gegen Moscheen. Die Zahlen sind vorläufig, es können Nachmeldungen folgen.Quelle
2023 zählte das Bundesinnenministerium 70 Angriffe auf Moscheen, ein Anstieg um rund 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (62). Die meisten der Taten waren Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen. 40 der Angriffe waren politisch rechts motiviert, 14 Taten durch eine ausländische Ideologie.Quelle
Die Organisation FAIR International dokumentiert Angriffe auf Moscheen auf der Webseite #brandeilig – und kommt dabei teils zu deutlich höheren Zahlen als das Bundesinnenministerium. 2022 hat die Organisation rund 70 Übergriffe erfasst (2021: 63, 2020: 148). Der islamische Dachverband DITIB erfasste 2022 in einer eigenen Erhebung 35 Angriffe auf Moscheen (2021: 44, 2020: 111).Quelle
Warum gibt es unterschiedliche Zahlen zu Moscheeangriffen?
Behörden, DITIB und #brandeilig verwenden unterschiedliche Definitionen von "Moscheen" und "Angriffen". Die Behörden haben eine enge Definition von "Moscheen" und zählen nur Straftaten. DITIB zählt auch Angriffe auf Gebetsräume in öffentlichen Einrichtungen (z.B. Flughäfen, Krankenhäuser und Universitäten) sowie Fälle, die nicht strafrechtlich relevant sind. #brandeilig zählt auch Angriffe gegen Einrichtungen, die von den Täter*innen als islamisch wahrgenommen werden, als Moscheeangriffe.Quelle
Antimuslimische Einstellungen
Mehrere repräsentative Untersuchungen zeigen: Vorurteile und negative Einstellungen gegenüber Muslim*innen und dem Islam sind in Deutschland weit verbreitet.
- Die repräsentative Leipziger Autoritarismus Studie 2024 zeigt: Fast die Hälfte (48,3 Prozent) der Befragten stimmt der Aussage zu, sich "durch die vielen Muslime [...] manchmal wie ein Fremder im eigenen Land" zu fühlen. Mehr als ein Drittel (34,9 Prozent) der Befragten findet, dass Muslim*innen die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden sollte.Quelle
- Ist antimuslimischer Rassismus in Ostdeutschland verbreiteter als im Westen? Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Laut Leipziger Autoritarismus Studie 2024 finden in Ostdeutschland 43,2 Prozent, man sollte Muslim*innen die Zuwanderung nach Deutschland untersagen, gegenüber 32,8 Prozent in Westdeutschland. Im Vergleich zu 2022 haben antimuslimische Einstellungen in Westdeutschland stark zugenommen, im Osten leicht abgenommen. Demgegenüber konnte der Religionsmonitor 2023 keine signifikanten Unterschiede bei der Muslimfeindlichkeit in Ost und West feststellen. Eine Rolle bei der Einstellung gegenüber Muslim*innen spielt das Alter: Junge Menschen sehen Musliminnen und den Islam weniger negativ als Ältere.Quelle
- Aus dem repräsentativen Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung 2023 geht hervor: Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der nicht-muslimischen Bevölkerung denkt, dass Muslim*innen sich gegen die Freiheiten und Rechte der Menschen richten. 45 Prozent glauben, dass Muslim*innen zur Gewalt aufrufen. Der Aussage "Musliminnen und Muslime sind frauenfeindlich" stimmen sogar 65 Prozent zu. 74 Prozent sind der Meinung, dass Musliminnen und Muslime lieber unter sich bleiben. Seit zehn Jahren empfinden mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung in Umfragen den Islam als Bedrohung (2023: 52 Prozent).Quelle
- 51 Prozent der nicht-muslimischen Bevölkerung lehnen laut Religionsmonitor 2023 eine*n muslimische*n Bürgermeister*in in ihrer Stadt ab. Weitere Studien kommen mit einer anderen Methodik zu einer etwas geringeren Ablehnung. 58 Prozent gaben beim Religionsmonitor an, dass sie nicht in eine Gegend ziehen wollen, in der viele Muslim*innen wohnen.Quelle
- Wer Muslim*innen persönlich kennt, neigt eher dazu, eine positive Meinung über sie zu haben. Das geht aus einer 2018 veröffentlichten Umfrage des Pew Research Center aus den USA hervor. Die Kontakthypothese, wonach persönliche Kontakte gegen Vorurteile helfen, wird auch durch weitere Studien gestützt.Quelle
Wie oft erleben Muslim*innen in Deutschland Rassismus?
Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass Muslim*innen oft Diskriminierung erleben:
Der repräsentative Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor des DeZIM-Instituts (2025) zeigt: 21 Prozent der muslimischen Frauen und 16 Prozent der muslimischen Männer haben in den letzten 12 Monaten mindestens einmal im Monat offene Diskriminierung erlebt. Dazu zählen etwa Beleidigungen oder Drohungen. Subtile Diskriminierung erlebten 61 Prozent der Muslimas und 52 Prozent der muslimischen Männer mindestens einmal monatlich. Dazu gehört, dass andere sie unfreundlich behandeln oder nicht ernst nehmen. Besonders häufig erleben Muslim*innen Diskriminierung in der Öffentlichkeit oder bei Behörden, rund ein Drittel der Befragten hat dort im letzten Jahr Rassismus erlebt.Quelle
In einer nicht-repräsentativen Umfrage von Claim gaben 2023 78 Prozent der Befragten an, dass sie von antimuslimischen Übergriffen und Diskriminierung betroffen sind. Die häufigste Diskriminierungsform ist, dass die Menschen für das Verhalten von anderen Muslim*innen mitverantwortlich gemacht werden, etwa für das Verhalten des türkischen Präsidenten Erdogan (56 Prozent). Die Mehrheit der Betroffenen meldet Übergriffe nicht und nimmt keine Beratungsangebote in Anspruch (57 Prozent).Quelle
Zwischen 2006 und 2022 haben sich 1.026 Personen an die Beratung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt, die sich wegen ihrer muslimischen Religionszugehörigkeit benachteiligt fühlten. 2022 und 2021 waren es jeweils rund 150 Personen (2022: 153, 2021: 154). Die meisten Betroffenen berichteten von Diskriminierungen im Bereich Arbeit. Darauf folgten Diskriminierungserfahrungen bei Dienstleistungen sowie im Bereich Bildung.Quelle
Muslim*innen sind häufig von Mehrfachdiskriminierungen betroffen. Das heißt, dass sie sowohl wegen ihrer Religion als auch etwa ihrer Herkunft, Hautfarbe oder ihres Geschlechts diskriminiert werden. Zahlen zur Diskriminierung von Muslim*innen findet man hauptsächlich in Studien zur Diskriminierung von Migrant*innen oder Menschen mit Migrationshintergrund, die auch die Religionszugehörigkeit erfassen.Quelle
- Besonders häufig erleben Muslim*innen Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Laut einer Studie des WZB Berlin 2018 bekommen Muslim*innen deutlich weniger positive Rückmeldungen auf ihre Bewerbungen als andere Bewerber*innen. Eine Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) von 2016 zeigte, dass besonders Frauen mit einem türkisch klingenden Namen benachteiligt werden, die ein Kopftuch tragen. Auch andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen.Quelle
- Laut einer Umfrage (durchgeführt 2022, veröffentlicht 2024) der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) erlebte rund die Hälfte der muslimischen Personen (47%) in der EU rassistische Diskriminierung in den letzten fünf Jahren. Das sind deutlich mehr als bei der Befragung 2016. In Deutschland ist der Wert mit 68% besonders hoch. EU-weit haben rund 40 Prozent der Befragten Muslim*innen Diskriminierung bei der Arbeitssuche erlebt. Jeweils 35 Prozent haben Diskriminierung auf dem Arbeitsplatz und bei der Wohnungssuche erlebt. Nur 6 Prozent der Befragten, die angaben, Diskriminierung erlebt zu haben, meldeten den Vorfall.Quelle
- Die zweite Generation muslimischer Zuwanderer*innen berichtet häufiger von Diskriminierung als die erste Generation: Während sich in der ersten Zuwanderungsgeneration 15 Prozent aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert fühlen, sind es in der Nachfolgegeneration 22 Prozent. Dies geht aus einer Studie der FRA von 2018 hervor. Unterschiede in der Wahrnehmung von Diskriminierung können laut einer Studie aus dem Jahr 2017 darauf zurückgeführt werden, dass die Angehörigen der zweiten Generation einen stärkeren Gleichheitsanspruch entwickelt haben und stärker für Diskriminierung sensibilisiert sind.Quelle
Beratungsstellen für Betroffene
Es gibt kaum Beratungsstellen, die sich direkt an Betroffene von antimuslimischem Rassismus und Islamfeindlichkeit richten. Das geht aus einer 2021 veröffentlichten Kurzstudie der Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit CLAIM hervor. Die Studienautor*innen fordern mehr spezialisierte Beratungsangebote.Quelle
Antimuslimische Stereotype in den Medien
Studien zeigen, dass die Berichterstattung über den Islam und Muslim*innen oft stereotyp und negativ ist. "Der Islam" taucht häufig in Zusammenhang mit Terrorismus als Bedrohung auf. Muslim*innen werden oft als rückschrittlich, fremd oder bedrohlich dargestellt.
>> Zahlen und Fakten dazu finden Sie in unserer Rubrik "Der Islam" und Muslim*innen in den Medien.
Antiziganismus
Was ist Antiziganismus?
Antiziganismus ist Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja und Menschen, die als solche wahrgenommen werden.
Antiziganistische Straftaten und Vorfälle
2024 zählten die Behörden 175 antiziganistische Straftaten. Die Angaben sind vorläufig, es können Nachmeldungen folgen. Die Zahl liegt bereits über dem Vorjahreswert (2023: 171) und erreicht damit einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung in der Statistik zur "Politisch Motivierten Kriminalität 2017.Quelle
2023 zählten die Behörden 171 antiziganistische Straftaten – ein Anstieg um rund 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.Quelle
Seit Juli 2022 erfasst die Melde- und Informationsstelle Antizigansimus (MIA) bundesweit antiziganistische Vorfälle und Straftaten. Für 2023 registrierte sie 1.233 antiziganistische Vorfälle. Darunter waren 10 Fälle extremer Gewalt, 40 Angriffe, 600 verbale Beleidigungen, sowie 502 Diskriminierungsfälle, etwa bei der Jobsuche oder durch die Polizei. Die gemeldeten Vorfälle sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen (621). MIA führt das auf den gesellschaftlichen Rechtsruck zurück, zudem würden die Meldestellen bekannter. Das Dunkelfeld sei aber vermutlich weiter groß.Quelle
Für Berlin erfasst die Dokumentationsstelle für Antiziganismus (DOSTA) des Vereins Amaro Foro seit 2014 antiziganistische Vorfälle. Für 2023 meldete DOSTA 210 Vorfälle – etwa so viele Fälle wie im Vorjahr (225), jedoch rund 40 Prozent mehr als 2021 (147). Seit 2014 verzeichnet die Dokumentationsstelle damit insgesamt 1.502 Anfeindungen, Angriffe oder rassistische Propaganda gegenüber Sinti*zze und Rom*nja in Berlin. Amaro Foro führt den Anstieg der Zahlen auf die Effekte des Rechtsrucks, aber auch auf eine erhöhte Sensibilität für Antiziganismus zurück. Jedoch geht der Verein immer noch von einer hohen Dunkelziffer aus. Fast ein Drittel der 2023 gemeldeten Fälle fand im Kontakt zu der Justiz, in Ordnungs- oder Leistungsbehörden, wie etwa dem Jobcenter, statt. Fast jeder fünfte Fall ereignete sich in Bildungseinrichtungen. Quelle
Studien: Antiziganistische Einstellungen und Erscheinungsformen
Aus mehreren Studien geht hervor, dass Vorurteile und negative Einstellungen gegenüber Sinti*zze oder Rom*nja in Deutschland weit verbreitet sind.
Die repräsentative Leipziger Autoritarismus Studie 2024 zeigt: 45 Prozent der Befragten hätten Probleme damit, wenn sich Sinti*zze und Rom*nja in ihrer Umgebung aufhielten. Außerdem teilen 49 Prozent die Auffassung, dass Sinti*zze und Rom*nja zu Kriminalität neigen. Antiziganistische Haltungen sind in Ostdeutschland deutlich verbreiteter als im Westen.Quelle
Die Unabhängige Kommission Antiziganismus (UAK) veröffentlichte 2021 einen umfassenden Bericht zu Geschichte und Erscheinungsformen von Antiziganismus – unter anderem in Bildung, Berichterstattung und sozialen Medien. Thema des Berichts sind auch politische Maßnahmen gegen Antiziganismus.Quelle
Die einzige repräsentative Studie, die sich ausschließlich mit Einstellungen gegenüber Sinti*zze und Rom*nja befasst, wurde 2014 von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes veröffentlicht. Sie zeigt: Etwa jede*r dritte Deutsche will keine Sinti*zze oder Rom*nja als Nachbar*innen. Rund neun Prozent der Befragten zeigen ihnen gegenüber eine "starke" Abneigung, 16 Prozent eine "mittlere" Abneigung. Laut der Studie wird keine andere Minderheit so stark abgelehnt wie diese Gruppe.Quelle
Ähnliche Werte zeigt die "Mitte"-Studie. Demnach äußerten 29 Prozent der Bevölkerung Sinti*zze und Rom*nja gegenüber Antipathien. Außerdem stimmten 2022/23 gut 28 Prozent der Befragten abwertenden Aussagen gegenüber Sinti*zze und Rom*nja zu, im Vergleich zu 18 Prozent aus der "Mitte"-Studie von 2021. In der Polizeistudie des Forschungsprojekts "MEGAVO" (2024) stimmten 41 Prozent der Polizist*innen der Aussage "Ich hätte ein Problem damit, wenn sich Sinti und Roma in meiner Gegend aufhalten" ganz oder teils/teils zu. Quelle
Antiziganismus in der Bildung
Einer Studie der Universität Duisburg-Essen 2022 zufolge diskriminierten angehende Lehrkräfte Kinder mit Sinti- oder Roma-Hintergrund bei Schulempfehlungen: Sie sprachen ihnen trotz gleicher Leistungen im Vergleich zu türkischstämmigen Kindern oder solchen ohne Migrationsgeschichte am häufigsten eine Hauptschulempfehlung aus.Quelle
Eine qualitative Studie 2017 zu beruflich erfolgreichen Frauen aus Roma- und Sinti-Familien zeigt: Alle Befragten haben in der Schule Diskriminierung erlebt.Quelle
Anti-Schwarzer Rassismus
Was ist Anti-Schwarzer Rassismus?
Anti-Schwarzer Rassismus ist die Diskriminierung und Abwertung Schwarzer, afrikanischer oder afrodiasporischer Menschen oder Personen, die als Schwarz gelesen werden.
Die erste umfassende Studie zur Lebensrealität Schwarzer Menschen in Deutschland – den Afrozensus – veröffentlichte der Verein Each One Teach One (EOTO) Ende 2021. Im Afrozensus gaben rund 97 Prozent der Befragten an, in den vergangenen zwei Jahren Diskriminierung erfahren zu haben: Am häufigsten in 'Öffentlichkeit und Freizeit' (93,2 Prozent), in 'Medien und Internet' (85,5 Prozent), 'Geschäften und Dienstleistungen' (85,1 Prozent) und im 'Arbeitsleben' (84,7 %).
Weitere Erkenntnisse:
- Racial Profiling: 56,7 Prozent der Befragten gab an, mindestens einmal im Leben ohne erkennbaren Grund von der Polizei kontrolliert worden zu sein.
- Bildung: 66,6 Prozent der Befragten berichtete von rassistischen Beleidigungen durch Mitschüler*innen oder Kommiliton*innen. Über die Hälfte (54 Prozent) erfuhr Beleidigungen durch Lehrpersonal
- Gesundheit: Rund zwei Drittel der Befragten (66,7 Prozent) gab an, dass Ärzt*innen ihre Beschwerden nicht ernst nehmen.
- Über 90 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen nicht geglaubt wird, wenn sie von Rassismuserfahrungen berichten. So ist auch zu erklären, weshalb 77,8 Prozent der Befragten rassistische Vorfälle, die ihnen in den letzten zwei Jahren widerfuhren, gar nicht erst offiziell gemeldet haben.Quelle
Die repräsentative Studie "Being Black in the EU" der EU-Grundrechteagentur 2023 erfasst Diskriminierungserfahrungen Schwarzer Menschen in 13 EU-Staaten. Deutschland schneidet dabei am schlechtesten ab. Im Vergleich zur Vorgängerstudie von 2018 hat sich die Situation für Schwarze Menschen in Deutschland verschlechtert. So gaben drei Viertel (76 Prozent) an, dass sie in den vorangegangenen fünf Jahren rassistisch diskriminiert wurden. Das ist ein Anstieg um 24 Prozentpunkte im Vergleich zu 2016. EU-weit liegt der Wert bei 45 Prozent. Weitere Ergebnisse für Deutschland:
- 54 Prozent der Schwarzen Menschen haben in den vorangegangenen fünf Jahren rassistische Übergriffe erlebt. Dazu zählen etwa Drohungen, Beleidigungen, beleidigende Gesten und Blicke.
- 9 Prozent berichten von rassistischen Gewalterfahrungen wie Tritten oder Schlägen.
- Die meisten Betroffenen melden rassistische Vorfälle nicht. Lediglich 9 Prozent aller Vorfälle wurden angezeigt oder gemeldet.
- 56 Prozent der Befragten berichten von rassistischer Diskriminierung bei der Jobsuche.
- 33 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland wurden in den vorangegangenen fünf Jahren von der Polizei kontrolliert. Mehr als die Hälfte von ihnen (57 Prozent) empfanden die letzte Polizeikontrolle als diskriminierendes Racial Profiling.Quelle
Einstellungen gegenüber Schwarzen Menschen
Die repräsentative "Mitte"-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung erfasste 2022/23 Einstellungen gegenüber Schwarzen Menschen. Rund 12 Prozent der Befragten stimmten folgender Aussage zu: "Wenn sich Schwarze Menschen mehr anstrengen würden, würden sie es auch zu etwas bringen." Rund 17 Prozent stimmten der Aussage teilweise zu und distanzierten sich damit nicht eindeutig. Knapp neun Prozent sind der Ansicht, weiße Menschen seien "zu Recht führend in der Welt".Quelle
Studien und Berichten von Betroffenen zufolge äußert sich anti-Schwarzer Rassismus in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen, institutionell und strukturell, unter anderem im Berufsleben, in Kontakt mit Behörden und Ämtern sowie bei der Wohnungssuche.Quelle
Verschiedene Träger bundesweit bieten Beratung für Betroffene von anti-Schwarzem Rassismus an, darunter der Verein Each One Teach One (EOTO). Dessen Monitorinstelle erfasst auch Vorfälle von anti-Schwarzem Rassismus in Berlin, 2020 waren es 376. Darunter fallen Beleidigungen, Angriffe und strukturelle Benachteiligung.Quelle
Anti-asiatischer Rassismus
Was ist anti-asiatischer Rassismus?
Als anti-asiatischen Rassismus bezeichnet man Vorurteile und rassistische Narrative gegenüber Menschen, denen eine asiatische Herkunft zugeschrieben wird. Meist geht es um Bezüge zu süd-, südost- und ostasiatischen Ländern.
Der Rassismus gegen asiatisch gelesene Menschen ist kein neues Phänomen und beruht auf Einstellungen und Erzählungen, die bis in die Kolonialzeit zurückreichen. Er kann dabei in verschiedene Richtungen gehen. Zum einen werden asiatisch gelesene Personen in Deutschland als „anders“ oder „gefährlich“ stigmatisiert. Beispielsweise wenn sie für die Verbreitung von Krankheiten verantwortlich gemacht werden. Zum anderen gibt es das Narrativ der „fleißigen Vorzeige-Migrant*innen“. Aufgrund dieses Stereotyps wird asiatisch gelesenen Menschen häufig abgesprochen, Rassismus zu erleben.
Bisher wurden anti-asiatische Einstellungen und Erfahrungen von Betroffenen kaum erforscht. In einer der wenigen Umfragen zum Thema gab eine große Mehrheit der befragten asiatisch gelesenen Personen an, dass „Asiat*innen“ in Deutschland Diskriminierung erfahren (73 Prozent). Von den befragten „nicht-asiatisch aussehenden“ Personen dachten das nur 42 Prozent.Quelle
Mehr Zahlen und Fakten zum Thema in unserem Factsheet
Anti-asiatischer Rassismus während der Corona-Pandemie
Seit Beginn der Corona Pandemie gibt es Hinweise auf mehr Fälle von anti-asiatischem Rassismus. So haben sich die Anfragen, die bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wegen Diskriminierung eingegangen sind, im Vergleich zu 2019 nahezu verdoppelt (von rund 3.600 auf mehr als 6.000). Etwa jede vierte Anfrage 2020 bezog sich auf Diskriminierungen in Verbindung zum Coronavirus (1.500, Stand: Ende November 2020) – häufig gegen Menschen mit einer vermeintlich asiatischen Herkunft.Quelle
Das Forschungsprojekt „Soziale Kohäsion in Krisenzeiten – Die Corona-Pandemie und anti-asiatischer Rassismus in Deutschland“ hat eine – nicht repräsentative- Bevölkerungsbefragung unter 4.500 Personen zu dem Thema durchgeführt. Die Pandemie habe den Forscher*innen zufolge die bestehende Ablehnung gegenüber als asiatisch wahrgenommenen Menschen neu ans Tageslicht gebracht. Ein Ergebnis der Studie: 15,2 Prozent der Befragten machen asiatisch gelesenen Menschen für die Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich (Teilgruppe von 803 Befragten).
In dem Projekt wurden zudem 703 Personen mit asiatischem Migrationshintergrund befragt. Diese Betroffenenbefragung macht deutlich: 49 Prozent der Befragten haben während der Corona-Pandemie anti-asiatische Diskriminierung erlebt.
Die meisten Angriffe fanden im öffentlichen Raum statt, zum Beispiel auf der Straße (62 Prozent) oder im Öffentlichen Nahverkehr (61 Prozent). Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, stellen aber die Sicht von hunderten Betroffenen dar.Quelle
Selbstbezeichnung „Asiatische Deutsche“
Initiativen machen auf mehreren Plattformen auf antiasiatischen Rassismus aufmerksam und setzen sich gegen Diskriminierung und für Teilhabe ein. Die Selbstbezeichnung „Asiatische Deutsche“ entstand aufgrund der geteilten Erfahrung von Rassismus und Ausgrenzung in Deutschland.
Hier geht es zu weiteren Informationen zu Rassismus und Antisemitismus in der Corona-Zeit
Rassismus in der Polizei
Für Zahlen zum Thema Racial Profiling klicken Sie hier.
Wie häufig werden Personen durch die Polizei diskriminiert?
Die repräsentative Befragung des Rassimusmonitors (2025) zeigt: Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten erleben in Deutschland häufiger Diskriminierung durch die Polizei als weiße Personen. 19 Prozent der muslimischen Männer gab an, im vorangegangenen Jahr Diskriminierung durch die Polizei erlebt zu haben (Muslimas: 17 Prozent). Unter Schwarzen Männern waren es 18, unter deutschen Männern mit Migrationshintergrund 16 Prozent. Unter Männern, die keiner ethnischen oder religiösen Minderheit angehören, waren es 5 Prozent (Frauen: 2 Prozent).Quelle
Wie verbreitet ist Rassismus in der Polizei?
Wie verbreitet Rassismus in der Polizei ist, untersuchen verschiedene Studien auf Bundes- und Länderebene.
- Bund und 14 Länder: Die Studie MEGAVO (2024) ist das größte Forschungsprojekt zu rassistischen Einstellungen bei der Polizei. Es zeigt teils deutliche Zustimmung zu rassistischen Aussagen. 14 Prozent stimmen etwa der Aussage "Es leben zu viele Ausländer in Deutschland" zu. 21 Prozent sehen das teilweise so und distanzieren sich damit nicht eindeutig von der Aussage.Quelle
- Hamburg: Eine Studie der Fachhochschule der Polizei Hamburg (2024) ergab: Jeder fünfte Polizist denkt, dass Sinti und Roma zu Kriminalität neigen. 14 Prozent stimmen der Aussage zu "Die meisten Asylbewerberinnen und Asylbewerber kommen nur hierher, um das Sozialsystem auszunutzen."Quelle
- Rheinland-Pfalz: Eine Studie der Universitäten Trier und Mainz (2024) zeigt: 18 Prozent der befragten Polizeibeamt*innen stimmen antimuslimischen Aussagen zu, 26 Prozent lehnen sie nicht eindeutig ab. Die Mehrheit der befragten Polizeibeamt*innen (60 Prozent) lehnt eine kritische Auseinandersetzung mit Rassismus ab, weitere 29 Prozent lehnen das teilweise ab.Quelle
- Niedersachsen: Eine Studie der Polizeiakademie Niedersachsen zeigt Routinen im Polizeialltag, die zu Diskriminierung führen. Um vor einem Einsatz die Gefahr einzuschätzen, berücksichtigt die Polizei beispielsweise die Nationalität der involvierten Personen. Dabei gelten etwa Menschen, die die Polizei für russisch hält, als gewaltbereit. Die Beamt*innen sind dann geneigt, allein aufgrund der Herkunft Härte zu demonstrieren.Quelle
- Berlin: In der Berliner Polizeistudie berichten Expert*innen, dass Schwarze Personen und Menschen of Colour im öffentlichen Raum öfter von der Polizei kontrolliert werden als weiße Personen. Die Autor*innen empfehlen der Polizei regelmäßige diskriminierungssensible Reflexion.Quelle
Rassismus nimmt mit Berufserfahrung zu
Wenn Polizist*innen wiederholt negative Erfahrungen mit Angehörigen von Minderheiten machen, kann das bestehende Vorurteile verstärken. Eine Studie zeigt: Je öfter Polizist*innen im Dienst Kontakt mit Menschen haben, die sie für Muslime halten, desto negativer nehmen sie diese Kontakte wahr. Die Untersuchung zeigt auch: Unter Polizeistudierenden sind rassistische Einstellungen weniger verbreitet. Eine weitere Studie deutet darauf hin, dass rassistische Einstellungen mit zunehmender Berufspraxis ansteigen. Fachleute plädieren daher für regelmäßige Supervision, Reflexion und Fortbildungen für Polizist*innen.Quelle
Was tun Bund und Länder gegen Rassismus bei der Polizei?
Der MEDIENDIENST INTEGRATION hat Bund und Länder zwischen Juli 2023 und Januar 2024 befragt, welche Maßnahmen sie gegen Rassismus in der Bundespolizei und den Landespolizeien ergreifen.
Den Artikel dazu sowie die vollständige MEDIENDIENST-Recherche "Rassismus und Antisemitismus bei der Polizei: Was tun Bund und Länder?" finden Sie hier (Stand: April 2024).
- Polizeibeschwerdestellen: Die Hälfte der Bundesländer und der Bund haben unabhängige Polizeibeschwerdestellen. Vielen fehlt es allerdings an Befugnissen und Personal. Sie erhalten bislang wenig Beschwerden über Rassismus bei der Polizei – vermutlich, weil sie nicht bekannt genug sind. Mehrsprachiges Informationsmaterial über die Polizei-Beschwerdestelle gibt es bisher nur in Rheinland-Pfalz.
- Kontrollquittungen: Personen, die als fremd wahrgenommen werden, werden in Deutschland doppelt so oft von der Polizei kontrolliert wie andere. Kontrollquittungen könnten Racial Profiling reduzieren. Diese Quittungen gibt es nur in Bremen und nur auf Verlangen. Betroffene nehmen das nur selten in Anspruch.
- Kennzeichnungspflicht: Damit Betroffene sich bei diskriminierendem Polizeiverhalten beschweren oder Anzeige erstatten können, müssen Polizist*innen identifizierbar sein. In sechs Bundesländern gibt es eine allgemeine Kennzeichnungspflicht. In fünf weiteren Bundesländern gilt die Kennzeichnungspflicht nur bei Großeinsätzen oder in Ausnahmefällen wie an Infoständen.
- Rassistische und antisemitische Verdachtsfälle bei der Polizei werden im Bund und in den Ländern nicht einheitlich erfasst. Lediglich drei Bundesländer geben an, rassistische Verdachtsfälle systematisch separat zu erfassen. Viele Länder fassen diese mit rechtsextremen Verdachtsfällen zusammen. Drei Länder können keine Zahlen nennen.
Todesfälle in polizeilichem Gewahrsam
Die Kampagne "Death in Custody" zählt seit 2019 Todesfälle von Schwarzen Menschen, People of Color und von Rassismus betroffenen Personen in Gewahrsam und aufgrund tödlicher Polizeigewalt. Bisher sind seit 1990 in Deutschland 253 Todesfälle aufgelistet (Stand Juli 2024). Damit die Fälle gelistet werden, müssen staatliche Institutionen oder Akteure ursächlich am Tod beteiligt gewesen sein: Entweder durch die räumlichen Bedingungen der Haft oder physisches Einwirken. Dazu zählt auch der Tod auf der unmittelbaren Flucht vor der Polizei. Die Dokumentation der Todesfälle ist keine wissenschaftliche Untersuchung.Quelle
Racial Profiling: Zahlen und Studien
Was ist Racial Profiling?
Von Racial Profiling spricht man, wenn die Polizei Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer Merkmale kontrolliert, ohne dass es einen konkreten Anlass gibt. Es ist auch dann Racial Profiling, wenn das Aussehen einer von mehreren Anhaltspunkten für die Kontrolle ist.Quelle
Wie viele Fälle von Racial Profiling sind bekannt?
Mehrere Studien deuten darauf hin, dass die Polizei in Deutschland Menschen auch aufgrund äußerer Merkmale kontrolliert:
Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2023 zeigt: 8 Prozent der Personen, die angeben, dass man sie aufgrund ihres Körpers oder ihrer Kleidung als ausländisch wahrnimmt, wurden im Vorjahr von der Polizei kontrolliert. Unter den Menschen, die schätzen, dass man sie nicht als fremd wahrnimmt, waren es nur halb so viele (4 Prozent). Am höchsten ist die Wahrscheinlichkeit einer Polizeikontrolle für junge Männer, die als ausländisch wahrgenommen werden.Quelle
Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2023 zeigt: 33 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland wurden in den vorangegangenen fünf Jahren von der Polizei kontrolliert. Mehr als die Hälfte von ihnen (57 Prozent) empfanden die letzte Polizeikontrolle als diskriminierendes Racial Profiling.Quelle
Im Afrozensus – einer Befragung von rund 6.000 Schwarzen, afrikanischen und afrodiasporischen Menschen in Deutschland – aus dem Jahr 2020 gab mehr als die Hälfte der Befragten (56,7 Prozent) an, in ihrem Leben mindestens einmal ohne erkennbaren Grund von der Polizei kontrolliert worden zu sein. Quelle
Weitere Studien zeigen: Menschen, die nicht der weißen Mehrheitsgesellschaft angehören, fühlen sich von der Polizei deutlich öfter diskriminiert, als weiße Personen. Das nicht-repräsentative Forschungsprojekt KviAPol untersucht Gewalterfahrungen mit der Polizei. Fast zwei Drittel der befragten People of Color (PoC) gaben an, dass sie sich in mutmaßlichen Gewaltsituationen von der Polizei diskriminiert fühlten (62 Prozent). Bei Personen ohne Migrationshintergrund waren es halb so viele (31 Prozent). Laut einer repräsentativen Studie in Hamburg haben 40 Prozent der Muslim*innen schon einmal Diskriminierung durch die Polizei erlebt. Unter Menschen, die als nicht deutsch aussehend wahrgenommen werden, waren es 28 Prozent.Quelle
Die Ergebnisse des KviAPol-Forschungsprojekts finden Sie in dieser MEDIENDIENST-Expertise.
Wenn Menschen Gewalterfahrungen mit der Polizei machen, unterscheidet sich der Anlass des Polizeikontakts je nach Gruppe. Unter allen Befragten zusammengenommen fanden die meisten Kontakte bei Großveranstaltungen wie Demonstrationen oder Fußballspielen statt. People of Color kommen dagegen öfter außerhalb von Großveranstaltungen mit der Polizei in Kontakt, am häufigsten wegen Personenkontrollen.Quelle
Welche Folgen hat Racial Profiling für die Betroffenen?
Eine Studie aus der Schweiz zeigt: Betroffene von Racial Profiling können chronische Angst vor Kontrollen entwickeln und verlieren Vertrauen in die Polizei. Viele schämen sich oder fühlen sich bloßgestellt. Zudem berichten Betroffene, dass sie bestimmte Orte meiden oder sich zurückziehen. Eine Person gab an, sie habe ihren Beruf verloren, weil sie durch ein Polizeiverhör zu spät zur Arbeit gekommen sei. In Deutschland berichten Menschen von ähnlichen Erfahrungen.Quelle
Wie ist die Rechtslage?
Auf internationaler Ebene verbieten die Menschenrechtsabkommen der UN und des Europarats Racial Profiling. Auf nationaler Ebene verstoßen rassistische Polizeikontrollen gegen Artikel 3 des Grundgesetzes. Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen 2018 klargestellt. Der Grundgesetz-Artikel besagt, dass "niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt [...] werden [darf]." Zugleich gibt es jedoch Gesetze, die Racial Profiling begünstigen:Quelle
- Laut §22 Bundespolizeigesetz soll die Bundespolizei unerlaubte Einreisen verhindern. Dafür darf sie in Zügen, an Bahnhöfen und Flughäfen Personen kontrollieren und mitgeführte Sachen wie Gepäck in Augenschein nehmen. In der Praxis greifen Beamt*innen oft auf äußerliche Merkmale wie die Haut- oder Haarfarbe zurück, um vermeintlich unerlaubte Einreisen festzustellen.Quelle
- Daneben erlauben §23 des Bundespolizeigesetzes und verschiedene Landespolizeigesetze, dass Polizeibeamt*innen Personen an "gefährlichen Orten" nach dem Ausweis fragen, ohne dass es einen konkreten Verdacht gegen sie gibt. Anwohner*innen und Passant*innen sind an diesen Orten besonders oft von Racial Profiling betroffen.Quelle
Rassismus in der Corona-Zeit
Mehr Diskriminierungsfälle
Seit Beginn der Corona-Pandemie gab es deutlich mehr Fälle von Diskriminierung. Das zeigen Zahlen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: 2020 hatten sich die Anfragen für Beratungen im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt (von rund 3.600 auf mehr als 6.400). Im Jahr 2021 dürfte diese Zahl etwas niedriger liegen (Ende November 2021: 4.900), wie Medien berichteten.Quelle
Etwa jede vierte Anfrage bezog sich auf Diskriminierungen mit direktem Bezug zum Coronavirus (1.900). Häufig richteten sich die Diskriminierungen gegen Menschen mit einer Behinderung und Menschen, denen eine asiatische Herkunft zugeschrieben wurde. Die Betroffenen schilderten Fälle von rassistischem Verhalten, wie Hassbotschaften am Arbeitsplatz oder Terminabsagen beim Arzt wegen einer vermeintlich chinesischen Herkunft. In einigen Fällen kam es sogar zu körperlichen Angriffe auf der Straße.Quelle
Mehr Hinweise auf anti-asiatischen Rassismus
Die Corona-Pandemie habe die bestehende Ablehnung gegenüber als asiatisch wahrgenommenen Menschen neu ans Tageslicht gebracht - so das Ergebnis mehrerer Forscher*innen, die eine nicht repräsentative Bevölkerungsbefragung unter 4.500 Personen zum Thema durchgeführt haben. Ein Ergebnis der Studie: 15,2 Prozent der Befragten machen asiatisch gelesenen Menschen für die Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich (Teilgruppe von 803 Befragten). Die Studie wurde im Rahmen des Forschungsprojekts "Soziale Kohäsion in Krisenzeiten – Die Corona-Pandemie und anti-asiatischer Rassismus in Deutschland" durchgeführt.
In dem Projekt wurden zudem 703 Personen mit asiatischem Migrationshintergrund befragt. Diese Betroffenenbefragung macht deutlich: 49 Prozent der Befragten haben während der Corona-Pandemie anti-asiatische Diskriminierung erlebt.
Die meisten Angriffe fanden im öffentlichen Raum statt, zum Beispiel auf der Straße (62 Prozent) oder im Öffentlichen Nahverkehr (61 Prozent). Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, stellen aber die Sicht von hunderten Betroffenen dar.Quelle
Mehr Zahlen und Fakten zum Thema in unserem Factsheet (2020)
Anfeindungen auch in anderen Ländern
Auch international gab es mehr anti-asiatischen Rassismus und Hate Speech im Zuge der Corona-Pandemie. So berichten Menschenrechtsorganisationen von Anfeindungen und Übergriffen in den USA, Italien, Frankreich, Russland und weiteren Ländern. In den USA sammelte das Projekt "Stop AAPI Hate" bis Ende September 2021 rund 10.400 Hinweise auf rassistische Übergriffe gegen Menschen, denen eine Herkunft aus Asien oder den Pazifikstaaten zugeschrieben wurde.Quelle
> Unter dem Hashtag "#IchbinkeinVirus" berichten Betroffene über persönliche Erfahrungen mit diskriminierenden Übergriffen und Rassismus in Medienberichten.
> Auf der Website "Stop AAPI Hate" werden Zahlen und Berichte zu Übergriffen in den USA gesammelt und ausgewertet.
Was ist die Antirassismus-Konvention der UN?
Die Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen ist die erste völkerrechtlich bindende Erklärung gegen Rassismus. Sie wurde 1965 beschlossen und 1969 von Deutschland ratifiziert. Alle vier Jahre muss die Bundesregierung einen Bericht abgeben, in dem sie über die Umsetzung des Abkommens informiert. Der letzte Bericht wurde im April 2020 beim zuständigen UN-Fachausschuss eingereicht, der den Bericht nun prüft. Stellt der Ausschuss fest, dass Deutschland das Abkommen nicht hinreichend umsetzt, kann er Handlungsempfehlungen formulieren. Im letzten Prüfverfahren 2015 hatte der Ausschuss betont, dass es bei der Bekämpfung von Rassismus in Deutschland großen Handlungsbedarf gebe.Quelle
In Deutschland gibt es die Möglichkeit, ein Individualbeschwerdeverfahren einzuleiten. Das heißt: Einzelpersonen oder Personengruppen können sich an den UN-Antirassismusausschuss wenden, wenn sie sich durch den deutschen Staat in ihren Rechten verletzt sehen. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn "der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft wurde".Quelle
Die erste Beschwerde dieser Art endete mit einer Rüge an Deutschland: 2010 hatte die Berliner Staatsanwaltschaft eine Klage gegen den früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin wegen Volksverhetzung und Beleidigung abgelehnt. Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg wandte sich daraufhin an den UN-Antirassismusausschuss. Dieser stellte 2013 fest, dass die Berliner Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Sarrazin zu schnell eingestellt und damit gegen die UN-Antirassismuskonvention verstoßen habe.Quelle
Was ist die Antirassismus-Kommission des Europarats?
Die Antirassismus-Kommission des Europarats (ECRI) ist ein Gremium, das zur Bekämpfung des Rassismus in Europa beitragen soll. Die Kommission arbeitet eng mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen und veröffentlicht regelmäßig Länderberichte, in denen sie Lücken der Rassismus-Bekämpfung aufzeigt und Empfehlungen gibt.
Der letzte Bericht zu Deutschland ist im März 2020 erschienen. Darin heißt es, Deutschland habe zwar "gute Praktiken entwickelt", um Rassismus zu begegnen. Es gebe aber "Themen, die Anlass zur Sorge bereiten". So sei das Mandat der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) zu eng gefasst, um Betroffene von Rassismus wirksam zu unterstützen. An Schulen fühlten sich Lehrkräfte nicht hinreichend auf den Unterricht in diversen Klassen vorbereitet. Und bei der Polizei gebe es zu wenig Bewusstsein für das Problem des Racial Profiling. Die Kommission schlägt unter anderem vor:
- Das Mandat der ADS sollte ausgeweitet werden. Dazu gehöre auch, der ADS zu ermöglichen, Betroffenen von Rassismus und Diskriminierung Rechtsbeistand zu leisten und sie vor Institutionen, Entscheidungsorganen und Gerichten zu vertreten.
- Die Bundesländer sollten Lehrkräfte in der Aus- und Fortbildung besser darauf vorbereiten, in multikulturellen Klassen zu unterrichten und bei Fällen von Diskriminierung einzugreifen.
- Die Polizei sollte eine Studie zu Racial Profiling in Auftrag geben und Maßnahmen ergreifen, die rassistischen Polizeikontrollen vorbeugen.Quelle
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Die Zahl der islamfeindlichen Straftaten hat sich im Jahr 2023 mehr als verdoppelt. Antimuslimische Aussagen haben seit Jahren hohe Zustimmungswerte: Jeder zweite empfindet den Islam als bedrohlich. Expertinnen erklären, was das für Muslim*innen in Deutschland bedeutet.
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Rassistische Polizeichats, Racial Profiling: Was tun Bund und Länder gegen Rassismus und Antisemitismus bei der Polizei? Was können unabhängige Polizeibeauftragte ausrichten und was brauchen sie, um Rassismusvorwürfe zu untersuchen? Darüber sprachen Fachleute bei einem Pressegespräch des MEDIENDIENST INTEGRATION.
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Rassismuserfahrungen können sich negativ auf die Gesundheit auswirken – das zeigen viele internationale Studien. Neue Erkenntnisse gibt es nun auch für Deutschland. Die belegen zudem: Viele Personen erfahren Diskriminierung im Gesundheitssystem. Ein Überblick.