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Folge 11: Rassismus in der Polizei
Rassismus in der Polizei: Wie groß ist das Problem? Warum kommt es dazu? Und was könnte Abhilfe schaffen? Diese Fragen besprechen wir in der neuen Podcastfolge. Der Schwerpunkt liegt auf wissenschaftlichen Untersuchungen und belastbaren Daten: Wir stellen den aktuellen Forschungsstand zu allen Fragen vor und sprechen mit führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zum Thema.
Wie groß ist das Problem?
Rassismus in der Polizei ist mittlerweile relativ gut erforscht. Eine Auswahl:
- Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2023 zeigt: 8 Prozent der Personen, die angeben, dass man sie aufgrund ihres Körpers oder ihrer Kleidung als ausländisch wahrnimmt, wurden im Vorjahr von der Polizei kontrolliert. Unter den Menschen, die schätzen, dass man sie nicht als fremd wahrnimmt, waren es nur halb so viele (4 Prozent). Am höchsten ist die Wahrscheinlichkeit einer Polizeikontrolle für junge Männer, die als ausländisch wahrgenommen werden.Quelle
- Die repräsentative Befragung des Rassimusmonitors (2025) zeigt: Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten erleben in Deutschland häufiger Diskriminierung durch die Polizei als weiße Personen. 19 Prozent der muslimischen Männer gab an, im vorangegangenen Jahr Diskriminierung durch die Polizei erlebt zu haben (Muslimas: 17 Prozent). Unter Schwarzen Männern waren es 18, unter deutschen Männern mit Migrationshintergrund 16 Prozent. Unter Männern, die keiner ethnischen oder religiösen Minderheit angehören, waren es 5 Prozent (Frauen: 2 Prozent).Quelle
- Das nicht-repräsentative Forschungsprojekt KviAPol (2020) untersucht Gewalterfahrungen mit der Polizei. Fast zwei Drittel der befragten People of Color (PoC) gaben an, dass sie sich in mutmaßlichen Gewaltsituationen von der Polizei diskriminiert fühlten (62 Prozent). Bei Personen ohne Migrationshintergrund waren es halb so viele (31 Prozent). People of Colour berichten doppelt so oft wie weiße Personen davon, dass ihnen bei der Polizei die Anzeigenerstattung verweigert wurde.Quelle
Die Kampagne "Death in Custody" zählt Todesfälle von Schwarzen Menschen, People of Color und von Rassismus betroffenen Personen in Gewahrsam und aufgrund tödlicher Polizeigewalt. Bisher sind seit 1990 in Deutschland 264 Todesfälle aufgelistet (Stand 31.12.2024). Damit die Fälle gelistet werden, müssen staatliche Institutionen oder Akteure ursächlich am Tod beteiligt gewesen sein: Entweder durch die räumlichen Bedingungen der Haft oder physisches Einwirken. Dazu zählt auch der Tod auf der unmittelbaren Flucht vor der Polizei. Die Dokumentation der Todesfälle ist keine wissenschaftliche Untersuchung.Quelle
Warum kommt es zu Rassismus durch die Polizei?
Dass es zu rassistischer Ungleichbehandlung durch die Polizei kommt, kann verschiedene Gründe haben: Zum einen können Polizeibeamte rassistische Einstellungen haben. Es kann aber auch zur Ungleichbehandlung kommen, ohne dass überhaupt eine Absicht dahintersteht – man spricht in diesem Fall vom "institutionellen Rassismus". Zu beidem liegen für Deutschland mehrere Studien vor.
Eine Auswahl an Forschung zu Einstellungen von Polizeibeamten:
- Bund und 14 Länder: Die Studie MEGAVO (2024) ist das größte Forschungsprojekt zu rassistischen Einstellungen bei der Polizei. Es zeigt teils deutliche Zustimmung zu rassistischen Aussagen. 14 Prozent stimmen etwa der Aussage "Es leben zu viele Ausländer in Deutschland" zu. 21 Prozent sehen das teilweise so und distanzieren sich damit nicht eindeutig von der Aussage.Quelle
- Hamburg: Eine Studie der Fachhochschule der Polizei Hamburg (2024) ergab: Jeder fünfte Polizist denkt, dass Sinti und Roma zu Kriminalität neigen. 14 Prozent stimmen der Aussage zu "Die meisten Asylbewerberinnen und Asylbewerber kommen nur hierher, um das Sozialsystem auszunutzen."Quelle
- Rheinland-Pfalz: Eine Studie der Universitäten Trier und Mainz (2024) zeigt: 18 Prozent der befragten Polizeibeamt*innen stimmen antimuslimischen Aussagen zu, 26 Prozent lehnen sie nicht eindeutig ab. Die Mehrheit der befragten Polizeibeamt*innen (60 Prozent) lehnt eine kritische Auseinandersetzung mit Rassismus ab, weitere 29 Prozent lehnen das teilweise ab.Quelle
- Rassismus nimmt mit Berufserfahrung zu: Wenn Polizist*innen wiederholt negative Erfahrungen mit Angehörigen von Minderheiten machen, kann das bestehende Vorurteile verstärken. Eine Studie zeigt: Je öfter Polizist*innen im Dienst Kontakt mit Menschen haben, die sie für Muslime halten, desto negativer nehmen sie diese Kontakte wahr. Die Untersuchung zeigt auch: Unter Polizeistudierenden sind rassistische Einstellungen weniger verbreitet. Eine weitere Studie deutet darauf hin, dass rassistische Einstellungen mit zunehmender Berufspraxis ansteigen. Fachleute plädieren daher für regelmäßige Supervision, Reflexion und Fortbildungen für Polizist*innen.Quelle
Eine Auswahl an Forschung zu "institutionellem Rassismus":
- Eine Studie der Polizeiakademie Niedersachsen (2024) zeigt Routinen im Polizeialltag, die zu Diskriminierung führen. Um vor einem Einsatz die Gefahr einzuschätzen, berücksichtigt die Polizei beispielsweise die Nationalität der involvierten Personen. Dabei gelten etwa Menschen, die die Polizei für russisch hält, als gewaltbereit. Die Beamt*innen sind dann geneigt, allein aufgrund der Herkunft Härte zu demonstrieren.Quelle
- Eine Studie des Dezim-Instituts untersuchte institutionellen Rassismus in der Polizei anhand der Analyse von rassistischem Wissen und seiner Nutzung. Es konnte herausgearbeitet werden, dass Hintergrundwissen, welches in der Polizei zur Herstellung einer vermeintlichen Handlungssicherheit genutzt wird, vielfach mit rassistischen Klassifikationen einhergeht.Quelle
Was kann Abhilfe schaffen?
Der Mediendienst hat vergangenes Jahr untersucht, welche Maßnahmen der Bund und die Bundesländer gegen Rassismus in der Bundespolizei und den Landespolizeien ergreifen.
Den Artikel dazu sowie die vollständige Mediendienst-Recherche "Rassismus und Antisemitismus bei der Polizei: Was tun Bund und Länder?" finden Sie hier (Stand: April 2024).
- Polizeibeschwerdestellen: Die Hälfte der Bundesländer und der Bund haben unabhängige Polizeibeschwerdestellen. Vielen fehlt es allerdings an Befugnissen und Personal. Sie erhalten bislang wenig Beschwerden über Rassismus bei der Polizei – vermutlich, weil sie nicht bekannt genug sind. Mehrsprachiges Informationsmaterial über die Polizei-Beschwerdestelle gibt es bisher nur in Rheinland-Pfalz.
- Kontrollquittungen: Personen, die als fremd wahrgenommen werden, werden in Deutschland doppelt so oft von der Polizei kontrolliert wie andere. Kontrollquittungen könnten Racial Profiling reduzieren. Diese Quittungen gibt es nur in Bremen und nur auf Verlangen. Betroffene nehmen das nur selten in Anspruch.
- Kennzeichnungspflicht: Damit Betroffene sich bei diskriminierendem Polizeiverhalten beschweren oder Anzeige erstatten können, müssen Polizist*innen identifizierbar sein. In sechs Bundesländern gibt es eine allgemeine Kennzeichnungspflicht. In fünf weiteren Bundesländern gilt die Kennzeichnungspflicht nur bei Großeinsätzen oder in Ausnahmefällen wie an Infoständen.
- Rassistische und antisemitische Verdachtsfälle bei der Polizei werden im Bund und in den Ländern nicht einheitlich erfasst. Lediglich drei Bundesländer geben an, rassistische Verdachtsfälle systematisch separat zu erfassen. Viele Länder fassen diese mit rechtsextremen Verdachtsfällen zusammen. Drei Länder können keine Zahlen nennen.
Tobias Singelnstein:
Was sich ändern muss? Es wäre dringend notwendig, die Wissensbestände in der Polizei wissenschaftlich zu untersuchen: Was steckt da an Rassismus, an Stereotypen drin? Es muss eine systematische Reflexion dieses Erfahrungswissens in der Polizei geben: Dass Kriminalität, Bedrohung, Gefahren nichts mit Herkunft oder Staatsangehörigkeit oder Religion zu tun haben, sondern mit sozialen Umständen. Das muss systematisch in der polizeilichen Aus- und Fortbildung verankert werden.
Daniela Hunold:
In der Polizei gibt es natürlich auch Überlegungen, wie man in Zukunft mit dem Thema Rassismus umgehen könnte. Die führen aber nicht weit genug, weil es keine echte Fehlerkultur innerhalb der Polizei gibt. Es wird häufig gesagt: "Na ja, das sind ja eh nur Einzelfälle", und daher auch nicht untersucht, was eigentlich die organisationalen Bedingungen für Rassismus in der Polizei sind. Ich glaube, das ist das Wichtigste und auch das Schwierigste: dass die Polizei als Organisation sich ernsthaft mit der Thematik beschäftigt, was ihre Rolle bei diesem Phänomen ist und dann davon ausgehend Maßnahmen ergreift. Es muss eine echte Hinwendung zum Thema geben und nicht eine Abkehr davon.
Von Donata Hasselmann
Der Podcast "Einwanderungsland" wird von der Robert Bosch Stiftung gefördert.
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