Staatenlose in Deutschland
Rechtssysteme weltweit koppeln viele Rechte an die Staatsbürgerschaft – wie das Recht, an Wahlen teilnehmen zu können. Bei ausländischen Einwohner*innen kommt es darauf an: Ob sie arbeiten dürfen oder in welchem Umfang sie Sozialleistungen beziehen können hängt auch davon ab, aus welchem Herkunftsland sie kommen.
Wie sieht es bei denjenigen aus, die keine Staatsangehörigkeit haben – für die sich also kein Land zuständig sieht? In diesem Dossier gibt es aktuelle Zahlen zu Staatenlosigkeit, sowie Hintergründe dazu, wie Personen staatenlos werden und welchen Hürden staatenlose Einwohner*innen im Alltag gegenüberstehen.
Zahl der Staatenlosen in Deutschland
Staatenlos ist, wer keine Staatsangehörigkeit eines Landes hat. Dem Ausländerzentralregister (AZR) zufolge leben in Deutschland insgesamt etwa 124.500 Personen ohne Staatsangehörigkeit eines Landes (Stand Ende Februar 2023). Davon:
- sind rund 29.500 "anerkannt Staatenlose"
- haben rund 95.000 eine "ungeklärte Staatsangehörigkeit" Internationalem Recht zufolge sind Personen, deren Staatsangehörigkeit nicht abschließend geklärt ist ("de facto" Staatenlose) als Staatenlose zu behandeln. Auch hierzulande sind Behörden angehalten, Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit unter bestimmten Voraussetzungen als Staatenlose anzusehen.Quelle
Unter allen Staatenlosen sind 37 Prozent minderjährig. Mindestens 8.300 sind in Deutschland zur Welt gekommen. 60 Prozent der Personen mit ungeklärter Staatsbürgerschaft leben seit mehr als fünf Jahren in Deutschland.Quelle
Die Zahl der Staatenlosen in Deutschland steigt seit Jahren:
Warum gibt es immer mehr Staatenlose in Deutschland?
Viele Personen lebten zuvor in Syrien oder dem Libanon und flohen in den Jahren 2014 bis 2016 nach Deutschland. Meist waren sie bereits in diesen Ländern staatenlos, wie Kurd*innen aus dem Norden Syriens. Auch palästinensische Volksangehörige sind häufig von Staatenlosigkeit betroffen, darunter Geflüchtete im Libanon oder Syrien, oder Personen aus dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen. Rund 37.500 der Staatenlosen in Deutschland kamen in Syrien zur Welt, mehr als 6.300 im Libanon (Stand Ende Februar 2023).Quelle
Zahl der Staatenlosen weltweit
Die Zahl der Staatenlosen ist schwer zu erfassen. Bei den Vereinten Nationen sind 4,2 Millionen Personen offiziell als staatenlos registriert, die Zahl dürfte aber höher liegen (Stand: November 2021). Schätzungen gehen von etwa 10 Millionen Menschen weltweit aus. Die meisten Staatenlosen leben in:
- der Elfenbeinküste (schätzungsweise 700.000 bis 1,6 Millionen Staatenlose, Stand: 2020): Betroffene sind meist Migrant*innen oder Opfer von Menschenhandel und deren Nachkommen, die Plantagenarbeiter*innen in der Elfenbeinküste waren. Im Zuge der Dekolonialisierung konnten viele die hohen Voraussetzungen für Einbürgerungen nicht erfüllen.
- Myanmar (schätzungsweise 500.000 bis 600.000): In den 1980er Jahren schloss das burmesische Staatsangehörigkeitsrecht die Rohingya-Minderheit aus. Die meisten Angehörigen der Minderheit leben im nördlichen Staat Rakhine.
- Bangladesch (etwa 855.000): Viele hundert tausend Angehörige der Rohingya-Minderheit flohen in den letzten Jahren aus Myanmar nach Bangladesh. Außerdem leben viele Angehörige der Bihari-Minderheit seit Jahrzehnten als Staatenlose im Land.Quelle
Gründe für Staatenlosigkeit sind beispielsweise Staatsauflösungen, Gesetzeslücken oder Diskriminierendes Staatsangghörigkeitsrecht.Quelle
Warum sind Personen staatenlos?
Eine Person kann aus verschiedenen Gründen staatenlos sein oder es werden. Oft kommen mehrere Faktoren zusammen.
"Vererben" der Staatenlosigkeit durch die Eltern
Staatenlose und Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit "vererben" ihre Staatenlosigkeit an ihre Kinder. Wer in Deutschland geboren wird, hat nicht automatisch ein Anrecht auf die deutsche Staatsangehörigkeit – im Gegensatz etwa zu den USA.Quelle
Es gibt auch Länder, die eine Weitergabe der Staatsangehörigkeit nur durch den Vater erlauben. Laut einem Bericht der Organisation Equality Now hatten 2022 weltweit 49 Länder solche Vorschriften.Quelle
Staatsauflösung
Personen können staatenlos werden, wenn sich Staaten auflösen und sie nicht automatisch die Staatsbürgerschaft der Nachfolgestaaten bekommen. Betroffen sind hiervon zum Beispiel ehemalige UdSSR-Bürger*innen in Russland oder Kasachstan.Quelle
Tausende europäische Rom*nja wurden auf ähnliche Weise staatenlos: Viele waren Staatsbürger*innen des ehemaligen Jugoslawien, einige bekamen aber nicht die Staatsangehörigkeit der Nachfolgestaaten wie etwa Serbien. Gründe waren, dass sie etwa keine Geburtsurkunde vorlegen oder die Kosten für neue Dokumente nicht aufbringen konnten. Manche waren in ein anderes Land wie etwa Italien gezogen und hatten weder ein Anrecht auf Staatsangehörigkeit im Herkunfts- noch im Aufenthaltsland.Quelle
Ausschluss von Minderheiten
Es gibt Fälle, in denen Staaten Gruppen von der Staatsbürgerschaft ausschließen, oft sind ethnische, religiöse oder andere Minderheiten betroffen. Beispiele:
- Im Rahmen eines Zensus der syrischen Regierung 1962 wurden etwa 120.000 Kurd*innen im Norden des Landes staatenlos.Quelle
- Im Baltikum etwa schlossen Lettland und Estland im Zuge des Zerfalls der UdSSR überwiegend Angehörige der russischen Minderheiten von der Staatsbürgerschaft aus und führten die Kategorie der 'nicht-Staatsbürger' ein.Quelle
- Weitere Beispiele sind Thailand in den 1960er Jahren und, vor allem in den letzten Jahren, Myanmar.Quelle
Situation der Palästinenser*innen
Im Zusammenhang mit der Staatsgründung Israels flohen etwa 700.000 Palästinenser*innen in Nachbarländer wie den Libanon oder Syrien. Dort könnten sie sich und ihre Kinder aber nicht einbürgern lassen. Inzwischen sind mehrere Millionen geflüchtete palästinensische Volksangehörige staatenlos. Der Bundestag ging 2018 von über fünf Millionen staatenlosen Palästinenser*innen in den umliegenden Staaten aus, sowie 1,4 Millionen im Gaza-Streifen und dem Westjordanland.Quelle
Entzug der Staatsbürgerschaft
Jemanden "auszubürgern", also der Person die Staatsangehörigkeit zu entziehen, widerspricht internationalen Konventionen. Dennoch entziehen immer wieder Staaten ihren Bürger*innen die Staatsangehörigkeit. Letztes Jahr entzog ein Gericht in Russland einem in Deutschland wohnhaften Aktivisten die Staatsbürgerschaft. Auch in Großbritannien kam es zu Fällen, in denen einzelne Bürger*innen staatenlos wurden.Quelle
Rechtliche Situation Staatenloser
Staatenlose gelten als besonders schutzbedürftig, da sich kein Land sich für sie zuständig sieht. Damit sie dort, wo sie leben, dennoch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und ihre Rechte als Schutzbedürftige wahrnehmen können, ist eine Voraussetzung oft, als staatenlos anerkannt zu werden. Hierzulande muss zuallererst jedoch ihre Identität geklärt werden. Wenn das gelingt, bekommen Betroffene im besten Fall einen Ersatzausweis für Staatenlose mit einem entsprechenden Vermerk. Das kann ihnen wiederum helfen, sich schneller einbürgern zu lassen. Aber: Für viele ist es kompliziert, ihre Identität nachzuweisen. Hier ein Überblick zu Ersatzausweisen, zum Anerkennungsverfahren und Aufenthaltstiteln.
Ersatzausweise
Um sich ausweisen zu können, haben Staatenlose Anrecht auf Ersatzdokumente, das ist durch die Aufenthaltsverordnung geregelt (AufenthV). Es gibt zwei Arten von Ersatzausweisen: Den "Reiseausweis für Staatenlose" (AufenthV §1 Absatz 4) sowie den "Reiseausweis für Ausländer (§5 Absatz 1)".Quelle
Angaben der Bundesregierung zufolge haben aktuell insgesamt rund 24.600 der Staatenlosen sowie Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit einen von beiden Ausweisen (Stand: Ende Februar 2023).
Der Ausweis für Staatenlose ist für bis zu drei Jahre gültig und enthält unter anderem einen Vermerk zur Herkunftsregion und dazu, ob die Staatenlosigkeit geklärt ist oder nicht. Er hat gegenüber dem anderen Ausweis Vorteile, beispielsweise akzeptieren Einbürgerungsbehörden ihn als Identitätsnachweis.Quelle
Der Ausweis für Ausländer hingegen gilt an vielen Stellen nicht als Ersatz-Pass – auch wenn Personen mit ihm ausreisen könnten. Der Ausweis sei eine "Auffangkategorie", wie das Bundesinnenministerium in einem Rundschreiben klarstellte. Er ist also eine Art Notlösung für Personen, die ihre Identität nicht anderweitig nachweisen können oder wo Behörden diese noch prüfen. Ein Hindernis für die Prüfung könnte sein, dass es für Betroffene "nicht zumutbar" ist, Identitätsnachweise zu beschaffen, wenn etwa Betroffene als Angehörige einer Minderheit eines Landes verfolgt werden und daher nicht zur Botschaft gehen können.Quelle
Wer wird als staatenlos anerkannt?
Den Ausweis für Staatenlose kann nur erhalten, wen deutsche Behörden als staatenlos anerkannt haben und wer eine Aufenthaltserlaubnis hat. Dafür muss die Ausländerbehörde, das BAMF oder die Einbürgerungsbehörde die Identität der Betroffenen feststellen. Da Staatenlose und Personen ohne ungeklärte Staatsangehörigkeit oftmals nicht ausreichende Nachweise liefern können, entwickelte das Bundesverwaltungsgericht ein mehrstufiges Prüfverfahren. Dabei können beispielsweise Zeugen befragt werden. Nachdem die Identität eines Staatenlosen festgestellt wurde, kann er oder sie als Staatenlose*r anerkannt werden.Quelle
Nur rund 27 Prozent der anerkannt Staatenlosen haben einen Ausweis für Staatenlose (Stand: Februar 2023). Darüber hinaus folgen aus einer anerkannten Staatenlosigkeit laut Bundesregierung "keine unmittelbaren Rechte und Pflichten des Antragstellers und der Behörde". Das heißt, es gibt keine Sicherheit als staatenlose Person Rechte geltend zu machen (wie etwa schneller einbürgert zu werden).Quelle
Kein verbindliches Anerkennungsverfahren für Staatenlosigkeit
Behörden sind nicht verpflichtet, abschließend zu klären, ob jemand staatenlos ist. Betroffene werden deshalb oft nicht oder erst nach längerer Zeit anerkannt.
Auch wenn eine Behörde eine*n Betroffene*n als staatenlos anerkennt, ist diese Entscheidung nicht bindend. Das BAMF kann beispielsweise eine Person im Rahmen eines Asylantrages als staatenlos anerkennen, die Einbürgerungsbehörde Jahre später aber erneut eine Identitätsfeststellung einleiten. Zivilgesellschaftliche Organisationen zufolge sind auch Fälle bekannt, in denen zuvor anerkannte Staatenlose bei einem Umzug in ein anderes Bundesland auf "ungeklärte Staatsangehörigkeit" umgestuft wurden.Quelle
'Ungeklärte Staatsangehörigkeit'
Wenn jemand die eigene Identität nicht durch Dokumente wie einen Pass nachweisen kann, vermerken Behörden eine "ungeklärte Staatsbürgerschaft". Einem Policy Brief des SVR zufolge kann es dafür sehr unterschiedliche Gründe geben: "Dokumente können auf der Flucht verloren, bewusst zurückgelassen oder vernichtet worden sein. Auch mangelnde Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer, unverhältnismäßige Hürden bei der Neuausstellung von Dokumenten, fehlende Geburtenregistrierung und Fehler der Behörden im Zielland können ausschlaggebend sein". Dementsprechend handelt sich bei "Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit" um eine sehr heterogene Gruppe. Einige sind erst seit kurzem in Deutschland und etwa noch in laufenden Asylverfahren. In anderen Fällen kamen sie vor vielen Jahren in Deutschland zur Welt.Quelle
Behörden sind angehalten, Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit als Staatenlose anzusehen, wenn sie ausreichend bei der Feststellung mitwirkten, etwa Identitätsnachweise bei der Auslandvertretung erbeten. Oft verzögert sich die Identitätsfeststellung laut Behörden weil Betroffene nicht ausreichend mitwirken.Quelle
Eine "ungeklärte Staatsangehörigkeit" ist aber kein rechtlicher Status, sondern ein Arbeitsbegriff während Behörden die Identität prüfen, so ein Gerichtsurteil. Wenn die Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, bekommen Personen meist keinen Ersatzausweis für Staatenlose und haben im Alltag größere Schwierigkeiten als anerkannt Staatenlose. Die ausstehende Identitätsfeststellung heißt auch, dass Betroffene – im Gegensatz zu anerkannt Staatenlosen – Hürden bei der Einbürgerung haben. Denn in der Regel wird davon ausgegangen, dass sie schon eine Staatsangehörigkeit haben.Quelle
Fachleute aus Forschung und Zivilgesellschaft fordern bundesweit einheitliche und verbindliche Leitlinien, die Behörden verpflichten, Staatenlosigkeit innerhalb festgelegter Fristen anzuerkennen. Ein solches Verfahren ist jedoch Angaben der Bundesregierung zufolge nicht vorgesehen (Stand April 2023).Quelle
Welche Aufenthaltstitel haben Staatenlose?
Staatenlos zu sein oder eine ungeklärte Staatsangehörigkeit zu haben, besagt noch nichts über den Aufenthaltstitel einer Person. Zu Ende Februar 2023 hatten Betroffene folgende Aufenthaltstitel:
Rund 80 Prozent der anerkannt Staatenlosen haben einen längerfristigen Aufenthaltstitel, etwa eine Aufenthalts– oder Niederlassungserlaubnis, sowie eine Aufenthaltsgestattung. (Stand: Ende Februar 2023). Knapp ein Drittel der Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit sind geduldet (rund 7.500) oder haben kein Aufenthaltsrecht (16.000).Quelle
Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit haben, wenn sie sich um einen Aufenthaltstitel bemühen, höhere Hürden verglichen mit anerkannt Staatenlosen: Denn bevor ein längerfristiger Aufenthaltstitel erteilt werden kann, muss aus Sicht der Behörden die Identität der Antragstellenden abschließend geklärt sein (§25 AufenthG, Absatz 5). Da sich diese Klärung jedoch schwierig gestaltet, bekommen Betroffene häufig nur eine Duldung – es sei denn, Behörden erkennen an, dass die Betroffenen glaubhaft und ausreichend bei der Identitätsklärung mitwirkten.Quelle
Einbürgerung: Ausweg aus der Staatenlosigkeit
Eine Einbürgerung ist der einzige Ausweg aus der Staatenlosigkeit. Dementsprechend regelt internationales Recht, dass Staatenlosen die Einbürgerung erleichtert werden sollte. Das Staatsangehörigkeitsrecht (StAG) § 8) hierzulande besagt, dass Staatenlose sich unter bestimmten Voraussetzungen schon nach sechs anstatt nach acht Jahren einbürgern lassen, über die sogenannte ErmessenseinbürgerungQuelle
Bevor Staatenlose eingebürgert werden können, muss ihre Identität abschließend geklärt sein. Deswegen haben es anerkannt Staatenlose im Gegensatz zu Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit in der Regel leichter, eingebürgert zu werden – denn Behörden haben ihre Identität bereits festgestellt. Auch erhalten anerkannt Staatenlose tendenziell eher einen Ersatzausweis als Staatenlose, den Behörden im Einbürgerungsverfahren wie einen ausländischen Pass werten sollen.Quelle
Staatsangehörigkeitsreform 2023
Das geplante Staatsangehörigkeitsrechts der Ampel-Koalition sieht nach derzeitigem Stand keine gesonderten Erleichterungen für Staatenlose vor, die sich einbürgern lassen wollen (Stand: August 2023).Quelle
Expert*innen aus der Zivilgesellschaft und Forschung fordern unter anderem, dass Staatenlose unter bestimmten Voraussetzungen bereits nach drei Jahren einbürgert und die Nachweishürden insbesondere für in Deutschland geborene Staatenlose gesenkt werden sollten, auch wenn die Identität der Eltern zu dem Zeitpunkt noch ungeklärt ist.Quelle
Alltag als Staatenlose*r
Staatenlose begegnen im Alltag einer Vielzahl von Hürden, unabhängig davon, wie lange sie schon in Deutschland leben oder ob sie hier zur Welt gekommen sind. Sie können beispielsweise nicht an Wahlen teilnehmen. Oftmals fragen Behörden, Bildungseinrichtungen und Firmen bei alltäglichen Leistungen die Staatsbürgerschaft ab, die Option "staatenlos" fehlt meist.
Das erschwert es Staatenlosen und Personen mit ungeklärter Staatsbürgerschaft, Vorgänge auszuführen wie etwa ein Konto zu eröffnen und benachteiligt sie bei Bewerbungen um Wohnungen, den Kita-, Studien- oder Arbeitsplatz. Um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, müssen Betroffene ihre Situation immer wieder neu erklären und hoffen, auf Mitarbeitende zu treffen, die ihren Ermessensspielraum im Sinne der Betroffenen nutzen.Quelle
Viele Staatenlose und insbesondere Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit haben keine Geburtsurkunde. Das kann mehrere Gründe haben – geflüchtete Staatenlose etwa können diese auf der Flucht verloren haben. Aber: Auch hierzulande geborene Staatenlose bekommen anstatt einer Geburtsurkunde meist nur einen Auszug aus dem Geburtenregister, wenn die Identität ihrer Eltern nicht geklärt ist. Auch wenn die Bundesregierung klarstellt, dass der Auszug als Nachweis für eine Einbürgerung ausreichen sollte, fordern einige Behörden und Institutionen von Betroffenen richtige Geburtsurkunden. Das kann zu verschiedenen Problemen führen, u.a. können Personen ohne die Urkunde nicht heiraten.Quelle
Mit Ersatzreiseausweisen können Staatenlose und Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit eigentlich ins Ausland zu reisen. Einige Länder akzeptieren solche Ausweise aber nicht oder nur eingeschränkt. Betroffene berichten davon, von Grenzbeamten in Deutschland oder im Ausland aufgehalten und an der Weiterreise gehindert zu werden.Quelle
Internationale Konventionen zu Staatenlosigkeit
Die rechtliche Stellung staatenloser Personen ist in zwei internationalen Konventionen geregelt:
- Das "Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen" von 1954 stellt die besondere Schutzbedürftigkeit Staatenloser heraus. Die Konvention regelt, dass ein Land dort aufhältige Staatenlose – etwa beim Zugang zum Arbeitsmarkt – rechtlich nicht schlechter stellen darf als ausländische Staatsbürger*innen.Quelle
- Das "Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit" von 1961 bündelt verschiedene Maßnahmen, die Staatenlosigkeit weltweit verringern sollen. Es sieht beispielsweise vereinfachten Zugang zu Einbürgerungen für Staatenlose vor. Auch verbietet es Ländern, Personen "auszubürgern", wenn sie dabei staatenlos würden. Die Vereinten Nationen reagierten damit auf den Entzug der Staatsangehörigkeit von jüdischen Deutschen durch die Nationalsozialisten, wordurch viele zu Staatenlosen wurden.Quelle
UNHCR-Kampagnen zur Beendigung von Staatenlosigkeit
Die Kampagne #IBelong (2014-2024) des UNHCR setzte sich zum Ziel, Staatenlosgikeit zu beenden. Eigenen Angaben zufolge hat die Kampagne unter anderem dazu beigetragen, dass 400.000 Staatenlose in 27 Ländern nun eine Staatsbürgerschaft bekommen haben, beispielsweise in Kirgistan oder Kenia (Stand: Juni 2023). Unter anderem reformierten Staaten Regelungen, wodurch auch Mütter ihre Staatsangehörigkeit weitergeben können. Inzwischen sind 96 Staaten einem oder beiden UN-Abkommen beigetreten, etwa letztes Jahr die Philippinen.Quelle
Anschließend an die #IBelong-Kampagne kündigte das UNHCR die Globale Allianz zur Beendung von Staatenlosigkeit an. Ihr erklärtes Ziel: Bis 2030 verstärkt nach Lösungen suchen, Staatenlosigkeit zu beenden.Quelle
News Zum Thema: Staatenlose
Staatsangehörigkeitsreform Mehr als 200.000 offene Einbürgerungsanträge
Schon jetzt stapeln sich in den Behörden die Einbürgerungsanträge: Nach einer Befragung des MEDIENDIENSTES sind es in den größten deutschen Städten mehr als 200.000. Mit der Staatsangehörigkeitsreform könnte der Antragsberg noch größer werden.
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Das neue Gesetz zur Staatsangehörigkeit sieht schnellere Einbürgerungen und Mehrstaatigkeit vor. Die Verdienste der ehemaligen "Gastarbeiter" werden honoriert. Sozialhilfeempfänger*innen hingegen sollen auch dann nicht eingebürgert werden, wenn sie ihre Bedürftigkeit nicht zu vertreten haben.
Menschen ohne Papiere Zum Arzt ohne Angst?
Menschen ohne Papiere können in Deutschland nicht ohne Angst vor einer Abschiebung zum Arzt gehen. Die Ampel-Regierung will diese Lücke in der Gesundheitsversorgung schließen.