Arbeitskräfte aus dem Ausland
Immer mehr ausländische Arbeitskräfte arbeiten in Deutschland. Für die Wirtschaft sind sie längst unverzichtbar – auch weil die Bevölkerung immer älter wird. Lange Zeit kamen jährlich hunderttausende Arbeitskräfte aus der EU. Inzwischen kommen viele Menschen aus Staaten außerhalb der EU, zum Beispiel Indien. Woher sie kommen und wie viele in Deutschland einen Job finden, erfahren Sie hier.
Wie viele Ausländer arbeiten in Deutschland?
Der Anteil ausländischer Beschäftigter steigt seit Jahren: 2023 lag er bei 15,3 Prozent und hat sich damit seit 2010 mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: In der Bevölkerung lag der Anteil ausländischer Menschen 2022 laut Mikrozensus bei 14 Prozent. Es arbeiteten 2023 insgesamt 5,3 Millionen ausländische Beschäftigte in Deutschland in sozialversicherungspflichtigen Jobs (von insgesamt 34,7 Millionen Beschäftigten). Wenn man die geringfügig Beschäftigten mit einbezieht, liegt ihr Anteil etwas höher, bei 15,5 Prozent (von insgesamt 42,6 Millionen Beschäftigten).Quelle
Die meisten ausländischen Beschäftigten in Deutschland haben eine türkische Staatsbürgerschaft, gefolgt von den Beschäftigten aus Polen. Besonders stark stieg in den letzten Jahren die Zahl der Beschäftigten aus Rumänien und Bulgarien. Und die Nicht-EU-Staaten werden immer wichtiger, seit die Zuwanderung aus der EU zurückgeht (Stand: 2021).
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Staatsbürgerschaft, 2021
Quelle: Bundesagentur für Arbeit / Migrationsmonitor
Was sind die Gründe?
Ein Grund ist der demographische Wandel: Jedes Jahr gehen mehr Beschäftigte in den Ruhestand als neue nachkommen. Je größer die Engpässe in verschiedenen Branchen werden, desto wichtiger wird Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Einschätzungen von Expert*innen finden Sie hier in einem ausführlichen Artikel.Quelle
Angesichts dieses Rückgangs wächst die Bedeutung von Migration für die Wirtschaft. Aktuell wäre ein Wirtschaftswachstum ohne Zuwanderung kaum noch möglich. Das zeigen Zahlen der Bundesregierung: Demnach sind etwa Dreiviertel der Stellen, die zwischen 2010 und 2023 neu geschaffen wurden, mit ausländischen Arbeitskräften besetzt worden (71 Prozent). Diese seien "unverzichtbar" für "Wohlstand und Stabilität der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland", so die Bundesregierung.Quelle
Aktuelle Zahlen zu ausländischen Beschäftigten in verschiedenen Branchen finden sich bei der Bundesagentur für Arbeit im Migrationsmonitor, der monatlich aktualisiert wird.
Wie viele EU-Bürger arbeiten in Deutschland?
In Deutschland arbeiten rund 2,72 Millionen Staatsangehörige aus anderen EU-Ländern (Stand: Januar 2024). Die Beschäftigungsquote liegt bei rund 61,3 Prozent. In der Gesamtbevölkerung sind es 68,7 Prozent. Viel weniger sind arbeitslos: Im Januar 2024 waren etwa 238.000 EU-Staatsbürger arbeitslos, das ist ein Anteil von 8,9 Prozent (Gesamtbevölkerung: 7 Prozent).Quelle
Die Zahlen gehen aus dem "Zuwanderungsmonitor" des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Gezählt werden hier alle, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, auch in Minijobs. Selbstständige sind dabei nicht berücksichtigt.Quelle
Besonders aus den Gebieten der EU-Osterweiterung arbeiten viele Menschen in Deutschland, insgesamt 1,6 Millionen Beschäftigte (EU-8 und EU-2). Allein aus Bulgarien und Rumänien (EU-2) sind es über 730.000. Die befürchtete "Armutszuwanderung" ist größtenteils ausgeblieben, stattdessen kamen sehr viele Arbeitskräfte. Forscher sprechen von einer Erfolgsgeschichte für die Wirtschaft. Die Beschäftigungsquoten für diese beiden Länder liegen für die EU-8 Staaten bei 62,1 Prozent, für die EU-2 sogar bei 69,1.
Wie viele EU-Bürger sind arbeitslos?
Leistungen nach SGB II ("Hartz IV") erhalten laut IAB 400.000 EU-Ausländer in Deutschland (Stand: Dezember 2023). Arbeitslos waren im Januar 2024 etwa 238.000 EU-Staatsbürger. Die sogenannte SGB-II-Hilfequote von Unionsbürger*innen lag im Dezember 2023 bei 8,8 Prozent (Gesamtbevölkerung: 8,4 Prozent). Darunter fallen auch sogenannte Aufstocker, die zwar arbeiten, aber so wenig verdienen, dass sie zusätzlich Hartz IV beantragt haben.Quelle
Wie viele Menschen aus Nicht-EU-Staaten arbeiten in Deutschland?
Aktuell arbeiten rund 2,8 Millionen Beschäftigten aus Nicht-EU-Ländern ("Drittstaaten") in Deutschland. Und die Zuwanderung steigt von Jahr zu Jahr: Aktuell leben rund 420.000 Ausländer*innen mit einem Aufenthaltstitel zum Arbeiten für Nicht-EU-Bürger*innen ("befristeten Aufenthaltstitel zur Erwerbstätigkeit") in Deutschland, die vor Kurzem zum Arbeiten gekommen sind. Inzwischen kommen mehr Menschen von außerhalb der EU als aus EU-Staaten zum Arbeiten nach Deutschland (Zahlen). Besonders stark stieg die Zuwanderung zum Beispiel aus der Ukraine oder Indien.Quelle
Der häufigste Aufenthaltstitel für Menschen aus Nicht-EU-Staaten ist die Blaue Karte für Hochqualifizierte. In den letzten Jahren haben immer mehr Menschen aus Drittstaaten außerhalb der EU diese Blaue Karte bekommen. Mehr zur "Blauen Karte" gibt es >>hier.
Vor allem aus der Türkei und vom Westbalkan
Die meisten Nicht-EU-Arbeitskräfte, die in Deutschland leben, kommen aus "klassischen" Zuwanderungsländern wie der Türkei oder den Westbalkanstaaten. Aber auch weitere Staaten werden immer wichtiger, wie etwa die Ukraine oder Indien. Mehr dazu >>hier.
Erstmals mehr Arbeitskräfte aus Drittstaaten als aus der EU
Auch Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen: Die Zahl der Beschäftigten aus Nicht-EU-Staaten ("Drittstaaten") steigt. Seit Ende 2023 übersteigt die Zahl der Nicht-EU-Ausländer (2,7 Millionen) erstmals die der EU-Ausländer (2,6 Millionen), die in Deutschland sozialversicherungspflichtig arbeiten. Die Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten wird in Zukunft noch wichtiger werden, betont zum Beispiel der Arbeitsmarkt-Experte Herbert Brücker (IAB) in einer Folge unseres Podcasts.Quelle
In welchen Berufen arbeiten viele Ausländer?
Mehr als jede dritte Reinigungskraft hat eine nicht-deutsche Staatsbürgerschaft. Auf Baustellen sind es ähnlich viele. Auch bei LKW-Transporten, Paketzustelldiensten oder in der Altenpflege – ohne Zuwanderung würde in vielen Branchen kaum noch etwas funktionieren.
Was sind die Gründe?
Ein Grund ist der demographische Wandel: Jedes Jahr gehen mehr Beschäftigte in den Ruhestand als neue nachkommen. Je größer die Engpässe in verschiedenen Branchen werden, desto wichtiger wird Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Daher wächst in der "Mitte" der Arbeitswelt der Anteil ausländischer Arbeitskräfte. Also in klassischen Mittelstandsberufen wie LKW-Fahrer, Bürokraft, Bauelektriker oder in der Altenpflege.Quelle
Ein weiterer Grund: Deutsche Schulabgänger*innen bevorzugten eher akademische Berufe anstatt der klassischen Ausbildungsberufe. "Hier tun sich Lücken auf, in die ausländische Arbeitskräfte vorstoßen." Damit federn sie heute schon die Engpässe ab, die sonst deutlich stärker spürbar wären, so die Einschätzungen von Expert*innen in einem ausführlichen Artikel.
In einigen Berufen sind ausländische Beschäftigte die Mehrheit
Besonders deutlich zeigt sich der Trend, wenn man einzelne Berufe anschaut. In einzelnen, sehr kleinen, Berufsgruppen machen sie inzwischen sogar die Mehrheit der Beschäftigten aus, zum Beispiel bei den Tänzer*innen und Köch*innen. Die Statistik zeigt auch Kurioses: Jeder fünfte der "Zauberer/innen und Illusionist/innen" kommt aus dem Ausland. Kaum ausländische Beschäftigte findet man hingegen in der Justiz, bei Notaren oder unter den Schornsteinfeger*innen.
Aktuelle Zahlen zu ausländischen Beschäftigten in verschiedenen Branchen finden sich bei der Bundesagentur für Arbeit im Migrationsmonitor, der monatlich aktualisiert wird.
Wie viele Visa werden für Deutschland erteilt?
Ein Visum benötigt, wer aus einem Nicht-EU-Staat kommt und nach Deutschland einreisen will. Rund 1,2 Millionen Visa hat Deutschland 2022 erteilt (1.265.100). Zu einem großen Teil sind das kurzfristige (Reise-) Visa (872.000) und zu einem kleineren Teil längerfristige Visa (393.100).Quelle
Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (2021: 592.400). Aber die Zahlen liegen immer noch deutlich unter den Vor-Corona-Jahren (2019: 2,3 Millionen Visa). Der Rückgang betrifft vor allem Visa für Kurzaufenthalte ("Schengen-Visa"), die Zahl der längerfristigen Visa ("Nationale Visa") ist weiter gestiegen, darunter die für Beschäftigung und Studium. Sie liegt inzwischen über dem Vor-Corona-Niveau (2022: 393.100, 2019: 325.000).
Besonders stark war der Rückgang für Visa aus China (minus 95 Prozent im Vergleich zu 2019) und für Visa aus Russland (minus 88 Prozent im Vergleich zu 2019). Die fünf wichtigsten Herkunftsländer (kurz- und längerfristige Visa zusammen) waren:
- Türkei (215.000 Visa; 2021: 103.500 Visa, 2020: 83.000 Visa; 2019: 251.000),
- Indien (99.000 Visa, 2021: 49.200),
- Kosovo (66.500 Visa, 2021: 34.700),
- Russland (43.500 Visa; 2021: 39.400 Visa, 2020: 77.000 Visa, 2019: 341.000),
- China (25.000 Visa; 2021: 18.300 Visa; 2020: 49.000 Visa, 2019: 435.000).
Die meisten Menschen, die längerfristig bleiben, zum Beispiel zum Arbeiten oder Studieren, kommen aus:
- Indien (49.500 Visa)
- Türkei (40.000 Visa)
- Russland (22.000 Visa)
Rund 212.000 Anträge wurden abgelehnt. Das entspricht einer Ablehnungsquote von etwa 16,7 Prozent (einige Anträge wurden von den Antragssteller*innen selbst zurückgezogen).Quelle
Aufenthalt für Hochqualifizierte - Blaue Karte EU
Die Blaue Karte EU ist ein Aufenthaltstitel, der es Hochqualifizierten aus Nicht-EU-Staaten ("Drittstaaten") erlaubt, in einem EU-Staat zu arbeiten. Sie ist das europäische Pendant zur US-amerikanischen "Green Card". Wer einen Job in Aussicht hat, kann so für zunächst vier Jahre nach Deutschland kommen.Quelle
Im ersten Halbjahr 2023 wurden in Deutschland rund 22.000 Blaue Karten neu ausgestellt, was fast ein Drittel der gesamten Erwerbsmigration ausmachte. Zum Stichtag 30. Juni 2023 lebten etwa 102.000 Menschen mit einer Blauen Karte in Deutschland. Im gesamten Jahr 2022 wurden in Deutschland rund 39.000 Blaue Karten neu ausgestellt. Seit Einführung der Blauen Karte 2012 ist die Zahl der Neuausstellungen, außer während der Corona-Pandemie, kontinuierlich gestiegen.Quelle
Es werden auch Menschen mitgezählt, die schon länger in Deutschland leben und vorher einen anderen Aufenthaltstitel hatten. Mehr als die Hälfte aller Blauen Karten ging 2022 an Menschen, die neu zugewandert sind (rund 21.000). Der Großteil der Blauen Karten der EU wird in Deutschland ausgestellt (2022 waren es rund 77 Prozent).Quelle
Die wichtigsten Herkunftsländer unter den Zugewanderten mit einer Blauen Karte waren im ersten Halbjahr 2023:
- Indien (rund 25 Prozent)
- die Russische Föderation (rund 22 Prozent)
- die Türkei (rund 10 Prozent)
- der Iran (rund 5 Prozent)
Der Anteil an Staatsangehörigen aus der Russischen Föderation stieg zuletzt stark an (um 16 Prozentpunkte).Quelle
Wer kann eine Blaue Karte bekommen?
Die Blaue Karte wird vorrangig an Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium erteilt. Für IT-Spezialist*innen gilt allerdings eine Sonderregel: Sie können auch eine Blaue Karte erhalten, wenn sie statt eines Hochschulabschlusses drei Jahre Berufserfahrung vorweisen.
Außerdem benötigen alle Interessierten einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot mit einem bestimmten Mindestgehalt. Derzeit liegt die Untergrenze bei einem Jahresgehalt von 45.300 Euro. Für einige Berufe ist das Mindestgehalt etwas niedriger und liegt bei rund 41.000 Euro, da in diesen Branchen besonders viele Stellen unbesetzt sind. Das betrifft zum Beispiel Ärzt*innen, Apotheker*innen, Ingenieur*innen, Lehrkräfte und Beschäftigte in der Kinderbetreuung und im Gesundheitswesen. Die Liste der Engpassberufe wurde im November 2023 zuletzt erweitert. Die Blaue Karte ist auf maximal vier Jahre befristet und kann unter bestimmten Voraussetzungen nach zwei bis drei Jahren in eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis münden.Quelle
Wer besitzt eine Blaue Karte EU?
2023 lebten etwa 102.000 Menschen in Deutschland, die eine Blaue Karte hatten. Mehr als die Hälfte von ihnen (rund 70.000) hatten bereits eine Niederlassungserlaubnis.Quelle
Die erste repräsentative BAMF-Befragung von Inhaber*innen der Blauen Karte kam 2016 zu folgenden Ergebnissen:
- Zwei Drittel der Besitzer*innen eine Blauen Karte waren in MINT-Berufen tätig, etwa ein Fünftel als Ärzt*innen.
- Zwei Drittel waren verheiratet oder lebten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (61 Prozent). Der überwiegende Teil der Ehepartner*innen lebt ebenfalls in Deutschland (90 Prozent). 37 Prozent haben ein oder mehrere Kinder.
- Ein Drittel von ihnen konnte sich vorstellen, dauerhaft in Deutschland zu leben (31,4 Prozent) und 39 Prozent wollen mindestens zehn Jahre bleiben.Quelle
Ausländer*innen in Leiharbeit
Ausländische Beschäftigte arbeiten deutlich häufiger in der Leiharbeit (6 Prozent) als deutsche Beschäftigte (2 Prozent). In der Leiharbeitsbranche stieg ihr Anteil in den letzten Jahren: Mehr als jede*r dritte Beschäftigte in der Leiharbeit hatte 2019 einen ausländischen Pass (37 Prozent). In den Jahren von 2000 bis 2012 lag ihr Anteil noch bei durchschnittlich 17,4 Prozent.Quelle
Der Anstieg ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Geflüchtete, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, in der Branche arbeiten. Jede*r sechste Beschäftigte in Leiharbeit kommt inzwischen aus einem Asylherkunftsland. Unter Geflüchteten arbeiten deutlich mehr in der Leiharbeit (13 Prozent) als bei Beschäftigten insgesamt (2 Prozent). Für sie bietet Zeitarbeit offenbar einen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt. Gewerkschaften kritisieren, dass Leiharbeit oft keine Perspektive auf einen sicheren Job biete, und sie mit einem höheren Risiko verbunden ist, arbeitslos zu werden.Quelle
Anerkennung von ausländischen Abschlüssen
Die Nachfrage bei Anerkennungsverfahren für ausländische Abschlüsse ist auf einem neuen Höchststand: 2023 wurden rund 62.000 Anträge auf Anerkennung neu gestellt, das sind etwa 26 Prozent mehr als im Vorjahr.
2023 wurde in rund 65.500 Anerkennungsverfahren positiv entschieden. Die meisten Anerkennungen gibt es im Gesundheitsbereich: Pflegepersonal, Ärzt*innen, Apotheker*innen und weitere Berufe im medizinischen Sektor machten 67 Prozent der entschiedenen Fälle aus. Deutlich seltener sind Anerkennungen aus der am zweithäufigsten vertretenen Berufsgruppe: Mechatronik-, Energie- und Elektrobereich (6 Prozent).Quellen
Zum Hintergrund: Es gibt zahlreiche Berufe, in denen sich ausländische Arbeitskräfte unmittelbar bei Unternehmen bewerben können (zum Beispiel im Bereich KFZ-Mechatronik, im Einzelhandel oder als Tischlerin oder Tischler). Für einige Berufe benötigt man in Deutschland aber eine Zulassung (z.B. Ärztinnen und Ärzte oder Lehrkräfte). Für Zugewanderte heißt das, sie müssen zuerst ihre Abschlüsse anerkennen lassen bevor sie in Deutschland in diesen Berufen arbeiten dürfen.
Für Berufe, die vom Bund geregelt werden, gibt es das Anerkennungsgesetz (betrifft z.B. Ärztinnen und Ärzte oder Pflegekräfte). Für Berufe, die auf Länderebene geregelt werden, gibt es für alle Bundesländer eigene Anerkennungsgesetze (z.B. bei Lehrkräften, bei Erzieherinnen und Erziehern oder in Ingenieurberufen). Die Regelungen weichen zum Teil stark voneinander ab. Die meisten Anerkennungen entfallen auf den Bund, etwa ein Fünftel auf die Bundesländer.Quellen
Seit dem 1. März 2024 muss die Anerkennung des ausländischen Abschlusses nicht mehr zwingend vor der Einreise erbracht werden. In den vom Bund geregelten Berufen kann eine "Anerkennungspartnerschaft" geschlossen werden: Der Arbeitgeber kümmert sich gemeinsam mit der Fachkraft nach der Einreise um die Anerkennung.Quelle
Wer lässt seine Abschlüsse anerkennen?
Die Personen, die im Jahr 2023 eine Anerkennung bekommen haben, kamen zu rund einem Fünftel aus der EU. Am häufigsten ließen Menschen aus der Türkei ihre Abschlüsse anerkennen, gefolgt von Menschen aus den Philippinen und Tunesien. Auch Syrien war ein wichtiges Herkunftsland.Quelle
In unserer Rubrik "Flucht und Asyl" finden Sie Zahlen und Fakten zu Flüchtlingen, die ihre Berufsabschlüsse anerkennen lassen möchten.
Eine bundesweite Übersicht von Beratungsstellen, die Einwanderer bei der Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse unterstützen, bietet das IQ Netzwerk "Integration durch Qualifizierung".
Wie groß ist der Fachkräftemangel?
Der Fachkräftemangel ist in den letzten Jahren zu einem der größten Probleme der deutschen Wirtschaft geworden. Hauptgrund ist der demographische Wandel in Deutschland: In den nächsten 15 Jahren wird die Generation der Babyboomer in den Ruhestand gehen. Unter dem Strich gehen mehr Menschen in Rente als neue einheimische Arbeitskräfte nachkommen. Hierdurch fehlen in vielen Bereichen Arbeitskräfte.
Bis zum Jahr 2027 werden etwa 54.000 Arbeitskräfte fehlen, so eine Schätzung des Fachkräftemonitorings des Bundesarbeitsministeriums. Der Mangel ist geringer als bisher angenommen, vorher war man von einem Bedarf von 240.000 Stellen ausgegangen. In dieser Prognose ist das abgeschwächte Wirtschaftswachstum und die aktuelle Zuwanderung bereits berücksichtigt.Quelle
Bisher ging man davon aus, dass eine langfristig eine Nettozuwanderung von mindestens 400.000 Personen im Jahr notwendig ist, Grundlage war eine Schätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Eine aktuellere IAB-Prognose aus dem November 2024 geht von einem niedrigeren Bedarf aus, mit einer Nettozuwanderung von 288.000 bis 368.000 Personen, die jedes Jahr bis 2040 zuwandern. Weitere Strategien gegen den Fachkräftemangel sind, die Frauenerwerbstätigkeit weiter zu erhöhen und mehr Menschen zu qualifizieren.Quelle
In welchen Berufen fehlen Fachkräfte?
Fachkräfte sind in den vergangenen Jahren in vielen Berufen und Regionen deutlich knapper geworden: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) verzeichnete Ende 2023 Engpässe in 183 Berufsgruppen – die Zahl der Engpassberufe ist leicht zurückgegangen, liegt aber trotz des Rückgangs weiterhin auf einem sehr hohen Niveau (zum Vergleich: Während es 2017 nur 25 Berufsgruppen waren, stieg die Zahl bis 2022 auf 200 an). Insgesamt fehlten damit Fachkräfte in etwa jedem siebten untersuchten Beruf. Ein Mangel an Fachkräften besteht vor allem in den Pflege- und Gesundheitsberufen, im Handwerk und in den Bauberufen. Darüber hinaus gibt es Engpässe im technischen Bereich, in Verkaufsberufen, im Gastronomieservice, sowie bei Berufskraftfahrer*innen im Güterverkehr.Quelle
Die Engpässe schlagen sich oft darin nieder, dass Stellen lange unbesetzt bleiben. Ein Beispiel: In der Pflege konnten 2023 offene Fachkräftestellen im Schnitt mehr als dreieinhalb Monate (112 Tage) lang nicht besetzt werden. Außerdem gibt es in manchen Berufen starke regionale Unterschiede: Während 2023 Fachkräfte im Gartenbau in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und Bayern gesucht wurden, war die Situation in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Berlin, Brandenburg Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt entspannter.Quelle
Ein Problem für Unternehmen
Auch die Unternehmen sehen Probleme: Laut einer Umfrage hatten 2023 die Hälfte aller befragten Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen (50 Prozent), besonders in der Baubranche und im Industriebereich – so der jüngste "Fachkräftereport" des Deutschen Industrie- und Handelskammertags von November 2023. Mehr als die Hälfte der Unternehmen sieht Arbeitskräfte aus dem Ausland als mögliche Gegenstrategie (55 Prozent).Quelle
In welchen Ländern Deutschland um Fachkräfte wirbt
Medien zufolge will die Bundesagentur für Arbeit in Zukunft vor allem in 13 Ländern um Arbeitskräfte werben: Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Ecuador, Marokko, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Indien, Indonesien, Usbekistan und die Philippinen sowie Ghana.Quelle
Nicht nur Fachkräfte fehlen
Häufig wird in der Debatte um Arbeitskräftezuwanderung von "Fachkräfteeinwanderung" gesprochen. Expert*innen weisen jedoch daraufhin, dass in vielen Wirtschaftsbereichen, beispielsweise im Dienstleistungsbereich, auch ungelernte Arbeitskräfte dringend gesucht werden. Oft wäre es also präziser, von "Arbeitskräftemangel" zu sprechen.
Wichtige Quellen
• Bundesagentur für Arbeit: Jährliche Fachkräfteengpassanalyse, Link
sowie Interaktives Datenportal mit Details zum Bedarf in einzelnen Branchen, Link, und die Übersicht zu Fachkräfte-Engpässen in verschiedenen Berufen, Link
• DIHK-Arbeitsmarkt- und Konjunkturreport: Jährliche Umfrage bei Unternehmen, Link
• Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (2023): Fachkräftemonitoring für das BMAS, Mittelfristprognose bis 2027, Linkhttps://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb-625-fachkraeftemonitoring-bmas-mittelfristprognose-2027.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Welche Migrationsabkommen gibt es?
Aktuell schließt die Bundesregierung eine Reihe von Migrationsabkommen mit anderen Ländern ab. Das Ziel: Es soll mehr Abschiebungen in die Länder geben, gleichzeitig sollen mehr Arbeits– und Fachkräfte kommen. Ein Überblick (Stand September 2024):
- Das erste der "neuen Migrationsabkommen" hat Deutschland 2022 mit Indien abgeschlossen, im Dezember 2023 folgte Georgien und im September 2024 Kenia und Usbekistan.
- Anfang 2024 wurden eine Vereinbarung mit Marokko getroffen. Mit Kirgisistan und Kolumbien wurden bereits Absichtserklärungen unterzeichnet, auf die demnächst ein Abkommen folgen soll.
- Auch mit Moldau, den Philippinen und Ghana hat die Bundesregierung Gespräche aufgenommen.Quelle
- Es gibt weitere Vereinbarungen zur Gewinnung von Fachkräften – zum Beispiel die "Pflegekräfte-Vereinbarungen" ("Triple-Win") mit derzeit sieben Ländern. Auch schloss das Bundesarbeitsministerium zuletzt eine Absichtserklärungen mit Vietnam ab, die Arbeitsmigration fördern sollen. Ein geplantes Programm mit Brasilien wurde Ende 2023 ausgesetzt, unter anderem da die Pflegekräfte in Brasilien selbst benötigt werden.Quelle
In diesem Punkt geht es um Migrationsabkommen, die Deutschland direkt mit anderen Ländern abschließt. Mehr zu EU–Abkommen unten.
Seit den 1990er Jahren hat Deutschland rund 30 Abkommen abgeschlossen, die sich vor allem auf die Rückübernahme von Staatsbürger*innen fokussierten. Rund die Hälfte davon wurde mit anderen EU-Staaten abgeschlossen.
Laut Medien will die Bundesagentur für Arbeit in Zukunft vor allem in 13 Ländern um Arbeitskräfte werben: Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Ecuador, Marokko, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Indien, Indonesien, Usbekistan und die Philippinen sowie Ghana.Quelle
Im Interview mit dem MEDIENDIENST sagt Migrationsforscher Marcus Engler: Viele Arbeitskräfte würden durch die einzelnen Abkommen vermutlich nicht kommen, auch die Abschiebungen könnten nicht so leicht erhöht werden. Damit wirklich mehr Menschen kämen, müssten Vorhaben wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz richtig umgesetzt werden – ganz ohne Abkommen: Aktuell seien die Ausländerbehörden stark überlastet und auch die Erteilung von Visa dauere oft sehr lange.
Reguläre Migration aus Partnerländern überwiegt
Die Zahl der Personen aus der Partnerländern, die 2022 hier ein nationales Visum – also etwa für eine Arbeit, ein Studium oder Familienzusammenführung – bekommen haben, ist für die meisten Länder viel höher als die Zahl der Asylantragstellenden. Ausnahmen sind Georgien und Moldau.
Vergleicht man die Jahre 2018 und 2022, haben sich die Einwanderungszahlen aus den acht Ländern insgesamt erhöht; die Zahl der nationalen Visa ist dabei stärker gewachsen als die Zahl der Asylanträge.
Gemessen am Gesamtanteil der Asylanträge 2023 machte der Anteil der Anträge von Staatsbürger*innen, die aus Indien, Kolumbien, Kenia, Marokko, Georgien, Moldau, Usbekistan und Kirgisistan kamen, insgesamt lediglich 5,9 Prozent aus.
Weitere Bemühungen, um Fachkräfte zu werben, sind die "Zentren für Migration und Entwicklung", wo sich sich Interessierte über Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland informieren können. Die gibt es in Nigeria, Ägypten, Ghana, Indonesien, Irak, Jordanien, Marokko, Nigeria, Pakistan und Tunesien, ein weiteres öffnet voraussichtlich in Indonesien im Sommer 2024. In weiteren Ländern – Albanien, Serbien, Kosovo, Gambia und Senegal – gibt es solche Zentren, sie werden aber langsam zurückgefahren.Quelle
Die Weltgesundheitsorganisation WHO veröffentlicht regelmäßig eine Liste von rund 50 Staaten, aus denen keine Pflegekräfte angeworben werden sollten. So soll ein "Care Drain" verhindert werden, also eine zu starke Abwanderung aus Ländern, die bereits selbst einen Fachkräftemangel im Gesundheitswesen haben. Deutschland verzichtet auf die Anwerbung aus solchen Ländern und untersagt das auch für private Anbieter. Quelle
Bürokratische Hürden verhindern Fachkräftemigration
Wie stehen die Partnerländer zu den Abkommen? Der MEDIENDIENST hat im März 2024 dazu mit Fachleuten gesprochen, die in und zu den Ländern arbeiten. Es könnten mehr Fachkräfte kommen, derzeit seien die bürokratischen Hürden aber noch sehr hoch. Neben Deutschland gebe es viele weitere Länder, mit denen Abkommen abgeschlossen werden.
In vielen Ländern seien die Abkommen mit Deutschland eine Möglichkeit, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Für andere stelle sich die Frage, ob Auswanderung von qualifizierten Personen gefördert und im Gegenzug mehr Menschen zurückgenommen werden sollten. Es gebe auch einen Widerspruch: Einerseits brauche Deutschland dringend Migrant*innen, andererseits versuche es andere Länder dazu zu bringen, Migration zu verhindern und Migrant*innen zurückzunehmen. Zu den Statements.
Abkommen auf EU-Ebene
Auf EU-Ebene wurden seit 2007 eine Reihe von Abkommen abgeschlossen. Eine Übersicht gibt es hier. Fachleuten zufolge waren diese aber weitgehend wirkungslos. Sie fokussierten sich auf irreguläre Migration und ließen die Interessen der Herkunftsstaaten unberücksichtigt. Jüngst hat die EU mit Tunesien und Ägypten Abkommen geschlossen, beide Länder sollen Migrant*innen an der Flucht nach Europa hindern. Forscher*innen zufolge wird das Menschen nicht an der Migration hindern, sondern eher auf gefährlichere Routen treiben.
Wie beliebt ist Deutschland bei Fachkräften aus dem Ausland?
Deutschland ist im Vergleich zu anderen großen Industriestaaten mittelmäßig attraktiv für Fachkräfte. So liegt es im aktuellen OECD-Ranking für "Fachkräfte-Attraktivität" auf Platz 15 von 38, hinter Ländern wie Kanada, den USA, Großbritannien oder Schweden. Sehr beliebt ist es bei Studierenden. Quelle
Potentielle Fachkräfte sind sehr interessiert an einem Job in Deutschland - entscheiden sich aber oft für andere Länder. Die Gründe hat die OECD in einer großen Umfrage unter 30.000 potentiellen Migrant*innen im Ausland abgefragt. Ergebnis: Nur 5 Prozent arbeiteten drei Jahre später in Deutschland. Die größten Probleme: die deutschen Visa-Stellen im Ausland. Befragte berichten von teilweise monatelangen Wartezeiten, während andere Länder teilweise schon nach einer Woche eine Visa-Entscheidung anbieten können.Quelle
Ein weiteres Problem: Viele Fachkräfte, die in Deutschland arbeiten, berichten von Rassismus und Diskriminierung, laut OECD-Umfrage besonders bei der Wohnungssuche, in der Schule der Kinder oder auf der Straße. In einer Umfrage der IAB 2024 (Erhebungszeitraum: 2022) gaben 56 Prozent der Fachkräfte aus dem Ausland an, dass sie im Vorjahr in mindestens einem Lebensbereich Diskriminierung erfahren hatten. Besonders häufig passierte das bei der Wohnungssuche (40 Prozent), in der Öffentlichkeit (auf der Straße/in öffentlichen Verkehrsmitteln: 26 Prozent; in Geschäften/Restaurants: 23 Prozent) sowie bei der Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz (22 Prozent).Quelle
Steuervorteile für neu zugewanderte ausländische Fach- oder Arbeitskräfte gibt es bislang nicht. Die Bundesregierung plant solche als Teil ihrer "Wachstumsinitiative". Europäische Beispiele für solche Steuervorteile gibt es etwa in den Niederlanden oder Portugal.Quelle
Online-Umfragen mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen
In einer Online-Umfrage (Methodik) unter mehr als 12.000 "Expats" landete Deutschland 2023 unter beliebten Zielen zum Arbeiten auf Platz 49 von 53 weltweit. Die Hauptgründe für die Unzufriedenheit vieler Expats: die fehlende Willkommenskultur sowie fehlende Digitalisierung, Sprachbarrieren und Probleme bei der Wohnungssuche. Drei von zehn Expats finden, dass die deutsche Bevölkerung "nicht freundlich" zu ausländischen Arbeitskräften sei (weltweit: 18 Prozent). Quelle
Online-Umfragen von Unternehmensberatungen messen eine höhere Beliebtheit. So lag Deutschland in einer Online-Umfrage u.a. von der Boston Consulting Group von 2024 auf Platz 5 hinter Australien, USA, Kanada und Großbritannien. Quelle
Schreckt Rechtspopulismus Fachkräfte ab?
Der Fachkräftemangel ist in den letzten Jahren zu einem der größten Probleme der deutschen Wirtschaft geworden. Aktuelle Zahlen haben wir hier zusammengestellt.
Starker Rechtspopulismus ist vermutlich schlecht für Fachkräfte-Anwerbung
Die rechtspopulistischen und teils rechtsextremen Positionen der AfD belasten vermutlich den Wirtschafts-Standort Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Forschungs-Übersicht von 2024, die empirische Studien zum Thema ausgewertet hat. Wo die AfD oder ähnliche rechtspopulistische Bewegungen stark seien, gebe es "einen nicht zu unterschätzenden Nachteil bei der Anwerbung von in- und ausländischen Fachkräften". Unter anderem wird auf ein Experiment hingewiesen, wonach Dresden weniger attraktiv sei für inländische Fachkräfte, weil dort über Jahre "asyl- und migrationskritische Kundgebungen" stattfanden.Quelle
Mehr als 500 Unternehmen haben sich Anfang 2024 gegen Rechtspopulismus ausgesprochen. Auch die deutschen Handwerks-Betriebe sprachen sich gegen "Hetze und Rassismus" aus. Bei direkten Befragungen sehen die Vertreter von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden die AfD kritisch: Die Mehrheit lehnt laut einer Befragung des WZB 2024 den Kontakt zur Partei ab und sieht von ihr keine positiven Beiträge zur Wirtschaft in Deutschland. Vielmehr werde die Partei als "systemfeindlich und systemgefährdend" angesehen. Ein Grund: die wirtschaftspolitischen Ideen der AfD. Kritisch sehen die Wirtschaftsvertreter*innen Forderungen nach dem Austritt aus der EU oder dem Euro-Raum und die Ablehnung von Zuwanderung.Quelle
Qualifizierte Arbeitskräfte fühlen sich abgeschreckt
Intoleranz und Diskriminierung beeinflussen stark, ob qualifizierte Arbeitskräfte in ein Land gehen wollen oder nicht, das belegen Studien. Zwar ist Deutschland beliebt bei Studierenden, aber nur mittelmäßig beliebt bei ausgebildeten Arbeitskräften. Ein wichtiger Grund: Die als mittelmäßig wahrgenommene Willkommenskultur ("inclusiveness"), so OECD-Befragungen.Quelle
In einer Online-Umfrage (Methodik) unter mehr als 12.000 "Expats" landete Deutschland 2023 unter beliebten Zielen zum Arbeiten auf Platz 49 von 53 weltweit. Die Hauptgründe für die Unzufriedenheit vieler Expats: die fehlende Willkommenskultur. Drei von zehn Expats finden, dass die deutsche Bevölkerung "nicht freundlich" zu ausländischen Arbeitskräften sei (weltweit: 18 Prozent). Die Ergebnisse von solchen Online-Umfragen sind offenbar wenig zuverlässig und weichen teils stark voneinander ab. Quelle
Wie viel Geld schicken Migranten in ihre Herkunftsländer?
Insgesamt flossen im Jahr 2023 etwa 6,8 Milliarden Euro als Rücküberweisungen ("Remittances") ins Ausland, so Schätzungen der Bundesbank. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein leichter Rückgang (-4 Prozent). Experten schätzen, dass der Großteil von Arbeitsmigranten in Deutschland stammt – und nicht von Geflüchteten. Ein Großteil ging an Angehörige in Europa (ca. 5 Milliarden).Quelle
Besonders viel Geld ging in die Türkei, nach Polen, Italien und Rumänien. Das ist wenig überraschend, da aus diesen Ländern in der Vergangenheit die meisten Arbeitskräfte nach Deutschland kamen. Besonders stark stiegen Rücküberweisungen in "Asylherkunftsländer" wie Syrien, die Ukraine, den Irak und Afghanistan (insgesamt: ca. 1 Milliarde Euro).
Nur ein geringer Teil dieses Geldes dürfte aus Asylleistungen stammen. So zeigte eine Studie von 2024: Während unter Migrant*innen 12 Prozent Geld ins Ausland überweisen, sind es unter Geflüchteten 7 Prozent (Befragungen zwischen 2013 bis 2022). Ein weiterer Hinweis: Nur 14 Prozent aller Menschen aus Asylherkunftsländern bekommen überhaupt Asylleistungen. Die Gelder dürften deshalb vor allem von Geflüchteten stammen, die einen Job gefunden haben.Quelle
Die Zahlen zu Remittances sind Schätzungen anhand von verschiedenen Statistiken (zur Methode siehe Box unten). Dazu werden freiwillige Meldungen von Kreditinstituten abgeglichen mit der Zahl der ausländischen Beschäftigten aus dem jeweiligen Land in Deutschland. Bei Abweichungen entscheidet die Beschäftigten-Zahl. Es ist nicht möglich, zu unterscheiden, ob Arbeits-Migrant*innen oder Geflüchtete das Geld überwiesen haben. Die Bundesbank betont: Auf Basis dieser Zahlen lässt sich keine Aussage treffen darüber, ob Geflüchtete Teile ihrer Sozialleistungen ins Ausland überweisen.Quelle
Zur Methode
Der allergrößte Teil privater Rücküberweisungen wird von der Bundesbank geschätzt, im Rahmen der Zahlungsbilanz. Meldungen zu einzelnen Geldüberweisungen erhält sie nur bei Überweisungen von über 12.500 Euro.
Die Schätzungen erfolgen in zwei Schritten: Die Bundesbank erhält monatlich freiwillige Meldungen von Banken und Kreditinstituten zu akkumulierten Werten von vermutlichen privaten Überweisungen. Im zweiten Schritt werden diese freiwilligen Meldungen einem "Plausibilitäts- Check" unterzogen. Anhand der aktuellen Zahlen der ausländischen Beschäftigten aus dem jeweiligen Land legt die Bundesbank einen "Plausibilitäts-Intervall" fest, in dem die Rücküberweisungen liegen sollten.
Bei Abweichungen – oder wenn nur sehr wenige Daten zu Überweisungen in ein Land vorliegen – entscheidet die Zahl der Beschäftigten. Besonders für Länder, in denen kein funktionierendes Banken-System existiert – wie zum Beispiel Syrien – ist es wahrscheinlich, dass vor allem anhand der syrischen Beschäftigten in Deutschland geschätzt wird. Ob das so ist, wollte die Bundesbank auf Anfrage des Mediendienstes nicht mitteilen, mit Verweis auf "statistische Geheimhaltung". Die Weltbank veröffentlicht keine Schätzungen zu Syrien. Mehr...
"Remittances" weltweit
Weltweit gesehen steigen Rücküberweisungen seit Jahren an. Expert:innen schätzen, dass dieser Trend anhalten wird. Trotzdem sieht die Weltbank aktuell für 2023 ein langsameres Wachstum oder sogar eine Stagnation bei den Remittances. Als Gründe nennt sie eine langsamere wirtschaftliche Entwicklung in Sendeländern und sinkende Reallöhne. Die meisten Remittances weltweit gehen laut Weltbank nach Indien, Mexiko, China, die Philippinen und Pakistan.Quelle
Die Weltbank schätzt neben den ausgehenden Überweisungen auch, wie viele Remittances in Länder eingehen. Für europäische Länder schätzt sie höhere Werte für Zahlungen aus Deutschland: Polen (3,2 Mrd. USD), Türkei (1,8 Mrd. USD). Für Asyl-Länder schätzt sie deutlich niedrigere Werte von Zahlungen aus Deutschland für 2021: Afghanistan (24 Mio. USD), Irak (83 Mio. USD), für Syrien gibt es keine Angaben.Quelle
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland auf Platz vier der Länder, aus denen die höchsten Rücküberweisungen ausgehen. Vor 20 Jahren war es auf Platz drei.Quelle
Gute und schlechte Folgen von Rücküberweisungen
Mit den Geldern finanzieren die Familien in den Herkunftsländern etwa Arztbesuche oder ermöglichen es Kindern, zur Schule zu gehen. Und sie reduzieren generell die Armut der Empfänger. In einigen Ländern , wie zum Beispiel Moldawien, gab es durch die höhere Nachfrage teilweise sehr schnelle Lohnsteigerungen.
Es gibt aber auch Nachteile: Rücküberweisungen können die Inflation verstärken, da die Wirtschaft mehr importiert und selbst weniger konkurrenzfähig ist. Und Haushalte, die keine Rücküberweisungen erhalten, leiden an der Preissteigerung.
Kaum Rückgänge während Corona
Der Einfluss der Corona-Pandemie auf die Rücküberweisungen war erstaunlich gering. Der Anstieg bei den Überweisungen setzte sich fort, wenn auch etwas verlangsamt. Auch weltweit sind die Werte der Rücküberweisungen im Jahr 2021 insgesamt stabil und vergleichbar mit denen vor Beginn der Pandemie. Dafür könnte es verschiedene Gründe geben: Migrant*innen schicken oft kurzfristig mehr Geld in ihr Heimatland, wenn es benötigt wird, etwa bei Naturkatastrophen oder anderen Krisen. Viele würden eher bei sich sparen, als Rücküberweisungen an die Familie einzustellen.
Die wichtigsten Fragen zu Rücküberweisunge / Remittances beantworten wir in einem Factsheet, hier >>
Eine aktuelle Übersicht zum Forschungsstand zu "Rücküberweisungen" bietet die Bundeszentrale für politische Bildung, hier >>
Wie viel Kindergeld geht ins Ausland?
Insgesamt zahlte Deutschland 2023 für rund 17,5 Millionen Kinder Kindergeld. Davon waren rund 1,6 Prozent (276.851) nicht-deutsche Kinder, die im Ausland leben – in den allermeisten Fällen die Kinder von EU-Arbeitskräften, die in Deutschland arbeiten. Es waren besonders häufig Kinder polnischer Kindergeldberechtigter (127.244), gefolgt von Kindern tschechischer (rund 32.399) und rumänischer Staatsbürger*innen (rund 31.500).Quelle
Mehrere Jahre stieg die Zahl der im Ausland lebenden Kinder von ausländischen Arbeitskräften in Deutschland, für die Kindergeld gezahlt wird. Das war unter anderem darauf zurückzuführen, dass mehr EU-Ausländer*innen in Deutschland lebten, erklärte der Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker vom „Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“ (IAB) im Interview mit dem MEDIENDIENST. Seit 2021 geht die Zahl der Kinder und die gezahlten Beträge zurück.
Nach geltendem EU-Recht sowie nach dem deutschen Einkommensteuergesetz können EU-Bürger*innen für ihre Kinder im Ausland Kindergeld beantragen, sofern sie in Deutschland steuerpflichtig arbeiten. Das gilt auch für Saisonarbeiter*innen, die einkommensteuerpflichtig in Deutschland arbeiten. Die Höhe des Kindergeldes muss exakt dem von inländischen Arbeitskräften entsprechen – so ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs EuGH von 2021. Niedrigere Sätze – etwa für Arbeitskräfte, deren Kinder im Ausland leben – sind nicht zulässig. Im konkreten Fall ging es um eine Sonderregelung in Österreich, die vom EuGH für unzulässig erklärt wurde.Quelle
Dass EU-Bürger*innen für ihre im Ausland lebenden Kinder in Deutschland Kindergeld beziehen können, sorgt immer wieder für Kontroversen. Ein Faktencheck des MEDIENDIENSTES zeigt jedoch, dass die Aufregung nicht angebracht ist. Etwa ist es nicht möglich, in mehreren EU-Staaten volles Kindergeld zu bekommen.
Wann kamen die meisten Einwanderer nach Deutschland?
Es lassen sich in der deutschen Einwanderungsgeschichte verschiedene Phasen und Haupt-Wanderungsmotive erkennen.
Die meisten Einwanderer*innen kamen
- mittels Anwerbeabkommen als sogenannte "Gastarbeiterinnen" und "Gastarbeiter" in die BRD (1955 bis 1973) und als "Vertragsarbeiter" in die DDR (bis 1990),
- durch den Familiennachzug zu bereits in Deutschland lebenden Ausländern (vor allem zwischen 1973 und 1985, aber auch bis heute),
- als Aussiedler und Spätaussiedler (vor allem zwischen 1987 und 1999),
- als Flüchtlinge (Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre und verstärkt wieder seit 2014),
- und als Bürger der Europäischen Union im Zuge der Freizügigkeit.
Der MEDIENDIENST hat in einem Artikel die wichtigsten Migrationsbewegungen seit dem 18. Jahrhundert dargestellt. Ein weiterer Artikel gibt eine Übersicht über Migration in die DDR.
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Seit Tagen gibt es eine kontroverse Debatte über Kindergeld-Zahlungen für Kinder im Ausland. Der MEDIENDIENST hat wichtige Informationen zusammengefasst: Um wie viele Kinder von EU-Bürgern geht es? Was sind die rechtlichen Rahmenbedingungen? Und was würde passieren, wenn man die Zahlungen kürzt?