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Rassismus

Das Verständnis von Rassismus ist in Deutschland stark an den Nationalsozialismus gekoppelt. Doch Rassismus ist kein Synonym für Rechtsextremismus. Vor allem die Diskussion über "Racial Profiling", islamfeindliche Straftaten oder die Forderungen rechtspopulistischer Parteien haben die Frage aufgeworfen, was Rassismus im 21. Jahrhundert bedeutet.

Was ist Rassismus?

Stand: Jan. 2022

Rassismus liegt vor, wenn Menschen aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher Merkmale (z.B. Hautfarbe, Herkunft, Religion) als homogene Gruppen konstruiert, negativ bewertet und ausgegrenzt werden. In der Regel wird zwischen zwei Formen von Rassismus unterschieden:

  1. Der "klassische" Rassismus behauptet eine Ungleichheit und Ungleichwertigkeit von Menschen aufgrund der oben genannten Merkmale.
  2. Der sogenannte Neorassismus oder Kulturrassismus dagegen argumentiert mit kulturellen Zuschreibungen wie etwa "die Muslime" oder "die Roma", die mit ihren Werten und Traditionen nicht "zu uns passen".

Lesenswert:
– Die "Bundeszentrale für politische Bildung" zeichnet in einem Dossier die Geschichte des Rassismus-Begriffs nach und gibt einen Überblick über verschiedene Definitionen.
– Informationen zum Thema bietet auch die Website "Belltower News".

Was ist struktureller Rassismus?

Stand: Jan. 2023

Beim strukturellen Rassismus geht es nicht um eine Interaktion zwischen zwei Menschen, sondern um rassistische Strukturen und Entscheidungsabläufe. Es handelt sich also um Routinen, die so ausgestaltet sind, dass überdurchschnittlich und regelmäßig Schwarze Menschen und PoCPeople of Colour: Menschen mit Rassismuserfahrung, die nicht als weiß, deutsch und „westlich“ wahrgenommen werden benachteiligt werden.Quelle Vgl. z.B. Gomolla (2017): "Direkte und indirekte, institutionelle und strukturelle Diskriminierung", Wa Baile et al (2019): "Racial Profiling: Struktureller Rassismus und antirassistischer Widerstand"

Da struktureller Rassismus in Routinen und Abläufen angelegt ist, ist die Benachteiligung – anders als bei einzelnen rassistischen Äußerungen – oft schwer zu erkennen. Die einzelne Person entscheidet sich nicht notwendigerweise bewusst dafür, eine Gruppe zu benachteiligen, sondern die Strukturen einer Institution – wie Schule oder Polizei – führen dazu. Fachleuten zufolge äußert sich struktureller Rassismus unter anderem in folgenden Bereichen: 

Beispiel Schule

  • Umgang mit Spracheniveaus: Viele schulische Routinen – wie etwa die Notenvergabe – sind nach Kindern ausgerichtet, die mit Deutsch als Erstsprache aufwachsen. Schüler*innen, deren Erstsprach nicht Deutsch ist, werden daher in allen Fächern – und nicht nur in Deutsch – schlechter bewertet als sie eigentlich sind. Oft erhalten sie nicht die notwendige Unterstützung, um gleichberechtigt am Unterricht teilzuhaben.
  • Gymnasialempfehlung: Kinder, die erst im Kindergarten Deutsch lernen, brauchen Zeit, um sprachlich aufzuholen. Die haben sie nicht, da schon in der vierten Klasse selektiert wird. Zu diesem Zeitpunkt sind sie  noch nicht so weit mit der Sprache – und bekommen dann keine Gymnasialempfehlung. Die Folgen sind weitreichend: Schlechteres Abschlusszeugnis, niedrigerer Bildungsabschluss, geringere Erwerbsmöglichkeiten.
  • Schulbücher: Schulbücher gehen oft von einer homogenen weiß-christlich-deutschen Schüler*innenschaft aus. Dort werden zum Beispiel Aufgaben gestellt, in denen sich die Schüler*innen mit dem Islam als fremder, problematischer Religion beschäftigen sollen. Muslimische Schüler*innen und Schüler werden dadurch ausgegrenzt.QuelleMEDIENDIENST INTEGRATION (2020): "Was ist struktureller Rassismus?"

Beispiel Polizei

Die Polizei darf Menschen nicht anlasslos wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer Merkmale kontrollieren. Dieses sogenannte Racial Profiling ist in Deutschland verboten. Dennoch gehört für viele Schwarze Menschen in Deutschland Racial Profiling zum Alltag: Eine Studie der EU-Grundrechteagentur im Jahr 2017 zeigte, dass 14 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland in den vorangegangenen fünf Jahren Racial Profiling erlebt haben. Expert*innen zufolge ist das nicht nur auf Vorurteile einzelner Beamt*innen zurückzuführen. Wahrscheinlich begünstigen auch Strukturen in der Polizei das Racial Profiling. Unter anderem deshalb sprechen sich derzeit viele Wissenschaftler*innen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Betroffene für eine Studie zu Racial Profiling aus.QuelleAgentur der Europäischen Union für Grundrechte (2017): "Second European Minorities and Discrimination Survey", S. 70, MEDIENDIENST INTEGRATION (2020): Betroffene fühlen sich im Stich gelassen". Integrations- und Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung: Lagebericht Rassismus in Deutschland, S.46 ff

Wie verbreitet ist Rassismus in der Gesellschaft?

Stand: Mar. 2025

Mehrere repräsentative Umfragen weisen darauf hin, dass rassistische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet sind:

  • Laut einer repräsentativen Studie des Rassismus-Monitors des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) von 2025 sind rassistische Einstellungen weit verbreitet: 23 Prozent der Befragten finden, dass ethnische und religiöse Minderheiten zu viele Forderungen nach Gleichberechtigung stellen. 22 Prozent glauben, dass sie in den letzten Jahren mehr profitiert haben, als ihnen zusteht. Jede zweite Person (54 Prozent), die einer ethnischen oder religiösen Minderheit angehört, erlebt mindestens einmal im Monat Diskriminierung.QuelleDeZIM (2025): "Verborgene Muster, sichtbare Folgen", S. 8, 19, LINK; Mediendienst-Interview (2022): "Jüngere sind sensibler für Rassismus", LINK
  • Laut Autoritarismus-Studie der Universität Leipzig (2024) haben 21,8 Prozent der Deutschen ein geschlossen ausländerfeindliches Weltbild. Das heißt, sie stimmen den folgenden Aussagen überwiegend oder voll zu: "Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen", "Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken" und "Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet". Der Wert ist im Vergleich zur Vorgängerstudie gestiegen (2022: 17 Prozent).QuelleDecker et al. (2024): "Vereint im Ressentiment", S. 42, 44, 48, LINK
  • Die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung 2022/2023 kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: 16,2 Prozent der Bevölkerung vertreten rassistische Auffassungen. Der Wert hat sich seit der vorangegangenen Erhebung zwei Jahre zuvor mehr als verdreifacht (2021/22: rund 5 Prozent). Jede*r Vierte stimmte der Aussage zu: "Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen". Weitere knapp 30 Prozent stimmten teilweise zu, distanzierten sich also nicht eindeutig.QuelleFriedrich-Ebert-Stiftung (2023): Die distanzierte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2022/23, S. 64, 69, LINK
  • Ist Rassismus in Ostdeutschland verbreiteter als im Westen? Laut Leipziger Autoritarismus Studie 2024 ist das der Fall. Aussagen wie "Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen", stimmen in Ostdeutschland 46,3 Prozent ganz oder überwiegend zu. In Westdeutschland sind es 29,9 Prozent (gesamt: 33,2 Prozent).QuelleDecker et al. (2024): "Vereint im Ressentiment", S. 42, LINK

Warum kommen die "Autoritarismus"-Studie und die "Mitte"-Studie zu unterschiedlichen Ergebnissen?

Es gibt mehrere Studien, die rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung untersuchen. Die beiden größten Studien sind die Mitte-Studie (Friedrich-Ebert-Stiftung und Universität Bielefeld) und die Autoritarismus-Studie (Heinrich-Böll-Stiftung und Universität Leipzig). Beide sind repräsentativ, werden jeweils etwa alle zwei Jahre durchgeführt und erscheinen abwechselnd. Obwohl sie teilweise exakt dieselben Fragestellungen haben, kommen sie zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dies liegt an den unterschiedlichen Befragungsmethoden: Bei der Autoritarismus-Studie und der Studie zu rechtsextremen Einstellungen in Ostdeutschland kommen die Forschenden zu den Befragten nach Hause und übergeben ihnen einen Papierfragebogen. Die Befragten antworten schriftlich und geben den Fragebogen in einem verschlossenen Umschlag zurück. So erfahren die Forschenden nicht, welche Antworten die Befragten geben. Die Befragung der Mitte-Studie hingegen wird telefonisch durchgeführt: Hier müssen die Befragten den Forschenden direkt sagen, was sie denken. In den Telefoninterviews fällt die Zustimmung zu vielen Aussagen anders aus, da die Menschen ihre Ansichten einer fremden Person gegenüber am Telefon nicht so offen zugeben. Die Autor*innen der Mitte-Studie gehen zudem davon aus, dass rechtsextreme oder wissenschaftsfeindliche Personen seltener an derartigen Studien teilnehmen. Das führe dazu, dass die Mitte-Studie das Ausmaß rechtsextremer Einstellungen eher unterschätze.QuelleFriedrich-Ebert-Stiftung (2023): "Zentrale Ergebnisse der Mitte-Studie 2022/23", LINK; Universität Leipzig: "FAQ zu den Leipziger Autoritarismus Studien, LINK; Decker et al. (2023): "Autoritäre Dynamiken und die Unzufriedenheit mit der Demokratie. Die rechtsextreme Einstellung in den ostdeutschen Bundesländern", S. 5, LINK

Wie viele rassistische Straftaten gibt es?

Stand: May. 2024

2023 zählte das Bundesinnenministerium 15.087 "fremdenfeindliche"Damit sind Delikte gemeint, die sich gegen die (zugeschriebene) Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit der Opfer richten. Straftaten. Das ist ein deutlicher Anstieg um 50 Prozent im Vergleich zu 2022 (10.038) und ein neuer Höchststand. Bereits im Vorjahr war die Zahl gestiegen. Rund 77 Prozent der "fremdenfeindlichen" Straftaten waren 2023 politisch rechts motiviert.Quelle Bundesinnenministerium (2024): "Bundesweite Fallzahlen 2023 Politisch motivierte Kriminalität", S.11, LINK; Bundesinnenministerium (2023): "Politisch Motivierte Kriminalität im Jahr 2022, S.10, LINK; Bundesinnenministerium (2023): Übersicht „Hasskriminalität“: Entwicklung der Fallzahlen 2001 – 2022, S. 4, LINK

Die Bezeichnung "fremdenfeindlich" wird von Fachleuten kritisiert, da es sich bei Betroffenen von Rassismus nicht notwendigerweise um "Fremde" (etwa Ausländer*innen) handelt, sondern zum Beispiel um Schwarze Deutsche oder Deutsche mit Einwanderungsgeschichte. Der Begriff grenze aus, weil er vorgibt, dass die Personen, gegen die sich die feindliche Einstellung richtet, fremd und nicht Teil der deutschen Gesellschaft seien. Korrekter wäre der Begriff "rassistische" Straftaten. Das Bundesinnenministerium benutzt den Begriff der "rassistischen" Straftaten zwar auch. Darunter fallen aber nur ein Teil der "fremdenfeindlichen" Straftaten: nämlich solche, bei denen sich die Motivlage auf die zugeschriebene oder tatsächliche ethnische Zugehörigkeit und/oder Hautfarbe des Opfers bezieht.QuelleGlossar der Neuen deutschen Medienmacher: "Ausländerhass, Fremdenfeindlichkeit"; Themenfeldkatalog der PMK; BKA auf Anfrage des MEDIENDIENSTES

Wie aussagekräftig sind behördliche Zahlen?
In einer Expertise für den MEDIENDIENST schreibt die Rechtsanwältin Kati Lang: Viele rassistische Straftaten tauchen in der Statistik des BMI nicht auf. Das liege unter anderem daran, dass viele Betroffene Vorfälle nicht anzeigen. Zudem seien Polizeibehörden nicht ausreichend für Rassismus sensibilisiert, um rassistische Straftaten als solche zu erkennen. Opferberatungsstellen erfassen daher deutlich mehr Delikte als die Behörden, so Lang.QuelleKati Lang (2018): "Rassistische Straftaten – Warum behördliche Statistiken nicht aussagekräftig sind", Expertise für den MEDIENDIENST

Zahlen zu rassistischen Gewalttaten veröffentlicht auch der "Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt" (VBRG). 2023 zählte der VBRG 1.446 rassistische Gewalttaten - ein Anstieg um fast ein Drittel im Vergleich zum VorjahrAllerdings sind im Vergleich zum Vorjahr Zahlen für das Bundesland Bayern hinzugekommen, das zuvor nicht erfasst wurde. (1.088). Erfasst sind hier aber nur Taten in elf BundesländernBaden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.QuelleVerband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (2024): "Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt 2023, LINK; (2023): Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt in Deutschland 2022 – Jahresbilanzen der Opferberatungsstellen"

Wie können Betroffene reagieren?

Eine Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) zeigt: Betroffene von Rassismus können sich oft nicht richtig zur Wehr setzen. Für die Studie wurden 2.528 Fälle rassistischer Diskriminierung ausgewertet. Nur knapp ein Viertel der Betroffenen hat die Diskriminierung bei einer Antidiskriminierungsstelle gemeldet, öffentlich auf die Diskriminierung aufmerksam gemacht oder Klage eingereicht. Als mögliche Ursachen nennen die Forscher*innen strukturellen Rassismus und die Angst der Betroffenen, als "Problemverursacher" zu gelten.Quelle DeZIM (2021): "Reaktionsmöglichkeiten bei Rassismus"; ZEIT (2021): "Opfer von Diskriminierung wehren sich selten"

Angriffe auf Flüchtlinge

Stand: Feb. 2025

Angriffe auf Flüchtlinge

2024 gab es 1.905 politisch motivierte Straftaten auf Geflüchtete. 218 Mal waren Flüchtlingsunterkünfte das Ziel politisch motivierter Angriffe. Die Angaben sind vorläufig, es können Nachmeldungen folgen.QuelleBundestag (2025): "Drucksache 20/14737", LINK, eigene Berechnungen

2023 gab es 2.488 politisch motivierte Angriffe auf Geflüchtete. Die Zahlen waren im Vergleich zum Vorjahr (1.420 Angriffe) um 75 Prozent gestiegen. 321 dieser Taten waren Gewaltdelikte, 219 Personen wurden verletzt. Zudem gab es 179 Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten. Fast 90 Prozent der Taten waren politisch rechts motiviert. Bereits 2022 war die Zahl der Angriffe auf Geflüchtete im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.QuelleBundesinnenministerium (2024): PM "Politisch motivierte Kriminalität in Deutschland erreicht neuen Höchststand", LINK

Geringe polizeiliche Aufklärung, wenig Urteile

Viele Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte werden nicht aufgeklärt: 2024 konnte die Polizei bei rund 71 Prozent der Angriffe keine Tatverdächtigen ermitteln. Bei Angriffen auf Geflüchtete außerhalb der Unterkünfte wurden häufiger Tatverdächtige ermittelt, 2024 in rund 68 Prozent der Fälle (Stand: Februar 2025).QuelleDeutscher Bundestag (2025): "Drucksache 20/14737", LINK, eigene Berechnungen

Gerichtlich werden Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte nur selten geahndet. Das zeigt eine Recherche von Südwestrundfunk und Bayerischem Rundfunk. Demnach haben die Behörden zwischen 2015 und 2018  insgesamt 2.558 politisch motivierte Übergriffe auf Asylunterkünfte registriert. In 206 Fällen kam es zu Verurteilungen. Die Aufklärungsquote liege daher bei unter zehn Prozent, so die Autor*Innen.QuelleBR (2020): „Der schwache Staat", Amadeu Antonio Stiftung (2021): "Leben in Gefahr", S. 74

Antimuslimischer Rassismus

Stand: Mar. 2025

Was ist antimuslimischer Rassismus?

"Antimuslimischer Rassismus" steht für die pauschale Abwertung und Diskriminierung von Muslim*innen und Menschen, die als Muslim*innen wahrgenommen werden. 

Verwandte Begriffe sind "Muslimfeindlichkeit, "Islamfeindlichkeit" oder "Islamophobie". Erklärungen und die Abgrenzung vom Begriff "Islamkritik" bietet ein Informationspapier des MEDIENDIENST.QuelleMEDIENDIENST INTEGRATION (2021): "Antimuslimischer Rassismus in Deutschland. Zahlen und Fakten", LINK; MEDIENDIENST INTEGRATION (2016): "Was unterscheidet 'Islamfeindlichkeit' von 'Islamophobie'?", LINK

Der Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit hat 2023 in einem umfassenden Bericht antimuslimische Einstellungen in Deutschland und Diskriminierung in Bereichen wie Politik, Bildung, Kultur und Alltag analysiert. Nach dem rassistischen Anschlag von Hanau 2020 hatte der damalige Innenminister Horst Seehofer das Gremium eingesetzt, dem neun Wissenschaftler*innen und Expert*innen angehörten. Anfang 2024 zog das Bundesinnenministerium die Veröffentlichung des Expertenkreises zurück, nachdem Publizist*innen gegen ihre Nennung in dem Bericht geklagt hatten. Der Bericht wurde im Juli 2024 mit leicht veränderten Passagen erneut veröffentlicht.QuelleUnabhängiger Expertenkreis Muslimfeindlichkeit (2024): "Muslimfeindlichkeit. Eine deutsche Bilanz" LINK

Antimuslimische Straftaten

2024 zählte die Polizei 1.554 islamfeindliche Straftaten. Dazu gehören Körperverletzungen, Beleidigung, Sachbeschädigung und Volksverhetzung. Die Zahlen sind vorläufig, es können Nachmeldungen folgen.QuelleDeutscher Bundestag (2025): "Drucksache 20/14989", S. 3 und Anlage 2, LINK, eigene Berechnungen

2023 zählte die Polizei 1.464 islamfeindliche Straftaten. Die Zahl war im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen und hat sich mehr als verdoppelt (2022: 610 Straftaten, +140 Prozent). Rund 83 Prozent der Straftaten (1.211) waren politisch rechts motiviert. Stark zugenommen hatten islamfeindliche Straftaten, die durch eine ausländische Ideologie motiviert waren (2023: 72, +620 Prozent).QuelleBundesinnenministerium (2024): "Bundesweite Fallzahlen 2023 Politisch motivierte Kriminalität", S. 11, LINK.

Welche Statistiken gibt es neben den polizeilich erfassten Fällen?

Nicht alle antimuslimischen Vorfälle werden angezeigt oder von der Polizei als muslimfeindlich erkannt. Die Europäische Grundrechteagentur (FRA) stellte in einer Umfrage zwischen 2021 und 2022 fest, dass nur 12 Prozent der Betroffenen muslimfeindliche Vorfälle und Straftaten melden. Eine nicht-repräsentative Studie des zivilgesellschaftlichen Bündnisses ClaimClaim - Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit ist ein Bündnis aus 50 muslimischen und nicht-muslimischen zivilgesellschaftlichen Initiativen. LINK zeigt: In Deutschland meldet die Mehrheit der Betroffenen Übergriffe nicht und nimmt keine Beratungsangebote in Anspruch (57 Prozent).QuelleEuropean Union Agency for Fundamental Rights (2024): "Being Muslim in the EU", S. 64, LINK; Perry, S. et al. (2023): "Erfahrungen und Umgangsstrategien von Betroffenen von antimuslimischem Rassismus", S. 17, 18, 24f, LINK

Claim führt daher jährlich eigene Zählungen durch. 2023 erfasste das Bündnis 1.926 strafbare und nicht strafbare VorfälleGezählt wurden Fälle von 17 Beratungs- und Meldestellen aus 13 Bundesländern, Fallmeldungen des Meldeportals "I-Report", Fallzahlen aus Antworten auf parlamentarische Anfragen und aus der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität sowie Fälle aus Pressemeldungen der Polizei und Medienberichten.. Dazu zählen Beleidigungen, Körperverletzungen oder Bedrohungen. Besonders betroffen sind muslimische Frauen, auch Angriffe von Erwachsenen auf Kinder wurden registriert. Die Zahlen haben sich im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppelt, wobei damals nur Daten aus sieben Bundesländern einflossen. Claim geht sowohl bei den selbst erfassten als auch bei den offiziellen Zahlen von einem großen Dunkelfeld aus.QuelleClaim - Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit et al. (2024): "Zivilgesellschaftliches Lagebild antimuslimischer Rassismus. Antimuslimische Vorfälle in Deutschland 2023", S. 25, LINK; (2023): "Zivilgesellschaftliches Lagebild antimuslimischer Rassismus. Antimuslimische Vorfälle in Deutschland 2022", S. 19, 22f; LINK

Antimuslimische Vorfälle und Straftaten nach dem 7. Oktober 2023

Es gibt unterschiedliche Zahlen zu antimuslimischen Vorfällen nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023:

  • Rund 10.400 politisch motivierte Straftaten erfasste das Bundeskriminalamt (BKA) seit dem 7. Oktober 2023 im Zusammenhang mit dem Nahost-Krieg. Darunter sind etwas über 270 antimuslimische StraftatenAngaben des Bundeskriminalamts auf Anfrage des Mediendienstes (Stand: 20.12.2024). Es handelt sich vor allem um Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen.
  • Insgesamt hat die Zahl der antimuslimischen Straftaten 2023 deutlich zugenommen; schon vor dem Angriff der Hamas waren die registrierten Straftaten angestiegen. Der MEDIENDIENST hat zur Entwicklung mit Fachleuten gesprochen.
  • Das Netzwerk Claim im Oktober einen starken Anstieg von Meldungen und Beratungsanfragen. Zwischen 7.10. und 31.12.2024 zählte Claim 679 antimuslimische VorfälleClaim zählt strafbare und nicht strafbare Vorfälle von Beratungs- und Meldestellen aus fünf Bundesländern, Fallmeldungen des Meldeportals "I-Report" und Fälle aus Pressemeldungen der Polizei und Medienberichten. .
  • In einer Chronologie zeigt ZEIT Online eine Auswahl antimuslimischer Vorfälle und Straftaten in Deutschland seit dem Überfall der Hamas auf Israel.QuelleDeutscher Bundestag (2024): "Drucksache 20/11292", LINK; (2023): "Drucksache 20/9262", LINK, eigene Berechnungen; Claim (2024): "Zivilgesellschaftliches Lagebild antimuslimischer Rassismus, Fälle 2023", S. 27f, LINK; (2023): "Pressemitteilung - Gewaltvolle Übergriffe, Drohungen, Diskriminierungen: Zahl antimuslimischer Vorfälle bundesweit erneut gestiegen", LINK; "Claim warnt vor einer Zunahme von antimuslimischem Rassismus: Aktuell drei antimuslimische Vorfälle pro Tag in Deutschland", LINK; Bundeskriminalamt (2024) auf Anfrage des MEDIENDIENST; ZEIT Online (2024): "Was Muslimen in Deutschland passiert",

Angriffe auf Moscheen

Zu islamfeindlichen Straftaten gehören auch Angriffe auf Moscheen. 2024 erfassten die Behörden 54 Straftaten gegen Moscheen. Die Zahlen sind vorläufig, es können Nachmeldungen folgen.QuelleDeutscher Bundestag (2024): "Drucksache 20/14898", LINK, S. 3, 5, eigene Berechnung

2023 zählte das Bundesinnenministerium 70 Angriffe auf Moscheen, ein Anstieg um rund 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (62). Die meisten der Taten waren Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen. 40 der Angriffe waren politisch rechts motiviert, 14 Taten durch eine ausländische Ideologie.QuelleBundesinnenministerium (2024): "Bundesweite Fallzahlen 2023 Politisch motivierte Kriminalität", S. 18, LINK.

Die Organisation FAIR InternationalFAIR steht für "Federation Against Injustice And Racism" und steht der Organisation der "Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş" (IGMG) nahe. dokumentiert Angriffe auf Moscheen auf der Webseite #brandeilig – und kommt dabei teils zu deutlich höheren Zahlen als das Bundesinnenministerium. 2022 hat die Organisation rund 70 Übergriffe erfasstFAIR auf Anfrage des MEDIENDIENST INTEGRATION, 26.06.2023 (2021: 63, 2020: 148). Der islamische Dachverband DITIB erfasste 2022 in einer eigenen Erhebung 35 Angriffe auf Moscheen (2021: 44, 2020: 111).QuelleTürkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) (Hrsg., 2023): "Moscheeübergriffe - das Jahr 2022. Ein Bericht der DITIB-Antidiskriminierungsstelle", S. 8, LINK; #brandeilig: Chronik

Warum gibt es unterschiedliche Zahlen zu Moscheeangriffen?

Behörden, DITIB und #brandeilig verwenden unterschiedliche Definitionen von "Moscheen" und "Angriffen". Die Behörden haben eine enge Definition von "Moscheen" und zählen nur Straftaten. DITIB zählt auch Angriffe auf Gebetsräume in öffentlichen Einrichtungen (z.B. Flughäfen, Krankenhäuser und Universitäten) sowie Fälle, die nicht strafrechtlich relevant sind. #brandeilig zählt auch Angriffe gegen Einrichtungen, die von den Täter*innen als islamisch wahrgenommen werden, als Moscheeangriffe.QuelleUnabhängiger Expertenkreis Muslimfeindlichkeit: "Muslimfeindlichkeit – Eine deutsche Bilanz 2023", S. 69f., LINK

Antimuslimische Einstellungen

Mehrere repräsentative Untersuchungen zeigen: Vorurteile und negative Einstellungen gegenüber Muslim*innen und dem Islam sind in Deutschland weit verbreitet. 

  • Die repräsentative Leipziger Autoritarismus Studie 2024 zeigt: Fast die Hälfte (48,3 Prozent) der Befragten stimmt der Aussage zu, sich "durch die vielen Muslime [...] manchmal wie ein Fremder im eigenen Land" zu fühlen. Mehr als ein Drittel (34,9 Prozent) der Befragten findet, dass Muslim*innen die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden sollte.QuelleDecker, O.; Kiess, J.; Heller, A.; Brähler, E. (Hg.) (2024): "Vereint im Ressentiment - Autoritäre Dynamiken und rechtsextreme Einstellungen, Leipziger Autoritarismus Studie", S. 67, Link; Universität Leipzig auf Anfrage des MEDIENDIENSTES 2024.
  • Ist antimuslimischer Rassismus in Ostdeutschland verbreiteter als im Westen? Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Laut Leipziger Autoritarismus Studie 2024 finden in Ostdeutschland 43,2 Prozent, man sollte Muslim*innen die Zuwanderung nach Deutschland untersagen, gegenüber 32,8 Prozent in Westdeutschland. Im Vergleich zu 2022 haben antimuslimische Einstellungen in Westdeutschland stark zugenommen, im Osten leicht abgenommen. Demgegenüber konnte der  Religionsmonitor 2023 keine signifikanten Unterschiede bei der Muslimfeindlichkeit in Ost und West feststellen. Eine Rolle bei der Einstellung gegenüber Muslim*innen spielt das Alter: Junge Menschen sehen Musliminnen und den Islam weniger negativ als Ältere.Junge Menschen wachsen in einem (religiös) vielfältigen Umfeld auf und erleben interreligiöse Kontakte als Normalität, so die Studienautoren..QuelleDecker, O. et al. (2024): "Vereint im Ressentiment. Leipziger Autoritarismus Studie, S. 67, LINK; Bertelsmann Stiftung (2024): "Religionsmonitor 2023. Zwischen Pauschalisierung und Differenzierung", S. 30f, LINK;

  • Aus dem repräsentativen Religionsmonitor der Bertelsmann-Stiftung 2023 geht hervor: Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der nicht-muslimischen Bevölkerung denkt, dass Muslim*innen sich gegen die Freiheiten und Rechte der Menschen richten. 45 Prozent glauben, dass Muslim*innen zur Gewalt aufrufen. Der Aussage "Musliminnen und Muslime sind frauenfeindlich" stimmen sogar 65 Prozent zu. 74 Prozent sind der Meinung, dass Musliminnen und Muslime lieber unter sich bleiben. Seit zehn Jahren empfinden mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung in Umfragen den Islam als Bedrohung (2023: 52 Prozent).QuelleBertelsmann Stiftung (2024): "Religionsmonitor 2023. Zwischen Pauschalisierung und Differenzierung", S. 7, 25, LINK
  • 51 Prozent der nicht-muslimischen Bevölkerung lehnen laut Religionsmonitor 2023 eine*n muslimische*n Bürgermeister*in in ihrer Stadt ab. Weitere Studien kommen mit einer anderen Methodik zu einer etwas geringeren Ablehnung. 58 Prozent gaben beim Religionsmonitor an, dass sie nicht in eine Gegend ziehen wollen, in der viele Muslim*innen wohnen.QuelleBertelsmann Stiftung (2024): "Religionsmonitor 2023. Zwischen Pauschalisierung und Differenzierung", S. 35, LINK; GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften (2022): „Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften ALLBUS 2021 - Variable Report“, S. 429, LINK [Download unter: Codebücher: ZA5280_cdb.pdf (Codebuch)]; Sozialwissenschaftliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (2018): "Islam und Muslim*innen in Deutschland: Die Sicht der Bevölkerung. Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage", S. 4, LINK
  • Wer Muslim*innen persönlich kennt, neigt eher dazu, eine positive Meinung über sie zu haben. Das geht aus einer 2018 veröffentlichten Umfrage des Pew Research Center aus den USA hervor. Die Kontakthypothese, wonach persönliche Kontakte gegen Vorurteile helfen, wird auch durch weitere Studien gestützt.QuellePew Research Center (2018): "In Western Europe, familiarity with Muslims is linked to positive views of Muslims and Islam", LINK;Bertelsmann Stiftung (2023): "Religionsmonitor Kompakt: Antisemitsmus, Rasssismus und gesellschaftlicher Zusammenhalt", S. 10, LINKSozialwissenschaftliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (2018): "Islam und Muslim*innen in Deutschland: Die Sicht der Bevölkerung. Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage", S. 11, LINK; Decker, O., Kiess, J., Heller, A., Brähler, E. (Hg.) (2022): "Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten. Neue Herausforderungen - alte Reaktionen?", Leipziger Autoritarismus Studie, S. 71, LINK; Öztürk, C. (2022): "Medialisierte Muslim*innenfeindlichkeit? Über das Zusammenspiel parasozialer und realer Intergruppenkontakte und ihrer Bedeutung für antimuslimische Einstellungsmuster", in: Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik 6, S. 491-524, LINK

Wie oft erleben Muslim*innen in Deutschland Rassismus?

Zahlreiche Studien deuten darauf hin, dass Muslim*innen oft Diskriminierung erleben:

Der repräsentative Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor des DeZIM-Instituts (2025) zeigt: 21 Prozent der muslimischen Frauen und 16 Prozent der muslimischen Männer haben in den letzten 12 Monaten mindestens einmal im Monat offene Diskriminierung erlebt. Dazu zählen etwa Beleidigungen oder Drohungen. Subtile Diskriminierung erlebten 61 Prozent der Muslimas und 52 Prozent der muslimischen Männer mindestens einmal monatlich. Dazu gehört, dass andere sie unfreundlich behandeln oder nicht ernst nehmen. Besonders häufig erleben Muslim*innen Diskriminierung in der Öffentlichkeit oder bei Behörden, rund ein Drittel der Befragten hat dort im letzten Jahr Rassismus erlebt.QuelleDeZIM (2025): "Verborgene Muster, sichtbare Folgen", S. 25, 27, 31, LINK

In einer nicht-repräsentativen Umfrage von Claim gaben 2023 78 Prozent der BefragtenBefragt wurden 740 volljährige Muslim*innen und Menschen in Deutschland, die als mulimisch wahrgenommen werden. an, dass sie von antimuslimischen Übergriffen und Diskriminierung betroffen sind. Die häufigste Diskriminierungsform ist, dass die Menschen für das Verhalten von anderen Muslim*innen mitverantwortlich gemacht werden, etwa für das Verhalten des türkischen Präsidenten Erdogan (56 Prozent). Die Mehrheit der Betroffenen meldet Übergriffe nicht und nimmt keine Beratungsangebote in Anspruch (57 Prozent).QuellePerry, S., Göcmen, I., Hanano, R., Ceyhan, G (2023): "Erfahrungen und Umgangsstrategien von Betroffenen von antimuslimischem Rassismus", S. 17, 18, 24f, LINK

Zwischen 2006 und 2022 haben sich 1.026 Personen an die Beratung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt, die sich wegen ihrer muslimischen Religionszugehörigkeit benachteiligt fühlten. 2022 und 2021 waren es jeweils rund 150 PersonenIm Vergleich zu den vorherigen Jahren sind die Beratungsanfragen 2022 und 2021 gestiegen. Laut Antidiskriminierungsstelle sind Menschen immer häufiger bereit, sich gegen Diskriminierung zu wehren. (2022: 153, 2021: 154). Die meisten Betroffenen berichteten von Diskriminierungen im Bereich ArbeitBeispielsweise beim Zugang zur Beschäftigung oder bei Kündigungen. Darauf folgten Diskriminierungserfahrungen bei Dienstleistungenz.B. Bankgeschäfte oder Zutritt zu Fitnesszentren sowie im Bereich Bildung.QuelleBundestagsdrucksache 19/17069: "Antimuslimischer Rassismus und Diskriminierung von Muslimen in Deutschland", S. 21, LINK; Antidiskriminierungsstelle des Bundes auf Anfrage des MEDIENDIENSTES, August 2023; eigene Berechnungen

Muslim*innen sind häufig von Mehrfachdiskriminierungen betroffen. Das heißt, dass sie sowohl wegen ihrer Religion als auch etwa ihrer Herkunft, Hautfarbe oder ihres Geschlechts diskriminiert werden. Zahlen zur Diskriminierung von Muslim*innen findet man hauptsächlich in Studien zur Diskriminierung von Migrant*innen oder Menschen mit Migrationshintergrund, die auch die Religionszugehörigkeit erfassen.QuelleAntidiskriminiserungsstelle des Bundes (2010): "Diskriminierung aufgrund der islamischen Religionszugehörigkeit im Kontext Arbeitsleben - Erkenntnisse, Fragen und Handlungsempfehlungen", S. 13ff., LINK; Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) (2018): "'Wo kommen Sie eigentlich ursprünglich her?'. Diskriminierungserfahrungen und phänotypische Differenz in Deutschland", S. 4, LINK

  • Besonders häufig erleben Muslim*innen Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Laut einer Studie des WZB Berlin 2018 bekommen Muslim*innen deutlich weniger positive Rückmeldungen auf ihre Bewerbungen als andere Bewerber*innen. Eine Studie des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) von 2016 zeigte, dass besonders Frauen mit einem türkisch klingenden Namen benachteiligt werden, die ein Kopftuch tragen. Auch andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen.QuelleKoopmans, R.; Veit, S., Yemane, R. (2018): "Ethnische Hierarchien in der Bewerberauswahl: Ein Feldexperiment zu den Ursachen von Arbeitsmarktdiskriminierung". Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), Discussion Paper SP VI 2018-104, S. 23f., LINK; Weichselbaumer, D. (2016): "Discrimination against Female Migrants wearing Headscarves." IZA Discussion Paper 10217, S. 12, LINK; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.) (2018): „Türkeistämmige Personen in Deutschland“, S. 50, LINK; Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Hrsg.) (2017): „Diskriminierungserfahrungen in Deutschland“, S. 167, LINK
  • Laut einer Umfrage (durchgeführt 2022, veröffentlicht 2024) der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) erlebte rund die Hälfte der muslimischen Personen (47%) in der EU rassistische Diskriminierung in den letzten fünf Jahren. Das sind deutlich mehr als bei der Befragung 2016. In Deutschland ist der Wert mit 68% besonders hoch. EU-weit haben rund 40 Prozent der Befragten Muslim*innen Diskriminierung bei der Arbeitssuche erlebt. Jeweils 35 Prozent haben Diskriminierung auf dem Arbeitsplatz und bei der Wohnungssuche erlebt. Nur 6 Prozent der Befragten, die angaben, Diskriminierung erlebt zu haben, meldeten den Vorfall.QuelleEuropean Union Agency for Fundamental Rights (2024): "Being Muslim in the EU", S. 44, 45, 53 und 57, LINK; für Deutschland vgl. Pressemitteilung zur Studie, LINK
  • Die zweite Generation muslimischer Zuwanderer*innen berichtet häufiger von Diskriminierung als die erste Generation: Während sich in der ersten Zuwanderungsgeneration 15 Prozent aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert fühlen, sind es in der Nachfolgegeneration 22 Prozent. Dies geht aus einer Studie der FRA von 2018 hervor. Unterschiede in der Wahrnehmung von Diskriminierung können laut einer Studie aus dem Jahr 2017 darauf zurückgeführt werden, dass die Angehörigen der zweiten Generation einen stärkeren Gleichheitsanspruch entwickelt haben und stärker für Diskriminierung sensibilisiert sind.QuelleEuropean Union Agency for Fundamental Rights (2018): "Zweite Erhebung der Europäischen Union zu Minderheiten und Diskriminierung. Muslimas und Muslime – ausgewählte Ergebnisse", S. 14 und 15, LINK; Uslucan, Hacı-Halil (2017): "Diskriminierungserfahrungen türkeistämmiger Zuwanderer_innen" In: Karim Fereidooni/Meral El (Hrsg.): Rassismuskritik und Widerstandsformen, S. 130, LINK

Beratungsstellen für Betroffene

Es gibt kaum BeratungsstellenEine Liste mit Ansprechpartner*innen hat CLAIM zusammengestellt, eine interaktive Karte mit Beratungstellen in allen Bundesländern bietet der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt., die sich direkt an Betroffene von antimuslimischem Rassismus und Islamfeindlichkeit richten. Das geht aus einer 2021 veröffentlichten Kurzstudie der Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit CLAIM hervor. Die Studienautor*innen fordern mehr spezialisierte Beratungsangebote.QuelleCLAIM - Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit (2020):"Beratungsangebote für Betroffene von antimuslimischem Rassismus, S. 17, 42

Antimuslimische Stereotype in den Medien

Studien zeigen, dass die Berichterstattung über den Islam und Muslim*innen oft stereotyp und negativ ist. "Der Islam" taucht häufig in Zusammenhang mit Terrorismus als Bedrohung auf. Muslim*innen werden oft als rückschrittlich, fremd oder bedrohlich dargestellt.

>> Zahlen und Fakten dazu finden Sie in unserer Rubrik "Der Islam" und Muslim*innen in den Medien.

Antiziganismus

Stand: Apr. 2025

Was ist Antiziganismus?

Antiziganismus ist Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja und Menschen, die als solche wahrgenommen werden.

Antiziganistische Straftaten und Vorfälle

2024 zählten die Behörden 175 antiziganistische Straftaten. Die Angaben sind vorläufig, es können Nachmeldungen folgen. Die Zahl liegt bereits über dem Vorjahreswert (2023: 171) und erreicht damit einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung in der Statistik zur "Politisch Motivierten Kriminalität 2017.QuelleDeutscher Bundestag (2025): "Drucksache 14897", LINK, S. 2; Bundesinnenministerium (2024): "Bundesweite Fallzahlen 2023 Politisch motivierte Kriminalität", S. 11, LINK; Bundesinnenministerium (2023): Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2022, S. 10, LINK; Drucksache 20/5507 Bundestag (2023), LINK, Drucksache 20/1244 Bundestag (2022), LINK; Bundesinnenministerium (2021): "Politisch Motivierte Kriminalität im Jahr 2020", S. 7., LINK

2023 zählten die Behörden 171 antiziganistische Straftaten – ein Anstieg um rund 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.QuelleBundesinnenministerium (2024): "Bundesweite Fallzahlen 2023 Politisch motivierte Kriminalität", S. 11, LINK; Bundesinnenministerium (2023): Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2022, S. 10, LINK; Drucksache 20/5507 Bundestag (2023), LINK, Drucksache 20/1244 Bundestag (2022), LINK; Bundesinnenministerium (2021): "Politisch Motivierte Kriminalität im Jahr 2020", S. 7., LINK

Seit Juli 2022 erfasst die Melde- und Informationsstelle Antizigansimus (MIA) bundesweit antiziganistische Vorfälle und Straftaten. Für 2023 registrierte sie 1.233 antiziganistische Vorfälle. Darunter waren 10 Fälle extremer Gewalt, 40 Angriffe, 600 verbale Beleidigungen, sowie 502 Diskriminierungsfälle, etwa bei der Jobsuche oder durch die Polizei. Die gemeldeten Vorfälle sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen (621). MIA führt das auf den gesellschaftlichen Rechtsruck zurück, zudem würden die Meldestellen bekannter. Das Dunkelfeld sei aber vermutlich weiter groß.QuelleMIA (2024): Antiziganistische Vorfälle 2023 in Deutschland, S. 13f, LINK

Studien: Antiziganistische Einstellungen und Erscheinungsformen

Aus mehreren Studien geht hervor, dass Vorurteile und negative Einstellungen gegenüber Sinti*zze oder Rom*nja in Deutschland weit verbreitet sind.

Die repräsentative Leipziger Autoritarismus Studie 2024 zeigt: 45 Prozent der Befragten hätten Probleme damit, wenn sich Sinti*zze und Rom*nja in ihrer Umgebung aufhielten. Außerdem teilen 49 Prozent die Auffassung, dass Sinti*zze und Rom*nja zu Kriminalität neigen. Antiziganistische Haltungen sind in Ostdeutschland deutlich verbreiteter als im Westen.QuelleDecker, O.; Kiess, J.; Heller, A.; Brähler, E. (Hg.) (2024): "Vereint im Ressentiment - Autoritäre Dynamiken und rechtsextreme Einstellungen, Leipziger Autoritarismus Studie", S. 65, Link; Universität Leipzig (auf Anfrage des Mediendienst): Zahlen zu antiziganistischen Einstellungen im gesamten Bundesgebiet.

Die Unabhängige Kommission Antiziganismus (UAK) veröffentlichte 2021 einen umfassenden Bericht zu Geschichte und Erscheinungsformen von Antiziganismus – unter anderem in Bildung, Berichterstattung und sozialen Medien. Thema des Berichts sind auch politische Maßnahmen gegen Antiziganismus.QuelleUnabhängige Kommission Antiziganismus (2021) "Perspektivwechsel – Nachholende Gerechtigkeit – Partizipation", LINK.

Die einzige repräsentative Studie, die sich ausschließlich mit Einstellungen gegenüber Sinti*zze und Rom*nja befasst, wurde 2014 von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes veröffentlicht. Sie zeigt: Etwa jede*r dritte Deutsche will keine Sinti*zze oder Rom*nja als Nachbar*innen. Rund neun Prozent der Befragten zeigen ihnen gegenüber eine "starke" Abneigung, 16 Prozent eine "mittlere" Abneigung. Laut der Studie wird keine andere Minderheit so stark abgelehnt wie diese Gruppe.QuelleNeue deutsche Medienmacher*innen: Glossareintrag Antiziganismus, LINK; Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2014): "Zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung", S. 76, 81 und 82, LINK; Zusammenfassung siehe hier

Ähnliche Werte zeigt die "Mitte"-Studie. Demnach äußerten 29 Prozent der Bevölkerung Sinti*zze und Rom*nja gegenüber Antipathien. Außerdem stimmten 2022/23 gut 28 Prozent der Befragten abwertenden Aussagen gegenüber Sinti*zze und Rom*nja zu, im Vergleich zu 18 Prozent aus der "Mitte"-Studie von 2021. In der Polizeistudie des Forschungsprojekts "MEGAVO" (2024) stimmten 41 Prozent der Polizist*innen der Aussage "Ich hätte ein Problem damit, wenn sich Sinti und Roma in meiner Gegend aufhalten" ganz oder teils/teils zu. QuelleFriedrich-Ebert-Stiftung (2021): "Die Geforderte Mitte", S. 187f, 192, LINK; Friedrich-Ebert-Stiftung (2021): "Die Distanzierte Mitte", S.160-163, LINK Deutsche Hochschule der Polizei (2024): MEGAVO-Studie, S. 105, LINK

Antiziganismus in der Bildung

Einer Studie der Universität Duisburg-Essen 2022 zufolge diskriminierten angehende LehrkräfteDie Untersuchung wurde mit 206 Lehramtsstudent*innen aus dem Ruhrgebiet durchgeführt. Kinder mit Sinti- oder Roma-Hintergrund bei Schulempfehlungen: Sie sprachen ihnen trotz gleicher Leistungen im Vergleich zu türkischstämmigen Kindern oder solchen ohne Migrationsgeschichte am häufigsten eine Hauptschulempfehlung aus.QuelleCivitillo et al. (2022) "Do infrahumanization or affective prejudice drive teacher discrimination against Romani students? A conceptual replication of Bruneau et al. (2020) in Germany", Universität Duisburg-Essen, LINK

Eine qualitative Studie 2017 zu beruflich erfolgreichen Frauen aus Roma- und Sinti-Familien zeigt: Alle Befragten haben in der Schule Diskriminierung erlebt.QuelleJonuz, Elizabeta/Schuch, Jane (2017): "Widerstand ist möglich – Selbst- und Fremdkonstruktionen erfolgreicher Romnja und Sintizza entlang der Differenzkategorien class, race und gender", in: Zeitschrift für Pädagogik, Ausgabe 06, S. 738 ff., LINK; siehe auch Interview des MEDIENDIENSTES mit den Autorinnen vom 10. November 2016, LINK

Anti-Schwarzer Rassismus

Stand: May. 2025

Was ist Anti-Schwarzer Rassismus?

Anti-Schwarzer Rassismus ist die Diskriminierung und Abwertung von Schwarzen, afrikanischen oder afrodiasporischen Menschen oder von Personen, die als Schwarz wahrgenommen werden.

Der Anti-Schwarze Rassismus hat seinen Ursprung im Kolonialismus. Europäer*innen erklärten Schwarze Menschen als minderwertig, um die Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents sowie die Ausbeutung und Versklavung von Afrikaner*innen zu legitimieren.Quelle NdM-Glossar: „Anti-Schwarzer Rassismus", LINK; Mehr dazu: Bönkost, Apraku (2017): „Verhandlung von Deutsch-Sein: Verbindungslinien zwischen Kolonialismus, Nationalismus und Rassismus." In: Drücker, Seng (Hrsg.): „Made in Germany. Zur Kritik des Nationalismus." S. 15–21, LINK.

Rassistische Einstellungen gegenüber Schwarzen Menschen: Umfragen und Studien

Die repräsentative "Mitte"-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung erfasste 2022/23 Einstellungen gegenüber Schwarzen Menschen. Rund 12 Prozent der Befragten stimmten folgender Aussage zu: "Wenn sich Schwarze Menschen mehr anstrengen würden, würden sie es auch zu etwas bringen." Rund 17 Prozent stimmten der Aussage teilweise zu und distanzierten sich damit nicht eindeutig. Knapp neun Prozent sind der Ansicht, weiße Menschen seien "zu Recht führend in der Welt".QuelleFriedrich-Ebert-Stiftung (2023): Die distanzierte Mitte, S. 162f., LINK

Wie oft erleben Schwarze Menschen Rassismus?

Verschiedene Umfragen zeigen, dass schwarze Menschen in Deutschland von Rassismus betroffen sind.

  • Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (2025, repräsentativ): 63 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Schwarzen Männer haben in den vorangegangenen Monaten mindestens einmal im Monat subtile Diskriminierung erfahren. Dazu gehört, dass andere sie unfreundlich behandeln oder Angst vor ihnen haben. Offenkundigen Rassismus wie Beleidigungen erlebten 25 Prozent der Männer monatlich mindestens einmal (Frauen: 21 Prozent).
  • Afrozensus (2021, nicht repräsentativ): 97 Prozent der Befragten geben an, dass sie anti-Schwarzen Rassismus erleben.
  • Being Black in the EU (2024, repräsentativ): In einer repräsentativen Umfrage in 13 EU-Staaten zu Diskriminierungserfahrungen von Schwarzen Menschen schnitt Deutschland am schlechtesten ab. Drei Viertel (76 Prozent) der Befragten in Deutschland gaben an, dass sie in den vorangegangenen fünf Jahren rassistisch diskriminiert wurden. Das war ein Anstieg um 24 Prozent im Vergleich zu 2018. EU-weit lag der Wert 2024 bei 45 Prozent.QuelleDeutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (2025): "Verborgene Muster, sichtbare Folgen", S. 27, LINK; Aikins et al. (2021): "Afrozensus", S. 209, LINK; Europäische Grundrechteagentur FRA (2024): "Being black in the EU", S. 37, LINK

Polizei und Racial Profiling

Beim Rassismusmonitor gaben 18 Prozent der Schwarzen Männer an, dass sie im vergangenen Jahr von der Polizei diskriminiert wurden (Schwarze Frauen: 12 Prozent). Unter den weißen Befragten betrug der Wert bei Männern fünf, bei Frauen zwei Prozent. Unter den Befragten des Afrozensus wurden 57 Prozent mindestens einmal im Leben ohne erkennbaren Grund von der Polizei kontrolliert. Der EU-Studie zufolge wurden 33 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland in den vorangegangenen fünf Jahren von der Polizei kontrolliert. Mehr als die Hälfte von ihnen (57 Prozent) empfand die letzte Polizeikontrolle als diskriminierendes Racial Profiling.QuelleDeutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (2025): "Verborgene Muster, sichtbare Folgen", S. 31, LINK; Aikins et al. (2021): "Afrozensus", S. 120, LINK; EU-Agentur für Grundrechte (FRA) (2023): "Being Black in the EU", S.78, LINK

Mehr zum Thema finden Sie in unserem Dossier Racial Profiling.

Gesundheit

Mehr als zwei Drittel der Schwarzen Frauen (67 Prozent) geben an, im Gesundheitswesen diskriminiert worden zu sein. Mediziner*innen bieten ihnen beispielsweise ungefragt Tests auf sexuell übertragbare Krankheiten oder HIV an. In der Kolonialzeit entstanden rassistische Erzählungen, dass Schwarze Frauen sexuell hyperaktiv seien. Schwarzen Männern unterstellen Mediziner*innen häufig, sie seien weniger schmerzempfindlich. Beim Afrozensus gaben zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) an, dass Ärzt*innen ihre Beschwerden nicht ernst nehmen. Laut EU-Studie haben 27 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland in den vorangegangenen fünf Jahren Diskriminierung im Gesundheitssystem erlebt.

Diese Diskriminierung hat Konsequenzen: Jede siebte Schwarze Frau und jeder zwölfte Schwarze Mann geben an, in den letzten 12 Monaten eine medizinische Behandlung verzögert oder gar vermieden zu haben.QuelleDeutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (2023): "Rassismus und seine Symptome", S. 13, 93, 128, 145f, 169f, LINK; Aikins et al. (2021): "Afrozensus", S. 142, LINK ; EU-Grundrechteagentur (2023): "Being Black in the EU", S. 46, LINK

Mehr zum Thema finden Sie in unserem Factsheet und dem Dossier „Rassismus im Gesundheitswesen".

Wohnungssuche

Bei dem Versuch, eine Wohnung oder ein Haus zu mieten oder kaufen haben 62 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland in den vorangegangenen fünf Jahren rassistische Diskriminierung erfahren. Auch im Afrozensus berichteten 74 Prozent von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt.QuelleEU-Grundrechteagentur (2023): "Being Black in the EU", S. 42, LINK; Aikins et al. (2021): "Afrozensus", S. 92, LINK, eigene Berechnung

Bildung

Fast die Hälfte der Schwarzen Menschen in Deutschland, die in Kontakt mit Bildungseinrichtungen sind, erleben laut EU-Studie dort Diskriminierung (46 Prozent). Im Afrozensus gaben das sogar 81 Prozent an.QuelleEU-Grundrechteagentur (2023): "Being Black in the EU", S. 42, LINK; Aikins et al. (2021): "Afrozensus", S. 92, LINK, eigene Berechnung

Arbeitsleben

Laut EU-Grundrechteagentur haben 56 Prozent der befragten Schwarzen Menschen in Deutschland in den vorangegangenen fünf Jahren Rassismus bei der Jobsuche erlebt. 46 Prozent sagten, dass sie im Jahr vor der Befragung am Arbeitsplatz rassistisch diskriminiert wurden. Laut Afrozensus haben 85 Prozent der Befragten schon Rassismus im Job erlebt.QuelleEU-Grundrechteagentur (2023): "Being Black in the EU", S. 41, LINK; Aikins et al. (2021): "Afrozensus", S. 90, LINK

Armutsgefährdung

Die Armutsgefährdungsquote liegt bei Schwarzen Männern und Frauen bei 26 Prozent. Zum Vergleich: Bei weißen Männern beträgt sie 9 Prozent, bei Frauen 10 Prozent. Auch wenn höhere Bildung und Erwerbstätigkeit das Armutsrisiko meist reduzieren, bieten sie keinen vollständigen Schutz. Die Gefahr, trotz Vollzeiterwerbstätigkeit unter der Armutsgrenze zu leben, ist bei Schwarzen Frauen mit 22 Prozent etwa viermal höher als bei nicht rassistisch markierten Männern und Frauen (5 Prozent). Die Studienautor*innen führen das auf strukturelle Benachteiligung zurück, darunter schlechtere Bildungs- und Arbeitsmarktchancen. Wenn Schwarze Personen die deutsche Staatsbürgerschaft haben oder in Deutschland geboren sind, sinkt ihr Armutsrisiko deutlich.Quelle Salikutluk; Podkowik (2024): "Grenzen der Gleichheit",  S. 13ff, LINK

Betroffene melden Rassimusvorfälle selten

Laut EU-Studie haben nur neun Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland im Jahr vor der Studie rassistische Vorfälle gemeldet oder angezeigt. Im Afrozensus gaben drei Viertel (78 Prozent) der Befragten an, dass sie selbst den bedeutsamsten rassistischen Vorfall aus den letzten zwei Jahren nicht gemeldet oder angezeigt haben. Einer der Hauptgründe: Betroffene gehen davon aus, dass Anzeigen oder Meldungen folgenlos bleiben.QuelleEU-Grundrechteagentur (2023): "Being Black in the EU", S. 47, LINK; Aikins et al. (2021): "Afrozensus", S. 234ff, LINK

Anti-asiatischer Rassismus

Stand: Apr. 2024

Was ist anti-asiatischer Rassismus?

Als anti-asiatischen Rassismus bezeichnet man Vorurteile und rassistische Narrative gegenüber Menschen, denen eine asiatische Herkunft zugeschrieben wird. Meist geht es um Bezüge zu süd-, südost- und ostasiatischen Ländern.Bangladesch, Bhutan, Brunei, China, Indien, Indonesien, Japan, Kambodscha, Laos, Malediven, Nepal, Pakistan, Philippinen, Sri Lanka, Malaysia, Mongolei, Myanmar, Nordkorea, Ost-Timor, Singapur, Südkorea, Thailand, Taiwan, Vietnam

Der Rassismus gegen asiatisch gelesene Menschen ist kein neues Phänomen und beruht auf Einstellungen und Erzählungen, die bis in die Kolonialzeit zurückreichen. Er kann dabei in verschiedene Richtungen gehen. Zum einen werden asiatisch gelesene Personen in Deutschland als „anders“ oder „gefährlich“ stigmatisiert. Beispielsweise wenn sie für die Verbreitung von Krankheiten verantwortlich gemacht werden. Zum anderen gibt es das Narrativ der „fleißigen Vorzeige-Migrant*innen“. Aufgrund dieses Stereotyps wird asiatisch gelesenen Menschen häufig abgesprochen, Rassismus zu erleben.

Bisher wurden anti-asiatische Einstellungen und Erfahrungen von Betroffenen kaum erforscht. In einer der wenigen Umfragen zum Thema gab eine große Mehrheit der befragten asiatisch gelesenen Personen an, dass „Asiat*innen“ in Deutschland Diskriminierung erfahren (73 Prozent). Von den befragten „nicht-asiatisch aussehenden“ Personen dachten das nur 42 Prozent.QuelleGesellschaft für psychosoziale Gesundheitsförderung bei Migrant*innen (GePGeMi) (2020): „Ergebnisse der Umfrage Stil-Bruch 2019“, Link

Mehr Zahlen und Fakten zum Thema in unserem Factsheet

 

Anti-asiatischer Rassismus während der Corona-Pandemie

Seit Beginn der Corona Pandemie gibt es Hinweise auf mehr Fälle von anti-asiatischem Rassismus. So haben sich die Anfragen, die bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wegen Diskriminierung eingegangen sind, im Vergleich zu 2019 nahezu verdoppelt (von rund 3.600 auf mehr als 6.000). Etwa jede vierte Anfrage 2020 bezog sich auf Diskriminierungen in Verbindung zum Coronavirus (1.500, Stand: Ende November 2020) – häufig gegen Menschen mit einer vermeintlich asiatischen Herkunft.QuelleJahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für 2019 (2020), S. 43 sowie Tagesschau (Dezember 2020): "Corona-Pandemie: Brandbeschleuniger für Diskriminierung", Link

Das Forschungsprojekt „Soziale Kohäsion in Krisenzeiten – Die Corona-Pandemie und anti-asiatischer Rassismus in Deutschland“ hat eine – nicht repräsentative- Bevölkerungsbefragung unter 4.500 Personen zu dem Thema durchgeführt. Die Pandemie habe den Forscher*innen zufolge die bestehende Ablehnung gegenüber als asiatisch wahrgenommenen Menschen neu ans Tageslicht gebracht. Ein Ergebnis der Studie: 15,2 Prozent der Befragten machen asiatisch gelesenen Menschen für die Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich (Teilgruppe von 803 Befragten).

In dem Projekt wurden zudem 703 Personen mit asiatischem Migrationshintergrund befragt. Diese Betroffenenbefragung macht deutlich: 49 Prozent der Befragten haben während der Corona-Pandemie anti-asiatische Diskriminierung erlebt. 

Die meisten Angriffe fanden im öffentlichen Raum statt, zum Beispiel auf der Straße (62 Prozent) oder im Öffentlichen Nahverkehr (61 Prozent). Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, stellen aber die Sicht von hunderten Betroffenen dar.QuelleDeZim/HU/FU (2021); MDI (2021): „Anti-asiatischer Rassismus in der Corona-Zeit; S. 3-6. 

Selbstbezeichnung „Asiatische Deutsche“

Initiativen machen auf mehreren PlattformenZum Beispiel korientation, ein Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven, ichbinkeinvirus.org, Dokumentationsplattform für rassistische Erfahrungen auf antiasiatischen Rassismus aufmerksam und setzen sich gegen Diskriminierung und für Teilhabe ein. Die Selbstbezeichnung „Asiatische Deutsche“ entstand aufgrund der geteilten Erfahrung von Rassismus und Ausgrenzung in Deutschland. 

Hier geht es zu weiteren Informationen zu Rassismus und Antisemitismus in der Corona-Zeit 

Antikurdischer Rassismus

Stand: Feb. 2024

Die aktuellste und umfangreichste Forschung zu Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen von Kurden und Kurdinnen in Deutschland ist die aktuelle Studieerscheint in den nächsten Monaten bei Springer Essentials. "Diversität und Rassismus in der Migrationsgesellschaft mit dem Fokus (Anti-)kurdischer Rassismus“ von Çinur Ghaderi. Eine Zusammenfassung der Forschung finden Sie in der MEDIENDIENST-Expertise.

Die zentralen Ergebnisse sind:

1. Alle Befragten berichten von Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen
: Kurd*innen in Deutschland erleben Diskriminierung und Rassismen in unterschiedlichen Kontexten. Zu den Rassismus-Erfahrungen im Alltag gehören: Abwertende Blicke, Beleidigungen, Hass- und Vernichtungswünsche, Prügel auf dem Schulhof, Benachteiligungen in Asylunterkünften, Benachteiligung und Mobbing am Arbeitsplatz bis hin zu gewaltsamen Übergriffen und Morddrohungen.

2. Die Stereotype haben lange historische und politische Vorläufer und Auswirkungen auf institutioneller Ebene: So berichten kurdische Vereine von Problemen bei Förderanträgen und dass Entscheidungsträger*innen sie mit Skepsis betrachten. Staatliche Institutionen bestärken solche Vorurteile und kriminalisieren Kurd*innen als „Verdachtsgemeinschaft“.

3. Die Diskriminierungserfahrungen bleiben weitgehend unsichtbar: Anti-kurdischer Rassismus ist bisher in der Wissenschaft und Praxis – etwa der psychosozialen Arbeit oder der rassismuskritischen Bildungsarbeit – kaum behandelt worden.

4. Das Thema der Kurden wird kaum angesprochen: Die Befragten beschreiben, dass sie in unterschiedlichen beruflichen Kontexten die Erfahrung machen, dass die kurdische Zugehörigkeit dethematisiert, also verschwiegen oder nicht angesprochen wird. Dies geschieht teils unabsichtlich aus Unwissenheit und teils absichtlich, da „Kompliziertheit“ oder eine „politisch heikle Situation“ befürchtet wird.

5. Auch junge Kurd*innen erleben anti-kurdischem Rassismus: Einige Befragte der jungen Generation problematisieren, dass es ihnen nicht gelingt, sich der Diskriminierung zu entziehen, obwohl sie in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind.

Rassismus in der Polizei

Stand: Apr. 2025

Für Zahlen zum Thema Racial Profiling klicken Sie hier.

Wie häufig werden Personen durch die Polizei diskriminiert?

Die repräsentative Befragung des Rassimusmonitors (2025) zeigt: Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten erleben in Deutschland häufiger Diskriminierung durch die Polizei als weiße Personen. 19 Prozent der muslimischen Männer gab an, im vorangegangenen Jahr Diskriminierung durch die Polizei erlebt zu haben (Muslimas: 17 Prozent). Unter Schwarzen Männern waren es 18, unter deutschen Männern mit Migrationshintergrund 16 Prozent. Unter Männern, die keiner ethnischen oder religiösen Minderheit angehören, waren es 5 Prozent (Frauen: 2 Prozent).QuelleDeZIM (2025): "Verborgene Muster, sichtbare Folgen", S. 31, LINK

Wie verbreitet ist Rassismus in der Polizei?

Wie verbreitet Rassismus in der Polizei ist, untersuchen verschiedene Studien auf Bundes- und Länderebene.

  • BundBundespolizei und Bundeskriminalamt und 14 Länderalle bis auf Baden-Württemberg und Hamburg: Die Studie MEGAVO (2024) ist das größte Forschungsprojekt46.000 Befragte; aber nur ca. 15 Prozent aller angeschriebenen Polizist*innen nahmen teil. zu rassistischen Einstellungen bei der Polizei. Es zeigt teils deutliche Zustimmung zu rassistischen Aussagen. 14 Prozent stimmen etwa der Aussage "Es leben zu viele Ausländer in Deutschland" zu. 21 Prozent sehen das teilweise so und distanzieren sich damit nicht eindeutig von der Aussage.Quelle Deutsche Hochschule der Polizei (2024): "MEGAVO-Studie", Seite 105 und 109, LINK
  • Hamburg: Eine Studie der Fachhochschule der Polizei Hamburg (2024) ergab: Jeder fünfte Polizist denkt, dass Sinti und Roma zu Kriminalität neigen. 14 Prozent stimmen der Aussage zu "Die meisten Asylbewerberinnen und Asylbewerber kommen nur hierher, um das Sozialsystem auszunutzen."QuelleClasen, J. et al. (2025): "Demokratiebezogene Einstellungen und Werthaltungen in der Polizei Hamburg, Erste Befunde aus Befragungswelle 1", S. 47f, LINK

  • Rheinland-Pfalz: Eine Studie der Universitäten Trier und Mainz (2024) zeigt: 18 Prozent der befragten Polizeibeamt*innen stimmen antimuslimischen Aussagen zu, 26 Prozent lehnen sie nicht eindeutig ab. Die Mehrheit der befragten Polizeibeamt*innen (60 Prozent) lehnt eine kritische Auseinandersetzung mit Rassismus ab, weitere 29 Prozent lehnen das teilweise ab.QuelleAntoni, Conny et al. (2024): "Innere Sicherheit und Demokratische Resilienz. Bedingungen und Wechselwirkungen polizeilichen Handelns in der pluralen Gesellschaft [INSIDER]", S. 219, 223f, 228f, LINK
  • Niedersachsen: Eine Studie der Polizeiakademie Niedersachsen zeigt Routinen im Polizeialltag, die zu Diskriminierung führen. Um vor einem Einsatz die Gefahr einzuschätzen, berücksichtigt die Polizei beispielsweise die Nationalität der involvierten Personen. Dabei gelten etwa Menschen, die die Polizei für russisch hält, als gewaltbereit. Die Beamt*innen sind dann geneigt, allein aufgrund der Herkunft Härte zu demonstrieren.QuelleJacobsen, A.; Bergmann, J. (2024): "Rassismus in der Polizei?", S. 5f , LINK
  • Berlin: In der Berliner Polizeistudie berichten Expert*innen, dass Schwarze Personen und Menschen of Colour im öffentlichen Raum öfter von der Polizei kontrolliert werden als weiße Personen. Die Autor*innen empfehlen der Polizei regelmäßige diskriminierungssensible Reflexion.QuelleHowe, Christiane et al. (2022): "Bericht zur Berliner Polizeistudie", LINK


Rassismus nimmt mit Berufserfahrung zu

Wenn Polizist*innen wiederholt negative Erfahrungen mit Angehörigen von Minderheiten machen, kann das bestehende Vorurteile verstärken. Eine Studie zeigt: Je öfter Polizist*innen im Dienst Kontakt mit Menschen haben, die sie für Muslime halten, desto negativer nehmen sie diese Kontakte wahr. Die Untersuchung zeigt auch: Unter Polizeistudierenden sind rassistische Einstellungen weniger verbreitet. Eine weitere Studie deutet darauf hin, dass rassistische Einstellungen mit zunehmender Berufspraxis ansteigen. Fachleute plädieren daher für regelmäßige Supervision, Reflexion und Fortbildungen für Polizist*innen.QuelleGutschmidt, Czudnochowski (2022): "Von Einstellungen zu polizeilichen Praxen", S. 208f, LINK; Espín Grau, Klaus (2022): "Rassistische Diskriminierung im Kontext polizeilicher Gewaltanwendung", S. 370f, LINK; Antoni, Conny et al. (2024): "Innere Sicherheit und Demokratische Resilienz. Bedingungen und Wechselwirkungen polizeilichen Handelns in der pluralen Gesellschaft [INSIDER]", S. 221, 240f, LINK; Krott et al. (2018): "Xenophobic attitude in German police officers: ", S. 8, LINK

Was tun Bund und Länder gegen Rassismus bei der Polizei?

Der MEDIENDIENST INTEGRATION hat Bund und Länder zwischen Juli 2023 und Januar 2024 befragt, welche Maßnahmen sie gegen Rassismus in der Bundespolizei und den Landespolizeien ergreifen.

Den Artikel dazu sowie die vollständige MEDIENDIENST-Recherche "Rassismus und Antisemitismus bei der Polizei: Was tun Bund und Länder?" finden Sie hier (Stand: April 2024).

  • Polizeibeschwerdestellen: Die HälfteBaden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen (Stelle unbesetzt), Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein der Bundesländer und der Bund haben unabhängigeDas heißt, sie unterstehen nicht der Polizei oder der Landesregierung. Sie sind meist bei den Parlamenten angesiedelt. Polizeibeschwerdestellen. Vielen fehlt es allerdings an Befugnissen und Personal. Sie erhalten bislang wenig Beschwerden über Rassismus bei der Polizei – vermutlich, weil sie nicht bekannt genug sind. Mehrsprachiges Informationsmaterial über die Polizei-Beschwerdestelle gibt es bisher nur in Rheinland-Pfalz.
  • Kontrollquittungen: Personen, die als fremd wahrgenommen werden, werden in Deutschland doppelt so oft von der Polizei kontrolliert wie andere. Kontrollquittungen könnten Racial Profiling reduzieren. Diese Quittungen gibt es nur in Bremen und nur auf Verlangen. Betroffene nehmen das nur selten in Anspruch.
  • Kennzeichnungspflicht: Damit Betroffene sich bei diskriminierendem Polizeiverhalten beschweren oder Anzeige erstatten können, müssen Polizist*innen identifizierbar sein. In sechsBerlin, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen Bundesländern gibt es eine allgemeine Kennzeichnungspflicht. In fünfBaden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein weiteren Bundesländern gilt die Kennzeichnungspflicht nur bei Großeinsätzen oder in Ausnahmefällen wie an Infoständen.
  • Rassistische und antisemitische Verdachtsfälle bei der Polizei werden im Bund und in den Ländern nicht einheitlich erfasst. Lediglich drei Bundesländer geben an, rassistische Verdachtsfälle systematisch separat zu erfassen. Viele Länder fassen diese mit rechtsextremen Verdachtsfällen zusammen. Drei Länder können keine Zahlen nennen.

Todesfälle in polizeilichem Gewahrsam

Die Kampagne "Death in Custody" zählt Todesfälle von Schwarzen Menschen, People of Color und von Rassismus betroffenen Personen in Gewahrsam und aufgrund tödlicher Polizeigewalt. Bisher sind seit 1990 in Deutschland 264 Todesfälle aufgelistet (Stand 31.12.2024). Damit die Fälle gelistet werden, müssen staatliche Institutionen oder Akteure ursächlich am Tod beteiligt gewesen sein: Entweder durch die räumlichen Bedingungen der Haft oder physisches Einwirken. Dazu zählt auch der Tod auf der unmittelbaren Flucht vor der Polizei. Die Dokumentation der Todesfälle ist keine wissenschaftliche Untersuchung.QuelleDeath in Custody (2024): Todesfälle in Gewahrsam, Link

Racial Profiling: Zahlen und Studien

Stand: Jan. 2025

Was ist Racial Profiling?

Von Racial Profiling spricht man, wenn die Polizei Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer Merkmale kontrolliert, ohne dass es einen konkreten Anlass gibt. Es ist auch dann Racial Profiling, wenn das Aussehen einer von mehreren Anhaltspunkten für die Kontrolle ist.QuelleDeutsches Institut für Menschenrechte (2013): "'Racial Profiling'-Menschenrechtswidrige Personenkontrollen nach §22, Abs. 1 a Bundespolizeigesetz: Empfehlungen an den Gesetzgeber, Gerichte und Polizei", S. 6 und 26; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 21.04.2016 (7 A 11108/ 14)

Wie viele Fälle von Racial Profiling sind bekannt?

Mehrere Studien deuten darauf hin, dass die Polizei in Deutschland Menschen auch aufgrund äußerer Merkmale kontrolliert:

Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2023Die Befragung fand zwischen November 2021 und Juli 2022 statt zeigt: 8 Prozent der Personen, die angeben, dass man sie aufgrund ihres Körpers oder ihrer Kleidung als ausländisch wahrnimmt, wurden im Vorjahr von der Polizei kontrolliert. Unter den Menschen, die schätzen, dass man sie nicht als fremd wahrnimmt, waren es nur halb so viele (4 Prozent). Am höchsten ist die Wahrscheinlichkeit einer Polizeikontrolle für junge Männer, die als ausländisch wahrgenommen werden.QuelleSachverständigenrat für Integration und Migration (2023): "Racial Profiling bei Polizeikontrollen", S. 4 und 12, LINK

Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2023 zeigt: 33 Prozent der Schwarzen Menschen in Deutschland wurden in den vorangegangenen fünf Jahren von der Polizei kontrolliert. Mehr als die Hälfte von ihnen (57 Prozent) empfanden die letzte Polizeikontrolle als diskriminierendes Racial Profiling.QuelleEU-Agentur für Grundrechte (FRA) (2023): "Being Black in the EU", S. 73 und 78, LINK

Im Afrozensus – einer Befragung von rund 6.000 Schwarzen, afrikanischen und afrodiasporischen Menschen in Deutschland – aus dem Jahr 2020 gab mehr als die Hälfte der Befragten (56,7 Prozent) an, in ihrem Leben mindestens einmal ohne erkennbaren Grund von der Polizei kontrolliert worden zu sein. QuelleEach One Teach One (2021) Afrozensus, S. 224.

 

Weitere Studien zeigen: Menschen, die nicht der weißen Mehrheitsgesellschaft angehören, fühlen sich von der Polizei deutlich öfter diskriminiert, als weiße Personen. Das nicht-repräsentative Forschungsprojekt KviAPol untersucht Gewalterfahrungen mit der Polizei. Fast zwei Drittel der befragten People of ColorMenschen mit Rassismuserfahrung, die nicht als weiß, deutsch und "westlich" wahrgenommen werden (PoC) gaben an, dass sie sich in mutmaßlichen Gewaltsituationen von der Polizei diskriminiert fühlten (62 Prozent). Bei Personen ohne Migrationshintergrund waren es halb so viele (31 Prozent). Laut einer repräsentativen Studie in Hamburg haben 40 Prozent der Muslim*innen schon einmal Diskriminierung durch die Polizei erlebt. Unter Menschen, die als nicht deutsch aussehend wahrgenommen werden, waren es 28 Prozent.QuelleAbdul-Rahman, Laila et al. (2021): "Rassismus und Diskriminierungserfahrungen im Kontext polizeilicher Gewaltausübung", S. 2; Groß, Eva et al. (2024): "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit aus der Betroffenenperspektive", S. 42, LINK

Die Ergebnisse des KviAPol-Forschungsprojekts finden Sie in dieser MEDIENDIENST-Expertise.

Wenn Menschen Gewalterfahrungen mit der Polizei machen, unterscheidet sich der Anlass des Polizeikontakts je nach Gruppe. Unter allen Befragten zusammengenommen fanden die meisten Kontakte bei Großveranstaltungen wie Demonstrationen oder Fußballspielen statt. People of Color kommen dagegen öfter außerhalb von Großveranstaltungen mit der Polizei in Kontakt, am häufigsten wegen Personenkontrollen.QuelleAbdul-Rahman, Laila et al. (2021): "Rassismus und Diskriminierungserfahrungen im Kontext polizeilicher Gewaltausübung", S. 6, LINK

Welche Folgen hat Racial Profiling für die Betroffenen?

Eine Studie aus der Schweiz zeigt: Betroffene von Racial Profiling können chronische Angst vor Kontrollen entwickeln und verlieren Vertrauen in die Polizei. Viele schämen sich oder fühlen sich bloßgestellt. Zudem berichten Betroffene, dass sie bestimmte Orte meiden oder sich zurückziehen. Eine Person gab an, sie habe ihren Beruf verloren, weil sie durch ein Polizeiverhör zu spät zur Arbeit gekommen sei. In Deutschland berichten Menschen von ähnlichen Erfahrungen.QuelleAllianz gegen Racial Profiling (2019): "Racial Profiling – Erfahrung, Wirkung, Widerstand", S. 88-109; Antidiskriminierungsbüro Köln (2017): "Menschen wie DU neigen zu Straftaten- (Rassistische) Diskriminierung bei der Polizei: Ursachen, Folgen und Möglichkeiten der Intervention", S. 14-15

Wie ist die Rechtslage?

Auf internationaler Ebene verbieten die Menschenrechtsabkommen der UN und des Europarats Racial Profiling. Auf nationaler Ebene verstoßen rassistische Polizeikontrollen gegen Artikel 3 des Grundgesetzes. Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen 2018 klargestellt. Der Grundgesetz-Artikel besagt, dass "niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner RasseDer Begriff "Rasse" ist problematisch. Er impliziert, dass es unterschiedliche "Rassen" von Menschen gäbe. Daher fordern Juristinnen, den Begriff im Grundgesetz zu ersetzen. Quelle: Deutsches Institut für Menschenrechte (2010): "Ein Grundgesetz ohne 'Rasse' – Vorschlag für eine Änderung von Artikel 3 Grundgesetz", seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt [...] werden [darf]." Zugleich gibt es jedoch Gesetze, die Racial Profiling begünstigen:QuelleVereinte Nationen: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Art. 2; Europäische Menschenrechtskonvention (1953), Art. 14; Oberverwaltungsgericht Nordrhein Westfalen: Urteil vom 07.08.2018 (5 A 294/16); Deutsches Grundgesetz, Art. 3, Abs. 3; Deutsches Institut für Menschenrechte (2013): "'Racial Profiling' – Menschenrechtswidrige Personenkontrollen nach § 22 Abs. 1 a Bundespolizeigesetz: Empfehlungen an den Gesetzgeber, Gerichte und die Polizei", S. 7

  • Laut §22 Bundespolizeigesetz soll die Bundespolizei unerlaubte Einreisen verhindern. Dafür darf sie in Zügen, an Bahnhöfen und Flughäfen Personen kontrollieren und mitgeführte Sachen wie Gepäck in Augenschein nehmen. In der Praxis greifen Beamt*innen oft auf äußerliche Merkmale wie die Haut- oder Haarfarbe zurück, um vermeintlich unerlaubte Einreisen festzustellen.QuelleBundespolizeigesetz §22 Abs. 1a; Deutsches Institut für Menschenrechte (2013): "'Racial Profiling' – Menschenrechtswidrige Personenkontrollen nach §22 Abs. 1a Bundespolizeigesetz: Empfehlungen an den Gesetzgeber, Gerichte und Polizei", S. 27 ff.
  • Daneben erlauben §23 des Bundespolizeigesetzes und verschiedene LandespolizeigesetzeEin prominentes Beispiel ist das Polizeiaufgabengesetz in Bayern., dass Polizeibeamt*innen Personen an "gefährlichen Orten"Die Polizei stuft Orte, an denen viele Straftaten geschehen, als "gefährliche Orte" ein. nach dem Ausweis fragen, ohne dass es einen konkreten Verdacht gegen sie gibt. Anwohner*innen und Passant*innen sind an diesen Orten besonders oft von Racial Profiling betroffen.QuelleBundespolizeigesetz §23; Polizeiaufgabengesetz Bayern, Art. 13; Hendrik Cremer (2019): "Verbot rassistischer Diskriminierung – Methode des Racial Profiling ist grund- und menschenrechtswidrig", in Deutsches Polizeiblatt für Aus- und Fortbildung 3/2019, S. 23

Rassismus im Gesundheitswesen

Stand: Mar. 2025

Wie viele Menschen erfahren Rassismus im Gesundheitswesen?

  • In einer Befragung des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) 2023 berichten viele Menschen von regelmäßigen Rassismuserfahrungen im Gesundheitswesen.QuelleEach One Teach One, Citizens for Europe: (2021) "Afrozensus 2020", LINK, S. 135ff., QuelleDeZIM/NaDiRA (2023): "NaDiRa-Bericht 2023. Rassismus und seine Symptome", S. 91, LINK
  • Im Afrozensus 2020 wurden Schwarze und afrodiasporische Menschen in Deutschland befragt. Sie berichten von Rassismus vor allem im Bildungs- und Gesundheitswesen. Zwei Drittel der Befragten, die in den letzten zwei Jahren Kontakt zum Gesundheitswesen oder der Pflege hatten, haben dort Diskriminierung erfahren. Wiederum 74,4 Prozent von ihnen gaben an, wegen der Hautfarbe diskriminiert worden zu sein.
  • 2022 gingen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) 263 Anfragen zum Bereich Gesundheit und Pflege ein. Auf Anfrage des MEDIENDIENSTES teilte die ADS mit, dass sich etwa die Hälfte davon auf die Kategorie Behinderung bezogen und ein Drittel auf rassistische GründeMouseoverMehrfachnennungen sind möglich; 10 Prozent: Geschlecht, 5 Prozent: Religion, 7 Prozent: Alter, 4 Prozent: sexuelle Identität.. Betroffene berichten häufig von rassistischer Diskriminierung während einer ärztlichen Behandlung. Sie mussten länger im Warteraum bleiben oder erhielten unangebrachte Fragen und wurden nicht oder falsch behandelt, einige berichten von schweren Behandlungsfehlern und körperlichen Angriffen.QuelleAngaben der Antidiskriminierungsstelle des Bundes auf Anfrage des MEDIENDIENSTES Oktober 2023 sowie "Jahresbericht 2022", S. 26, LINK,

Welche Folgen haben Rassismuserfahrungen im Gesundheitswesen?

Betroffene verlieren wegen Diskriminierungserfahrungen das Vertrauen in das Gesundheitswesen und suchen aus Angst, schlecht behandelt zu werden, keine Ärztin auf oder wechseln diese häufig ("doctor hopping"). Das kann dazu führen, dass Krankheiten verschleppt oder gar nicht behandelt werden.QuelleKajikhina (2023): "Rassismus und Diskriminierung im Kontext gesundheitlicher Ungleichheit - ein narratives Review", S. 1103, LINK

Die NaDiRa-Studie zeigt: Mehr als jede Dritte Person aus den befragten Gruppen gab an, den Arzt gewechselt zu haben, da Beschwerden nicht ernst genommen wurden. Besonders hoch ist der Wert unter muslimischen und asiatischen Frauen. Auch kommt es zur Verschleppung oder Verzögerung einer Behandlung, besonders bei Frauen.QuelleDeZIM/NaDiRA (2023): "NaDiRa-Bericht 2023. Rassismus und seine Symptome", S. 146ff., LINK

 

Die Werte liegen deutlich höher für Personen, die häufig Diskriminierung im Gesundheitswesen erfahren haben. Unter Schwarzen Frauen, die häufig Diskriminierung erlebt haben, geben 48 Prozent an, eine Behandlung verzögert oder vermieden zu haben.

Schwarze, muslimische und asiatisch (gelesene) Personen berichten im NaDiRa deutlich häufiger davon, die Suche nach einem Therapieplatz aufgegeben zu haben. Unter Schwarzen Personen sind es über 40 Prozent. Eine Rolle spielen Erfahrungen mit Therapeut*innen: Im Afrozensus sagen über 60 Prozent der Befragten, dass ihre Rassismuserfahrungen in der Therapie nicht ernst genommen werden.QuelleDeZIM/NaDiRA (2023): "NaDiRa-Bericht 2023. Rassismus und seine Symptome", S. 151, LINK; Each One Teach One, Citizens for Europe: (2021) "Afrozensus 2020", LINK, S. 141ff.

Eine Rolle bei negativen Erfahrungen im Gesundheitswesen spielen Scheindiagnosen (wie der "Morbus Bosporus"): Patient*innen wird dabei ein unter- oder übertriebenes Schmerzempfinden zugeschrieben. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Krankheiten falsch therapiert oder erst gar nicht behandelt werden.Quelledavon berichten Ärzt*innen im Afrozensus, LINK, DeZIM/NaDiRA (2023): "NaDiRa-Bericht 2023. Rassismus und seine Symptome", S162ff, LINK sowie Kajikhina (2023): "Rassismus und Diskriminierung im Kontext gesundheitlicher Ungleichheit - ein narratives Review", LINK

Frauen berichten häufiger von Diskriminierungserfahrungen

Schwarze, muslimische und asiatische Frauen berichten besonders häufig davon, eine Behandlung verzögert zu haben; muslimische Frauen besonders häufig von einem schlechteren Gesundheitszustand. Stereotype gegenüber Frauen – etwa, dass sie ihr Schmerzempfinden überbetonen – und rassistische Stereotype scheinen sich zu vermischen. Studien zeigten dass Frauen bei gleichen Symptomen andere Verschreibungen und Therapieempfehlungen bekommen; und, dass es zu spezifischen Symptomen bei Frauen weniger Forschung gibt (mehr zum "Gender-Health-Gap" hier).QuelleDeZIM/NaDiRA (2023): "NaDiRa-Bericht 2023. Rassismus und seine Symptome", S156ff, LINK

Fehlende Sensibilisierung in der medizinischen Ausbildung

Auf der Suche nach den Gründen bleiben einige offene Fragen. Zu den Perspektiven und Einstellungen des Gesundheitspersonals gibt es kaum Erkenntnisse. Eine Rolle spielt die Ausbildung: Eine Analyse von Lehrmaterial zeigt, dass in der medizinischen Ausbildung oft nur anhand eines hellen Hauttyps gelehrt wird; abwertende Darstellungen gegenüber einigen Communities – wie ein vermeintlich erhöhter Alkohol- und Drogenkonsum – finden ebenso statt. Die Auseinandersetzung mit rassistischer Diskriminierung kommt in der Ausbildung nur unzureichend vor, so die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland. Scheindiagnosen wie der "Morbus Bosporus" oder "Morbus Mediterraneus" – die Betroffene eine übertriebene Schmerzbeschreibung unterstellen – kämen in Lehre und Praxis immer noch vor.QuelleDeZIM/NaDiRA (2023): "NaDiRa-Bericht 2023. Rassismus und seine Symptome", S. 184ff., LINK

Hinzu kommen verschiedene Hürden:

  • Sprachbarrieren: Die Sprache ist eine große Hürde in Arztpraxen und Krankenhäusern: Es fehlen mehrsprachige Informationsangebote, und Ärzt*innen und Patient*innen können sich oft schwer verständigen. Das kann beeinflussen, wie dringlich ein Fall wahrgenommen wird und zu Missverständnissen führen. Oft gibt es keine Sprachmittler*innen, und Patient*innen müssen die Kosten für eine Übersetzung selbst übernehmen. Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) fordert etwa ein Anrecht auf Dolmetscher.QuelleEach One Teach One, Citizens for Europe: (2021) "Afrozensus 2020", LINK; Kajikhina (2023): "Rassismus und Diskriminierung im Kontext gesundheitlicher Ungleichheit - ein narratives Review", LINK
  • Auch bei der Terminvergabe scheint es Hürden zu geben: Ein Experiment mit Terminanfragen bei Praxen der Allgemeinmedizin zeigt: Personen mit nicht-deutschen Namen erhalten seltener eine positive Rückmeldung auf ihre Anfrage etwa bei Allgemeinmedizinerinnen oder Psychotherapeuten.QuelleDeZIM/NaDiRA (2023): "Rassismus und seine Symptome" NaDiRa Monitoringbericht, S. 133ff., LINK
  • Rechtliche Hürden erschweren, dass Personen überhaupt Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen: Geflüchtete haben zunächst nur eingeschränkten Zugang zum Gesundheitssystem; besonders schwer ist es für Menschen ohne Papiere, Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen. Die WHO fordert etwa, allen Migrant*innen unabhängig von Aufenthaltsstatus Zugang zum Gesundheitssystem zu geben.

Wichtige Quellen

DeZIM/NaDiRA (2023): "Rassismus und seine Symptome" NaDiRa-Bericht, LINK

Kajikhina (2023): "Rassismus und Diskriminierung im Kontext gesundheitlicher Ungleichheit - ein narratives Review", LINK

Bartig et al. (2021): "Diskriminierungsrisiken und Diskriminierungsschutz im Gesundheitswesen - Wissensstand und Forschungsbedarf für die Antidiskriminierungsforschung", LINK;

Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020

Stand: Feb. 2025

Am 19. Februar 2020 erschoss ein Attentäter in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven: Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin. Der Mediendienst hat in einer Chronologie die Geschehnisse während und nach der Tat zusammengefasst.

Der Mediendienst hat in einer Chronologie zusammengefasst, was am 19. Februar geschah und was danach passierte. Der Attentäter war schon vor der Tat auffällig geworden, indem er verschwörungs­ideologische Strafanzeigen unter anderem bei der Generalbundesanwaltschaft stellte. Trotzdem besaß er eine Waffenerlaubnis. In und nach der Tatnacht kam es zu zahlreichen behördlichen Verfehlungen, die von den Hinterbliebenen in einer "Kette des Versagens" aufgearbeitet und in einem parlamentarischen Untersuchungssausschuss sowie in einem Gutachten der Recherche-Organisation Forensic Architecture untersucht wurden.

Die Vorwürfe der Überlebenden und Hinterbliebenen umfassten unter anderem: Der Notausgang der Arena-Bar war verschlossen, sodass eine Flucht vor dem Attentäter nicht möglich war. Das Haus des Attentäters sei nicht ausreichend gesichert gewesen. Es waren zahlreiche Polizeibeamte im Einsatz, die dem Sondereinsatzkommando (SEK) angehörten, das wegen Rechtsextremismus aufgelöst werden musste. Der Notruf war nicht erreichbar. Der Umgang mit den Angehörigen sei unangemessen gewesen, zuweilen wurden sie als Gefährder statt als Betroffene behandelt. Der Untersuchungsausschuss stellte fest, dass es Mängel bei der Erteilung der Waffenerlaubnis für den Täter gab und dass die Stadt Hanau ihren Verpflichtungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger bei den Kontrollen der Arena Bar und des dortigen Notausgangs nicht gerecht geworden war. Vier Jahre nach dem Anschlag entschuldigte sich die Polizei bei den Hinterbliebenen für die Versäumnisse.

Nach der Tat belästigte der Vater des Attentäters die Angehörigen der Opfer immer wieder. Eine Anfrage des Mediendienstes bei der Staatsanwaltschaft Hanau (3. Februar 2025) ergab, dass 66 Tatvorwürfe seit Januar 2020 gegen den Vater des Attentäters registriert wurden. Strafbefehle ergingen unter anderem wegen Hausfriedensbruch, Nachstellung und Beleidigung. In 13 Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt.Quelle Anfrage des Mediendienst Integration bei der Staatsanwaltschaft Hanau, 3. Februar 2025.

Für Quellen und ausführliche Infos bitte auf die Punkte in der Zeitleiste klicken:

Am 6. Februar 2025 stellt die Familie vom getöteten Hamza Kurtović Strafanzeige gegen die Polizei und den Betreiber der "Arena-Bar.Quelle TAZ vom 6.2.2025, Link

Anschlag von Halle am 9. Oktober 2019

Stand: Oct. 2024

Am 9. Oktober 2019 versuchte ein bewaffneter Rechtsextremer, in die Synagoge in Halle einzudringen. Kurz darauf griff er Menschen in einem Imbiss und auf der Straße an, er tötete zwei Personen. Eine Übersicht über den Anschlag und seine Folgen. 

Der rechtsextreme Anschlag in Halle und Wiedersdorf

Am 9. Oktober 2019 versuchte ein bewaffneter Rechtsextremer in die Synagoge in Halle (Saale) einzudringen und die Besucher zu töten. In der Synagoge feierten 51 Personenlaut Anklage waren es 52, im Urteil spricht das OLG Naumburg von 51 Personen einen Gottesdienst. Es war Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag. Neben Gemeindemitgliedern aus Halle waren Gäste aus anderen Städten und Ländern anwesend. Der Attentäter versuchte, durch die Tür der Synagoge einzudringen, um die Anwesenden zu töten. Er warf Brand- und Sprengsätze über die Mauer der Einrichtung. Er erschoss die Passantin Jana L.Quellevgl. Tatgeschehen laut OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", LINK

Nachdem es ihm nicht gelang, in die Synagoge einzudringen, fuhr er weiter und griff Menschen im Imbiss "Kiez Döner" an – diesen wählte er aus, um Muslime zu töten. Dort erschoss er den Gast Kevin S. Am Imbiss und der darauffolgenden Flucht verletzte er mit den selbstgebauten Waffen und einem Mietwagen weitere Personen in Halle sowie in Wiedersdorf, einige von ihnen schwer.Quellevgl. Tatgeschehen laut OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", LINK

Die Polizei verhaftete den Täter nach rund eindreiviertel Stunden auf einer Bundesstraße. Vor der Tat veröffentlichte er ein Bekennerschreiben, in dem er sein antisemitisches Weltbild darlegte und dazu aufforderte, Personen ihm verhasster Bevölkerungsgruppen zu töten, darunter Juden, Muslime und Schwarze Menschen. Die Tat streamte er live im Internet.Quellevgl. Tatgeschehen laut OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", LINK

Der erste Gerichtsprozess: Urteil und Nebenklage

Der Prozess gegen den Attentäter lief vom 21. Juli bis 21. Dezember 2020 am Oberlandesgericht Naumburg. Es war einer der größten Gerichtsprozesse der Nachkriegszeit im Bereich Rechtsterrorismus.

Das Urteil:

  • Der Täter erhielt das höchstmögliche Strafmaß und wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.
  • Er wurde wegen zweier Morde verurteilt, 66 Mordversuchen, räuberischer Erpressung, fahrlässiger Körperverletzung und Volksverhetzung. Das Gericht stellte eine besondere Schwere der Schuld fest, der Täter sei in vollem Umfang schuldfähig gewesen.
  • Das Gericht attestierte dem Täter eine rechtsextreme Gesinnung sowie ein antisemitisches, rassistisches, frauenfeindliches und menschenverachtendes Weltbild. Er wollte gezielt Menschen töten, die er als jüdisch, muslimisch oder ausländisch wahrnahm. Dem Gericht zufolge handelt es sich um einen "fanatisch-ideologisch motivierten Einzeltäter". Er sei ein Einzeltäter im juristischen Sinne, der keine weiteren Personen in die Planung einbezogen habe. Seine Radikalisierung fand jedoch im Austausch mit Gleichgesinnten in rechtsextremen Foren statt. Eine zentrale Orientierung für ihn sei das Attentat in Christchurch Anfang 2019 gewesen.QuelleOLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK, zur Pressemitteilung

Die einzelnen Prozesstage listet der Verein democ hier auf und hat Protokolle zum Prozess in diesem Buch veröffentlicht. Wissenschaftler und Aktivisten haben eine Chronik der Tat erstellt und zeigen Parallelen zu anderen rechtsterroristischen Taten auf. Der Tathergang wird im Urteil aufgeschlüsselt.

Nebenkläger und Kritik am Urteil

Es gab 43 Nebenkläger*innen, darunter Personen aus der Synagoge und dem "Kiez Döner", Personen, die auf der Straße angegriffen wurden, sowie Familienangehörige der Opfer. Die Nebenkläger bezeichneten das Urteil als mutlos und als verpasste Chance:

  • Es bestätige das Bild eines isolierten Einzeltäters und vernachlässige die gesellschaftliche Dimension der Tat sowie die gesellschaftliche Verbreitung von Antisemitismus, Rassismus und rechtsextremer Ideologien. Im Prozess habe sich ein veraltetes Verständnis der Radikalisierung von Rechtsextremen gezeigt, Online-Aktivitäten seien zu wenig berücksichtigt worden.
  • Zum familiären Umfeld des Täters habe es zu wenig Aufklärung gegeben.
  • Von Seiten der Nebenkläger gab es auch Kritik daran, dass bei zwei Personen kein versuchter Mord geurteilt wurde, bei einem Mitarbeiter des "Kiez Döner" – İsmet Tekin – und der Schwarzen Person Aftax I., den der Attentäter anfuhr.QuelleSchlussworte der Überlebenden im Halle Prozess, 18.12.2020, LINK; VBRG (2020): Prozessdokumentation 21. Dezember 2020, LINK; Beltower News (2022): ""Ein Urteil, das wir niemals als gerecht akzeptieren können.", LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", S. 11ff., LINK

Der zweite Gerichtsprozess

Mindestens zweimal versuchte der Attentäter aus dem Gefängnis auszubrechen. Am 12. Dezember 2022 nahm er zwei Gefängniswärter als Geiseln und bedrohte sie mit einer Waffe, die er während seiner Inhaftierung selbst gebaut hatte. Das Landgericht Stendal verurteilte den Attentäter im Februar 2024 dafür zu sieben Jahren Haft und Schmerzensgeld. Einem GutachtenDas Gutachten wurde im Zuge des 1. Prozesses erstellt, zitiert im Urteil zufolge wären vom Attentäter weitere Tötungsdelikte zu erwarten, hätte er die Gelegenheit dazu.QuelleZur Pressemitteilung des Landgerichts Stendal: "Halle-Attentäter wegen Geiselnahme zu sieben Jahren Haft verurteilt", LINK; OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK

Untersuchungsausschuss

Ein Untersuchungsausschuss des Landtags Sachsen-Anhalts befasste sich 2020/2021 mit der Frage, ob der Anschlag hätte verhindert werden können. Das Ergebnis:

  • Polizeihandeln: Der Ausschuss stellte keine wesentlichen Schwächen in Bezug auf die Planung und Handlungen der Polizei fest.QuelleLandtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 110, LINK
  • Gefährdungseinschätzung: Nach Einschätzung der Polizei gab es an dem Tag keine besondere Gefährdung der Gemeinde. Laut Ausschuss war die konkrete Gefahr eines Terroranschlags kaum vorhersehbar, dennoch sei die Gefährdungseinschätzung unzureichend gewesen und müsse in Zukunft verbessert werden. Etwa brauche es bessere Analysen solcher Taten. Zudem müssten religiöse Feste stärker im Fokus der Polizei stehen.QuelleLandtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 107ff., LINK
  • Prävention: Der Attentäter radikalisierte sich im Netz, dazu lagen den Sicherheitsbehörden und dem Verfassungsschutz keine Erkenntnisse vor. Personen, die sich online radikalisierten, müssten stärker in den Blick genommen werden. Zudem fehlte den Behörden Kenntnisse von Internetportalen.QuelleLandtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 88, 90 LINK

Kritik an der Polizei und Sicherheitseinschätzung

Nach dem Anschlag standen die Sicherheitseinschätzung der Polizei, der Einsatz und die Ermittlungen der Polizei in der Kritik:

  • Gefährdungseinschätzung und Schutz: Die Polizei schützte die Synagoge nicht besonders, obwohl am Tag der höchste jüdische Feiertag Jom Kippur gefeiert wurde. Für den Schutz der Synagoge hatte die Gemeinde finanziell selbst aufkommen müssen und dafür keine Unterstützung vom Land Sachsen-Anhalt erhalten. Mehr dazu unten.Quellevgl. SZ (2019): 'Schuster nennt fehlenden Polizeischutz "skandalös"', LINK; Mediendienst Integration (2021): "Wie steht es um den Schutz von Synagogen", LINK
  • Unsensibler Umgang: Betroffene berichteten davon, dass die Polizei nach dem Anschlag unsensibel mit ihnen umgegangen sei.Quellevgl. Frag den Staat (2021): "Interner Polizeibericht zeigt fehlende Opferbetreuung", LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", S. 19ff., LINK; QuelleLandtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 103, LINK
  • Fehlende Expertise: Auch kritisiert wurde die fehlende Expertise des BKA hinsichtlich der online-Radikalisierung des Täters und seiner Online-Aktivitäten.QuelleSchlussworte der Überlebenden im Halle Prozess, 18.12.2020, LINK; Landtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 87f. LINK

Die Betroffenen: Belastung, Vernetzung und Solidarisierung

Viele Betroffene berichteten nach dem Anschlag von erheblichen psychischen Belastungen, posttraumatischen Belastungsstörungen und Angstzuständen. Einige zogen sich sozial zurück oder wurden arbeitsunfähig.Quellevgl. OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK

Zwischen Angehörigen und Betroffenen des Anschlags gab es starke Vernetzung und Solidarisierung. Zudem gab es eine starke Vernetzung mit Betroffenen anderer rassistischer und rechtsextremer Anschläge in Hanau 2020 und Mölln 1992. Sie gründeten das seitdem jährlich durchgeführte Festival of Resilience.

Zwei Überlebende des Anschlags übernahmen kurz nach dem Anschlag den "Kiez Döner" und wandelten ihn in ein Frühstückscafé ("TEKIEZ") um. Das Café sollte unter anderem ein Ort für Austausch und Gedenken sein. Es musste kurz darauf wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage schließen. Aktuell ist TEKIEZ ein Begegnungsraum.QuelleAmadeu Antonio Stiftung (2022): "TEKIEZ in Halle", LINK

Politische Reaktionen

Das Bundeskabinett berief nach den Anschlägen in Halle 2019 und Hanau 2020 einen Ausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ein, der 2021 einen Abschlussbericht und einen Maßnahmenkatalog vorlegte. Weiterhin sollte die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden verbessert, Hass im Netz konsequenter bekämpft und das Waffenrecht verschärft werden.QuelleBMI (2019): Pressemitteilung: Gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität, LINK; BMFSFJ (2020): Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus, LINK; Bundesregierung (2021): "Abschlussbericht des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus", LINK; Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (2020): "Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus", LINK

Insbesondere kündigten Bund und Länder an, Synagogen besser zu schützen. Denn der Anschlag legte eklatante Sicherheitsmängel an jüdischen Einrichtungen offen. Mehr dazu hier.

Berichterstattung

Nach dem Anschlag gab es Kritik an einigen Medienberichten: Medien hätten sich zu sehr auf den Täter fokussiert und ihm eine Bühne geboten, Betroffene fühlten sich von Journalist*innen bedrängt und unsensibel behandelt. Ein Projekt der Deutschen Journalistenschule und des MEDIENDIENST INTEGRATION hat sich die Berichterstattung angesehen und Tipps für die Berichterstattung erstellt.QuelleDeutsche Journalistenschule und Mediendienst Integration (2020): Webstory #imgespräch, LINK; Eine Analyse von Beiträgen in SZ, FAZ und Welt findet sich im Beitrag von Hartl und Mahlberg (2022): "Eine Woche im Herbst - Erinnerungspolitik als Zivilreligion am Beispiel der medialen Bearbeitung des Attentats von Halle (Saale)", LINK

Rassismus in der Corona-Zeit

Stand: Apr. 2024

Mehr Diskriminierungsfälle

Seit Beginn der Corona-Pandemie gab es deutlich mehr Fälle von Diskriminierung. Das zeigen Zahlen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: 2020 hatten sich die Anfragen für Beratungen im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt (von rund 3.600 auf mehr als 6.400). Im Jahr 2021 dürfte diese Zahl etwas niedriger liegen (Ende November 2021: 4.900), wie Medien berichteten.QuelleRedaktionsnetzwerk Deutschland (2021): Antidiskriminierungs­stelle meldet erneut Rekordwerte bei Beratungsanfragen, Link; sowie Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für 2020 (2021), Seite 12 sowie Jahresbericht für 2019 (2020), Seite 43 

Etwa jede vierte Anfrage bezog sich auf Diskriminierungen mit direktem Bezug zum Coronavirus (1.900). Häufig richteten sich die Diskriminierungen gegen Menschen mit einer Behinderung und Menschen, denen eine asiatische Herkunft zugeschrieben wurde. Die Betroffenen schilderten Fälle von rassistischem Verhalten, wie Hassbotschaften am Arbeitsplatz oder Terminabsagen beim Arzt wegen einer vermeintlich chinesischen Herkunft. In einigen Fällen kam es sogar zu körperlichen Angriffe auf der Straße.QuelleAntidiskriminierungsstelle des Bundes (2021): Jahresbericht für 2020, Seite 12 und Seite 13 sowie  "Diskriminierungserfahrungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise", Link

Mehr Hinweise auf anti-asiatischen Rassismus

Die Corona-Pandemie habe die bestehende Ablehnung gegenüber als asiatisch wahrgenommenen Menschen neu ans Tageslicht gebracht - so das Ergebnis mehrerer Forscher*innen, die eine nicht repräsentative Bevölkerungsbefragung unter 4.500 Personen zum Thema durchgeführt haben. Ein Ergebnis der Studie: 15,2 Prozent der Befragten machen asiatisch gelesenen Menschen für die Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich (Teilgruppe von 803 Befragten). Die Studie wurde im Rahmen des Forschungsprojekts "Soziale Kohäsion in Krisenzeiten – Die Corona-Pandemie und anti-asiatischer Rassismus in Deutschland" durchgeführt.

In dem Projekt wurden zudem 703 Personen mit asiatischem Migrationshintergrund befragt. Diese Betroffenenbefragung macht deutlich: 49 Prozent der Befragten haben während der Corona-Pandemie anti-asiatische Diskriminierung erlebt. 

Die meisten Angriffe fanden im öffentlichen Raum statt, zum Beispiel auf der Straße (62 Prozent) oder im Öffentlichen Nahverkehr (61 Prozent). Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, stellen aber die Sicht von hunderten Betroffenen dar.QuelleDeZim/HU/FU (2021); MDI (2021): „Anti-asiatischer Rassismus in der Corona-Zeit; S. 3-6. 

Mehr Zahlen und Fakten zum Thema in unserem Factsheet (2020)

Anfeindungen auch in anderen Ländern

Auch international gab es mehr anti-asiatischen Rassismus und Hate Speech im Zuge der Corona-Pandemie. So berichten Menschenrechtsorganisationen von Anfeindungen und Übergriffen in den USA, Italien, Frankreich, Russland und weiteren Ländern. In den USA sammelte das Projekt "Stop AAPI Hate" bis Ende September 2021 rund 10.400 Hinweise auf rassistische Übergriffe gegen Menschen, denen eine Herkunft aus Asien oder den Pazifikstaaten zugeschrieben wurde.QuelleHuman Rights Watch (Mai 2020): "Covid-19 Fueling Anti-Asian Racism and Xenophobia Worldwide", Link sowie Stop AAPI (September 2021):"STOP AAPI HATE NATIONAL REPORT", Link

> Unter dem Hashtag "#IchbinkeinVirus" berichten Betroffene über persönliche Erfahrungen mit diskriminierenden Übergriffen und Rassismus in Medienberichten.

> Auf der Website "Stop AAPI Hate" werden Zahlen und Berichte zu Übergriffen in den USA gesammelt und ausgewertet.

Zur Rubrik "ANTISEMITISMUS"

Zur Rubrik "DISKRIMINIERUNG"

News Zum Thema: Rassismus

Zahlen und Fakten  "Muslime sind im Alltag bedroht"

Die Zahl der islamfeindlichen Straftaten hat sich im Jahr 2023 mehr als verdoppelt. Antimuslimische Aussagen haben seit Jahren hohe Zustimmungswerte: Jeder zweite empfindet den Islam als bedrohlich. Expertinnen erklären, was das für Muslim*innen in Deutschland bedeutet.

Pressegespräch  "Ehrliche Auseinandersetzung mit Vorwürfen könnte das Bild der Polizei verbessern"

Rassistische Polizeichats, Racial Profiling: Was tun Bund und Länder gegen Rassismus und Antisemitismus bei der Polizei? Was können unabhängige Polizeibeauftragte ausrichten und was brauchen sie, um Rassismusvorwürfe zu untersuchen? Darüber sprachen Fachleute bei einem Pressegespräch des MEDIENDIENST INTEGRATION.

Factsheet  Rassismus und Gesundheit

Rassismuserfahrungen können sich negativ auf die Gesundheit auswirken – das zeigen viele internationale Studien. Neue Erkenntnisse gibt es nun auch für Deutschland. Die belegen zudem: Viele Personen erfahren Diskriminierung im Gesundheitssystem. Ein Überblick.

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