Staatsangehörigkeit und Einbürgerung
Viele Rechte sind in Deutschland an den deutschen Pass gebunden. Bei der Bundestagswahl etwa sind nur deutsche Staatsbürger*innen wahlberechtigt, Ausländer*innen sind von der Abstimmung ausgeschlossen. Welche Wege gibt es, den deutschen Pass zu erhalten? Wer hat Anspruch auf eine Einbürgerung? Und wie viele Menschen leben in Deutschland, die zwei Pässe haben?
Wie bekommt man die deutsche Staatsbürgerschaft?
Es gibt drei Wege, deutsche*r Staatsbürger*in zu werden: Per Abstammung, per Geburt in Deutschland oder durch eine Einbürgerung.
Abstammung
Wer mindestens einen deutschen Elternteil hat, erhält mit der Geburt automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit (§4 StAG) – unabhängig davon, ob das Kind in Deutschland oder im Ausland zur Welt kommt. Wird das Kind im Ausland geboren oder ist bei der Geburt nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und nicht mit der Mutter verheiratet, müssen bestimmte Nachweise erbracht werden.Quelle
Geburt in Deutschland
Kinder, bei denen kein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit hat und die in Deutschland zur Welt kommen, können neben der Staatsangehörigkeit des Herkunftlands ihrer Eltern grundsätzlich auch die deutsche erlangen, sofern die Eltern sich mindestens seit fünf Jahren in Deutschland aufhalten und weitere Voraussetzungen erfüllen.Quelle
Einbürgerung (Neuerungen seit Juni 2024)
Wer nicht per Abstammung oder per Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, kann sich einbürgern lassen. Antragsteller*innen müssen dafür verschiedene Voraussetzungen erfüllen,. Seit Inkrafttreten der Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes Ende Juni 2024 (mehr zu den Änderungen unten) hat einen Anspruch auf Einbürgerung, wer:
- seit fünf Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland lebt (§10 Abs. 1). Die Aufenthaltsdauer kann unter bestimmten Voraussetzungen auf drei Jahre verkürzt werden, etwa bei "besonderen Integrationsleistungen" (§10 Abs. 3).
- zum Zeitpunkt der Einbürgerung ein unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht hat (§10 Nr. 2).
- sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennt.
- sich zur historischen Verantwortung Deutschlands in Folge des Nationalsozialismus bekennt, zum Schutz jüdischen Lebens und zum "friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges" (§10 Abs. 1 Nr. 1a.).
- seinen Lebensunterhalt eigenständig sichern kann. Ausnahmen hiervon gelten etwa für Personen, die im Rahmen der Gastarbeiterabkommen einwanderten (§10 Abs. 1 Nr. 3a).
- Deutschkenntnisse auf mindestens B1-Niveau nachweisen kann; (§10 Abs. 4); auch bei der Anforderung gibt es Ausnahmen für die Gastarbeiter*innen–Generation.
- den "Einbürgerungstest" bestanden hat (auch hier gibt es Ausnahmeregelungen)
- nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist (§10 Abs. 1 Nr. 5).Quelle
Für Antragsteller*innen, die nicht alle Voraussetzungen erfüllen, gibt es die Möglichkeit einer "Ermessenseinbürgerung". In diesen Fällen muss die Einbürgerungsbehörde entscheiden, ob ein "öffentliches Interesse" an der Einbürgerung besteht und einige Mindestanforderungen erfüllt sind.Quelle
Die Einbürgerung kostet 255 Euro für Erwachsene und 51 Euro für minderjährige Kinder, die zusammen mit ihren Eltern eingebürgert werden.Quelle.
Reform des Staatsangehörigkeitsrecht 2024
Die Ampelkoalition hat die Voraussetzungen für Einbürgerungen (StAG §10) mit dem Staatsangehörigkeits-Modernisierungsgesetz umfassend überarbeitet. Das Gesetz trat Ende Juni 2024 in Kraft. Die wichtigsten Änderungen:Quelle
>> Kürzere Fristen bei Aufenthaltsdauer: Ab jetzt können Menschen sich grundsätzlich schon nach fünf statt bislang acht Jahren Aufenthaltsdauer in Deutschland einbürgern lassen (§10 Abs. 1). Personen, die "besondere Integrationsleistungen" vorweisen können, dürfen schon nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland einen Antrag auf Einbürgerung stellen – zuvor waren es fünf Jahre. Besondere Integrationsleistungen sind etwa Deutschkenntnisse auf C1–Niveau (§10 Abs. 3).
>> Leichtere Einbürgerung von Kindern: Kinder, die in Deutschland geboren werden, können automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wenn ein Elternteil seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland ist (§10 Abs. 2).
>> Doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt: Wer sich einbürgern lassen will, darf ab jetzt auch die bisherige Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes beibehalten. Vorher hing das davon ab, aus welchem Herkunftsland die Person kam. Menschen mit der Staatsbürgerschaft eines anderen EU–Landes etwa durften ihren alten Pass behalten; in der Regel mussten Einbürgerungswillige die Staatsbürgerschaft ihres Herkunftslandes bislang aber aufgeben.
>> Optionspflicht entfällt: Früher mussten sich viele Kinder von Einwanderern, die sich einbürgern ließen, zwischen ihrem 18. und 22. Geburtstag entscheiden, welchen der beiden Pässe sie dauerhaft behalten wollen. Diese Pflicht entfällt
>> Bekenntnis zur "historischen Verantwortung Deutschlands": Zusätzlich zum bisherigen Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie sollen Einbürgerungswillige sich zur historischen Verantwortung Deutschlands, die aus dem Nationalsozialismus resultiert, bekennen (§10 Abs. Abs. 1 Nr. 1a.). Wie das in der Praxis umsetzbar sein soll, ist zweifelhaft, so etwa die Antisemitismus-Expertin Kati Lang im MEDIENDIENST-Interview.
>> Eigenständig Lebensunterhalt sichern: Wer sich einbürgern lassen will, muss selbstständig für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen (§10 Abs. 1 Nr. 3). Die Ausnahmeregelungen hierfür wurden verschärft. Wer nicht darunter fällt, für den kommt nur eine "Ermessenseinbürgerung" über die Härtefallregelung in Frage.
>> Ausnahmen für Gast– und Vertragsarbeiter*innen: Personen, die der Gastarbeiter*innen–Generation angehören oder als Vertragsarbeiter*innen in der DDR waren, erhalten Erleichterungen beim ansonsten erforderlichen Sprachnachweis (B1-Niveau) (§10 Abs. 4). Auch sind sie davon ausgenommen, für den eigenen Lebensunterhalt selbstständig aufzukommen – dürfen also etwa Sozialhilfe oder Bürgergeld beziehen (§10 Abs. 1 Nr. 3a).
Das Staatsbürgerschaftsrecht in Deutschland war lange Zeit sehr restriktiv geregelt. Bis 2000 galt ausschließlich das Abstammungsprinzip: Demnach war nur Deutsche*r, wer auch deutsche Eltern hatte. Mit einer Gesetzesreform im Jahr 2000 wurde auch das "Geburtsortsprinzip" eingeführt. Seitdem konnten Kinder, die keine deutschen Eltern haben, aber hier geboren sind, die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.
Zahl der Einbürgerungen in Deutschland
2024 wurden 291.955 Menschen in Deutschland eingebürgert, das sind 46 Prozent mehr als 2023 (rund 200.100 Einbürgerungen). In allen Bundesländern ist die Zahl der Einbürgerungen gestiegen – besonders in Berlin (plus 141 Prozent), Sachsen (plus 69 Prozent) und Baden-Württemberg (plus 66 Prozent). Zahlenmäßig gab es die meisten Einbürgerungen in Nordrhein-Westfalen (rund 69.000), Bayern (rund 55.000) und Baden-Württemberg (rund 38.000).Quelle
Mehr als jede vierte Einbürgerung war von syrischen Staatsangehörigen (rund 83.200 Menschen). Danach folgten türkische (22.500) und irakische Staatsangehörige (13.500).Quelle
Die Eingebürgerten waren durchschnittlich 30 Jahre alt und hielten sich zuvor im Schnitt 11,8 Jahre regulär in Deutschland auf (2023: 10,9 Jahre). Die Aufenthaltsdauer unterscheidet sich je nach Nationalität stark: Bei syrischen Staatsangehörigen waren es im Schnitt rund 7 Jahre, während türkische Staatsangehörige sich vor der Einbürgerung durchschnittlich 23 Jahre in Deutschland aufhielten.Quelle
Herkunftsländer der Eingebürgerten
Die häufigsten Herkunftsländer der Eingebürgerten im Jahr 2024 waren:
- Syrien: Rund 83.200 Einbürgerungen (plus 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr)
- Türkei: Rund 22.500 Einbürgerungen (plus 110 Prozent)
- Irak: Rund 13.500 Einbürgerungen (plus 26 Prozent)
- Russland: Rund 13.000 Einbürgerungen (plus 551 Prozent)
- Afghanistan: Rund 10.100 Einbürgerungen (plus 55 Prozent).Quelle
Warum lassen sich nur wenige Menschen einbürgern, die eigentlich das Recht dazu hätten? Zum einen liegt das an hohen Anforderungen für die Einbürgerung, zum anderen an zu wenig Personal in den Behörden. Zahlen zu anhängigen Einbürgerungsverfahren in mehreren deutschen Städten finden Sie in diesem Artikel (LINK).
Wie viele Menschen könnten sich einbürgern lassen?
Wer die Kriterien für eine Einbürgerung erfüllt, ist statistisch nur schwer zu erfassen. Das Statistische Bundesamt ging bislang vereinfachend von der Annahme aus, dass ausländische Staatsbürger*innen, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben, eingebürgert werden könnten.
Ende 2024 waren das laut Ausländerzentralregister (AZR) rund 5,8 Millionen Menschen. Im selben Jahr wurden rund 292.000 Personen eingebürgert. Das "ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial" lag daher lediglich bei rund 5,1 Prozent.Quelle
Die Einbürgerungsquoten variieren von Bundesland zu Bundesland: Das Schlusslicht bildete Baden-Württemberg mit nur 3,9 Prozent; gemessen am Anteil der ausländischen Bevölkerung ließen sich in Thüringen mit 9,3 Prozent die meisten Personen einbürgern. Das Potenzial ist in allen Bundesländern unausgeschöpft.Quelle
Einem Forschungsbericht der Robert-Bosch-Stiftung zufolge hängen die Quoten oft mit der Zusammensetzung der nicht-deutschen Bevölkerung in den Ländern zusammen. Fallstudien würden allerdings auch zeigen, dass Maßnahmen in den Kommunen – insbesondere Einbürgerungskampagnen – messbare Effekte haben.Quelle
Wenige Einbürgerungen können ein "Problem für die Demokratie" sein, weil viele Menschen dauerhaft in Deutschland leben, die kein Wahlrecht haben. Warum lassen sich so wenige Menschen einbürgern? Und welche Vorteile hat eine Einbürgerung? Weitere Informationen finden Sie in diesem Artikel.
Wie viele Menschen haben eine doppelte Staatsbürgerschaft?
Genaue Zahlen zu Doppelstaatler*innen sind nicht bekannt. Die Angaben variieren zwischen 2,9 und 4,3 Millionen Personen in Deutschland, die neben der deutschen (mindestens) eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.
Die neuesten Daten liefert der Mikrozensus 2024. Demnach gab es rund 3,14 Millionen deutsche Doppelstaatler*innen, mehr als 71 Prozent von ihnen mit einer weiteren, europäischen Staatsbürgerschaft. Davon hatten 409.000 auch eine polnische Staatsbürgerschaft, gefolgt von der türkischen mit 338.000 Personen und der russischen mit 311.000 Personen.Quelle
Die Zahlen dürften zu niedrig sein. Denn: Der Mikrozensus basiert auf Selbstauskünften der Befragten. Viele wissen nicht, dass sie eine zweite Staatsangehörigkeit besitzen, möchten es möglicherweise nicht angeben oder sehen die zweite Staatsangehörigkeit nicht als Teil ihrer Identität an.Quelle
Andere Werte liefert der Zensus 2022. Demnach gab es zu der Zeit 5,8 Millionen Doppelstaatler*innen hierzulande.
Der Zensus beruht auf Eintragungen aus Melderegistern. Diese enthalten häufig Fehler, etwa weil die Behörden des zweiten Landes Deutschland nicht immer darüber informieren, dass eine Person ausgebürgert wurde. Eine Erklärung der Abweichung zwischen den zwei Statistiken finden Sie in diesem Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung: Susanne Worbs (2025), Doppelte Staatsangehörigkeit in Deutschland Daten und Fakten LINK.
Wie viele Eingebürgerte dürfen ihren alten Pass behalten?
2023 durften rund 80,9 Prozent der neu Eingebürgerten ihren alten Pass behalten, das ist ein Höchststand seit Beginn der Erfassung 2018.Quelle
Ob ein Antrag auf Mehrstaatigkeit Erfolg hat, kommt darauf an, aus welchen Land die Eingebürgerten kommen, das zeigen Daten für 2022:
- Bei einigen Herkunftsländern wird darauf verzichtet, dass Eingebürgerte ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben müssen, weil das nicht möglich oder zumutbar wäre. Beispiele dafür sind Syrien (99,9 Prozent), Iran, Libanon, Algerien, Marokko oder Tunesien.
- Auffällig hoch ist die "Hinnahme von Mehrstaatigkeit" auch bei Antragsteller*innen aus den USA (rund 96 Prozent) und einigen südamerikanischen Staaten wie Brasilien oder Argentinien (je rund 100 Prozent).
- Die Türkei liegt mit rund acht Prozent Einbürgerungen unter Beibehaltung der alten Staatsbürgerschaft deutlich im unteren Bereich.
- Auch Menschen aus einigen afrikanischen Ländern müssen ihre bisherige Staatsangehörigkeit oft abgeben. Von den im Jahr 2022 Eingebürgerten aus Somalia konnten etwa nur rund 12 Prozent ihre Staatsbürgerschaft behalten, aus Kenia rund 11 Prozent und aus Kamerun sogar nur rund sieben Prozent.Quelle
News Zum Thema: Staatsbürgerschaft
Staatsbürgerschaft Hoher Bearbeitungsstau bei Einbürgerungen
Knapp 292.000 Personen haben 2024 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. In den kommenden Jahren werden es noch mehr – wie eine Befragung des Mediendienstes unter den 50 bevölkerungsreichsten Städten zeigt. Viele Menschen werden aber länger auf eine Entscheidung warten müssen.
EINBÜRGERUNGEN Bundesregierung stoppt schnelle Einbürgerungen
Seit Juni 2024 können Ausländer*innen, die „besondere Integrationsleistungen“ erbracht haben, schon nach drei Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen. Das will die neue Bundesregierung rückgängig machen. Alle Zahlen und Fakten in unserer Rubrik.
Staatsangehörigkeitsreform Mehr als 200.000 offene Einbürgerungsanträge
Schon jetzt stapeln sich in den Behörden die Einbürgerungsanträge: Nach einer Befragung des MEDIENDIENSTES sind es in den größten deutschen Städten mehr als 200.000. Mit der Staatsangehörigkeitsreform könnte der Antragsberg noch größer werden.