• News
  • Experten
  • Veranstaltungen
  • Über uns
  • Kontakt
  • Newsletter
  • Themen A-Z
   
  • Zahlen und Fakten:
  • Flucht & Asyl
    • Ukrainische Flüchtlinge
    • Zahl der Flüchtlinge
    • Asylrecht
    • Versorgung
    • Abschiebungen
    • Duldung
    • Arbeit und Bildung
    • Ehrenamt
    • Minderjährige
    • EU-Asylpolitik
    • Syrische Flüchtlinge
    • Afghanische Flüchtlinge
  • Migration
    • Bevölkerung
    • Wer kommt, wer geht?
    • Europäische Union
    • Irreguläre
    • Staatsbürgerschaft
    • Menschenhandel
    • Corona-Pandemie
    • Klimawandel & Migration
  • Integration
    • Kita
    • Schule
    • Ausbildung
    • Hochschule
    • Arbeitsmarkt
    • Mehrsprachigkeit
    • 'Interkult. Öffnung'
    • Politische Teilhabe
    • Medien
    • Einstellungen
  • Desintegration
    • Antisemitismus
    • Diskriminierung
    • Kriminalität
    • Militanter Islamismus
    • Rechtspopulismus
    • Rechtsextremismus
    • Rassismus
  • Gruppen
    • Islam und Muslime
    • Judentum
    • Sinti & Roma
    • Postsowjetische Migrant*innen
  • English
    • About us
    • Facts & Figures
    • News

Menschenhandel

In Deutschland wird regelmäßig über Menschen berichtet, die in der Prostitution oder auf dem Arbeitsmarkt ausgebeutet werden. Sind sie gegen ihren Willen in solche Situationen gebracht worden, kann „Menschenhandel“ vorliegen. Kriminalstatistiken zufolge sind viele der Betroffenen Migrant*innen. Was aber genau steckt hinter dem Begriff? Warum gibt es keine verlässlichen Zahlen zum Ausmaß des Problems? Und wieso werden nur wenige Fälle vor Gericht verurteilt?

Was ist Menschenhandel?

Laut Definition der Vereinten Nationen umfasst Menschenhandel „die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung (…) zum Zweck der Ausbeutung".QuelleArtikel 3 des "Zusatzprotokolls zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität"

Menschenhandel liegt also dann vor, wenn Menschen gegen ihren Willen – das heißt durch Täuschung, Zwang oder Drohung – in Ausbeutungssituationen gebracht werden, aus denen sie sich nicht mehr befreien können. Erfüllt wird der Tatbestand aber nur, wenn drei Elemente zusammen auftreten:

  1. Rekrutierung der Betroffenen: Anwerbung, Transport, Beherbergung oder Aufnahme von Personen
  2. Zwang: Androhung oder Anwendung von Gewalt, Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder die Ausnutzung einer besonderen Hilflosigkeit
  3. Ausbeutung: Ausnutzung der Prostitution oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Körperorganen

Menschenhandel heißt nicht zwangsläufig, dass die Betroffenen aus dem Ausland rekrutiert werden. Menschenhandel kann es auch innerhalb eines Landes geben. 

Was unter Menschenhandel verstanden und rechtlich geahndet wird, ist in jedem Land unterschiedlich geregelt. Die deutsche Gesetzgebung orientiert sich an den Vorgaben der Vereinten Nationen und der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels, setzt jedoch eigene Schwerpunkte.

Welche Begriffe werden oft mit Menschenhandel verwechselt?

In öffentlichen Debatten wird der Begriff "Menschenhandel" oft fälschlicherweise für andere Phänomene verwendet. Forscher und Hilfsorganisationen warnen vor solchen Ungenauigkeiten und kritisieren, dass Politiker gezielt mit der „Bedrohung“ durch den Menschenhandel argumentieren, um restriktive Reformen im Bereich der Migrationskontrolle und Strafverfolgung zu rechtfertigen.QuelleAusserer: Kontrolle im Namen des Schutzes, 2014; Cyrus: Von Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung, Aufsatz im Dossier "Welcome to Germany - Menschenhandel in Deutschland", 2014, S. 58

  1. Menschenschmuggel/Schleusung: Anders als Menschenhändler verdienen Schleuser nicht an der Ausbeutung der Betroffenen, sondern daran, Menschen „illegal“ über nationale Grenzen zu befördern. Während Menschenschmuggel laut DefinitionArtikel 3 des "Protocol against the Smuggling of Migrants by Land, Sea and Air, supplementing the United Nations Convention against Transnational Organized Crime" zwangsläufig mit einem "illegalen" Grenzübertritt der Betroffenen einhergeht, kann Menschenhandel auch innerhalb eines Landes erfolgen.QuelleOECD-Kurzstudie: "Can we put an end to human smuggling?", 2015, S. 2
  2. Zwangsarbeit: Zwangsarbeit ist definiertArtikel 2 des Übereinkommens über Zwangs- oder Pflichtarbeit, Internationale Arbeitsorganisation als unfreiwillige Arbeit oder Dienstleistung, die unter Androhung einer Strafe ausgeübt wird. Sie ist kein Synonym für Menschenhandel, sondern eine Form von Ausbeutung, die – sofern sie mit einer Anwerbung der Betroffenen einhergeht – unter Menschenhandel fallen kann.QuelleInternationale Arbeitsorganisation: "Forced Labour – Why definitions matter", 2014
  3. Prostitution: KriminalstatistikenBundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung 2018, S. 3 zufolge werden viele mutmaßliche Betroffene von Menschenhandel in der Prostitution und anderen Bereichen der Sexindustrie ausgebeutet. Nicht jede Prostituierte aber ist Opfer von Menschenhandel – eine Gleichsetzung beider Begriffe ist daher irreführend.QuelleBundeskriminalamt (2019): Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeuutung, S. 3-17; Czarnecki et al.: "Prostitution in Deutschland – Fachliche Betrachtung komplexer Herausforderungen", 2014, S. 25 f.; Follmar-Otto/Rabe: "Menschenhandel in Deutschland", 2009, S. 19
  4. (Schwere) Arbeitsausbeutung: Arbeitsausbeutung geht nicht zwangsläufig mit Zwang und einer Rekrutierung der Betroffenen einher. Eine Gleichsetzung mit "Menschenhandel" ist daher nicht zulässig.QuelleInternationale Arbeitsorganisation: "Forced Labour – Why definitions matter", 2014

Wie ist die Rechtslage bezüglich Menschenhandel in Deutschland?

Im Oktober 2016 wurde die Gesetzeslage zum Menschenhandel grundlegend reformiert. Seitdem regelt nur noch ein Paragraf die Strafbarkeit von Menschenhandel – zuvor waren es drei Paragrafen. Gemäß § 232 Strafgesetzbuch macht sich jemand wegen Menschenhandels strafbar, wenn er eine Person "anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt", um

  • die Person auszubeuten – sei es in der Prostitution, auf dem Arbeitsmarkt, beim Betteln oder bei der Begehung von Straftaten,
  • die Person "in Sklaverei, Leibeigenschaft, SchuldknechtschaftZur Definition der einzelnen Begriffe siehe Dossier des Deutschen Instituts für Menschenrechte" zu halten oder
  • der Person rechtswidrig ein Organ zu entnehmen.Quelle Deutsches Institut für Menschenrechte: "Was ist Menschenhandel?"

Der Straftatbestand ist jedoch nur erfüllt, wenn

  • der Täter eine persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage des Opfers ausnutzt,
  • der Täter eine Hilflosigkeit des Opfers ausnutzt, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist – Experten sprechen von einer "auslandsspezifischenBetroffene gelten als auslandsspezifisch hilflos, wenn sie aufgrund eines Auslandsaufenthalt mit Schwierigkeiten konfrontiert sind (z.B. ungesicherter Aufenthaltsstatus, fehlende Sprachkenntnisse), die sie so stark einschränken, dass sie sich der Ausbeutung nicht widersetzen können. Vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.03.2004, S. 13" Hilflosigkeit, oder wenn
  • das Opfer unter 21 Jahre alt ist.Quelle§232 Strafgesetzbuch

Aufenthaltsrechte für Betroffene von Menschenhandel

Personen, die von Behörden als Betroffene von Menschenhandel identifiziert werden, steht grundsätzlich die Chance auf ein Aufenthaltsrecht zu. Betroffene aus einem EU-Land dürfen sich gemäß § 2 des Freizügigkeitsgesetzes in Deutschland aufhalten und eine Beschäftigung aufnehmen. Für Opfer aus Drittstaaten gelten die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes: Nach ihrer Identifizierung durch die Behörden erhalten sie eine dreimonatige Bedenk- und Stabilisierungsfrist, in der sie nicht abgeschoben werden dürfen (§ 59 Abs. 7 AufenthG). In diesem Zeitraum können sie entscheiden, ob sie mit den Behörden zusammenarbeiten möchten und bereit sind, im Strafverfahren gegen die Täter auszusagen. Entscheiden sie sich für eine Zeugenaussage, so wird ihnen eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis für die Dauer des Strafverfahrens gewährt (§ 25 Abs. 4a AufenthG). Entscheiden sie sich dagegen oder ist der Prozess abgeschlossen, müssen sie ausreisen oder werden abgeschobenEin weiterer Aufenthalt in Deutschland ist nur möglich, wenn sie in ihrem Herkunftsland nachweislich von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bedroht sind (§ 60 Abs. 2 AufenthG)..

Seit 2015"Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung", S. 1389 gibt es die Möglichkeit, den Aufenthaltstitel über das Strafverfahren hinaus zu verlängern. Voraussetzung: Der weitere Aufenthalt des Opfers muss aus humanitären oder persönlichen Gründen oder aus öffentlichem Interesse erforderlich sein.QuelleAufenthaltsgesetz § 25 Abs. 4a Satz 3

Experten des "Deutschen Instituts für MenschenrechteTanis/Rabe (2013): "Menschenhandel als Menschenrechtsverletzung", S. 29" kritisieren, dass das Aufenthaltsrecht der Betroffenen weitestgehend an ihre Kooperation im Strafverfahren gekoppelt ist. Denn in der Praxis erklärten sich nur wenige Betroffene bereit oder seien in der Lage, mit den Behörden zu kooperieren. Viele befürchteten, aufgrund ihrer Aussage erneut verfolgt oder für eigene Straftaten (zum Beispiel illegaler Aufenthalt) belangt und abgeschoben zu werden. Das spiegelt sich auch in der Statistik wider: Laut dem "Bundesamt für Migration und Flüchtlinge" lebten Ende 2016 nur rund 67BAMF auf Nachfrage des MEDIENDIENSTES im Januar 2018 Personen mit einem Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 4a AufenthG in Deutschland. Im selben Jahr wurden jedoch über 500 Opfer von Menschenhandel registriertSiehe Bundeslagebild Menschenhandel 2016, S. 8, 14.Quelle Tanis/Rabe (2013): "Menschenhandel als Menschenrechtsverletzung", S. 29; Bundeskriminalamt (2017): Bundeslagebild Menschenhandel 2016, S. 7 und 21.

Um Betroffene von Menschenhandel zu schützen, fordern internationale Organisationen und Menschenrechtler, ihnen ein Bleiberecht zu gewähren, das unabhängig ist von ihrer Aussage, und ihren Schutz von strafrechtlichen Interessen zu entkoppeln.QuelleUN-Committee on the Elimination of Discrimination against Women (2017): "Concluding observations on the combined seventh and eighth periodic reports of Germany", S. 10; Tanis/Rabe (2013): "Menschenhandel als Menschenrechtsverletzung", S. 29 ff.; Follmar-Otto/Rabe (2009): "Menschenhandel in Deutschland", S. 18.

Wie viele Menschen sind von Menschenhandel betroffen?

Zum Ausmaß des Menschenhandels gibt es weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene zuverlässige Zahlen. Alle Angaben beruhen auf unsicheren Quellen oder beziehen sich auf andere Phänomene, wie zum Beispiel Zwangsarbeit, die fälschlicherweise mit Menschenhandel gleichgesetzt werden.QuelleVogel (2013): "Menschenhandel - die Spitze der Eisscholle"; Jordan (2011): "Fact or Fiction: What do we really know about human trafficking?"

  • Kriminalstatistiken erfassen ausschließlich diejenigen Fälle, die ein polizeiliches Ermittlungsverfahren nach sich gezogen haben. Sie geben somit keinen Aufschluss darüber, wie viele dieser Fälle vor Gericht nachgewiesenMenschenhandel wird nur bei einem Teil der Fälle nachgewiesen und abgeurteilt. Oft kommt es zur Verurteilung wegen Straftaten, die leichter nachzuweisen sind (z.B. Schwarzarbeit), wie 2014 bei einem Fall in Hessen. wurden und wie viele Betroffene es gibt, die nicht von der Polizei identifiziert wurden. Zudem spiegeln sie nicht die Bandbreite des Phänomens, sondern in erster Linie die Arbeitsschwerpunkte der ermittelnden Behörden wider.
  • Politiker und zivilgesellschaftliche Akteure weisen oft auf eine hohe "Dunkelziffer" hin und fordern Maßnahmen zur Eindämmung des Problems. Forscher warnen vor solchen Mutmaßungen, da sie häufig zur Legitimation anderer politischer Ziele genutzt werden. So begründen Staaten Verschärfungen im Bereich der Migrationspolitik und Kriminalitätsbekämpfung zum Teil mit dem Vorwand, Menschen effektiver vor der "Bedrohung" durch den Menschenhandel schützen zu wollen.QuelleAusserer (2014): "Kontrolle im Namen des Schutzes"; Cyrus (2014): "Von Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung", Aufsatz im Dossier "Welcome to Germany - Menschenhandel in Deutschland" der Heinrich-Böll-Stiftung, 2014, S. 63.
  • Auch wissenschaftliche Studien lassen nur bedingt Aussagen über das Ausmaß zu, da sie häufig mit unterschiedlichen Definitionen von Menschenhandel arbeiten und auf einzelne Branchen beschränkt bleiben.QuelleFollmar-Otto/Rabe (2009): "Menschenhandel in Deutschland", S. 20

Die Zahl der polizeibekannten Fälle für Deutschland geht aus dem "Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung" hervor, das jährlich vom Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht wird. Das Lagebild erfasst jedoch nicht nur Fälle von Menschenhandel gemäß § 232 StGB, sondern auch andere Formen von Ausbeutung – wie zum Beispiel Zwangsarbeit oder Zwangsprostitution. Zudem liefert es nur Zahlen zu Betroffenen, die im Rahmen abgeschlossener Ermittlungsverfahren identifiziert wurden.

Das aktuellste Lagebild liegt für das Jahr 2018 vor. Damals registrierte die Polizei insgesamt 503 Opfer. Rund 86 Prozent von ihnen waren von sexueller Ausbeutung betroffen, rund 13 Prozent von Arbeitsausbeutung. Die anderen Betroffenen wurden beim Betteln oder bei der Begehung von Straftaten ausgebeutet.Quelle Bundeskriminalamt (2019): "Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung", S. 2; eigene Berechnungen.

Aus welchen Ländern kommen die Betroffenen von Menschenhandel?

Von den Betroffenen sexueller Ausbeutung, die 2018 identifiziert wurden, waren die meisten deutsche Staatsangehörige (rund 18 Prozent), gefolgt von bulgarischen, rumänischen (beide rund 15 Prozent) und nigerianischen Staatsangehörigen (rund 14 Prozent). Die identifizierten Betroffenen von Arbeitsausbeutung kamen größtenteils aus der Ukraine (rund 43 Prozent). Die Zahlen sind allerdings nur bedingt aussagekräftig. Denn in der Statistik werden nicht nur Fälle von Menschenhandel erfasst, sondern auch andere Formen von Ausbeutung – zum Beispiel Zwangsarbeit oder Zwangsprostitution. Zudem sind nur Fälle erfasst, zu denen im Jahr 2018 Ermittlungsverfahren abgeschlossen wurden.Quelle Bundeskriminalamt (2019): "Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung" 2018, S. 7 und 21.

Anders als oftmals angenommen, werden nicht alle Betroffenen von Menschenhandel zur Ausreise gezwungen. Viele von ihnen verlassen ihr Land freiwillig in der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen. Wissenschaftler und NGOs kritisieren daher politische Maßnahmen zur Kontrolle von Migration, die nicht – wie vorgegeben – zur Bekämpfung von Menschenhandel beitragen, sondern die Situation der Betroffenen verschlechtern.QuelleFollmar-Otto/Rabe (2009): "Menschenhandel in Deutschland", S. 18; Feingold (2005): Human Trafficking, S. 27.

Flüchtlinge als Betroffene von Menschenhandel
Eine Befragung von Opferberatungsstellen aus dem Jahr 2017 zeigt: Die Zahl der Betroffenen von Menschenhandel, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, ist in den vergangenen zwei Jahren gestiegen. Die meisten von ihnen kommen aus westafrikanischen Ländern und wurden während der Flucht ausgebeutet. Erkenntnisse zu Betroffenen aus anderen Herkunftsländern liegen bislang nicht vor. Beratungsstellen gehen jedoch davon aus, dass es eine hohe "Dunkelziffer" geben könnte.QuelleBundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel (2017): "Flucht und Menschenhandel", S. 21, 30 ff.

Wer sind die Täter von Menschenhandel?

Internationale Analysen zeigen, dass die Mehrheit der ermittelten Täter*innen aus dem näheren Umfeld der Opfer stammt. Nur in Ausnahmefällen agieren sie in großen internationalen Organisationen.QuelleUNODC: Paper (2010): "Organized crime involvement in trafficking in persons and smuggling of migrants", Feingold (2005): "Human Trafficking", S. 28.

Im Bereich der sexuellen Ausbeutung registrierte die Polizei 2018 insgesamt 552 Tatverdächtige. Rund drei Viertel von ihnen waren Männer. Die meisten Tatverdächtigen waren deutsche Staatsangehörige (rund 21 Prozent), gefolgt von Bulgar*innen (rund 19 Prozent) und Rumän*innen (rund 13 Prozent). Im Bereich der Arbeitsausbeutung wurden 30 Tatverdächtige ermittelt. Die Aussagekraft der Zahlen ist jedoch beschränkt, denn die Statistik erfasst nicht nur Menschenhandel, sondern auch andere Formen von Ausbeutung. Zudem sind nur diejenigen Fälle abgebildet, zu denen im Jahr 2018 ein Ermittlungsverfahren abgeschlossen wurde.QuelleBundeskriminalamt (2019): Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung 2018, S. 15 und 22.

In welchen Branchen wurde Menschenhandel aufgedeckt?

Die meisten Fälle, zu denen 2018 Ermittlungsverfahren abgeschlossen wurden, betrafen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Weitere Branchen, in denen Menschen ausgebeutet wurden, waren das Baugewerbe, die Gastronomie und Privathaushalte. Die Zahlen sind jedoch nur bedingt aussagekräftig, weil sie nicht nur Fälle von Menschenhandel beinhalten, sondern auch andere Formen von Ausbeutung – zum Beispiel Zwangsarbeit oder Zwangsprostitution. Zudem spiegeln sie laut Fachleuten in erster Linie die Schwerpunkte der polizeilichen Ermittlungsarbeit wider.Quelle Bundeskriminalamt (2019): "Bundeslagebild Menschenhandel und Ausbeutung 2018", S. 3 und 21; Deutsches Institut für Menschenrechte (2016): "Basisinformationen zu Menschenhandel".

Führt die Legalisierung von Prostitution zu mehr Menschenhandel?

Zur Frage, ob das deutsche Prostitutionsgesetz Menschenhandel befördert hat, gibt es keine belastbaren Daten. Im Gegenteil weisen mehrere Studien darauf hin, dass die rechtliche und soziale Gleichstellung von Prostituierten Ausbeutung und Menschenhandel vorbeugen kann, die Kriminalisierung von Prostitution dagegen nachteilige Auswirkungen für die betroffenen Frauen hat.QuelleCzarnecki et al. (2014): "Prostitution in Deutschland – Fachliche Betrachtung komplexer Herausforderungen", S. 25 f.; Dolinski (2014): "Prostitution und Menschenhandel: Die Wahrheit über das 'Nordische' und 'Schwedische' Modell"; Feingold (2005): Human Trafficking, S. 28

Dennoch taucht das Argument immer wieder in öffentlichen Debatten auf. So fordernIm Oktober 2013 forderte die Frauenzeitschrift "Emma" die Bundesregierung in einem öffentlichen Appell dazu auf, Prostitution abzuschaffen. Als Grund führte sie an, dass Prostitution untrennbar mit Frauenhandel verbunden sei und deren Legalisierung sexuelle Ausbeutung begünstigt habe. einige Politiker und Frauenorganisationen die Abschaffung von Prostitution oder die Bestrafung von Freiern mit dem Argument, dass die Legalisierung von Sexarbeit Menschenhandel Vorschub geleistet habe. Wissenschaftler und NGOs kritisieren diese Vorschläge und warnen davor, Menschenhandel für politische und moralische Zwecke zu missbrauchen.QuelleInternational Committee on the Rights of Sex Workers in Europe (2014): Pressemitteilung "560 NGOs and 94 researchers demand Members of European Parliament to reject Ms Honeyball report"; EMMA: "Appell gegen die Prostitution".

2017 trat das "Prostituiertenschutzgesetz" in Kraft. Es soll unter anderem dazu beitragen, Opfer von Menschenhandel und Zwangsprositution besser erkennen zu können. Ob das Gesetz bereits Wirkung erzielen konnte, kann laut Bundeskriminalamt noch nicht beurteilt werden.QuelleBundeskriminalamt (2018): "Bundeslagebild Menschenhandel 2017", S. 12.

News Zum Thema: Menschenhandel

Neue Rubrik  Menschenhandel – unter Zwang ausgebeutet

Am 18. Oktober ist der EU-weite Tag gegen Menschenhandel. Neben illegalen Drogen- und Waffengeschäften stellt diese schwere Form der Ausbeutung eines der größten international organisierten Verbrechen dar. Dabei handelt es sich nicht immer um verschleppte Menschen. "Menschenhandel" bezeichnet Situationen, in denen Menschen getäuscht, erpresst, bedroht oder anders dazu genötigt werden, unter prekären Bedingungen zu arbeiten. Kriminalstatistiken zufolge sind die meisten Betroffenen Migranten. Zahlen und Fakten zum Thema finden Sie in unserer neuen Rubrik "MENSCHENHANDEL".

Über uns

Der MEDIENDIENST INTEGRATION ist eine Serviceplattform für Journalistinnen und Journalisten.

Auf unserer Webseite bieten wir Zahlen, Fakten und Hintergrundberichte zu Migration, Integration und Asyl in Deutschland. Wir arbeiten eng mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammen und vermitteln Expertinnen und Experten für die Berichterstattung. Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie die aktuellen Termine zu unseren Themen.

Projektträger

Der MEDIENDIENST INTEGRATION ist ein Projekt des „Rat für Migration e.V.“, einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforscherinnen und -forschern. Er arbeitet unabhängig und will den Austausch zwischen Wissenschaft und Medien intensivieren.

letzte Tweets

MDIntegration@twitter

Kontakt

Mediendienst Integration
Schiffbauerdamm 40
10117 Berlin

mail  mediendienst-integration.de
Tel.: +49-30-200-764-80 oder -81

Informationen

  • Förderung
  • Impressum
  • Nutzungshinweise
  • Netiquette
  • Datenschutzerklärung
© 2012 - 2023 Mediendienst Integration
  • Zahlen und Fakten:
    • Flucht & Asyl
      • Ukrainische Flüchtlinge
      • Zahl der Flüchtlinge
      • Asylrecht
      • Versorgung
      • Abschiebungen
      • Duldung
      • Arbeit und Bildung
      • Ehrenamt
      • Minderjährige
      • EU-Asylpolitik
      • Syrische Flüchtlinge
      • Afghanische Flüchtlinge
    • Migration
      • Bevölkerung
      • Wer kommt, wer geht?
      • Europäische Union
      • Irreguläre
      • Staatsbürgerschaft
      • Menschenhandel
      • Corona-Pandemie
      • Klimawandel & Migration
    • Integration
      • Kita
      • Schule
      • Ausbildung
      • Hochschule
      • Arbeitsmarkt
      • Mehrsprachigkeit
      • 'Interkult. Öffnung'
      • Politische Teilhabe
      • Medien
      • Einstellungen
    • Desintegration
      • Antisemitismus
      • Diskriminierung
      • Kriminalität
      • Militanter Islamismus
      • Rechtspopulismus
      • Rechtsextremismus
      • Rassismus
    • Gruppen
      • Islam und Muslime
      • Judentum
      • Sinti & Roma
      • Postsowjetische Migrant*innen
    • English
      • About us
      • Facts & Figures
      • News
  • News
  • Experten
  • Veranstaltungen
  • Über uns
  • Kontakt
  • Newsletter
  • Themen A-Z
    • Förderung
    • Impressum
    • Nutzungshinweise
    • Netiquette
    • Datenschutzerklärung