Arbeit und Bildung
Deutschkenntnisse und ein Arbeitsplatz werden immer wieder als "Schlüssel zur Integration" genannt. Wann dürfen Geflüchtete an Integrationskursen teilnehmen? Wann dürfen sie arbeiten? Und wie viele haben bereits einen Job gefunden? In unserer Rubrik haben wir aktuelle Zahlen und Fakten zum Thema zusammengefasst.
Wie viele Flüchtlinge haben Arbeit?
Derzeit haben 703.800 Menschen aus Asylherkunftsländern eine Beschäftigung (Stand: Juli 2024), die meisten von ihnen in sozialversicherungspflichtigen Stellen (599.300). Zudem gab es 104.500 geringfügig Beschäftigte. Die Zahl der Geflüchteten in Arbeit ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen: Ende 2014 – bevor viele Geflüchtete nach Deutschland kamen – waren es rund 70.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus Asylherkunftsländern. Eine separate Statistik zu Ukrainer*innen finden Sie >>hier.Quelle
- weiterführende Infos zu Beschäftigten aus Syrien gibt es >>hier
- weiterführende Infos zu Beschäftigen aus der Ukraine gibt es >>hier
Die Beschäftigungsquoten von Menschen aus Asylherkunftsländern steigen seit Jahren: Im Juli 2024 lag ihre Beschäftigungsquote bei 44,6 Prozent. Sie ist niedriger als die von Ausländern insgesamt (55,3) und der Gesamtbevölkerung (68,8).Quelle
Wie schnell finden Geflüchtete Arbeit?
Mit längerer Aufenthaltsdauer steigt der Anteil der Geflüchteten, die einen Job gefunden haben. Mit Ausnahme eines Einschnitts während der "ersten Welle" der Corona-Pandemie setzt sich ein grundsätzlich positiver Trend der letzten Jahre fort. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat diesen Zusammenhang für Menschen untersucht, die unter anderem in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland kamen. Die Ergebnisse:
- Rund zwei Drittel, nämlich 64 Prozent der Geflüchteten, die 2015 kamen, haben einen Arbeitsplatz, davon fast Dreiviertel in Vollzeit, so ein Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2024. Ihre Beschäftigung ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.Quelle
- Nach acht und mehr Jahren Aufenthalt haben geflüchtete Männer eine höhere Erwerbstätigenquote (86 Prozent) als die durchschnittliche männliche Bevölkerung in Deutschland (81 Prozent). Bei geflüchteten Frauen liegt die Quote deutlich niedriger (33 Prozent).Quelle
- 70 Prozent üben eine qualifizierte Tätigkeit aus. Dennoch sind viele unterhalb des Ausbildungsniveaus beschäftigt, das sie vor ihrer Ankunft in Deutschland hatten, und zwar 41 Prozent der Personen, die seit sechs Jahren in Deutschland sind. Zwölf Prozent haben inzwischen eine höhere Ausbildung und eine dem entsprechende Stelle gefunden.Quelle
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie des DIW. Außerdem wird betont: Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Geflüchteten arbeitet als Fachkraft (rund 60 Prozent). Insgesamt sind es zum Beispiel ein Drittel von allen männlichen Geflüchteten, die in den letzten zehn Jahren nach Deutschland gekommen sind.Quelle
Kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland haben noch die wenigsten Geflüchteten Arbeit – denn sie unterliegen einerseits einem Arbeitsverbot, andererseits haben sie noch keine Sprachkenntnisse. Im ersten Jahr haben nur sieben Prozent von ihnen eine Stelle, nach sechs Jahren sind es 54 Prozent, nach sieben Jahren 62 Prozent.Quelle
Zwischen den Geschlechtern zeigt sich allerdings ein deutlicher Unterschied: So hatten sechs Jahre nach Zuzug 67 Prozent der Männer eine Arbeit gefunden, aber nur 23 Prozent der Frauen. Nach acht Jahren waren 39 Prozent der Frauen in Arbeit.Quelle
Wie viele Flüchtlinge sind arbeitslos?
Im Juli 2024 waren rund 814.600 Geflüchtete als arbeitsuchend bei der Bundesagentur für Arbeit oder einem Jobcenter gemeldet (mit Ukrainer*innen). Viele von ihnen befanden sich in Integrations- oder Ausbildungsmaßnahmen und waren nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar. Etwas mehr als die Hälfte, nämlich 440.600 Geflüchtete, waren im Juli 2024 als arbeitslos registriert und standen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Eine separate Statistik für Ukrainer*innen finden Sie >> hier. Quelle
Die Arbeitslosigkeit unter Menschen aus den "klassischen" "Asylherkunftsstaaten" lag niedriger: Im Juli 2024 waren rund 512.700 Menschen aus Asyl-Ländern als arbeitsuchend gemeldet und 292.700 als arbeitslos. In dieser Statistik werden alle Menschen aus Asyl-Ländern gezählt, auch wenn sie schon lange in Deutschland leben oder nicht als Geflüchtete hierher gekommen sind. Quelle
Im Juli 2024 betrug die Arbeitslosenquote von Menschen aus "Asylherkunftsstaaten" 29,7 Prozent und war somit deutlich höher als in der Gruppe der Ausländer*innen insgesamt (15,0 Prozent) und der Bevölkerung insgesamt (7,0 Prozent)(Quelle). Für die Berechnung der Arbeitslosenquote muss auf die Daten zu Menschen aus den häufigsten "Asylherkunftsstaaten" zurückgegriffen werden.Quelle
Was sagen die Arbeitsmarkt-Zahlen aus? Und was nicht? Die Bedeutung der einzelnen Statistiken haben wir in einem Artikel erklärt. Ein FAQ der Bundesagentur für Arbeit mit den häufigsten Fragen gibt es hier.
Hinweis: Arbeitslosen-Zahlen sind sowohl für "Personen im Fluchtkontext" (nach Aufenthaltstitel) als auch für "Personen aus Asylherkunftsstaaten" (nach Staatsangehörigkeit) verfügbar. In der Grafik beziehen wir uns auf die engere Gruppe der "Personen im Fluchtkontext".
Wichtige Quellen für dieses Thema sind die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit:
> "Personen im Fluchtkontext" (Arbeitslose nach Fluchtstatus)
> "Migrationsmonitor" (Arbeitslose nach Staatsbürgerschaften) sowie der
> "Zuwanderungsmonitor" des IAB (für Arbeitslosenquoten)
Wie viele Flüchtlinge machen eine Ausbildung?
Aktuell befinden sich rund 50.000 Menschen aus den acht häufigsten "Asylherkunftsländern" in einer Ausbildung (Stand: September 2023). Während die Zahl der deutschen Auszubildenden stagnierte, wuchs sie besonders bei den ausländischen Auszubildenden. Ihre Zahl hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt (Ende 2023: insgesamt 212.000) und sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung, wie die Bundesagentur für Arbeit mitteilte.Quellen
Die häufigsten Herkunftsländer von Auszubildenden mit Fluchthintergrund sind:
- Syrien (21.200)
- Afghanistan (10.100)
- Irak (8.800)
Während der Corona-Pandemie ist ihre Zahl um rund 15 Prozent zurückgegangen (September 2020: 57.000). Der positive Trend der letzten Jahre wurde damit vorerst gestoppt. Die Statistik erfasst zwar nur die Herkunftsländer und nicht den Flüchtlingsstatus der Auszubildenden; dennoch deutete der starke Anstieg der letzten Jahre darauf hin, dass mehr Flüchtlinge eine Ausbildung beginnen.Quellen
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) zählte 2022 rund 15.600 neue Ausbildungsverträge von Menschen aus Asylstaaten. Etwa Dreiviertel haben 2022 ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen (73 Prozent). Unter deutschen Auszubildenden liegt diese Quote deutlich höher (92 Prozent). Warum die Quote bei Flüchtlingen niedriger ausfällt, wird zur Zeit vom BIBB erforscht.Quelle
Wer darf eine Ausbildung machen?
Wann Flüchtlinge eine Ausbildung anfangen dürfen, hängt von ihrem Aufenthaltsstatus ab und ist ähnlich wie bei der Arbeitsaufnahme geregelt:
- Anerkannte Flüchtlinge dürfen ohne Einschränkung in Deutschland eine Ausbildung beginnen.
- Asylbewerberinnen und -bewerber können nach drei Monaten eine schulische Ausbildung beginnen. Das gilt jedoch nicht für Asylsuchende aus "sicheren Herkunftsländern": Sie dürfen während des gesamten Verfahrens weder eine Arbeit aufnehmen noch eine Ausbildung beginnen.
- Für Geduldete gilt: Seit dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes im August 2016 haben sie einen Anspruch darauf, für die Zeit einer dreijährigen Ausbildung in Deutschland zu bleiben. Finden sie nach erfolgreichem Abschluss Arbeit, die ihrer Qualifikation entspricht, können sie weitere zwei Jahre bleiben ("3+2-Regelung"). Die Bundesländer sind für die Umsetzung verantwortlich. Bewerber*innen aus "sicheren Herkunftsländern" dürfen auch mit einer Duldung unter Umständen keine Ausbildung beginnen und sind grundsätzlich von der 3+2-Regelung ausgenommen. Quellen
• Regelmäßige aktuelle Zahlen zum Thema bietet die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Publikation "Beschäftigte nach Staatsangehörigkeiten". Sie erscheint quartalsweise, immer mit etwa 6 Monaten Verzögerung.
• Viele Zahlen zu Auszubildenden mit Fluchthintergrund bietet das Bundesinstitut für Berufsbildung in dieser Tabelle (Bewerbungen, Verträge, etc., Tabellenblatt 2) (Download)
• Übersicht mit den Regeln für Unternehmen, die Geflüchtete einstellen wollen, finden sich bei der DIHK-Initiative "Unternehmen integrieren Flüchtlinge", Link
"Spurwechsel": Wie viel Geduldete machen eine Ausbildung?
Geduldete gelten als "ausreisepflichtig", können aber nicht abgeschoben werden. Sie haben nur wenige Rechte und dürfen meist nicht arbeiten. Seit einigen Jahren haben sie aber die Möglichkeit, wegen einer Ausbildung vorläufig in Deutschland zu bleiben ("Spurwechsel").
Den "Spurwechsel" über eine Ausbildung versuchen inzwischen weniger Geduldete: Rund 3.400 Menschen verfügen über eine Ausbildungsduldung (Stand: Dezember 2023), so die Bundesregierung auf Anfrage der Linkspartei. Die Zahl geht seit Jahren zurück. Und rund 1.500 Menschen hatten Ende 2023 eine Beschäftigungsduldung (1.543). Zum Vergleich: Insgesamt leben rund 194.000 Menschen mit einer Duldung in Deutschland.Quelle
Der deutliche Rückgang liegt daran, dass viele Geduldete eher die neue Möglichkeit des "Chancenaufenthalt" nutzen. Weitere haben ihre Ausbildung bereits abgeschlossen: Rund 10.000 Geduldete haben eine Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Geduldete. Das bedeutet, sie haben solch eine Ausbildung hinter sich und nun einen vorläufigen Aufenthaltstitel.Quelle
Die Regelung: Seit 2016 dürfen Geduldete, die einen Ausbildungsplatz bekommen, für drei Jahre in Deutschland bleiben ("Ausbildungsduldung"). Finden sie nach erfolgreichem Abschluss eine Arbeit, die ihrer Qualifikation entspricht, können sie weitere zwei Jahre bleiben ("3+2-Regelung"). 2020 wurde die Regelung erweitert. Geduldete können nun auch mit einer Beschäftigung in Deutschland bleiben, sofern sie zahlreiche Voraussetzungen erfüllen ("Spurwechsel").Quelle
Was ist eine Duldung?
Mit einer Duldung gilt man als "ausreisepflichtig", kann aber nicht abgeschoben werden. Während dieser Zeit haben Geduldete kaum Rechte und dürfen meist nicht arbeiten, manchmal über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg. Wichtige Ausnahmen sind die Ausbildungsduldung, die Beschäftigungsduldung und seit Ende 2022 der Chancenaufenthalt. Mehr in unserem Dossier.
Welche Unternehmen beschäftigen häufig Geflüchtete?
Kleine und mittlere Betriebe beschäftigen verhältnismäßig viele Geflüchtete, nämlich 56 Prozent der Arbeitnehmer*innen aus den acht wichtigsten außereuropäischen Asyl-Herkunftsländern. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2022. Zum Vergleich: Insgesamt arbeiten in solchen Betrieben 43 Prozent aller Beschäftigten. Eine Rolle spielen dabei Vorerfahrungen: Geflüchtete haben bessere Chancen in Betrieben, in denen bereits vorher ausländische Beschäftigte oder Geflüchtete gearbeitet haben.
Die größten Unternehmen beschäftigen vergleichsweise wenige Geflüchtete, auch wenn es Fortschritte gibt: Im Jahr 2024 arbeiteten mehr als 9.200 Beschäftigte aus Asylherkunftsländern und über 1.000 aus der Ukraine in Dax-Unternehmen in Deutschland – insgesamt 10.248 Personen. Das zeigte eine Recherche des Mediendienst. Das sind mehr als anderthalb mal so viel wie 2021. Zwei Unternehmen stechen dabei besonders hervor: Dreiviertel der Geflüchteten arbeiten bei der DHL Group (Ex-Deutsche Post, 5.593) und bei BMW (2.500).Quelle
Auch bei der Ausbildung bemühen sich Dax-Unternehmen nicht so stark wie andere. Im Jahr 2024 arbeiteten 169 Auszubildende aus Asylherkunftsländern bei Dax-Unternehmen, die auf die Umfrage geantwortet haben, und nur 18 aus der Ukraine. Vor zwei Jahren gab es noch 380 Auszubildende aus Asylherkunftsländern in Dax-Unternehmen. Damit ist die Zahl der Auszubildenden aus Asylherkunftsländern in den letzten Jahren um die Hälfte zurückgegangen.Quelle
Warum beschäftigen die großen Unternehmen so wenig Geflüchtete?
Ein Grund könnte die Personalrekrutierung sein. Große Unternehmen können sich ihr Personal gewissermaßen als erstes "aussuchen". Geflüchtete seien da möglicherweise nicht die erste Wahl, vermuten Expert*innen. Für sie sei es bequemer, wenn sie jemand einstellen, der schon perfekt Deutsch kann und einen deutschen Abschluss hat.
Außerdem ist die Personalstruktur von DAX-Unternehmen eine besondere. Dort arbeiten überdurchschnittlich viele Hochqualifizierte. Bereiche, in denen nur geringe Qualifikationen gebraucht werden, werden oft "outgesourcet". Die Deutsche Post beschäftigt viele Geflüchtete im Bereich der Zustelldienste. Sie bietet zusätzliche Sprachkurse an sowie Bewerbungstrainings und Mentor*innen-Programme. Quellen
• Zahlen und Hintergründe dazu, warum große Unternehmen seltener Geflüchtete beschäftigten, >> hier
• Im Netzwerk "Unternehmen integrieren Flüchtlinge" sind mehrere Tausend Unternehmen engagiert, die Geflüchtete beschäftigen.
Wann dürfen Flüchtlinge arbeiten?
Für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte gilt: Sie können uneingeschränkt arbeiten. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Asylsuchende hingegen, die sich noch im Asylverfahren befinden, dürfen laut Bundesagentur für Arbeit frühestens nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland arbeiten. Das Gleiche gilt für Menschen, die in Deutschland geduldet werden. Nicht arbeiten dürfen Flüchtlinge, solange sie verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.Quelle
Eine Ausnahme beim Arbeitsmarktzugang gilt für Asylsuchende aus "sicheren Herkunftsstaaten": Sie dürfen für die gesamte Zeit des Asylverfahrens nicht arbeiten. Auch für Geduldete aus diesen Ländern gibt es keine Arbeitserlaubnis. In einem Artikel hat der MEDIENDIENST die Bestimmungen für Asylbewerber*innen aus "sicheren Herkunftsländern" zusammengefasst. Quelle
Seit August 2019 ist die "Vorrangprüfung" ausgesetzt. Sie besagte, dass Asylsuchende und Geduldete sich zwar um eine Arbeit bemühen können. Allerdings hatten andere zuerst Vorrecht auf die Stelle, nämlich alle deutschen Arbeitnehmer*innen, EU-Bürger*innen und bestimmte andere Ausländer*innen nach dem "Vorrangprinzip".Quelle
Geduldete, die schon länger in Deutschland leben, können seit Anfang 2023 versuchen, über das Chancen-Aufenthaltsrecht einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu erreichen. Ausführliche Infos dazu gibt es in unserer Rubrik.
> Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat eine Übersicht zum Thema Arbeitsmarktzugang veröffentlicht.
> Das Bundesarbeitsministerium fasst die wichtigsten Infos in einer Übersicht zusammen.
> Eine gutes FAQ zur rechtlichen Rahmenbedingungen bietet die Initiative "Unternehmen integrieren Flüchtlinge"
Wie viele Flüchtlingskinder gehen in die Schule?
Die Schulpflicht in Deutschland gilt auch für geflüchtete Kinder und Jugendliche. In einigen Bundesländern (Berlin, Bremen, Hamburg, Saarland und Schleswig-Holstein) setzt die Schulpflicht mit dem Asylantrag ein. In anderen hingegen beginnt sie nach drei (wie in Bayern und Thüringen) oder sechs Monaten (wie in Baden-Württemberg). Oft gilt die die Schulpflicht erst, wenn die Kinder die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen haben und einer Kommune zugewiesen wurden. In manchen Erstaufnahmeeinrichtungen erhalten die Kinder gesonderten Unterricht. Unabhängig davon gilt das Recht auf einen Schulbesuch nach Artikel 28 UN-Kinderrechtskonvention.Quelle
Es gibt keine Zahlen dazu, wie viele geflüchtete Kinder und Jugendliche eine Schule besuchen. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) schätzt, dass rund 130.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche zwischen Januar 2015 und März 2018 neu in das Schulsystem eingetreten sind.Quelle
Aus einer Kurzanalyse des BAMF geht hervor, dass 93 Prozent der 6- bis 10-jährigen Geflüchteten eine Schule besuchen, unter gleichaltrigen ohne Fluchthintergrund sind es 98 Prozent. Unter den 15- und 16-Jährigen sind es 87 Prozent der Geflüchteten und 98 bis 99 Prozent der Jugendlichen ohne Fluchthintergrund.Quelle
Laut einer Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe 2021 warten geflüchtete Kinder im Durchschnitt 7,1 Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland darauf, am Schulunterricht teilzunehmen. Sie werden öfter in nicht-altersgemäßen Klassenstufen unterrichtet: 40,2 Prozent der 15-Jährigen mit Fluchterfahrung besuchen die Klassenstufen 6-8. Unter den 15-Jährigen ohne Flucht- oder Migrationshintergrund sind es 6,5 Prozent. Für geflüchtete Jugendliche hängt viel davon ab, an welchen Schulen die "Zuwandererklassen" stattfinden, die sie auf den Übergang in andere Klassen vorbereiten sollen. Finden sie an Haupt- oder Realschulen statt, schaffen sie es seltener, ans Gymnasium zu wechseln.Quelle
Eine Studie des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung kommt 2022 zum Ergebnis, dass der Bildungserfolg von geflüchteten Kindern im Grundschulalter sich deutlich reduziert, wenn sie eine Vorbereitungsklasse anstelle einer Regelklasse besuchen. Insbesondere in den Fächern Deutsch und Mathematik sind Unterschiede sichtbar, aber auch in Englisch und den Naturwissenschaften. Außerdem schafften Kinder in Vorbereitungsklassen mit geringerer Wahrscheinlichkeit den Sprung auf ein Gymnasium. Sie landeten häufiger in einer weiterführenden Schule mit einem hohen Migrant*innenanteil. Für die Untersuchung analysierten die Forscherinnen Daten aus den Jahren 2013 bis 2019 aus Hamburg.Quelle
In einer Expertise für den MEDIENDIENST schreiben die Bildungswissenschaftlerinnen Juliane Karakayali und Birgit zur Nieden 2016 zu Berliner "Willkommensklassen": Die separierte Beschulung produziert eine Reihe von organisatorischen Problemen – etwa durch eine hohe Fluktuation in den Klassen. Die Forscherinnen empfehlen, geflüchtete Kinder möglichst schnell in Regelklassen zu integrieren und separaten Deutschunterricht anzubieten.
Flüchtlinge an Hochschulen
Mehr als 3.700 "Studierende mit Fluchthintergrund" haben sich laut einer Umfrage im Wintersemester 2018/2019 neu an deutschen Hochschulen immatrikuliert. Seit 2015 sind über 10.000 Geflüchtete neu hinzugekommen. Knapp 5.200 absolvierten im vergangenen Semester studienvorbereitende Maßnahmen. Über 27.000 nahmen an einer Studienberatung teil.
Flüchtlinge gelten für deutsche Hochschulen als ausländische Studienbewerber. Wie diese müssen sie eine Hochschulzugangsberechtigung und ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen. Um sich einzuschreiben, ist kein bestimmter Aufenthaltsstatus erforderlich. Laut einer Studie der Universität Hildesheim stehen Geflüchtete jedoch vor besonderen Schwierigkeiten, wenn ihr Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist oder sie geduldet werden: Die Wohnsitzauflage für Asylbewerber und Geduldete schränkt die Wahl des Studienorts ein. Zudem sind sie in den ersten 15 Monaten in Deutschland nicht gesetzlich krankenversichert, die Hochschulen verlangen jedoch den Nachweis einer Krankenversicherung.
Zeugnisse, die belegen, dass sie die Hochschulzugangsberechtigung in ihrem Herkunftsland bereits erworben haben, können Flüchtlinge häufig nicht vorlegen. Für diesen Fall hat sich die Kultusministerkonferenz im Dezember 2015 auf ein dreistufiges Verfahren zu Anerkennung geeinigt. Wie dieses in der Praxis umgesetzt wird, bestimmen die Bundesländer selbst.
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Koalitionsvertrag Mehr sichere Herkunftsstaaten?
Algerien, Marokko, Indien und Tunesien sollen bald als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Darauf haben sich die zukünftigen Regierungsparteien geeinigt. Welche Staaten aktuell als sicher gelten und wie viele Asylbewerber aus den Ländern kommen, haben wir hier zusammengefasst.
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Der Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung sieht die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre vor. Der Mediendienst hat aktuelle Zahlen und Studien zum Thema zusammengestellt.
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