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Rechtsextremismus

Die Gefahr durch Rechtsextremismus in Deutschland ist hoch. Das zeigen unter anderem die jüngsten Anschläge in Kassel, Halle und Hanau. Zu einem geschlossenen rechtsextremistischen Weltbild gehört laut Fachleuten die Ablehnung von ethnischen und religiösen Minderheiten. Zu verstehen, was Rechtsextremismus ausmacht und wie er sich äußert, ist in der Einwanderungsgesellschaft daher wichtig.

Wie verbreitet sind rechtsextreme Einstellungen in Deutschland?

Stand: Dec. 2024

Die "Mitte-Studie" 2022/2023 zeigt: 8,3 Prozent der Bevölkerung haben ein geschlossen rechtsextremes WeltbildBei den Befragungen werden die Studienteilnehmenden nach ihrer Zustimmung zu 18 Aussagen befragt. Darunter sind Themen wie Antisemitismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus und Befürwortung einer rechten Diktatur. Wer durchschnittlich allen Aussagen zustimmt, hat ein geschlossen rechtsextremes Weltbild.. Das ist ein erheblicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren, in denen der Anteil zwischen zwei und drei Prozent lag. Auch der Anteil der Menschen, die rechtsextreme Einstellungen nicht eindeutig ablehnen und damit offen oder anfällig für rechte Einstellungen sind, hat zugenommen. Er liegt bei 20,1 Prozent im Vergleich zu 12,1 Prozent bei der Erhebung 2020/21.QuelleFriedrich-Ebert-Stiftung (2023): "Die distanzierte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2022/23, S. 71, LINK

Großen Zuspruch erhalten der Mitte-Studie zufolge einzelne Aussagen, die auf rechtsextreme Einstellungen hindeuten. Ein Beispiel: Rund 40 Prozent sind der Meinung "Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben." 27 Prozent stimmen teilweise zu, teilweise nicht. Knapp 24 Prozent finden, Deutschland brauche "eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert." QuelleFriedrich-Ebert-Stiftung (2023): "Die distanzierte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2022/23, S. 64f, LINK

Laut der Autoritarismus Studie 2024 der Universität Leipzig stieg der Anteil von Menschen mit geschlossen rechtsextremem Weltbild erstmals im Vergleich zu vorangegangenen Befragungen leicht an (von 3 auf 4,5 Prozent in Ost- und Westdeutschland). Vorher war er jahrelang zurückgegangen: von fast zehn Prozent 2002 auf knapp drei Prozent 2022. Außerdem stimmt inzwischen jede*r fünfte Befragte Positionen gegen Ausländer zu (21,8 Prozent), im Osten ist es knapp jeder dritte (31,5 Prozent). Eine weitere Studie der Autoren stellte 2023 fest, dass sieben Prozent der Bevölkerung in Ostdeutschland ein geschlossen rechtes Weltbild vertreten.QuelleDecker et al. (2024): "Autoritarismus-Studie 2024: Vereint im Ressentiment,", Seite 48 und Seite 50, Link; Decker et al. (2023): "Autoritäre Dynamiken und die Unzufriedenheit mit der Demokratie. Die rechtsextreme Einstellung in den ostdeutschen Bundesländern", S. 10f, LINK

Warum kommen die "Autoritarismus"-Studie und die "Mitte"-Studie zu unterschiedlichen Ergebnissen?

Es gibt mehrere Studien, die rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung untersuchen. Die beiden größten Studien sind die Mitte-Studie (Friedrich-Ebert-Stiftung und Universität Bielefeld) und die Autoritarismus-Studie (Heinrich-Böll-Stiftung und Universität Leipzig). Beide sind repräsentativ, werden jeweils etwa alle zwei Jahre durchgeführt und erscheinen abwechselnd. Obwohl sie teilweise exakt dieselben Fragestellungen haben, kommen sie zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Dies liegt an den unterschiedlichen Befragungsmethoden: Bei der Autoritarismus-Studie und der Studie zu rechtsextremen Einstellungen in Ostdeutschland kommen die Forschenden zu den Befragten nach Hause und übergeben ihnen einen Papierfragebogen. Die Befragten beantworten die Fragen schriftlich und können im Anschluss den Fragebogen in einem verschlossenen Briefumschlag zurückgeben. So erfahren die Forschenden nicht, welche Antworten die Befragten geben.

Die Befragung der Mitte-Studie hingegen wird telefonisch durchgeführt: Hier müssen die Befragten den Forschenden direkt sagen, was sie denken. In den Telefoninterviews fällt die Zustimmung zu vielen Aussagen anders aus, da die Menschen ihre Ansichten einer fremden Person gegenüber am Telefon nicht so offen zugeben. Die Autor*innen der Mitte-Studie gehen zudem davon aus, dass rechtsextreme oder wissenschaftsfeindliche Personen seltener an derartigen Studien teilnehmen. Das führe dazu, dass die Mitte-Studie das Ausmaß rechtsextremer Einstellungen eher unterschätzt.QuelleFriedrich-Ebert-Stiftung (2023): "Zentrale Ergebnisse der Mitte-Studie 2022/23", LINK; Universität Leipzig: "FAQ zu den Leipziger Autoritarismus Studien, LINK; Decker et al. (2023): "Autoritäre Dynamiken und die Unzufriedenheit mit der Demokratie. Die rechtsextreme Einstellung in den ostdeutschen Bundesländern", S. 5, LINK

Rechtsextremismus am Arbeitsplatz

Knapp jeder Dritte in Deutschland (32 Prozent) hat am eigenen Arbeitsplatz schon einmal rechtsextreme Einstellungen beobachtet. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Vereins Gesicht Zeigen. Rund 8 Prozent gaben an, dass solche Einstellungen sich gegen sie persönlich richteten. Nur 17 Prozent der Personen, die am Arbeitsplatz rechte Haltungen beobachtet haben, berichten, dass die Vorfälle Konsequenzen hatten.QuelleGesicht zeigen (2024): "Unternehmen in Verantwortung", S. 13, 15, 38, LINK

Wie viele Rechtsextreme gibt es in Deutschland?

Stand: Aug. 2025

2024 gab es laut Verfassungsschutzbericht 50.250 Rechtsextreme in Deutschland. Das sind knapp 10.000 Personen und damit 24 Prozent mehr als im Vorjahr (2023: 40.600). Wichtigster Grund für den Anstieg ist, dass die Zahl der AfD-Mitglieder und somit auch die Zahl der AfD-Mitglieder, die als rechtsextrem gelten, zugenommen hat. Auch die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremen ist im vergangenen Jahr gestiegen: Von 14.500 im Jahr 2023 auf 15.300 im Jahr 2024. Bereits 2022 war die Anzahl der Rechtsextremist*innen gestiegen – unter anderem, weil das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft hatte.QuelleBundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 67f., S. 101, LINK sowie Bundesinnenministerium (2024): "Verfassungsschutzbericht 2023", S. 78, LINK

Der Verfassungsschutzbericht enthält auch Angaben darüber, wie sich Rechtsextreme organisieren:

  • 2024 waren 25.000 Rechtsextreme in Parteien organisiert. Das sind 8.700 mehr als im Vorjahr. Der Anstieg geht hauptsächlich auf Mitglieder der AfD zurück. Sie ist die mit Abstand mitgliederstärkste rechte Partei und rechtsextremer Verdachtsfall.
  • 8.500 Personen gehörten parteiunabhängigen Strukturen an – zum Beispiel der "Identitären Bewegung", der "Compact Magazin GmbH" oder dem "Institut für Staatspolitik".
  • 18.000 Rechtsextreme konnten keiner Organisation zugerechnet werden.Quelle Bundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024, S. 67, LINK.

Mehr zur AfD in unserem Onlinedossier "Ist die AfD rechtsextrem?"

Fahndungen nach Rechtsextremen

Zum Stichtag 30.9.2024 fahndete die Polizei nach 555 Personen aus dem rechten politischen Spektrum. Gegen sie lagen insgesamt 730 offene Haftbefehle vor.QuelleBundestag (2025): "Drucksache 20/14474", S. 2, LINK;

Waffenbesitz von Rechtsextremen

Wie viele Rechtsextremisten illegal Waffen besitzen, ist nicht bekannt. Es gibt Zahlen zum legalen Waffenbesitz: Mehr als 1.000 Rechtsextreme und sogenannte Reichsbürger besitzen eine waffenrechtliche Erlaubnis, wie Medienrecherchen aus dem August 2025 zeigen. Sie verfügen über mindestens 1.765 Schusswaffen. Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich höher, nicht alle Bundesländer machten Angaben. Mehr als 300 Waffenerlaubnisse von Extremisten, die meisten davon Rechtsextreme, wurden entzogen oder zurückgegeben (2023: 376).QuelleTagesschau (2025): "Extremisten besitzen tausende legale Schusswaffen", LINK

Zahl rechtsextremer Straftaten

Stand: Aug. 2025

2024 gab es 42.788 rechtsmotivierte Straftaten, darunter 1.488 Gewaltdelikte. Die Gesamtzahl ist im Vergleich zum Vorjahr erneut deutlich gestiegen, sie nahm um 48 Prozent zu. Knapp zwei Drittel der Straftaten waren Propagandadelikte (62 Prozent) wie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Ein Viertel der Taten wurde online bzw. mittels Internet begangen (10.732).QuelleBundesinnenministerium (2025): "Fallzahlen politisch motivierte Kriminalität 2024", S. 4, 8, Link (Download)

2023 zählte das Bundesinnenministerium 28.945 rechte Straftaten, die Zahl war im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent gestiegen. Mehr als die Hälfte der Straftaten waren Propagandadelikte (rund 58 Prozent). Bereits 2022 hatte die Zahl rechtsmotivierter Straftaten zugenommen. Fachleute und Opferberatungsstellen weisen darauf hin, dass rechtsmotivierte Straftaten nicht ausreichend erfasst werden.QuelleBundesinnenministerium (2024): "Bundesweite Fallzahlen 2023 Politisch motivierte Kriminalität", S. 4f, LINK

Studien des Center for Research on Extremism der Universität Oslo zeigen: Die Gefahr rechtsextremer Gewalt ist in Deutschland im Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern anhaltend hoch. 2023 verzeichnete Deutschland in absoluten Zahlen die meisten vollendeten rechtsextremen Angriffe. Die absoluten Zahlen können wegen einer anderen Zählweise von den Zahlen der deutschen Behörden abweichen.Quelle Center for Research on Extremism (2025): "RTV Trend Report 2024. Right-Wing Terrorism and Violence in Western Europe 1990-2023", S. 3, 7, 10, LINK 

Untererfassung rechter Straftaten

Politische Taten erfasst die Polizei in der Statistik zur Politisch Motivierten Kriminalität (PMK). Erfasst werden fünf sogenannte Phänomenbereiche: rechts, links, nicht zuzuordnen, ausländische Ideologie, religiöse Ideologie. Fachleuten zufolge hat die PMK Schwächen, die dazu führen können, dass die Polizei politische Taten nicht erkennt oder nicht zuordnen kann:

  • Eingangsstatistik: Bereits zu Beginn der polizeilichen Ermittlungen prüfen örtliche Beamt*innen, ob eine Tat möglicherweise politisch motiviert war. Die Einordnung als beispielsweise politisch links oder rechts motiviert erfolgt also zu einem sehr frühen Zeitpunkt, spätere Erkenntnisse werden oft nicht in der Statistik berücksichtigt.
  • Fehlende Sensibilisierung: Ob die Polizei eine Tat als politisch motiviert einstuft, hängt maßgeblich von der Einschätzung der zuständigen Beamt*innen ab und ob sie zum Beispiel szenetypische Codes erkennen.
  • Uneinheitliches Vorgehen: Es gibt keine einheitlichen Formulare zur Erfassung politisch motivierter Straftaten. Wie Straftaten eingestuft werden, kann sich zwischen einzelnen Polizeidienststellen und den Bundesländern deutlich unterscheiden.
  • Ungenaue Definitionen: Damit eine Tat als politisch motiviert gilt, muss die politische Motivation "tatauslösend" sein. Das ist schwer festzustellen. Unklar ist dabei etwa, ob das generelle Verhalten und Einstellungen der Verdächtigen entscheidend sind, oder nur die Motivation während der Tat.
  • Untererfassung rechter Straftaten: Verbände weisen darauf hin, dass Betroffene rechter Gewalt oft wenig Vertrauen in Behörden haben und Straftaten nicht anzeigen.QuelleFür die Kritik vgl. Straud (2018): "Straf- und Gewalttaten von rechts: Wie entstehen die offiziellen Statistiken? PMK - Methoden und Debatten", bpb., LINK; Lang (2018): "Warum die Zahlen der Behörden zu niedrig sind", Expertise für den MEDIENDIENST, LINK; Habermann und Singelnstein (2019): "Praxis und Probleme bei der Erfassung politisch rechtsmotivierter Kriminalität durch die Polizei", IDZ, LINK

Rechtsextreme Parteien in Deutschland

Stand: Jun. 2025

Ist die AfD rechtsextrem?
Der Verfassungsschutz stuft die AfD als "gesichert rechtsextremistisch" ein, wogegen die Partei geklagt hat. Dazu ausführlich in "Ist die AfD rechtsextrem?"

Im Verfassungsschutzbericht 2024 führt das Bundesinnenministerium folgende rechtsextremistische Parteien auf:

"Die Heimat" (ehemals NPD)

Die Partei "Die Heimat" wurde 1964 gegründet, bis Juni 2023 hieß sie "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD). Sie hat etwa 2.500 Mitglieder (2023: 2.800) und ist die älteste Partei in Deutschland, die als rechtsextremistisch eingestuft wird. Sie ist in allen 16 Bundesländern mit Verbänden vertreten. Im Bundestag hat "Die Heimat" keine Sitze. Bei der Wahl 2021 kam sie auf 0,1 Prozent der Zweitstimmen. 2017 waren es noch 0,4 Prozent. 

Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Januar 2024 ist die Partei wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen für sechs Jahre von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen. 2017 ist das zweite NPD-Verbotsverfahren gescheitert. Laut Bundesverfassungsgericht verfolgte die Partei zwar "verfassungsfeindliche Ziele", es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie diese Ziele erfolgreich durchsetzen könne.QuelleBundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 95ff, 107, LINK; Bundeswahlleiter (2021): "Bundestagswahl 2021: Endgültiges Ergebnis", LINK; Bundesverfassungsgericht (2024): "Pressemitteilung zu Urteil 2 BvB 1/19", LINK; (2017): Pressemitteilung Nr. 4/2017, LINK

"Freie Sachsen"

Die Partei "Freie Sachsen" wurde 2021 gegründet, 2024 hatte sie 1.200 Mitglieder in vier Kreisverbänden in Sachsen und einem in Thüringen. Sie ist für zahlreiche Demonstrationen, u.a. vor geplanten Unterkünften für Geflüchtete in Sachsen verantwortlich. Laut Verfassungsschutz hat sie ehrheblichen Einfluss auf das Demonstrationsgeschehen in Sachsen. Die Partei sieht sich selbst im "Widerstand" gegen den demokratischen Staat. Bei der Landtagswahl in Sachsen erreichte sie 2,2 Prozent und scheiterte damit zwar am Einzug ins Parlament, erhielt aber Zugang zur staatlichen Parteienfinanzierung.Quelle Bundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 99f, 111, LINK; s. auch Konrad Adenauer Stiftung (o.D): "Freie Sachsen", LINK; Kiess, J.; Nattke, M. (2024): "Widerstand über alles. Wie die Freien Sachsen die extreme Rechte mobilisieren", LINK

"Der III. Weg"

"Der III. Weg" wurde 2013 gegründet. 2024 betrug die Mitgliederzahl 950 (2023: 800). Die Partei verfügt laut Verfassungsschutzbericht über vier Landesverbände. Die ideologischen Aussagen der Partei „Der III. Weg“ sind geprägt vom historischen Nationalsozialismus, Antisemitismus und Rassismus. In ihrem „Zehn-Punkte-Programm“ propagiert die Partei unter anderem die Schaffung eines „Deutschen Sozialismus“ sowie die Entwicklung und Erhaltung der „biologischen Substanz des Volkes“.Quelle Bundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 97f, 110, LINK; s. auch Konrad Adenauer Stiftung (o.D.): "Der III. Weg", LINK

"Die Rechte"

Der Verfassungsschutz listete die Partei 2024 noch als rechtsextreme Partei, beobachtet aber seit Jahren einen Niedergang. Zahlreiche Mitglieder traten 2023 der Partei "Die Heimat" bei. Laut Verfassungsschutz existierten 2024 nur noch Reststrukturen. Im März 2025 gab "Die Rechte" die Selbstauflösung der Gesamtpartei und aller Verbände bekannt. "Die Rechte" machte vor allem durch rassistische Agitation, geschichtsrevisionistische Thesen und antisemitische Positionen auf sich aufmerksam.QuelleBundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 96f, LINK; "Verfassungsschutzbericht 2023", S. 108f, 123, LINK

Ist die AfD rechtsextrem?

Stand: Aug. 2025

Im Mai 2025 hat der Verfassungsschutz die Partei "Alternative für Deutschland (AfD)" als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Die AfD hat dagegen Klage eingereicht. Bis zum Gerichtsurteil hat der Verfassungsschutz eine "Stillhaltezusage" abgegeben, das heißt, er setzt die Hochstufung der AfD vorläufig aus.QuelleTagesschau, "Verfassungsschutz setzt AfD-Einstufung vorerst aus" (8.5.2025) LINK

Bislang war die AfD als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. Auch dagegen hatte die AfD geklagt, jedoch ohne Erfolg. Im Mai 2024 entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW: Diese Einstufung der Partei durch den Verfassungsschutz ist rechtens. Laut OVG gibt es in der AfD ausreichend konkrete Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, die sich etwa gegen Menschen mit Migrationshintergrund richten. 

Das OVG NRW bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz – ein Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts von März 2022. Das Urteil des OVG NRW ist rechtskräftig. Die AfD hatte auch diese Entscheidung angefochten, scheiterte damit aber im Juli 2025 vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die AfD hatte 2025 nach eigenen Angaben rund 53.000 Mitglieder. Laut Verfassungsschutz sind 20.000 davon Rechtsextremist*innen.QuelleBundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 67; 101 LINK; Bundeszentrale für politische Bildung (2025): Alternative für Deutschland – Factsheet Feb.2025, LINK

Gruppierungen der AfD, die der Verfassungsschutz bis Mai 2025 als gesichert rechtsextrem einstufte:

  • Die Landesverbände in Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gelten als gesichert rechtsextrem.QuelleTagesschau (2023): "AfD in Sachsen gesichert rechtsextremistisch", Link; "AfD Sachsen-Anhalt gesichert rechtsextremistisch", Link; Süddeutsche Zeitung 2021: Höckes AfD-Landesverband ist "erwiesen rechtsextrem"; Bundesinnenministerium 2021: Verfassungsschutzbericht 2020, S. 94; Innenministerium Brandenburg (2025): "AfD Brandenburg ist gesichert rechtsextremistisch", LINK
  • Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die Jugendorganisation der Partei ("Junge Alternative", JA) als gesichert rechtsextrem ein. Im März 2025 hat sich der Verein offiziell aufgelöst. Medienberichten zufolge soll er durch eine neue Jugendorganisation ersetzt werden. Die Organisation verfügte über 16 Landesverbände und hatte eigenen Angaben zufolge mehr als 3.000 Mitglieder (Stand: Dezember 2024). Über die Einstufung der Landesverbände entschieden die Landesämter für Verfassungsschutz. Als gesichert rechtsextrem galten der thüringische, sächsische und der Brandenburger Landesverband.QuelleBundesinnenministerium (2024): "Verfassungsschutzbericht 2023", S. 117, 126, LINK; Verfassungsschutz Thüringen (2024): ",Junge Alternative Thüringen' als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung eingestuft", LINK; ZEIT Online (2024): "Verfassungsschutz darf AfD-Nachwuchs als rechtsextrem einstufen", LINK; MDR (2023): "Verfassungsschutz stuft AfD-Jugend auch in Sachsen als rechtsextremistisch ein", LINK; Polizei Brandenburg (12.7.2023): "Verfassungsschutz stuft AfD-Jugendorganisation als gesichert rechtsextremistische Bestrebung hoch", LINK; RND (2024): "AfD will Jugendorganisation durch neue Gruppierung ersetzen", LINK
  • Auch den "Flügel" in der AfD stufte der Verfassungsschutz als Gruppierung mit "gesichert rechtsextremistischer Bestrebung" ein. Nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die Einstufung der Gruppierung im März 2020 bekanntgab, löste sich der "Flügel" zum 30. April offiziellVon den zwei wichtigsten Vertretern des „Flügels“ ist nur noch Björn Höcke als AfD-Fraktionsvorsitzender in Thüringen tätig. Andreas Kalbitz verlor seine Position als Fraktionsvorsitzender der AfD in Brandenburg, nachdem bekannt wurde, dass er seine Mitgliedschaft in der mittlerweile verbotenen neonazistischen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) bei Abschluss der AfD-Mitgliedschaft verschwiegen hatte. Der Verfassungsschutz vermutet, dass der „Flügel“ inoffiziell weiteragiert. auf.QuelleBundesinnenministerium 2021: Verfassungsschutzbericht 2020, S. 93f; Bundesamt für Verfassungsschutz (2020): Pressemitteilung vom 12. März 2020, "Bundesamt für Verfassungsschutz stuft AfD-Teilorganisation 'Der Flügel' als gesichert rechtsextremistische Bestrebung ein"

Gruppierungen der AfD, die der Verfassungsschutz als rechtsextreme Verdachtsfälle beobachtet:

  • Der Landesverband der JA in Nordrhein-Westfalen wird als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft.QuelleTagesschau (2023): "'Junge Alternative' in NRW wird Verdachtsfall", LINK
  • Außerdem beobachtet der Verfassungsschutz die Landesverbände der AfD in Bremen, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen und Bayern als rechtsextreme Verdachtsfälle.QuelleSPD Bürgerschaftsfraktion Land Bremen (2022): Pressemitteilung: Bremer AfD: Jetzt offiziell ein Fall für den Verfassungsschutz; Niedersächsisches Innenministerium (2022): Presseinformation: Niedersächsischer Verfassungsschutzbericht 2021, Innenministerium Baden-Württemberg (2023): "Verfassungsschutz darf AfD in Baden-Württemberg beobachten", LINK; Landesamt für Verfassungsschutz Hessen (2022): Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2021; Hessenschau (2023): "Hessische AfD darf vom Verfassungsschutz beobachtet werden", LINK

Expert*innen bestätigen die Radikalisierung der Partei: Die AfD erkenne zwar die Grundprinzipien der deutschen Verfassungsordnung an und versuche sich vom Rechtsextremismus abzugrenzen. Sie stelle jedoch die Gleichheit aller Menschen in Frage und greife mitunter auf rechtsextreme Begriffe zurück. Mittlerweile ordnen zahlreiche Expert*innen auch die Gesamtpartei als rechtsextrem ein. Das Deutsche Institut für Menschenrechte etwa beobachtet "offen ausgesprochene Drohungen" von Führungspersonen und Mandatsträger*innen der AfD, "in denen sie der Gewalt zur Erreichung ihrer politischen Ziele das Wort reden."QuelleBpB (2020: "Kurz und bündig: Die AfD"; Deutscher Gewerkschaftsbund 2021: Die AfD vor der Bundestagswahl 2021; SWR Report Mainz 2021: Fragwürdige Mitarbeiter: Die AfD und ihre Rechtsextremen; Deutsches Institut für Menschenrechte (2021): "Nicht auf dem Boden des Grundgesetzes"

Rechtsextreme Einstellungen unter AfD-Anhänger*innen

21 Prozent der AfD-AnhängerPersonen, die angaben, dass sie bei einer anstehenden Wahl die AfD wählen würden oder schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben haben ein geschlossen rechtsextremes Weltbild. Unter Anhänger*innen anderer Parteien sind es sechs Prozent. Das zeigen Befragungen für die Mitte-Studie von 2023. 90 Prozent der AfD-Anhänger*innen stimmen rassistischen und national-chauvinistischen Aussagen eindeutig oder teilweise zu. 60 Prozent befürworten eine Diktatur eindeutig oder teilweise. 52 Prozent billigen Gewalt eindeutig oder teilweise.QuelleZick, Andreas & Eden, Marco (2024): "Mitte rechtsaußen oder rechtsdraußen? Bericht zu den Einstellungen der AfD-Anhängerschaft in der Mitte-Studie 2022/23", S. 8ff, LINK

Rechtsextreme Mitarbeiter*innen von AfD-Abgeordneten

AfD-Bundestagsabgeordnete beschäftigen in ihren Büros Medienrecherchen zufolge mehr als 100 Mitarbeitende aus dem rechtsextremen Milieu. Darunter sind Neonazis, Aktivisten aus dem Umfeld der "Identitären Bewegung" und Ideologen aus der Neuen Rechten. Mehr als die Hälfte der AfD-Abgeordneten beschäftigt Personen von Organisationen, die der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft.QuelleBayerischer Rundfunkt (2024): "AfD im Bundestag: Mehr als 100 rechtsextreme Mitarbeiter", LINK

Dürfen AfD-Mitglieder Beamt*innen sein?

Beamt*innen müssen sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen§60 BBG, §33 BeamtStG. Eine Mitgliedschaft in der AfD, die als gesichert rechtsextremistisch gilt, könnte für Beamt*innen Konsequenzen haben, etwa Geldbußen oder Entlassungen. Die Verfassungstreue der Beamt*innen muss einzelfallspezifisch geprüft werden, wie es aus dem BundesinnenministeriumSiehe Tagesschau, "Müssen Beamte mit AfD-Bekenntnis mit Konsequenzen rechnen?" (6.5.2025), LINKund den BundesländernSiehe Tagesschau, "AfD-Mitglieder im Staatsdienst? Länder setzten auf Einzelfallprüfung" (16.7.2025), LINK heißt. Wie der Verfassungsschutz die Partei einstuft, ist nicht entscheidend für disziplinarrechtliche Verfahren, seine Beurteilung kann aber zur Begründung herangezogen werden.QuelleDeutsches Institut für Menschenrechte (2022): "Rassistische und rechtsextreme Positionierungen im Dienste des Staates?"

Zur Frage, unter welchen Bedingungen Beamt*innen in der AfD um ihre Stellen fürchten müssen, gibt es unterschiedliche Einschätzungen:

  • Im Juni 2020 stellte das Bundesinnenministerium klar: Allein die Mitgliedschaft in einer Partei, die der Verfassungsschutz als "Prüffall" oder "Verdachtsfall" beobachtet, hat keine beamtenrechtlichen Konsequenzen.Quelle Bundesinnenministerium 2020: Bericht des BMI zum Thema Disziplinarrechtliche Konsequenzen bei extremistischen Bestrebungen.
  • Ein von der AfD in Auftrag gegebenes juristisches Gutachten kommt zu demselben Schluss.Quelle Tagesschau 2021: Was passiert mit Beamten in der AfD
  • Eine Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte sieht hingegen juristische Möglichkeiten, um disziplinarrechtliche Sanktionen für Beamt*innen, die Mitglied der AfD sind, zu verhängen. Nur wenn sie sich aktiv in der Partei gegen verfassungsfeindliche Positionen einsetzen, wäre eine AfD-Mitgliedschaft mit der Pflicht zur Verfassungstreue vereinbar. QuelleDeutsches Institut für Menschenrechte (2022): "Rassistische und rechtsextreme Positionierungen im Dienste des Staates?", Bundesinnenministerium (2020): "Disziplinarrechtliche Konsequenzen bei extremistischen Bestrebungen"

"Reichsbürger" und "Selbstverwalter"

Stand: Jun. 2025

Die Begriffe "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" bezeichnen eine heterogene Gruppe von Einzelpersonen und Splittergruppen, die eine Mischung aus rechtsextremistischen, antisemitischen und verschwörungstheoretischen Ideologien verfolgen. Gemein ist ihnen, dass sie die Bundesrepublik nicht anerkennen. Teils behaupten sie, das "Deutsche Reich" bestehe bis heute fort. Viele "Reichsbürger" verweigern daher die Zahlung von Steuern, stellen sich eigene Dokumente aus oder setzen Behördenmitarbeiter*innen unter Druck. "Selbstverwalter" bezeichnen ihr Haus oder Grundstück meist als eigenes Hoheitsgebiet, das sie im Zweifelsfall auch mit Waffen verteidigen würden.Quelle Bundesinnenministerium (2024): Verfassungsschutzbericht 2023, S. 132, LINK.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz schätzt die Zahl der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 2024 bundesweit auf etwa 26.000 (2023: 25.000), davon sind 2.600 gewaltorientiert. Bei 1.400 "Reichsbürgern" handele es sich um Rechtsextremisten. Laut den Behörden sind nicht alle "Reichsbürger" rechtsextremistisch eingestellt. Fachleute betonen jedoch, dass die Ideologie der "Reichsbürger" im Kern rechtsextrem sei.QuelleBundesinnenministerium (2025): Verfassungsschutzbericht 2024, S. 122, LINK; CeMAS (2023): "Durch die Krise ins Reich. Postpandemische Entwicklungen von "Reichsbürgern" und Souveränist:innen in Deutschland", S. 14-18, LINK; Amadeu Antonio Stiftung (2019): "'Reichsbürger' und Souveränisten", S. 8; Mediendienst Integration (2017): "Wie umgehen mit 'Reichsbürgern'?"

Am 13. Mai 2025 hat das Bundesinnenministerium den Verein „Königreich Deutschland“, die größte Vereinigung der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene, verboten. Im März 2020 hatte das Bundesinnenministerium erstmals eine Reichsbürgervereinigung verboten: den Verein "Geeinte deutsche Völker und Stämme" und ihre Teilorganisation "Osnabrücker Landmark". Weiterhin aktiv sind rund 30 länderübergreifende Gruppierungen wie "Staatenbund Deutsches Reich", "Verfassungsgebende Versammlung" sowie "Bismarcks Erben".QuelleBundesinnenministerium (2025): „Bundesinnenminister Dobrindt verbietet den Verein „Königreich Deutschland“, PM vom 13.5.2025, LINK; Bundesinnenministerium (2022): "Verfassungsschutzbericht 2021", S. 110; Bundesinnenministerium (2021): "Verfassungsschutzbericht 2020", S. 120; Bundesinnenministerium (2020): "Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2019", S. 9 f.; Bundestags-Drucksache 19/19183, S. 3 und 6; Bundesinnenministerium (2020): Pressemitteilung vom 19. März 2020, "Bundesinnenminister Seehofer verbietet mit 'Geeinte deutsche Völker und Stämme' erstmals Reichsbürgervereinigung'"

Straftaten von Reichsbürgern und "Selbstverwaltern"

2024 zählte das Bundesinnenministerium 995 Straftaten durch sogenannte Reichsbürger bzw. Selbstverwalter – ein Rückgang um rund 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bereits 2023 war die Zahl der Delikte in diesem Bereich um rund 30 Prozent gesunken. 2022 war die Zahl der Delikte um etwa 40 Prozent gestiegen. Unter den Straftaten waren 2024 vor allem Nötigungen und Bedrohungen (308) sowie Beleidigungen (224). Gemeldet wurden auch 131 Gewaltdelikte. Der Großteil der Straftaten (knapp 85 Prozent) wurde in der Kategorie "Politisch motivierte Kriminalität - sonstige Zuordnung"Bis 2022 hieß diese Kategorie "Politisch motivierte Kriminalität - nicht zuzuordnen" eingruppiert. Nur knapp 15 Prozent der Fälle stuften die Behörden als rechtsmotiviert ein.QuelleBundesinnenministerium (2025): "Bundesweite Fallzahlen 2024 Politisch motivierte Kriminalität", S.29, LINK.

Fahndungen und Waffenbesitz

Zum Stichtag 28.3.2024 lagen der Polizei 231 offene Haftbefehle gegen 182 Personen vor, die den "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" zugerechnet werden. Davon werden 23 Personen eindeutig dem Phänomenbereich "Politisch motivierte Kriminalität rechts" zugeordnet.

Ende 2023 verfügten etwa 400 "Reichsbürger" bzw. "Selbstverwalter" über eine Waffenerlaubnis. Im selben Jahr wurde rund 200 "Reichsbürgern" oder "Selbstverwaltern" die Waffenerlaubnis entzogen bzw. freiwillig abgegeben. Wie viele Reichsbürger illegal Waffen besitzen, ist nicht bekannt. QuelleBundestag (2024): Drucksache 20/10843, LINK; Bundestag (2024): Drucksache 20/12431, LINK; Bundesinnenministerium (2024): Verfassungsschutzbericht 2023, S. 141, LINK

Graue Wölfe in Deutschland

Stand: Jun. 2025

Die "Grauen Wölfe" (Selbstbezeichnung: "Ülkücü-Bewegung") sind eine rechtsextreme Gruppierung. Sie kommt ursprünglich aus der Türkei. Laut Verfassungsschutz haben die "Grauen Wölfe" in Deutschland rund 12.900 Anhänger. Etwa 10.500 von ihnen sind in drei großen Dachverbänden organisiert.QuellenBundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 273ff, LINK; Bundeszentrale für politische Bildung (2017): "Graue Wölfe", LINK

Die wichtigsten Organisationen sind laut Verfassungsschutz:

  • der Dachverband ADÜTDF ("Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V."),
  • der Dachverband ATIB ("Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V."),
  • der Dachverband ANF ("Föderation der Weltordnung in Europa").
  • Etwa 2.400 weitere Personen sind in weiteren "Ülkücü"-Strukturen oder gar nicht organisiert.QuelleBundesinnenministerium (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 274ff, LINK

Die "Grauen Wölfe" entwickelten in den 1960ern und 1970ern erste Strukturen in Deutschland mit kleineren Vereinsgründungen. Sie institutionalisierten sich 1978 mit der Gründung der ADÜTDF. Politisch stehen sie der türkischen rechtsextremen Partei MHP nahe. Die MHP ist seit 2018 in einem Wahlbündnis mit der Regierungspartei AKP, zusammen stellen sie die Mehrheit im Parlament.QuellenGüsten (2021): "Erdogans Pakt mit Rechtsextremen" sowie Bellut, Öğreten (2021): "Türkei - Rückkehr der Grauen Wölfe?"; Bundeszentrale für politische Bildung (2017): "Graue Wölfe - Die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland"

Laut Verfassungsschutz sind die Aktivitäten der "Grauen Wölfe" nationalistisch bis rechtsextremistisch und rassistisch motiviert, sie würdigen etwa Kurd*innen, Armenier*innen, Griech*innen und Jüdinnen und Juden herab und sprechen von einem pantürkischen Großreich.QuelleBundesamt für Verfassungsschutz (2025): "Verfassungsschutzbericht 2024", S. 273ff, LINK; (2019): "Verfassungsschutzbericht 2019", S. 272-275 und 257-263; Bundesamt für Verfassungsschutz (2020): "Faltblatt 'Türkischer Rechtsextremismus in Deutschland - Die 'Ülkücü'-Bewegung'", Link;Bundeszentrale für politische Bildung (2017): "Graue Wölfe - Die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland", Link

Ende 2020 forderten mehrere Parteien im Bundestag, ein Verbot der "Grauen Wölfe" zu prüfen. Zuvor wurden sie in Frankfreich verboten. Ein Verbot in Deutschland scheint Medienberichten zufolge allerdings schwierig, da zentrale Strukturen fehlen und es hunderte Vereine mit unterschiedlichen Ausrichtungen gibt.QuelleHelmut Stoltenberg (Das Parlament) (2020): "'Graue Wölfe' im Visier"; Bundestagantrag 19/24388(2020): "Nationalismus und Rassismus die Stirn bieten - Einfluss der Ülkücü-Bewegung zurückdrängen"; Tagesschau (2020): "Derzeit kein Verbot der 'Grauen Wölfe'"

"Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU)

Stand: Jul. 2025

Selbstenttarnung

Am 4. November 2011 töteten sich die Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im thüringischen Eisenach, nachdem sie von Polizisten in ihrem Wohnmobil entdeckt worden waren. Dort hatten sie sich nach einem Banküberfall versteckt, um den Fahndungsmaßnahmen zu entgehen. Kurze Zeit später legte Beate Zschäpe einen Brand in einer Zwickauer Wohnung, die den dreien über Jahre als Versteck diente. Durch gefundene und verschickte Bekennervideos wurde klar, dass sich die mutmaßlichen Terrorist*innen als "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) bezeichneten. Das Kürzel steht für einen der größten Skandale der Nachkriegszeit – auch, weil Polizei und Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen zur rassistischen Mordserie eklatant versagten: Jahrelang haben sie Angehörige und Bekannte der Opfer verdächtigt. Zudem wurden Akten geschreddert sowie Hinweise von V-Leuten nicht weitergegeben.

Straftaten

Bisher werden dem "Nationalsozialistischen Untergrund" zehn Morde, drei Sprengstoffanschläge, 15 Raubüberfälle sowie eine Brandstiftung zugerechnet. Hinzu kommen mehrere Mordversuche. Neun der zehn Mordopfer kamen aus Einwandererfamilien.QuelleNebenklage NSU-Prozess (2017): Protokoll zum "Plädoyer der Bundesanwaltschaft 1. Tag", Passage im Wortlaut: "Von der Gründung bis zur gewaltsamen Auflösung im November 2011 verübten sie drei Sprengstoffanschläge, neun Hinrichtungen an Migranten, einen Mordanschlag auf einen Polizeibeamten und zur Finanzierung 15 bewaffnete Raubüberfälle."

Der Sprengstoffanschlag in Nürnberg vom Juni 1999 ist im Münchener NSU-Prozess nicht zur Anklage gekommen: Die Bundesanwaltschaft leitete zwar Ermittlungen ein, verzichtete aber aus "verfahrensökonomischen Gründen" darauf, die Tat anzuklagen.QuelleHerbert Diemer (2017): Aussage im Protokoll zur 51. Sitzung des 2. NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, S. 55

Die Morde

  • Enver Şimşek (9. September 2000, Nürnberg)
  • Abdurrahim Özüdoğru (13. Juni 2001, Nürnberg)
  • Süleyman Taşköprü (27. Juni 2001, Hamburg)
  • Habil Kılıç (29. August 2001, München)
  • Mehmet Turgut (25. Februar 2004, Rostock)
  • İsmail Yaşar (9. Juni 2005, Nürnberg)
  • Theodoros Boulgarides (15. Juni 2005, München)
  • Mehmet Kubaşık (4. April 2006, Dortmund)
  • Halit Yozgat (6. April 2006, Kassel)
  • Michèle Kiesewetter (25. April 2007, Heilbronn)

Die Sprenstoffanschläge

  • Sprengstoffanschlag in einem Lokal, das von einem Türkeistämmigen betrieben wurde (23. Juni 1999, Nürnberg)
  • Sprengstoffanschlag auf ein Lebensmittelgeschäft, das von einer iranischstämmigen Familie betrieben wurde (19. Januar 2001, Köln)
  • Nagelbombenanschlag in der Keupstraße, in der überwiegend türkeistämmige Menschen lebten und arbeiteten (9. Juni 2004, Köln)

Die Raubüberfälle

  • Edeka-Markt (18. Dezember 1998, Chemnitz)
  • Postfiliale (6. Oktober 1999, Chemnitz)
  • Postfiliale (27. Oktober 1999, Chemnitz)
  • Postfiliale (30. November 2000, Chemnitz)
  • Postfiliale (5. Juli 2001, Zwickau)
  • Sparkasse (25. September 2002, Zwickau)
  • Sparkasse (23. September 2003, Chemnitz)
  • Sparkasse (14. Mai 2004, Chemnitz)
  • Sparkasse (18. Mai 2004, Chemnitz)
  • Sparkasse (22. November 2005, Chemnitz)
  • Sparkasse (5. Oktober 2006, Zwickau)
  • Sparkasse (7. November 2006, Stralsund)
  • Sparkasse (18. Januar 2007, Stralsund)
  • Sparkasse (7. September 2011, Arnstadt)
  • Sparkasse (4. November 2011, Eisenach)

Die Brandstiftung

Nachdem Beate Zschäpe von dem Tod ihrer beiden Komplizen erfahren hatte, setzte sie am 4. November 2011 die gemeinsame Wohnung in Zwickau in Brand. Die anschließende Explosion zerstörte große Teile des Wohnhauses.

Der Prozess

Am 6. Mai 2013 begann vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere mutmaßliche UnterstützerZu den Mitangeklagten gehören: Ralf W., Holger G., André E. und Carsten S. des Terrornetzwerks. Sie wurden von insgesamt 14 Anwält*innen vertreten. 91 Opfer und Angehörige waren Nebenkläger*innen im Verfahren, sie wurden von 58 Rechtsanwält*innen vertreten.QuelleOberlandesgericht München auf Anfrage des MEDIENDIENSTES, 05.07.2018

Am 11. Juli 2018 verkündete das Oberlandesgericht München sein Urteil. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wurde zu lebenslanger Haft verurteilt – unter anderem wegen mehrfachen Mordes und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Das Gericht stellte die besondere SchwereEine lebenslange Haft kann in der Regel nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Stellt das Gericht aber die besondere Schwere der Schuld fest, kann der Täter nur in Ausnahmefällen vorzeitig aus der Haft entlassen werden – etwa bei hohem Alter oder schwerer Krankheit. Dass Beate Zschäpe nach 15 Jahren freikommt, ist daher unwahrscheinlich. ihrer Schuld fest. Drei Mitangeklagte wurden ebenfalls zu Freiheitsstrafen verurteilt, weil sie das Terrornetzwerk unterstützt und/oder Beihilfe zum Mord geleistet haben: Ralf W. zu zehn Jahren, Holger G. zu drei Jahren und André E. zu zwei Jahren und sechs Monaten. Der vierte Mitangeklagte, Carsten S., erhielt eine Jugendstrafe von drei Jahren. André E. und Ralf W. wurden kurze Zeit nach der Urteilsverkündung aus der Untersuchungshaft entlassensiehe Oberlandesgericht München: Pressemitteilung 80 vom 11.07.2018 und Pressemitteilung 84 vom 18.07.2018. Am 12. August 2021 folgte dann der schriftliche Beschluss: alle Urteile sind rechtskräftig, bis auf das gegen André E. Gegen das Urteil vom 19.08.2021, das ihn von den weiteren Vorwürfen "Beihilfe zum versuchten Mord", "Beihilfe zum Raub", "weitere Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" teilweise freispricht, haben sowohl der Angeklagte als auch der Generalbundesanwalt Revision eingelegt. André E. wendete sich gegen seine Verurteilung. Der Generalbundesanwalt griff hingegen den Teilfreispruch an. Im Revisionsverfahren bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts München am 15. Dezember 2021. Für André E. gibt es demnach keine weitere Haftstrafe. Alle Urteile des NSU-Prozesses sind somit rechtskräftig und die juristische Aufarbeitung des Komplexes wohl abgeschlossen.QuelleBundesgerichtshof (2021): Pressemitteilungen 157 und 158; Oberlandesgericht München: Pressemitteilung 78 vom 11.07.2018; Pressemitteilung 80 vom 11.07.2018 und Pressemitteilung 84 vom 18.07.2018; Der Spiegel (2021): "Bundesgerichtshof bestätigt Teilfreispruch für Neonazi André E."; SZ (2021): "Urteil gegen NSU-Komplizen Eminger bestätigt"

Frühestens nach 15 Jahren kann die lebenslange Haft zur Bewährung ausgesetzt werdenihrer Schuld fest. Drei Mitangeklagte wurden ebenfalls zu Freiheitsstrafen verurteilt: Ralf W. zu 10 Jahren, Holger G. zu 3 Jahren und André E. zu 2 Jahren und 6 Monaten. Der vierte Mitangeklagte, Carsten S., erhielt eine Jugendstrafevon 3 Jahren. André E.und Ralf Wohllebenwurden kurze Zeit nach der Urteilsverkündung aus der Untersuchungshaft entlassen.QuelleOberlandesgericht München:Pressemitteilung 78vom 11.07.2018,Pressemitteilung 80vom 11.07.2018 undPressemitteilungvom 18.07.2018ihrer Schuld fest. Die Verteidiger aller Angeklagten haben Revisiongegen die Urteile eingelegt. Das heißt: Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig und müssen vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe geprüft werden. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist unklar. Auch die Bundesanwaltschaft hat Revision eingelegt, allerdings nur gegen das Urteil gegen André E.: Für ihn hatte die Bundesanwaltschaft zwölf Jahre Haft gefordert.QuelleNebenklage NSU-Prozess:Pressemitteilungvom 26.07.2018ihrer Schuld fest.

Vertreter*innen der Nebenklage haben den Ausgang des Prozesses deutlich kritisiert: Die Urteile gegen André E. und Ralf W. seien zu milde ausgefallen. Zudem seien im Prozess viele Fragen unbeantwortet geblieben. So sei bis heute unklar, nach welchen Kriterien der NSU seine Opfer ausgesucht hat und inwieweit staatliche Behörden für die Taten mitverantwortlich waren. Zudem habe die Bundesanwaltschaft zu wenig getan, um Unterstützer*innen oder Mittäter*innen aus der rechten Szene ausfindig zu machen. Stattdessen habe sie an ihrer These festgehalten, der NSU habe lediglich aus dem "Trio" Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bestanden.QuelleNebenklage NSU-Prozess: Pressemitteilung vom 11.07.2018; Interview des MEDIENDIENSTES mit dem Nebenklageanwalt Carsten Ilius, Oktober 2016; Mehmet Daimagüler (2018): "Empörung reicht nicht! Unser Staat hat versagt. Jetzt sind wir dran"; Antonia von der Behrens (2018): "Kein Schlusswort. Plädoyers im NSU-Prozess"

Untersuchungsausschüsse

Unabhängig vom Gerichtsverfahren in München wurden auf Bundes- und Landesebene mehrere Untersuchungsausschüsse eingerichtet. Sie befass(t)en sich mit der Aufarbeitung der Fehler, die bei der Fahndung nach dem Terrornetzwerk und bei den strafrechtlichen Ermittlungen passiert sind. Die meisten Untersuchungsausschüsse haben ihre Arbeit bereits abgeschlossen. Nur in Mecklenburg-Vorpommern ist noch ein Ausschuss im Einsatz. Die anderen Ausschüsse im Überblick:

  • Auf Bundesebene tagten bereits zwei NSU-Untersuchungsausschüsse. Der Abschlussbericht des ersten Ausschusses wurde im August 2013 veröffentlicht. Der zweite Ausschuss legte im Juni 2017 seinen Bericht vor. Darin kritisiert er vor allem die von der Generalbundesanwaltschaft vertretene These, der NSU sei lediglich ein "Trio" gewesen. Zudem stellt der Ausschuss weitreichende Mängel bei der strafrechtlichen Aufklärung der Mordserie fest.
  • Untersuchungsausschüsse auf Länderebene:
    • In Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen tagten bereits jeweils zwei Ausschüsse. Die Abschlussberichte für Baden-Württemberg können hierBericht des ersten Ausschusses (2016); Bericht des zweiten Ausschusses (2019) eingesehen werden, die Berichte für Thüringen hierBericht des ersten Ausschusses (2014); Bericht des zweiten Ausschusses (2019) und die Berichte für Sachsen  hierBericht des ersten Ausschusses (2012); Bericht des zweiten Ausschusses (2019) – CDU und SPD sowie Grüne und Linke legten jeweils unterschiedliche Berichte vor.
    • Der Untersuchungsausschuss in Bayern legte 2013 seinen Abschlussbericht vor. In Nordrhein-Westfalen legte das Gremium 2017 seinen Schlussbericht vor, in Hessen präsentierten die beteiligten Landtags-Fraktionen 2018 jeweils eigene Berichte. Der Ausschuss in Brandenburg folgte 2019 mit seinem Abschlussbericht. In  Mecklenburg-Vorpommern legten die Abgeordneten 2021 einen Zwischenbericht vor.

Straftaten mit Bezug zum NSU

Seit der Selbstenttarnung des NSU am 4. November 2011 haben die Behörden mehr als 450 Straftaten registriert, bei denen die Tatverdächtigen auf den NSU und/oder auf dessen Mordserie Bezug genommen haben (Stand: August 2019). 14 dieser Straftaten waren Gewalttaten.QuelleBundestags-Drucksache 18/9541, S. 2, 13 (2016); Bundestags-Drucksache 19/3736, S. 2, 4 (2018); eigene Berechnung; Bundestags-Drucksache 19/12375, S. 2 (2019); eigene Berechnung

Weitere Informationen

  • Die Website "NSU-Watch" begleitete den NSU-Prozess in München und hat Protokolle zu fast allen Verhandlungstagen veröffentlicht.
  • Auf der Website "NSU Nebenklage" berichteten zwei Nebenklage-Anwälte vom Prozess.
  • Weitere Blogs zum Prozess finden sich bei Zeit Online und beim Bayerischen Rundfunk (BR).
  • Wie Betroffene den NSU-Prozess und die Arbeit der Untersuchungsausschüsse wahrnehmen, hat der Historiker Massimo Perinelli im Interview mit dem MEDIENDIENST erklärt.
  • Welche Lehren die Sicherheitsbehörden gezogen haben, haben wir 2021 in diesem Artikel erläutert.
  • Bei Zeit Online gibt es eine interaktive Karte zu den "Orten des NSU-Terrors".
  • Einen Überblick von Büchern zum NSU bieten zwei ArtikelArtikel vom 28.10.2016 und Artikel vom 08.05.2018 des MEDIENDIENSTES.

Anschlag von Halle am 9. Oktober 2019

Stand: Oct. 2024

Am 9. Oktober 2019 versuchte ein bewaffneter Rechtsextremer, in die Synagoge in Halle einzudringen. Kurz darauf griff er Menschen in einem Imbiss und auf der Straße an, er tötete zwei Personen. Eine Übersicht über den Anschlag und seine Folgen. 

Der rechtsextreme Anschlag in Halle und Wiedersdorf

Am 9. Oktober 2019 versuchte ein bewaffneter Rechtsextremer in die Synagoge in Halle (Saale) einzudringen und die Besucher zu töten. In der Synagoge feierten 51 Personenlaut Anklage waren es 52, im Urteil spricht das OLG Naumburg von 51 Personen einen Gottesdienst. Es war Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag. Neben Gemeindemitgliedern aus Halle waren Gäste aus anderen Städten und Ländern anwesend. Der Attentäter versuchte, durch die Tür der Synagoge einzudringen, um die Anwesenden zu töten. Er warf Brand- und Sprengsätze über die Mauer der Einrichtung. Er erschoss die Passantin Jana L.Quellevgl. Tatgeschehen laut OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", LINK

Nachdem es ihm nicht gelang, in die Synagoge einzudringen, fuhr er weiter und griff Menschen im Imbiss "Kiez Döner" an – diesen wählte er aus, um Muslime zu töten. Dort erschoss er den Gast Kevin S. Am Imbiss und der darauffolgenden Flucht verletzte er mit den selbstgebauten Waffen und einem Mietwagen weitere Personen in Halle sowie in Wiedersdorf, einige von ihnen schwer.Quellevgl. Tatgeschehen laut OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", LINK

Die Polizei verhaftete den Täter nach rund eindreiviertel Stunden auf einer Bundesstraße. Vor der Tat veröffentlichte er ein Bekennerschreiben, in dem er sein antisemitisches Weltbild darlegte und dazu aufforderte, Personen ihm verhasster Bevölkerungsgruppen zu töten, darunter Juden, Muslime und Schwarze Menschen. Die Tat streamte er live im Internet.Quellevgl. Tatgeschehen laut OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", LINK

Der erste Gerichtsprozess: Urteil und Nebenklage

Der Prozess gegen den Attentäter lief vom 21. Juli bis 21. Dezember 2020 am Oberlandesgericht Naumburg. Es war einer der größten Gerichtsprozesse der Nachkriegszeit im Bereich Rechtsterrorismus.

Das Urteil:

  • Der Täter erhielt das höchstmögliche Strafmaß und wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt.
  • Er wurde wegen zweier Morde verurteilt, 66 Mordversuchen, räuberischer Erpressung, fahrlässiger Körperverletzung und Volksverhetzung. Das Gericht stellte eine besondere Schwere der Schuld fest, der Täter sei in vollem Umfang schuldfähig gewesen.
  • Das Gericht attestierte dem Täter eine rechtsextreme Gesinnung sowie ein antisemitisches, rassistisches, frauenfeindliches und menschenverachtendes Weltbild. Er wollte gezielt Menschen töten, die er als jüdisch, muslimisch oder ausländisch wahrnahm. Dem Gericht zufolge handelt es sich um einen "fanatisch-ideologisch motivierten Einzeltäter". Er sei ein Einzeltäter im juristischen Sinne, der keine weiteren Personen in die Planung einbezogen habe. Seine Radikalisierung fand jedoch im Austausch mit Gleichgesinnten in rechtsextremen Foren statt. Eine zentrale Orientierung für ihn sei das Attentat in Christchurch Anfang 2019 gewesen.QuelleOLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK, zur Pressemitteilung

Die einzelnen Prozesstage listet der Verein democ hier auf und hat Protokolle zum Prozess in diesem Buch veröffentlicht. Wissenschaftler und Aktivisten haben eine Chronik der Tat erstellt und zeigen Parallelen zu anderen rechtsterroristischen Taten auf. Der Tathergang wird im Urteil aufgeschlüsselt.

Nebenkläger und Kritik am Urteil

Es gab 43 Nebenkläger*innen, darunter Personen aus der Synagoge und dem "Kiez Döner", Personen, die auf der Straße angegriffen wurden, sowie Familienangehörige der Opfer. Die Nebenkläger bezeichneten das Urteil als mutlos und als verpasste Chance:

  • Es bestätige das Bild eines isolierten Einzeltäters und vernachlässige die gesellschaftliche Dimension der Tat sowie die gesellschaftliche Verbreitung von Antisemitismus, Rassismus und rechtsextremer Ideologien. Im Prozess habe sich ein veraltetes Verständnis der Radikalisierung von Rechtsextremen gezeigt, Online-Aktivitäten seien zu wenig berücksichtigt worden.
  • Zum familiären Umfeld des Täters habe es zu wenig Aufklärung gegeben.
  • Von Seiten der Nebenkläger gab es auch Kritik daran, dass bei zwei Personen kein versuchter Mord geurteilt wurde, bei einem Mitarbeiter des "Kiez Döner" – İsmet Tekin – und der Schwarzen Person Aftax I., den der Attentäter anfuhr.QuelleSchlussworte der Überlebenden im Halle Prozess, 18.12.2020, LINK; VBRG (2020): Prozessdokumentation 21. Dezember 2020, LINK; Beltower News (2022): ""Ein Urteil, das wir niemals als gerecht akzeptieren können.", LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", S. 11ff., LINK

Der zweite Gerichtsprozess

Mindestens zweimal versuchte der Attentäter aus dem Gefängnis auszubrechen. Am 12. Dezember 2022 nahm er zwei Gefängniswärter als Geiseln und bedrohte sie mit einer Waffe, die er während seiner Inhaftierung selbst gebaut hatte. Das Landgericht Stendal verurteilte den Attentäter im Februar 2024 dafür zu sieben Jahren Haft und Schmerzensgeld. Einem GutachtenDas Gutachten wurde im Zuge des 1. Prozesses erstellt, zitiert im Urteil zufolge wären vom Attentäter weitere Tötungsdelikte zu erwarten, hätte er die Gelegenheit dazu.QuelleZur Pressemitteilung des Landgerichts Stendal: "Halle-Attentäter wegen Geiselnahme zu sieben Jahren Haft verurteilt", LINK; OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK

Untersuchungsausschuss

Ein Untersuchungsausschuss des Landtags Sachsen-Anhalts befasste sich 2020/2021 mit der Frage, ob der Anschlag hätte verhindert werden können. Das Ergebnis:

  • Polizeihandeln: Der Ausschuss stellte keine wesentlichen Schwächen in Bezug auf die Planung und Handlungen der Polizei fest.QuelleLandtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 110, LINK
  • Gefährdungseinschätzung: Nach Einschätzung der Polizei gab es an dem Tag keine besondere Gefährdung der Gemeinde. Laut Ausschuss war die konkrete Gefahr eines Terroranschlags kaum vorhersehbar, dennoch sei die Gefährdungseinschätzung unzureichend gewesen und müsse in Zukunft verbessert werden. Etwa brauche es bessere Analysen solcher Taten. Zudem müssten religiöse Feste stärker im Fokus der Polizei stehen.QuelleLandtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 107ff., LINK
  • Prävention: Der Attentäter radikalisierte sich im Netz, dazu lagen den Sicherheitsbehörden und dem Verfassungsschutz keine Erkenntnisse vor. Personen, die sich online radikalisierten, müssten stärker in den Blick genommen werden. Zudem fehlte den Behörden Kenntnisse von Internetportalen.QuelleLandtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 88, 90 LINK

Kritik an der Polizei und Sicherheitseinschätzung

Nach dem Anschlag standen die Sicherheitseinschätzung der Polizei, der Einsatz und die Ermittlungen der Polizei in der Kritik:

  • Gefährdungseinschätzung und Schutz: Die Polizei schützte die Synagoge nicht besonders, obwohl am Tag der höchste jüdische Feiertag Jom Kippur gefeiert wurde. Für den Schutz der Synagoge hatte die Gemeinde finanziell selbst aufkommen müssen und dafür keine Unterstützung vom Land Sachsen-Anhalt erhalten. Mehr dazu unten.Quellevgl. SZ (2019): 'Schuster nennt fehlenden Polizeischutz "skandalös"', LINK; Mediendienst Integration (2021): "Wie steht es um den Schutz von Synagogen", LINK
  • Unsensibler Umgang: Betroffene berichteten davon, dass die Polizei nach dem Anschlag unsensibel mit ihnen umgegangen sei.Quellevgl. Frag den Staat (2021): "Interner Polizeibericht zeigt fehlende Opferbetreuung", LINK; Netzwerk Demokratie und Courage Sachsen-Anhalt (2021): Halle, 09. Oktober 2019: Der Anschlag, Ereignisse, Folgen, Hintergründe", S. 19ff., LINK; QuelleLandtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 103, LINK
  • Fehlende Expertise: Auch kritisiert wurde die fehlende Expertise des BKA hinsichtlich der online-Radikalisierung des Täters und seiner Online-Aktivitäten.QuelleSchlussworte der Überlebenden im Halle Prozess, 18.12.2020, LINK; Landtag von Sachsen-Anhalt (2021): Drucksache 7/7575, S. 87f. LINK

Die Betroffenen: Belastung, Vernetzung und Solidarisierung

Viele Betroffene berichteten nach dem Anschlag von erheblichen psychischen Belastungen, posttraumatischen Belastungsstörungen und Angstzuständen. Einige zogen sich sozial zurück oder wurden arbeitsunfähig.Quellevgl. OLG Naumburg: Urteil vom 21.12.2020 1 St 1/20, LINK

Zwischen Angehörigen und Betroffenen des Anschlags gab es starke Vernetzung und Solidarisierung. Zudem gab es eine starke Vernetzung mit Betroffenen anderer rassistischer und rechtsextremer Anschläge in Hanau 2020 und Mölln 1992. Sie gründeten das seitdem jährlich durchgeführte Festival of Resilience.

Zwei Überlebende des Anschlags übernahmen kurz nach dem Anschlag den "Kiez Döner" und wandelten ihn in ein Frühstückscafé ("TEKIEZ") um. Das Café sollte unter anderem ein Ort für Austausch und Gedenken sein. Es musste kurz darauf wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage schließen. Aktuell ist TEKIEZ ein Begegnungsraum.QuelleAmadeu Antonio Stiftung (2022): "TEKIEZ in Halle", LINK

Politische Reaktionen

Das Bundeskabinett berief nach den Anschlägen in Halle 2019 und Hanau 2020 einen Ausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ein, der 2021 einen Abschlussbericht und einen Maßnahmenkatalog vorlegte. Weiterhin sollte die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden verbessert, Hass im Netz konsequenter bekämpft und das Waffenrecht verschärft werden.QuelleBMI (2019): Pressemitteilung: Gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität, LINK; BMFSFJ (2020): Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus, LINK; Bundesregierung (2021): "Abschlussbericht des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus", LINK; Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (2020): "Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus", LINK

Insbesondere kündigten Bund und Länder an, Synagogen besser zu schützen. Denn der Anschlag legte eklatante Sicherheitsmängel an jüdischen Einrichtungen offen. Mehr dazu hier.

Berichterstattung

Nach dem Anschlag gab es Kritik an einigen Medienberichten: Medien hätten sich zu sehr auf den Täter fokussiert und ihm eine Bühne geboten, Betroffene fühlten sich von Journalist*innen bedrängt und unsensibel behandelt. Ein Projekt der Deutschen Journalistenschule und des MEDIENDIENST INTEGRATION hat sich die Berichterstattung angesehen und Tipps für die Berichterstattung erstellt.QuelleDeutsche Journalistenschule und Mediendienst Integration (2020): Webstory #imgespräch, LINK; Eine Analyse von Beiträgen in SZ, FAZ und Welt findet sich im Beitrag von Hartl und Mahlberg (2022): "Eine Woche im Herbst - Erinnerungspolitik als Zivilreligion am Beispiel der medialen Bearbeitung des Attentats von Halle (Saale)", LINK

Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020

Stand: Feb. 2025

Am 19. Februar 2020 erschoss ein Attentäter in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven: Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin. Der Mediendienst hat in einer Chronologie die Geschehnisse während und nach der Tat zusammengefasst.

Der Mediendienst hat in einer Chronologie zusammengefasst, was am 19. Februar geschah und was danach passierte. Der Attentäter war schon vor der Tat auffällig geworden, indem er verschwörungs­ideologische Strafanzeigen unter anderem bei der Generalbundesanwaltschaft stellte. Trotzdem besaß er eine Waffenerlaubnis. In und nach der Tatnacht kam es zu zahlreichen behördlichen Verfehlungen, die von den Hinterbliebenen in einer "Kette des Versagens" aufgearbeitet und in einem parlamentarischen Untersuchungssausschuss sowie in einem Gutachten der Recherche-Organisation Forensic Architecture untersucht wurden.

Die Vorwürfe der Überlebenden und Hinterbliebenen umfassten unter anderem: Der Notausgang der Arena-Bar war verschlossen, sodass eine Flucht vor dem Attentäter nicht möglich war. Das Haus des Attentäters sei nicht ausreichend gesichert gewesen. Es waren zahlreiche Polizeibeamte im Einsatz, die dem Sondereinsatzkommando (SEK) angehörten, das wegen Rechtsextremismus aufgelöst werden musste. Der Notruf war nicht erreichbar. Der Umgang mit den Angehörigen sei unangemessen gewesen, zuweilen wurden sie als Gefährder statt als Betroffene behandelt. Der Untersuchungsausschuss stellte fest, dass es Mängel bei der Erteilung der Waffenerlaubnis für den Täter gab und dass die Stadt Hanau ihren Verpflichtungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger bei den Kontrollen der Arena Bar und des dortigen Notausgangs nicht gerecht geworden war. Vier Jahre nach dem Anschlag entschuldigte sich die Polizei bei den Hinterbliebenen für die Versäumnisse.

Nach der Tat belästigte der Vater des Attentäters die Angehörigen der Opfer immer wieder. Eine Anfrage des Mediendienstes bei der Staatsanwaltschaft Hanau (3. Februar 2025) ergab, dass 66 Tatvorwürfe seit Januar 2020 gegen den Vater des Attentäters registriert wurden. Strafbefehle ergingen unter anderem wegen Hausfriedensbruch, Nachstellung und Beleidigung. In 13 Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt.Quelle Anfrage des Mediendienst Integration bei der Staatsanwaltschaft Hanau, 3. Februar 2025.

Für Quellen und ausführliche Infos bitte auf die Punkte in der Zeitleiste klicken:

Am 6. Februar 2025 stellt die Familie vom getöteten Hamza Kurtović Strafanzeige gegen die Polizei und den Betreiber der "Arena-Bar.Quelle TAZ vom 6.2.2025, Link

Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden

Stand: Aug. 2025

In den vergangenen Jahren häuften sich Skandale um Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden: Unter den "Reichsbürgern" um Heinrich Prinz Reuß waren aktive und ehemalige Soldaten und Polizisten. Hunderte Polizist*innen und Soldat*innen sollen Teil von rechtsextremen Chatgruppen gewesen sein. Hinzu kamen Waffenfunde, Drohschreiben und Pläne für rechtsextreme Anschläge. Brisant sind diese Fälle unter anderem, weil Sicherheitsbehörden über Exekutivbefugnisse (also Staatsgewalt über Bürger*innen) und Waffen verfügen.QuelleMediendienst Integration (Oktober 2021): "Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden" 

Die Lageberichte verschiedener Behörden geben Einblicke in die Ermittlungen wegen Rechtsextremismus in den eigenen Reihen. Sie deuten darauf hin, dass die Sicherheitsbehörden das Thema zunehmend ernster nehmen. Dennoch rechnen Expert*innen mit einer hohen Dunkelziffer.QuelleBundesamt für Verfassungsschutz (2024): "Lagebericht. Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden, LINK; Koordinierungsstelle für Extremismusverdachtsfälle (2024): Bericht für das Jahr 2023, LINK

Zahlen zu rechtsextremen Vorfällen in Sicherheitsbehörden

Rechtsextreme Vorfälle in Sicherheitsbehörden gesamt

Der Verfassungsschutz veröffentlicht regelmäßig Zahlen zu Rechtsextremisten in allen Sicherheitsbehörden, darunter Bundeswehr, Polizei, Nachrichtendienste und Zoll. Vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2022 untersuchten die Behörden in Bund und Ländern 739 Fälle. Bei 364 Beschäftigten von Sicherheitsbehörden fanden sie konkrete Anhaltspunkte für Rechtsextremismus. Im vorherigen Lagebericht (dreijähriger Untersuchungszeitraum, 1.7.2017-30.6.2021) wurden 860 Fälle ausgewertet, bei 327 Bediensteten fanden sich konkrete rechtsextremistische Anhaltspunkte.QuelleBundesinnenministerium (2024): "Neuer Lagebericht zu Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden", LINK

 

Rechtsextreme Vorfälle in der Bundeswehr

Zahlen zu Verdachtsfällen veröffentlicht regelmäßig die Koordinierungsstelle für Extremismusverdachtsfälle. Sie untersteht wie auch die Bundeswehr dem Bundesverteidigungsministerium. 2023 bearbeitete die Koordinierungsstelle 776 rechtsextreme Verdachtsfälle sowie 62 Untersuchungen im Bereich "Reichsbürger und Selbstverwalter". Die meisten dieser Vorgänge sind Altfälle, die schon mindestens seit dem Vorjahr in Bearbeitung sind. Rechtsextreme Verdachtsfälle machten fast drei Viertel (74 Prozent) aller extremistischen Verdachtsfälle aus. Seit 2022 werden unter "Verdachtsfällen" anders als zuvor nur noch sogenannte Abwehroperationen gezählt und nicht mehr die "Prüfoperationen"Hierbei wird zunächst geprüft, ob der Militärische Abschirmdienst zuständig ist und ob es Anhaltspunkte für Extremismusverdacht gibt.. Die Zahlen sind daher nicht mit den Vorjahren vergleichbar. Laut Bundesverteidigungsministerium sind allerdings auch die Prüffälle zurückgegangen.QuelleBundesverteidigungsministerium (2024): "Jahresbericht KfE 2023", S.9, LINK

2024 entließ die Bundeswehr Medienberichten zufolge 97 Soldat*innen wegen rechtsextremer Bestrebungen (2023: 62). Zudem zählte die Bundeswehr 280 Meldungen über rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Vorfälle (2023: 205).QuelleTagesschau (2025): "97 Bundeswehrangehörige wegen Rechtsextremismus entlassen", LINK; Bundestag (2024): Drucksache 20/14002, LINK; (2025): "Drucksache 21/1321", S. 9-22, LINK

Unabhängige wissenschaftliche Studien zur Frage, wie verbreitet Rechtsextremismus in der Bundeswehr ist, gibt es bislang nicht.

Was tun die Behörden gegen Rechtsextremismus in den eigenen Reihen?

  • Unabhängige Polizei-Beschwerdestellen: Diese gibt es in neun BundesländernBaden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen (Stelle seit 2020 unbesetzt), Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen (Stelle noch nicht besetzt) Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein sowie für Bundespolizei und BKA.

  • Disziplinarverfahren: Seit der Reform des Disziplinarrechts 2024 können Behörden selbst Disziplinarverfügungen gegen extremistische Beamte verhängen, z.B. die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Bislang waren Gerichte zuständig, die Verfahren dauerten oft Jahre, die Beschuldigten erhielten solange oft weiterhin Bezüge.

Fachleute und Betroffene fordern weitere Maßnahmen, um gegen Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden vorzugehen. Eine Recherche des MEDIENDIENST 2021 zeigte: Nur wenige Behörden setzen diese Maßnahmen um.QuelleMediendienst Integration (Oktober 2021): "Rechtsextreme in Sicherheitsbehörden", S. 3 f. 

  • Im Einstellungsverfahren: Bislang überprüfen nur sechs Bundesländer regelmäßig, ob Polizei-Bewerber*innen bereits durch rechtsextremes Verhalten dem Verfassungsschutz aufgefallen sind (Bayern, Bremen, Hamburg, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland). Öffentlich sichtbare Inhalte in Sozialen Medien überprüfen nur zwei Bundesländer (Bremen, Niedersachsen). 
  • Fortbildungen: Nur ein Bundesland (NRW) führt verpflichtende Fortbildungen zu Rassismus und Rechtsextremismus für alle Polizist*innen durch. 
  • Polizeiinterne Extremismusbeauftragte gibt es nur in fünf Bundesländern (Berlin, Brandenburg, NRW, Sachsen und Sachsen-Anhalt).

News Zum Thema: Rechtsextremismus

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2024 gab es 42.788 rechtsmotivierte Straftaten. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen sie um fast 50 Prozent zu. Sie machten 2024 den mit Abstand größten Anteil an politisch motivierter Kriminalität in Deutschland aus.

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Politisch Motivierte Kriminalität  Ein Großteil der Straftaten ist "nicht zuzuordnen"

Die Behörden erfassten 2022 rund 59.000 politisch motivierte Straftaten – ein neuer Höchststand. 40 Prozent waren rechts motiviert. Noch mehr Delikte waren „nicht zuzuordnen“. Warum werden so viele Straftaten nicht zugeordnet? Ein Überblick.

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