Was ist eine Duldung?
Duldung heißt: Ausreisepflichtige dürfen vorübergehend in Deutschland bleiben, weil sie nicht abgeschoben werden können. Das liegt meist daran, dass sie keine Ausweisdokumente nachweisen können oder eine Krankheit haben, die im Herkunftsland nicht behandelt werden kann. Geduldete haben somit keinen gesicherten Aufenthalt.Rechtsgrundlage
Die Duldung ist befristet. Die Dauer wird von der zuständigen Ausländerbehörde je nach Fall und Belastung der Behörde festgelegt. Nach dem Ablauf dieser Frist können Ausreisepflichtige eine weitere Duldung bekommen – dabei spricht man oft von "Kettenduldungen".
Wer erhält eine Duldung?
Drittstaatsangehörige ohne Aufenthaltsstatus bekommen eine Aufforderung, Deutschland zu verlassen. Wenn sie dieser Aufforderung binnen der vorgesehenen Frist (sieben bis 30 Tagen) nicht nachkommen, können sie abgeschoben werden.
Die Abschiebung kann aufgeschoben oder gar ausgesetzt werden und eine "Duldung" erteilt werden, wenn:
- die Landesbehörde die Abschiebung "aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen" für maximal drei Monate aussetzt,
- der/die Ausländer*in eine qualifizierte Berufsausbildung absolviert,
- sie/er ein minderjähriges Kind hat, das im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist,
- sie/er mit einem anderen Geduldeten eng verwandt ist,
- ein/e Arzt/Ärztin bescheinigen kann, dass die Person, die abgeschoben werden muss, eine schwerwiegende Erkrankung hat, die die Abschiebung beeinträchtigen kann oder
- rechtliche Gründe vorliegen, die eine Ausreise nicht möglich machen – wie etwa fehlende Reisedokumente.Rechtsgrundlage
Um Identitäten schneller festzustellen und die nötigen Reisedokumente zu beschaffen, hat die Bundesregierung Rückübernahmeabkommen mit etlichen Ländern unterschrieben (darunter mehrere Balkanstaaten, Algerien und Marokko).
Wer ist "ausreisepflichtig"?
Bei "Ausreisepflichtigen" handelt es sich um abgelehnte Asylbewerber*innen sowie um ausländische Studenten, Arbeitnehmer*innen oder Touristen, deren Visum abgelaufen ist (sogenanntes overstay).
Zum Stichtag 30. Juni 2023 waren etwa 279.098 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. Von ihnen sind etwa die Hälfte abgelehnte Asylbewerber*innen. Die Zahl der ausreisepflichtigen Personen ist im ersten Halbjahr 2023 zum ersten Mal seit 2015 zurückgegangen – um rund acht Prozent. Das liegt in erster Linie daran, dass viele ausreisepflichtige Personen mit einer Duldung einen "Chancenaufenthalt" beantragt haben.Quelle
81 Prozent der "Ausreisepflichtigen" haben eine Duldung. Das heißt: Sie wurden aufgefordert, das Land zu verlassen, können aber "aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen" nicht abgeschoben werden. Die Zahl der "unmittelbar Ausreisepflichtigen" – also Personen, die gleich abgeschoben werden könnten – beläuft sich auf rund 54.330 (Stand: Juni 2023).Quelle
Welche Sozialleistungen beziehen Geduldete?
Geduldete erhalten wie Asylbewerber*innen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Falls ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben sie ab dem Tag nach dem Ausreisetermin keinen Anspruch mehr auf Leistungen. Geduldete, die selber ihre Abschiebung verhindern, können zudem mit Leistungskürzungen bestraft werden (s. "Duldung light").
Was ist die "Duldung light"?
Mit dem zweiten Gesetz zur "besseren Umsetzung der Ausreisepflicht" wurde im August 2019 die Duldung für Personen mit "ungeklärter Identität" eingeführt – auch als "Duldung light" bekannt. Dadurch werden Geduldete, die bei der Beschaffung von Pässen oder anderen Identitätsdokumenten nicht mitwirken, mit Leistungskürzungen, einem Arbeitsverbot und einer Wohnsitzpflicht bestraft.
Die Zeit, in der eine ausreisepflichtige Person mit einer "Duldung light" in Deutschland gelebt hat, wird außerdem nicht angerechnet, wenn sie ihren Aufenthaltsstatus etwa durch eine "Ausbildungsduldung" oder "Beschäftigungsduldung" regularisieren will. Zum Stichtag 31.12.2021 hatten etwa 25.500 Menschen diese sogenannte Duldung Light.Quelle
Was sind die "Ausbildungsduldung" und die "Beschäftigungsduldung"?
Geduldete Ausländer*innen können im Prinzip in jedem Moment abgeschoben werden. Wenn sie eine Ausbildung absolvieren, können sie seit 2016 ihre Duldung unter Umständen so lange verlängern, bis sie die Ausbildung abgeschlossen haben (sogenannte Ausbildungsduldung). Die Ausbildungsdduldung kann maximal drei Jahre dauern, plus zwei Jahre "Anschlussbeschäftigung". Das ist die sogenannte "3+2 Regelung" (Aufenthaltsgesetz §60a Abs. 2 Satz 4). Um eine Ausbildungsduldung zu erhalten, müssen Geduldete mindestens drei Monate geduldet sein, einen Ausbildungsplatz sowie einen Pass oder andere Dokumente haben, die ihre Identität beweisen.
Rund 8.200 "Geduldete" machen derzeit eine Ausbildung. Seit vergangenem Jahr ist ihre Zahl damit leicht gestiegen (2021: 8.000). Deutlich mehr Geduldete haben es bereits geschafft, über eine Ausbildung zumindest zeitweise ihren Aufenthalt zu sichern. Rund 7.400 Geduldete haben eine Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Geduldete (2021: 819). Das bedeutet, sie haben solch eine Ausbildung bereits abgeschlossen und nun einen vorläufigen Aufenthaltstitel bekommen.
Seit 2020 können Geduldete, die mindestens 18 Monate in Deutschland gearbeitet haben, eine "Beschäftigungsduldung" (Aufenthaltsgesetz §60d) erhalten. Diese dauert in der Regel 30 Monate. Wenn sie am Ende dieser Zeit weiterhin in Beschäftigung sind, können sie ihre Beschäftigungsduldung verlängern oder eine Aufenthaltserlaubnis beantragen – und somit ihren Aufenthaltstatus regularisieren (s. "Wie kommt man aus der Duldung?"). Um sich für eine Beschäftigungsduldung zu qualifizieren, müssen sie seit mindestens 12 Monaten geduldet sein, über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen (Stufe A2) und ihre Identität nachweisen können. Sie dürfen auch nicht wegen einer Strafttat verurteilt worden sein oder im letzten Jahr Sozialleistungen bezogen haben.
Zum Stichtag 31.12.2021 hatten rund 3.400 Menschen eine "Beschäftigungsduldung".Quelle
Wege aus der Duldung – das Chancen-Aufenthaltsgesetz
Der Chancen-Aufenthalt
Zum 1. Januar 2023 trat das "Chancen-Aufenthaltsrecht" in Kraft. Demnach sollen Geduldete, die zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre oder länger in Deutschland leben, gemeinsam mit ihren Angehörigen eine Aufenthaltserlaubnis "auf Probe" für 18 Monate bekommen. Innerhalb dieser Zeit müssen sie die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht erfüllen. Dazu gehört, dass sie überwiegend selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können, ausreichende Deutschkenntnisse haben und ihre Identität geklärt ist. Sind die Voraussetzungen erfüllt, soll die Aufenthaltserlaubnis nach AufenthG §25b (s. unten) verlängert werden. Wenn nicht, fallen die Betroffenen in die Duldung zurück. Ausgeschlossen vom neuen Gesetz sind Geduldete, die Falschangaben über ihre Identität gemacht haben oder straffällig geworden sind.
Die Zahlen
Im ersten Halbjahr 2023 haben 22.839 ausreisepflichtige Personen (inkl. Angehörige) den "Chancenaufenthalt" bekommen. Nach einer Umfrage des MEDIENDIENSTES unter den zuständigen Ministerien der Länder haben in diesem Zeitraum mindestens 49.000 Personen den "Chancenaufenthalt" beantragt. Mehr als 136.000 Personen sollen nach Berechnungen der Bundesregierung von der neuen Regelung profitieren.Quelle
Andere Wege aus der Duldung
Seit 2015 können "Langzeit-Geduldete" sowie Menschen, die nicht abgeschoben werden können, eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Das betrifft vier Gruppen:
- Geduldete, die "nachhaltig integriert" sind. Nachhaltig integriert heißt: Sie leben schon länger in Deutschland und verdienen ihren Lebensunterhalt überwiegend selbst. Bei Alleinstehenden müssen es mehr als acht Jahre sein, bei Familien mit minderjährigen Kindern mehr als sechs Jahre. Zum Stichtag 31.12.2021 haben etwa 10.400 Personen eine solche Aufenthaltserlaubnis erlhalte.Quelle
- Jugendliche (14 bis 18 Jahre) und Heranwachsende (18 bis 21), die vier Jahre in der Bundesrepublik gelebt oder hier einen Schul- oder Berufsabschluss erworben haben. Auch ihre Eltern, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner können dann ein Bleiberecht bekommen. Ende 2021 waren es rund 14.700 Jugendliche und Heranwachsende – und etwa 1.300 Angehörige.Quelle
- Wer eine "qualifizierte Berufsausbildung" abgeschlossen hat beziehungsweise seit mindestens drei Jahren als Fachkraft arbeitet und über ausreichende Sprachketnnisse und Wohnraum verfügt, kann ebenfalls eine Aufenthaltserlaubnis bekommen (Aufenthaltsgesetz §18a und §19d). Zum Stichtag 31.12.2021 waren es etwa 6.100 Menschen.Quelle
- ebenso wie Menschen, bei denen nicht anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit abgeschoben werden können (AufenthG §25 Abs. 5). Mit dieser Aufenthaltserlaubnis lebten in Deutschland Ende 2021 rund 55.300 Personen.Quelle