Vor wenigen Woche wurde die Auswertung des Mikrozensus 2012 veröffentlicht – ohne die sonst übliche Pressemitteilung. Ein Grund für die Zurückhaltung des Statistischen Bundesamts könnte sein, dass die jährliche Fortschreibung ein letztes Mal auf der Volkszählung von 1987 in Westdeutschland und dem DDR-Einwohnermelderegister von 1990 basiert. Ab nächstem Jahr sollen die Zahlen der Volkszählung vom Zensus 2011 zur Grundlage genommen werden: "In 2014 werden mit dem Mikrozensus 2013 erstmals Ergebnisse auf Basis der neuen Bevölkerungszahlen nach Zensus 2011 veröffentlicht", heißt es auf Seite zwei der Ergebnisse der neuen Publikation.
Aus der noch gültigen Statistik für 2012 geht hervor: In Deutschland leben Menschen aus 190 Ländern. Rund 16,3 Millionen Menschen haben einen sogenannten Migrationshintergrund.
- Davon sind 10,9 Millionen Migranten, also nach 1949 aus dem Ausland zugewandert. (Vergleich 2011: 10,7 Millionen Migranten)
- Weitere 5,4 Millionen wurden als zweite oder dritte Generation in Deutschland geboren und werden als Personen mit Migrationshintergrund, aber ohne eigene Migrationserfahrung erfasst.
- Mit knapp 9 Millionen hat der Großteil von ihnen einen deutschen Pass.
- 15,7 Millionen von ihnen leben im früheren Bundesgebiet und in Berlin (96,3 Prozent), und nur 610.000 in den neuen Ländern ohne Berlin.
- Bei den unter Fünfjährigen stellen Personen mit Migrationshintergrund inzwischen 35,4 Prozent der Bevölkerung.
- Die meisten Zuwanderer kamen aus Europa: 70,6 Prozent aller Migranten und ihrer Nachkommen haben ihre Wurzeln in einem europäischen Land – 31,6 Prozent in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union.
Herausforderungen für Statistiker
2013 war ein Jahr mit mehreren überraschenden Zahlen zur Zusammensetzung der Bevölkerung:
Zunächst tauchten im Januar im neuen Migrationsbericht fast eine halbe Million mehr "Personen mit türkischem Migrationshintergrund" in der Statistik auf, als im vorherigen Bericht. Grund für die plötzliche Zunahme der Gruppe war die erstmalige Erfassung von Kindern, bei denen beide Eltern Ausländer oder Eingebürgerte sind. Nach wie vor statistisch "blind" sind Kinder, deren Elternhaus bikulturell ist, wie zum Beispiel türkisch-italienisch oder griechisch-polnisch. Daneben gehen auch hunderttausende Aussiedler in der Statistik verloren. Insgesamt lassen sich 7,4 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund nicht eindeutig nach Herkunftsländern zuordnen. Die Kategorie "Herkunftsland" weicht mit jeder fortschreitenden Generationen stärker auf.
Mit dem Zensus 2011 folgten im Mai 2013 gleich zwei überraschende Zahlen. Erstens: Nur 1,9 Prozent der Bevölkerung bezeichneten sich bei der Volksbefragung als Muslime. Bislang gilt die Annahme, dass rund fünf Prozent der Bevölkerung muslimischen Glauben sei. Die dramatisch darunter liegende Zahl im Zensus wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Die Statistiker erklärten, der Zensus könne hier "keine verlässlichen Ergebnisse bereitstellen".
Zweitens: Es leben 1,1 Millionen weniger Ausländer in Deutschland, als bislang angenommen. Damit würde die Anzahl der Menschen mit Migrationshintergrund stark sinken: Demnach hätten von 80,5 Millionen Einwohnern in Deutschland lediglich 15,0 Millionen Menschen einen Migrationshintergrund, darunter nur 6,2 Millionen Ausländer.Quelle
Die Veröffentlichung weiterer Zensus-Ergebnisse soll im Frühjahr 2014 folgen, mit detaillierten Ergebnissen aus der Haushaltebefragung. Auch Angaben über Einwohner nach Staatsangehörigkeiten und Herkunftsländern sollen erst beim zweiten Veröffentlichungstermin gemacht werden.
Von Ferda Ataman, MDI
Sie sind Journalist*in und haben weitere Fragen oder suchen Fachleute zum Thema? Dann können Sie uns gern kontaktieren. Wir helfen schnell und unkompliziert. Unsere Texte und Grafiken können kostenfrei unter den Regeln der Creative Commons und unserer Namensnennung verwendet werden. Dies gilt nicht für Bilder und Fotos, die wir von Dritten erworben haben.