Vor Kurzem berichtete der Tagesspiegel, dass nur 1,2 Prozent aller Asylanträge in Deutschland positiv beschieden würden. Das ARD-Morgenmagazin vermeldete tags darauf, nur zwei Prozent der Anträge würden anerkannt. Diese Zahlen geben jedoch nur die Anerkennungen von Asylanträgen nach dem in Grundgesetz verankerten Recht auf Asyl (Art. 16a GG) wieder. Sie berücksichtigen damit lediglich einen Ausschnitt der Personen, denen Schutz gewährt wurde.
Neben dem im Grundgesetzt festgelegten Asylrecht bestehen aber internationale und europäische Standards, die auch in den anderen EU-Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen sind und in Deutschland im Aufenthaltsgesetz (§ 60 AufenthG) bzw. im Asylverfahrensgesetz (§§ 3 bis 4 AsylVfG) verankert wurden. Hierzu gehören:
- die Gewährung von Flüchtlingsschutz auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention,
- Abschiebungsverbote auf Grundlage der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen,
- der Europäischen Menschenrechtskonvention und anderer internationaler Abkommen.
Rechnet man die Gewährung von Flüchtlingsschutz (13 Prozent) und die Feststellung von Abschiebungsverboten (13,5 Prozent) nach dem Aufenthaltsgesetz zu den Anerkennungen nach dem Grundgesetz (1,2 Prozent) hinzu, haben 2012 in Deutschland 27,7 Prozent aller Antragsteller nach der behördlichen Entscheidung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Schutz erhalten (= "Gesamtschutzquote").
Quelle: BAMF, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Juni 2013, S. 8
Rechnet man aus der Gesamtzahl der in Deutschland gestellten Asylanträge noch die sogenannten "formellen Entscheidungen" heraus, erhöht sich die Quote, die dann "bereinigte Gesamtschutzquote" genannt wird. Die "formellen Entscheidungen" umfassen all jene, in denen das BAMF keine inhaltliche Aussage zum Antrag trifft, sondern die Fälle sich bereits vor der behördlichen Entscheidung anderweitig erledigen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn gar nicht Deutschland, sondern ein anderer EU-Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist (Dublin II-Verordnung), jemand seinen Asylantrag zurückzieht oder durch Heirat seinen Aufenthaltsstatus ändert. Das BAMF spricht hier von "formellen Entscheidungen". Wie die obige Tabelle verdeutlicht, zählten hierzu im vergangenen Jahr immerhin 22,6 Prozent aller Entscheidungen über Asylanträge.
Rechnet man diese aus der Gesamtzahl der in Deutschland gestellten Asylanträge heraus, kommt man für 2012 auf eine "bereinigte Gesamtschutzquote" von 35,8 Prozent. Mehr als jeder Dritte erhielt im Jahr 2012 in Deutschland also internationalen Schutz. Im ersten Halbjahr 2013 ist die "Gesamtschutzquote" auf 32,1 Prozent und die "bereinigte Gesamtschutzquote" sogar auf 44,2 Prozent gestiegen.Quelle
Letztlich dürften sowohl die "Gesamtschutzquote" als auch die "bereinigte Gesamtschutzquote" sogar noch höher liegen, denn Asylanträge, die durch das BAMF abgelehnt, nach erfolgreicher Klage aber dann von einem Verwaltungsgericht anerkannt wurden, sind in der obigen Berechnung noch nicht enthalten.
Von Rana Göroğlu, MDI
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