Vor kurzem hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den neuesten Migrationsbericht veröffentlicht, der umfassende Zahlen für das Jahr 2011 bereit stellt. Betrachtet man darin die Entwicklung der Asylmigration auf der gesamten Welt, so zeigt sich, dass die Zahl der Asylanträge von 2010 auf 2011 um rund sechs Prozent gestiegen sind (von 846.000 auf 895.000 Anträge). Das weltweite Zielland Nummer eins für Asylsuchende: Südafrika.
ASYLANTRÄGE
Im europäischen Vergleich wurden die meisten Asylanträge mit rund 57.000 in Frankreich gestellt, weitere Hauptzielländer sind Deutschland (rund 53.000), Italien (34.000), Belgien (32.000), Schweden (30.000) und das Vereinigte Königreich (26.500). Prozentual war die Steigerung im Vergleich zum Vorjahr vor allem in den kleineren EU-Staaten deutlich, wie Malta (zehn Mal so viele mehr wie im Vorjahr), Lettland (vier Mal) und Luxemburg (rund zwei Mal mehr).
Erinnert man sich an die Schlagzeilen der letzten Jahre und die dramatischen Bilder von überfüllten Flüchtlingsschiffen, so könnte man meinen, dass die meisten Flüchtlinge in Südeuropa anklopfen. Doch das ist nicht so.
Zunächst fällt hier auf, dass in Südeuropa und in den neuen Beitrittsländern sehr wenig Asylanträge gestellt und Entscheidungen getroffen werden. In Griechenland ging die Zahl der Anträge um neun Prozent zurück, in Zypern sogar um 38 Prozent. Im Vergleich zur Bevölkerung (Asylanträge pro Einheimischer) wurden die meisten Asylanträge in Luxemburg, Schweden, der Schweiz und in Belgien gestellt.
ASYLVERFAHREN
Insgesamt wurden rund 238.000 Asylverfahren in EU-Ländern geführt. Ein Vergleich der einzelnen Statistiken ist sehr aufschlussreich. Wie das BAMF in seinem Bericht kartografisch darstellt, ist 2011 von allen südeuropäischen EU-Staaten nur Malta besonders gefordert. Für andere Länder dagegen spielten Asylentscheide quasi keine Rolle: In Estland wurden gerade einmal 65 Entscheidungen getroffen, in Portugal 100, in Ungarn 895.
Der Prozentsatz der positiven Entscheidungen, also die Wahrscheinlichkeit, Asyl gewährt zu bekommen, könnte hier eine Rolle spielen. Der Anteil lag in Griechenland bei gerade einmal zwei Prozent, in Zypern mit 2,7 Prozent knapp darüber. In den Niederlanden hingegen fielen über 43 Prozent der Entscheidungen positiv für die Antragsteller aus.
ASYLGEWÄHRUNG
Noch aussagekräftiger sind aber die Vergleichszahlen über die Anerkennung und Aufnahme von Flüchtlingen. In absoluten Zahlen lag Deutschland hier vorn. Es gewährte insgesamt 9.675 Menschen Schutz. Es folgten Schweden mit 8.800, Großbritannien mit rund 7.200 und Italien mit rund 7.100 akzeptierten Flüchtlingen. Das Nachbarland Spanien nahm gerade einmal 985 Menschen auf, Polen 480 und Portugal 20.
Die Aussagekraft der absoluten Zahlen verändert sich jedoch, wenn sie in Relation gestellt werden. Rechnet man nämlich das gewährte Asyl auf die pro Kopf-Zahl der Bevölkerung um, so verschiebt sich das Bild enorm und Deutschland wirkt längst nicht mehr so generös.
Hier nehmen den Spitzenplatz Länder ein, die bei der Asyldiskussion in der deutschen Wahrnehmung kaum vorkommen: Schweden nahm pro 10.000 Einwohner durchschnittlich über 9 Flüchtlinge und die Schweiz mehr als 8 Flüchtlinge auf. Die großen Länder Deutschland, Großbritannien und Italien lagen jeweils mit 1,2 Flüchtlingen pro 10.000 Einwohner weit zurück.
Prof. Dr. DIETRICH THRÄNHARDT ist Politikwissen-schaftler und Mitglied im "Rat für Migration" (RfM). Er ist Herausgeber der "Studien zu Migration und Minderheiten" und lehrt an der Universität Münster Vergleichende Regierungslehre und Migrationsforschung.
Allerdings immer noch mit deutlichem Vorsprung zu Griechenland und Spanien mit 0,2 oder Polen mit 0,1 Flüchtlingen pro 10.000 Einwohner.
Deutschland liegt damit übrigens im europäischen Durchschnitt: Die 27 EU-Staaten haben 2011 knapp 60.000 Menschen Asyl gewährt. Bei 502 Millionen Einwohnern sind das ebenfalls 1,2 aufgenommene Flüchtlinge pro 10.000 Einwohner.
Vergleicht man übrigens die realen Aufnahmezahlen, so betreiben allein Schweden, Norwegen und die Schweiz eine aktive Flüchtlingsaufnahmepolitik. Alle anderen Länder konzentrieren sich eher auf Abwehr mit unterschiedlichen Härtegraden.
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