Einstellungen
Die Bevölkerung ist sehr gespalten, was ihre Sicht auf die deutsche Gesellschaft angeht. Das zeigen zahlreiche Studien und Umfragen der vergangenen Jahre.
Was denken Menschen in Deutschland über Migration?
Zum Thema Einstellung gegenüber Migration kommen die Studien der letzten Jahre zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Einer repräsentativen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung 2019 zufolge ist die Mehrheit der befragten wahlberechtigten Deutschen Einwanderung gegenüber offen eingestellt. Besonders groß ist die Zustimmung zu Migration, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken soll (63 Prozent). Die Hälfte der Befragten gab aber auch an, dass Migration das Land nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich und kulturell bereichere. Als größte Sorge im Hinblick auf Einwanderung nannten die Befragten einen möglichen Anstieg von Rechtsextremismus und rassistischer Gewalt.Quelle
Laut Autor*innen der Studie ist die Gesellschaft in der Frage der Migration weniger gespalten als oftmals angenommen. Etwa die Hälfte der Befragten positioniert sich in einer „beweglichen Mitte“: Sie sind offen für Einwanderung, sehen aber auch die Herausforderungen. Starke Befürworter*innen und vehemente Gegner*innen von Migration machen jeweils ein Viertel der Befragten aus.Quelle
Eine repräsentative Studie der Bertelsmann-Stiftung, die 2021 zum fünften Mal durchgeführt wurde, zeigt: Die Befragten stehen Migration weniger skeptisch gegenüber als in den vorherigen Umfragen; für immer mehr Menschen stehen die Chancen von Migration im Vordergrund. So gaben 66 Prozent an, Zuwanderung mache das Leben in Deutschland interessanter. In vielen Bereichen besteht allerdings auch weiterhin eine grundlegende Skepsis gegenüber Migration, unter anderem gaben 67 Prozent der Befragten an, dass Zuwanderung zu zusätzlichen Belastungen für den Sozialstaat führe.Quelle
Die Skepsis gegenüber Migration ist dabei im Osten Deutschlands stärker ausgeprägt als im Westen. Je jünger die Befragten sind und je höher ihr Bildungsabschluss, desto aufgeschlossener sind sie in der Regel gegenüber Einwanderung. Zwischen Männern und Frauen zeigen sich im Antwortverhalten keine systematischen Unterschiede. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sind im Antwortverhalten ebenfalls meist nah beieinander. Unterschiede zeigen sich hier in der Einschätzung zur Frage, ob Zuwanderung zu Konflikten mit Einheimischen führt (68 Prozent ohne stimmen zu, 56 Prozent mit Migrationshintergrund stimmen zu).Quelle
Die "Eurobarometer" von 2018 ergab, dass eine Mehrheit der Befragten in Deutschland eine Einwanderung aus EU-Staaten positiv sieht, Einwanderern aus Drittstaaten gegenüber hingegen skeptisch ist.QuelleStandard-Eurobarometer (2018): Ansichten der Europäer zu den Prioritäten der Europäischen Union", S. 37
Eine Untersuchung des „Mercator Dialogue on Asylum and Migration“ (MEDAM) 2018 zu 13 EU-Mitgliedstaaten kommt zu dem Ergebnis, dass Europäer*innen offener für Einwanderung sind als im Jahr 2002. Die Studie basiert auf Zahlen des repräsentativen European Social Survey.Quelle
Wie wichtig finden Bürger*innen das Thema Einwanderung?
In der repräsentativen Eurobarometer-Umfrage 2019 der EU-Kommission bezeichneten die Befragten aus Deutschland Migration als zweitwichtigste Herausforderung, der die Bundesrepublik gegenübersteht. Damit steht das Thema Migration direkt nach Umwelt- und Klimafragen. 2018 bezeichneten die Befragten Einwanderung noch als wichtigste Herausforderung.
Für die EU-Ebene nannten die Befragten aus Deutschland Einwanderung als größte Herausforderung – 42 Prozent fanden das Thema besonders wichtig. Der Wert liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt (34 Prozent).Quelle
Was denkt die Bevölkerung über Flüchtlinge?
Studien kommen – ähnlich wie beim Thema Migration – zu unterschiedlichen Ergebnissen und zeichnen ein ambivalentes Bild:
In einer repräsentativen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung von 2019 sprachen sich 70 Prozent der Befragten dafür aus, dass Deutschland weiterhin so viele Geflüchtete aufnehmen soll wie bisher, wenn nicht sogar mehr. Die Aufnahme von Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, findet aber deutlich mehr Zustimmung als die von Personen, die "aus wirtschaftlichen Gründen und vor Armut" fliehen. Fast 80 Prozent der Befragten befürworten zudem die Möglichkeit eines „Spurwechsels“: Abgelehnte Asylbewerber*innen, die sich in Deutschland "gut integriert" haben und arbeiten, sollen bleiben dürfen.Quelle
Einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung 2021 zufolge meinten 48 Prozent der Befragten, Deutschland könne mehr Geflüchtete aufnehmen. 2019 und 2017 hatten dies nur 37 Prozent so gesehen. Auch die Zahl der Befragten die angab, dass Deutschland keine weitern Flüchtlinge mehr aufnehmen könne, ist so niedrig wie zuletzt vor der "Fluchtkrise" 2015 (36 Prozent).Quelle
Die repräsentative „Mitte“-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung von 2021 befand bei rund 40 Prozent der Befragten feindliche Einstellungen gegenüber Asylsuchenden. Das sind über 10 Prozent weniger als noch 2019 (52 Prozent).Quelle
Das repräsentative "Integrationsbarometer 2018" des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) wiederum deutet auf überwiegend positive Einstellungen hin: Demnach ist die Mehrheit der Befragten der Auffassung, dass Geflüchtete Deutschland langfristig kulturell und wirtschaftlich bereichern werden. Befragte ohne Migrationshintergrund stimmen dem zu über 70 Prozent zu. Bei den Befragten mit Migrationshintergrund bewegen sich die Zustimmungswerte je nach Herkunftsgruppe zwischen 52 und 71 Prozent. Was die weitere Aufnahme von Geflüchteten betrifft, zeigt die Studie jedoch ein ambivalentes Bild: Etwa 60 Prozent der Befragten ohne Migrationshintergrund sind dafür, weiterhin Schutzsuchende aufzunehmen. Zugleich sprechen sich etwa 57 Prozent dafür aus, eine "Obergrenze" für Flüchtlinge festzulegen.Quelle
Was denken Menschen in Deutschland über Integration?
Das "Integrationsbarometer 2020" des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) zeigt: Das Integrationsklima in Deutschland ist seit der ersten Erhebung 2015 weitestgehend stabil und wird tendenziell positiv eingeschätzt, der "Integrationsklima-IndexDafür werden persönliche Erfahrungen und Einschätzungen von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Bereichen, die für Integration zentral sind (Arbeit, Bildung, soziale Beziehungen und Nachbarschaft), abgefragt." liegt konstant über 50 Prozent. Bei den Befragten ohne Migrationshintergrund hat sich der Wert im Vergleich zur Erhebung von 2017/18 sogar leicht verbessert - von 63,8 auf 65,6 Punkte.Quelle
Einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann-Stiftung 2021 zufolge stellen die Befragten ähnlich wie in der Umfrage 2019 beim Thema Integration einerseits hohe Leistungs- und Anpassungserwartungen an Einwanderer*innen. Gleichzeitig erwarten sie aber auch Maßnahmen oder Gesetze, ihnen eine besser Teilhabe zu ermöglichen und Benachteiligung entgegenzuwirken – etwa bei der Wohnungssuche.
In folgenden Bereichen sehen die Befragten Hindernisse für die Integration:
- 84 Prozent sehen mangelnde Deutschkenntnisse als Hindernis,
- 66 Prozent gehen von einer mangelnden Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt aus,
- 62 Prozent sehen eine Diskriminierung der Zuwanderer aufgrund ihrer Herkunft als Hindernis,
- 54 Prozent empfinden eine enge Verbundenheit der Einwanderer*innen mit ihrem Herkunftsland als hinderlich
- 51 Prozent eine fehlende Bildung.Quelle
Die repräsentative ZuGleich-Studie des "Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung" der Universität Bielefeld kam zu dem Ergebnis, dass integrationsfeindliche Einstellungen im Jahr 2020, im Vergleich zu den Vorjahren, deutlich zugenommen haben. Über 60 Prozent der Befragten finden, Zugewanderte müssten sich mehr anpassen und stellen dafür höhere Anforderungen als noch in der Befragung 2018. Für eine gelungene Integration nennen die Befragten folgenden Kriterien:
- 94 Prozent sehen die Beherrschung der deutschen Sprache als zentral,
- 93 Prozent fordern eine Achtung von politischen Institutionen und Werten,
- 86 Prozent nennen Erwerbstätigkeit als Kriterium für eine gesellschaftliche Zugehörigkeit.Quelle
Wie steht die Bevölkerung zur "Willkommenskultur"?
Unter "Willkommenskultur" wird die Offenheit gegenüber Migrant*innen und Geflüchteten verstanden – von Einzelpersonen, Behörden oder der gesamten Gesellschaft.Quelle
Die Bertelsmann Stiftung veröffentlichte 2022 zum fünften Mal eine Studie zur "Willkommenskultur". Das Ergebnis: Einwanderer*innen, die in Deutschland arbeiten oder studieren, werden nach Einschätzung der Befragten von Behörden (78 Prozent) und Bevölkerung vor Ort (71 Prozent) mehrheitlich willkommen geheißen. Auch Geflüchtete werden als bei Behörden (68 Prozent) und Bevölkerung vor Ort (59 Prozent) mehrheitlich willkommen angesehen. Die Werte haben sich gegenüber 2019 kaum verändert, laut der Studie 2019 sei die Willkommenskultur in Deutschland „robust“ und meist „stabil auf einem hohen Niveau".Quelle
Die repräsentative ZuGleich-Studie des "Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung" der Universität Bielefeld kommt zu dem Ergebnis, dass rund 55 Prozent der Bevölkerung 2020 eine gesellschaftliche Willkommenskultur befürworten. Geschlecht und Alter haben demnach kaum Einfluss auf die Zustimmung zu einer Willkommenskultur, anders sieht es beim Bildungsstand aus: Befragte mit hohem Bildungsgrad stehen dem Konzept signifikant positiver gegenüber als Menschen mit niedrigerem Bildungsabschluss. Der Werte lag 2020 deutlich höher als in den Vorjahren. Zwischen 2014 und 2018 lagen die Werte unter 40 Prozent. Ein Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sei nicht auszuschließen, so die Forscher*innen. Aufgrund der eingeschränkten Mobilität von Migrant*innen 2020, stelle sich grundlegend die Frage der Bedeutung einer Willkommenskultur.Quelle
Umfragen: Gehört der Islam zu Deutschland?
- Diese Frage spaltet die Bevölkerung. Eine knappe Hälfte der Befragten (47 Prozent) stimmte 2018 in einer Forsa-Umfrage der Aussage zu, der Islam gehöre zu Deutschland. Fast genauso viele (46 Prozent) zeigten sich vom Gegenteil überzeugt.Quelle
- Diese Einstellungen halten sich konstant: Forsa-Umfragen in den Jahren 2012, 2014 und 2016 kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Schon 2012 hatte eine knappe Hälfte (48 Prozent) der Deutschen der Aussage zugestimmt, der Islam gehöre zu Deutschland. Genauso viele (48 Prozent) hatten sie abgelehnt.Quelle
- Eine Mehrheit der Westdeutschen und drei Viertel der 18-29-Jährigen betrachten den Islam als Teil Deutschlands. Ostdeutsche und Über-60-Jährige sehen das hingegen mehrheitlich anders. Das zeigte die letzte Forsa-Umfrage 2018. Quelle
Bevölkerungsumfragen zum Kopftuch
Studien zeigen, dass viele Menschen in Deutschland das Kopftuch unterschiedlich beurteilen, je nachdem, um welchen Lebens- und Arbeitsbereich es geht.
Sollen muslimische Lehrerinnen ein Kopftuch tragen dürfen?
- In einer 2018 veröffentlichten repräsentativen Umfrage des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) lehnte eine Mehrheit der Befragten ein Kopftuch bei Lehrerinnen ab. Eine klare Mehrheit von 58 Prozent der Befragten ohne Migrationshintergrund äußerte sich ablehnend, aber auch Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie Befragte aus EU-Staaten waren mehrheitlich dagegen. Nur türkeistämmige Befragte und Einwanderinnen und Einwanderer aus anderen Nicht-EU-Staaten zeigten sich mehrheitlich dafür aufgeschlossen.Quelle
- Zu einem ähnlichen Ergebnis kam 2016 eine repräsentative Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS): 57 Prozent der Befragten sprachen sich gegen das Kopftuch bei Lehrerinnen aus. Die Ablehnung galt auch anderen religiösen Symbolen: 56 Prozent waren dagegen, dass Lehrer im Priestergewand unterrichten.Quelle
- In der 2015 veröffentlichten Studie "Deutschland postmigrantisch II" des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) zeigten sich Unterschiede zwischen den Generationen: Während 71 Prozent der 16- bis 25-Jährigen dafür waren, dass Lehrerinnen im Unterricht ein Kopftuch tragen dürfen, teilte von den älteren Befragten nur knapp jeder Zweite (48 Prozent) diese Haltung.Quelle
Sollen muslimische Schülerinnen ein Kopftuch tragen dürfen?
- In einer repräsentativen Untersuchung des DeZIM-Instituts aus dem Jahr 2019 lehnten knapp 63 Prozent der Befragten ein Kopftuchverbot von Schülerinnen in der Schule ab. Rund 37 Prozent sprachen sich "voll" oder "eher" für ein Verbot aus. Frauen lehnen laut der Studie häufiger als Männer ein Kopftuchverbot ab, Jugendliche häufiger als Erwachsene.Quelle
Sollten Mitarbeiterinnen in Behörden ein Kopftuch tragen dürfen?
- Im SVR-Integrationsbarometer von 2018 sprach sich eine knappe Mehrheit der Befragten dafür aus, muslimischen Mitarbeiterinnen in Behörden das Tragen eines Kopftuchs zu gestatten. Unter türkeistämmigen Männern und Frauen waren sogar drei Viertel dafür. Nur Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler waren mehrheitlich dagegen.Quelle
Wie wird das Tragen eines Kopftuchs in anderen Lebensbereichen beurteilt?
Dieser Frage ging eine Studie im Auftrag des baden-württembergischen Integrationsministeriums nach, die 2015 veröffentlicht wurde. 62 Prozent der Befragten äußerten demnach, es sei ihnen grundsätzlich "egal", ob muslimische Frauen in Deutschland Kopftücher tragen. Nur sechs Prozent fanden es "gut". Rund ein Drittel (31 Prozent) fand es "nicht gut".
- Bei Ärztinnen fanden es 22 Prozent der Befragten "nicht gut" und 78 Prozent unproblematisch.
- bei Erzieherinnen fanden es 37 Prozent "nicht gut".
- bei Abgeordneten fanden es 46 Prozent "nicht gut".
- Nachrichtensprecherinnen mit Kopftuch fanden die Hälfte "nicht gut" und nur fünf Prozent "gut". 45 Prozent war es "egal".Quelle
News Zum Thema: Einstellungen
Forschung zu Vorurteilen Was Ostdeutsche und Muslime gemeinsam haben
Eine aktuelle Studie zeigt: Vorurteile gegenüber Ostdeutschen und Muslimen ähneln sich stark. Aber viele Menschen würden auch Maßnahmen für mehr Gleichstellung akzeptieren. Wir fassen die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
ZuGleich-Studie 2018 Die Bevölkerung wird offener
Auch wenn öffentliche Debatten etwas anderes vermuten lassen: Die deutsche Bevölkerung geht entspannter mit Migration und Vielfalt um als vor zwei Jahren. Das zeigt eine neue Studie der Universität Bielefeld. Die Forscher fordern Konzepte für eine "Integrationsgesellschaft".
SVR-Integrationsbarometer Stimmung ist positiver als gedacht
Auch wenn die medialen und politischen Debatten das Gegenteil vermuten lassen: Viele Menschen in Deutschland finden, dass das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft gut funktioniert. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration.