Über die Kosten von Migration wird viel diskutiert, zum Beispiel über die Ausgaben für Integration. Aber Zuwanderung bringt auch Gewinne ein, zum Beispiel durch die Steuern von ausländischen Beschäftigten oder wirtschaftliches Wachstum. Was zeigt die Gesamtbilanz? Der "Wirtschaftsweise" Martin Werding hat das in einer Expertise für den Mediendienst untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse:
- Migration bedeutet höhere Kosten, aber auch Ersparnisse und Einnahmen für den deutschen Staat. In der Summe entlastet Migration die öffentlichen Haushalte.
- Eine um 200.000 Personen höhere jährliche Netto-Zuwanderung nach Deutschland reduziert die dauerhaft bestehende Finanzierungslücke der öffentlichen Haushalte um knapp 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – oder, gemessen in Werten für 2024, um rund 104 Mrd. Euro jährlich.
- Jede Person, die im Zuge dieser kontinuierlich hohen Zuwanderung nach Deutschland kommt, entlastet den Staatshaushalt um 7.100 Euro im Jahr.
Download der Expertise "Beitrag der Migration zum Staatshaushalt" (pdf-Download)
Zuwanderung führt einerseits zu steigenden Ausgaben des Staates. Andererseits bewirkt sie aber auch steigende Einnahmen – in Zeiten, in denen die öffentlichen Finanzen aufgrund der demographischen Alterung in immer größere Anspannung geraten. Sie steigert also die Wirtschaftsleistung und dämpft die Kosten durch den demographischen Wandel. Alles in allem entlastet Zuwanderung damit die öffentlichen Haushalte.
Beim Vergleich zwischen Szenarien mit hoher oder niedriger Zuwanderung beläuft sich diese Entlastung auf etwas über 100 Mrd. Euro jährlich. Jede Person, die im Zuge dieser kontinuierlich hohen Zuwanderung nach Deutschland kommt, entlastet den Staatshaushalt um 7.100 Euro im Jahr. Demnach führt eine anhaltend hohe Nettozuwanderung definitiv zu einer wesentlichen Reduktion der demografiebedingten "Tragfähigkeitslücke" der öffentlichen Finanzen in Deutschland.
Frühere Modellrechnungen waren zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen. So kam eine Studie des Ökonomen Bernd Raffelhüschen im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis: Unter den aktuellen Vorzeichen werde "Migration eher zu einer Belastung als zu einer Entlastung für den Sozialstaat", sagte er gegenüber dem Mediendienst. In Medienberichten wurde er mit der Zahl zitiert: "Die Zuwanderung, wie sie bisher geschieht, kostet uns gesamtwirtschaftlich 5,8 Billionen Euro." Für die neue Berechnung in dieser Expertise wurde eine andere Methode verwendet, die auch die Auswirkungen von Migration auf die zukünftige Wirtschaftsleistung mit einbezieht.
Zur Methode: Die Ergebnisse lassen sich aus Berechnungen für den im März 2024 veröffentlichten Sechsten Tragfähigkeitsbericht des Bundesfinanzministeriums ableiten. Dafür werden unterschiedliche Szenarien der Bevölkerungsentwicklung angenommen und entsprechend die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung vorausgeschätzt. Außerdem werden Szenarien für demografiebedingte Ausgaben des Staates entwickelt. So erhält man die "Tragfähigkeitslücke" der öffentlichen Haushalte – zwischen den voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben des Staates. In verschiedenen Szenarien kann man dann den Einfluss von Migration auf diese Tragfähigkeitslücke bestimmen.
Von Carsten Wolf
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