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ÜBER DIESE FOLGE
Folge 7: "Über Ausländerkriminalität"
mit der Kriminologin Gina Wollinger (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW)
Jedes Jahr im Mai veröffentlichen das Bundesinnenministerium und das Bundeskriminalamt die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Meistens ist das Presse-Echo groß, und ein Thema ist fast immer mit dabei: Die Ausländerkriminalität.
In unserer neuen Podcast-Folge sprechen wir mit der Kriminologin Gina Wollinger darüber, ob mehr Migration auch zu mehr Kriminalität führt, ob Ausländer überproportional viele Straftaten begehen (oder berichten Medien nur häufiger darüber?) und was die Polizeiliche Kriminalstatistik eigentlich aussagt.
Wollinger erklärt: „Einen direkten Zusammenhang zwischen Kriminalität und Herkunft gibt es nicht.“ Die Forschung zeige eindeutig, dass die Staatsbürgerschaft oder ein Migrationshintergrund an sich nichts zur Erklärung von Kriminalität beitragen.
Aber: Es gebe eine Reihe von Risikofaktoren, die Kriminalität wahrscheinlicher machen. Einige dieser Faktoren kämen bei bestimmten Einwanderungsgruppen häufiger vor als bei anderen Bevölkerungsgruppen. Zu diesen Faktoren gehören Armut, Bildung, kriminelle Freundeskreise, gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen oder Gewalterfahrungen im Elternhaus. Insofern könne man von einem indirekten Zusammenhang sprechen, weil diese Faktoren häufiger bei Menschen mit Migrationshintergrund aufträten, so Wollinger. Die gute Nachricht: Diese Faktoren sind veränderbar. Studien haben gezeigt, dass die Bedingungen in Deutschland – wie etwa die Bleibeperspektive und entsprechend die Lebensbedingungen – entscheidend dafür sind, ob Einwanderer*innen kriminell werden oder nicht.
Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) geht hervor, dass der Anteil von Nicht-Deutschen an der Kriminalität größer ist als ihr Anteil an der Bevölkerung. Wollinger weist aber darauf hin, dass die Zahlen nicht vergleichbar sind: Zu „nicht-deutschen“ Tatverdächtigen zählten etwa auch Touristen oder Durchreisende, die nicht in Deutschland wohnen. Außerdem zeigten Studien, dass Menschen, die als "fremd" wahrgenommen werden, häufiger von der Polizei kontrolliert und von Opfern angezeigt werden – sie landen also auch schneller in der Statistik.
ZITATE
"Was landet in der PKS, was nicht? Studien haben gezeigt, dass Personen, die als „fremd“ wahrgenommen werden, häufiger angezeigt werden als Personen, die als „deutsch“ wahrgenommen werden. Ein Beispiel in Bezug auf jugendliche Gewaltdelikte: Sind Opfer und Täter deutsch, wird in 10,5 Prozent der Fälle angezeigt, ist das Opfer deutsch und der Täter nichtdeutsch, wird in 17,4 Prozent die Polizei informiert."
"Wo mehr kontrolliert wird, wird auch mehr gefunden. Und dass als „fremd“ wahrgenommene Personen öfter von der Polizei kontrolliert werden als Angehörige der Mehrheitsgesellschaft, haben verschiedene Studien und Befragungen gezeigt. In welchem Ausmaß sich das auf die PKS auswirkt, ist nicht gesichert."
"Kriminalitätsfördernde Umstände liegen – da ist sich die Forschung einig – in den jeweiligen Lebensumständen begründet: Vor allem Armut und Bildungsteilhabe sind zentrale Faktoren. Ganz konkret hat man das etwa an einer umfassenden Studie zu Gewaltkriminalität von Schülern und Schülerinnen gesehen: Bei allen Schülern waren der sozioökonomische Status, Bildung, Normen und eigenes Gewalterleben die Faktoren, die Kriminalität begünstigten oder verhinderten. Die Herkunft hat keinen Einfluss, wenn man diese Faktoren berücksichtigt."
"Die Kategorie „Ausländerkriminalität“ sagt im Grunde nichts aus. Man versucht hier mit einem Merkmal eine Gruppe zusammenzufassen, bei der es gar keine Homogenität gibt in Bezug auf Lebenserfahrungen und -umstände. Es gibt für das Konstrukt „Ausländer“ kein gemeinsames Merkmal, das relevant wäre für die Kriminalität. Stattdessen schürt es aber ein gewisses Bild von Menschen, die sich auf Grund ihres Status anders verhalten würden. Es suggeriert, dass Kriminalität und Herkunft etwas miteinander zu tun haben."
WEITERE QUELLEN
Polizeiliche Kriminalstatistik 2023, BMI (2024), Link
Interview mit Gina Wollinger zur Ausländerkriminalität, Mediendienst (2024), Link
Über die Verzerrung in den Medien beim Thema Ausländerkriminalität, Mediendienst (2022), Link
KFN-Studie zu Kriminalität und Aufenthaltsstatus, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (2022), Link
Expertise von Christian Walburg zu Jugendkriminalität in der Einwanderungsgesellschaft, LINK
Der Podcast "Einwanderungsland" wird von der Robert Bosch Stiftung gefördert.
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