Nicht alle Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren in Deutschland Zuflucht gefunden haben, werden hier bleiben. Manche werden von sich aus zurückkehren wollen, sobald sie sich in ihrem Herkunftsland wieder sicher fühlen. Andere werden gehen müssen, weil sie hierzulande weder Asyl noch Aufenthaltsrecht erhalten haben. Um die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland zu senken, setzt die Bundesregierung verstärkt auf "freiwillige Ausreisen", die sie auch finanziell unterstützt. Mit einer umstrittenen Plakat-Kampagne (Slogan: "Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!) in mehreren Sprachen und großzügigen Rückkehr-Prämien, die in Aussicht gestellt werden, versuchte das Innenministerium unter Horst Seehofer (CSU) kürzlich, Flüchtlinge zur freiwilligen Ausreise in ihre alte Heimat zu bewegen. Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte zudem jüngst, Flüchtlinge könnten in den Irak zurückkehren, weil sich die Sicherheitslage "eindeutig verbessert" habe. Auch für diese Menschen sollen die Rückkehrprogramme ausgebaut werden.
Solche Rückkehrprogramme gibt es schon lange. Die größten heißen REAG (Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany) und GARP (Government Assisted Repatriation Programme). Zwischen 2015 und 2017 haben mehr als 121.500 Personen daran teilgenommen. Die meisten von ihnen stammten aus den Ländern des westlichen Balkans. REAG/GARP erstattet den Ausreisenden die Reisekosten und zahlt eine Starthilfe im Herkunftsland.
Was aber können Länder wie Deutschland noch tun, um Rückkehrwillige bei der Ausreise und beim Neustart im Herkunftsland zu unterstützen? Dazu liegen Ergebnisse der internationalen Forschung vor. Von zentraler Bedeutung ist, dass Flüchtlinge in dem Herkunftsland, in das sie zurückkehren, sicher sind und eine berufliche Perspektive haben. Deshalb ist es wichtig, dass Geflüchtete mit darüber entscheiden können, wann und wohin genau sie ausreisen.
Geflüchtete in die Entscheidungen miteinbeziehen
Denn viele Menschen möchten nicht wieder zurück in jene Orte, aus denen sie ursprünglich stammen, sondern lieber in eine Großstadt im eigenen oder in einem benachbarten Land. Sie möchten sich dort integrieren, wo sie für sich eine Zukunftsperspektive sehen. Deshalb sollten Geflüchtete in die Entscheidung mit einbezogen werden, wohin sie ausreisen möchten – und wie.
Wichtig ist, dass Geflüchteten in Deutschland die Möglichkeit zur Aus- und Weiterbildung offen steht. Denn mit ihren in Deutschland erworbenen Kompetenzen können sie nach einer Rückkehr beruflich besser Fuß fassen. Wenn berufstätige Familienmitglieder ihre Angehörigen unterstützen können, profitieren ganze Familien davon. Das war für manche dieser Menschen schließlich einer der Gründe für die Flucht nach Europa.
Dr. Elke Grawert, habilitiert in Politikwissenschaft, ist seit 2010 am Friedens- und Konfliktforschungszentrum BICC (Internationales Konversionszentrum Bonn) tätig, wo sie in den letzten Jahren vor allem zu Flucht und Vertreibung arbeitet. Zuletzt hat sie den Forschungsbericht "Rückkehr und Reintegration Geflüchteter" und den Policy Brief "Rückkehr und Reintegration Geflüchteter konstruktiv begleiten" veröffentlicht.
Solche Ausbildungsprogramme für potentielle Rückkehrer können vom Staat oder von Unternehmen organisiert werden. Dabei ist es sinnvoll, den Bedarf an Fähigkeiten im Auge zu behalten, der nicht nur in Deutschland, sondern auch im Heimatland und der Herkunftsregion der Geflüchteten gefragt ist. Damit sind die Chancen für eine nachhaltige Einkommensperspektive für Rückkehrer größer. In der Entwicklungszusammenarbeit gibt es bereits Programme, die helfen sollen, Rückkehrer in den Arbeitsmarkt ihrer alten Heimat zu integrieren. Diese gilt es auszubauen. Bislang waren solche Programme meist darauf ausgelegt, Rückkehrer im ländlichen Raum zu unterstützen. Es braucht aber mehr Programme für Stadtbewohner und Weiterbildungen für Berufe im Industrie- und Dienstleistungsbereich.
Höchst problematisch ist es dagegen, wenn Flüchtlinge zu früh, überstürzt und unvorbereitet in ihre alte Heimat zurückgeschickt werden. Wo Wohn- und Erwerbsmöglichkeiten begrenzt sind, verbrauchen Rückkehrer in kurzer Zeit ihr angespartes oder ausgezahltes Anfangskapital, ohne sich damit ein neues Leben aufbauen zu können. Verarmung und Verschuldung führen schließlich in die Abhängigkeit von internationaler Unterstützung oder zu erneuter Auswanderung. Ist die Rückkehr schlecht vorbereitet, bleibt den Rückkehrern kein Handlungsspielraum, um sich in ihrem Herkunftsland sinnvoll einzugliedern und zu betätigen.
In Ländern wie Afghanistan, Irak oder Syrien, wo bewaffnete Konflikte andauern, finden Rückkehrer zudem keinen Ort, an dem sie sich dauerhaft sicher fühlen und ein neues Leben aufbauen können. Ihnen droht eine erneute Vertreibung. So bleibt ihnen gerade dort häufig nur eine erneute Auswanderung übrig - meist mit Hilfe von Schleppern. Um das zu verhindern, braucht es Lösungen, die von Dauer sind. Doch die Flüchtlingspolitik in Ländern wie Deutschland ist oft von populistischen Debatten, gesellschaftlichen Stimmungsschwankungen und innenpolitischen Erwägungen geprägt. Das führt leicht zu irrationalen Maßnahmen wie der, möglichst viele Flüchtlinge möglichst schnell in ihre Herkunftsländer zurückführen zu wollen.
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