Vor etwa fünf Jahren hat Baden-Württemberg ein eigenes Partizipations- und Integrationsgesetz verabschiedet. Es sieht unter anderem vor, dass Menschen mit Einwanderungsgeschichte stärker im öffentlichen Dienst vertreten sein sollen. Außerdem wurde ein Beirat für Integration geschaffen, der die Regierung in Fragen der Integrations- und Migrationspolitik unterstützt. 2020 hat das Ministerium für Soziales und Integration den ersten Integrationsbericht veröffentlicht, der den Stand der Integration im Land dokumentiert. Wir haben Ergebnisse daraus und weitere wichtige Zahlen und Fakten zusammengefasst.
Bevölkerung
In Baden-Württemberg leben rund 3,7 Millionen Menschen mit "Migrationshintergrund". Das ist rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Baden-Württemberg gehört zu den Bundesländern mit dem höchsten Anteil von Menschen aus Einwandererfamilien an der Bevölkerung.Quelle
Ungefähr die Hälfte der Menschen mit "Migrationshintergrund" sind ausländische Staatsbürger*innen. Von ihnen kam etwa jede*r Zehnte als Schutzsuchende*r nach Deutschland.Quelle
Die drei größten Communities in Baden-Württemberg sind die türkische, die italienische und die rumänische. Baden-Württemberg hat die größte italienische und die größte kroatische Community Deutschlands.Quelle
Geflüchtete
Zur Zeit der jüngsten Erhebung 2019 lebten in Baden-Württemberg rund 210.000 Geflüchtete. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung heißt das: Von Tausend Personen, die im Land leben, sind nur 19 Geflüchtete. Die meisten von ihnen sind anerkannte Flüchtlinge.Quelle
Bildung
In der Schule haben Schüler*innen aus Einwandererfamilien schlechtere Chancen als ihre Mitschüler*innen. Das zeigt der kürzlich veröffentlichte Integrationsbericht des Landes Baden-Württemberg: Schüler*innen mit Migrationshintergrund besuchen deutlich häufiger die Haupt- oder Gesamtschule und deutlich seltener das Gymnasium (Schuljahr 2018/2019, 8. Klasse). Ausländische Schüler*innen machen seltener das Abitur und verlassen die Schule häufiger ohne Abschluss. Fachleuten zufolge ist das unter anderem auf Benachteiligungen im Bildungssystem zurückzuführen.Quelle
Betrachtet man die Gesamtbevölkerung mit "Migrationshintergrund" in Baden-Württemberg, hat der Anteil von Menschen mit Abitur zugenommen.
Das Land Baden-Württemberg bietet keinen Unterricht in Herkunftssprachen an. Das zeigt eine Recherche des MEDIENDIENSTES. Laut Kultusministerium sei es dem Land wichtig, frühzeitig Deutschkenntnisse zu fördern. Kinder und Jugendliche können nur Sprachunterricht besuchen, der von den jeweiligen Konsulaten angeboten wird. Das machten im Schuljahr 2019/2020 rund 34.000 Schüler*innen in 14 Sprachen. Über die Hälfte nahm an Türkischunterricht teil.Quelle
Arbeit
Rund 72 Prozent der Menschen mit "Migrationshintergrund" in Baden-Württemberg waren 2018 erwerbstätig. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Baden-Württemberg ist nach Bayern das Land mit der zweithöchsten Beschäftigungsquote unter ausländischen Staatsbürger*innen: 2019 waren es 56,4 Prozent im Vergleich zu 64,1 Prozent unter deutschen Staatsbürger*innen.Quelle
Menschen mit Migrationshintergrund sind öfter von Armut bedroht: Während 2018 etwa 11 Prozent der Menschen ohne Einwanderungsgeschichte in Baden-Württemberg als "armutsgefährdet" galten, waren es unter Einwanderer*innen und ihren Nachkommen knapp ein Viertel. Laut Integrationsbericht hat sich der Anteil von Menschen, die armutsgefährdet sind, seit 2012 kaum verändert.Quelle
Interkulturelle Öffnung
Baden-Württemberg wies bundesweit mit 15,4 Prozent im Jahr 2017 den höchsten Anteil von Menschen mit "Migrationshintergrund" im öffentlichen Dienst auf. Dennoch: Der Anteil von Menschen mit "Migrationshintergrund" in der Bevölkerung war mehr als doppelt so hoch.Quelle
Einstellungen zu Einwanderung
Eine Umfrage des Integrationsministeriums Baden-Württemberg zeigt: Die allgemeine Stimmung gegenüber der Einwanderungsgesellschaft ist mehrheitlich positiv. 60 Prozent der Befragten habe "überwiegend gute Erfahrungen" mit Einwanderer*innen gemacht. Der Wert ist allerdings sechs Prozentpunkte niedriger als 2012. Ein Großteil der Befragten (86 Prozent) macht sich zudem sehr große oder große Sorgen wegen Rechtsextremismus und rassistischer Gewalt. Unter Menschen ohne "Migrationshintergrund" ist die Sorge sogar etwas größer als unter den Befragten mit "Migrationshintergrund".Quelle
Von Fabio Ghelli
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