Wo gibt es Religionsunterricht für Muslim*innen?
Über 900 Schulen in Deutschland bieten islamischen Religionsunterricht an. Das geht aus einer Umfrage des MEDIENDIENSTES unter den Kultusministerien der Länder hervor. Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Modelle:
In Hessen und Niedersachsen wird islamischer Religionsunterricht in Kooperation mit islamischen Verbänden erteilt. Die Lehrpläne werden dabei von den Religionsgemeinschaften und staatlichen Stellen gemeinsam entwickelt. Seit dem Schuljahr 2019/20 wird der bekenntnisorientiete islamische Religionsunterricht in Hessen nur bis Jahrgangsstufe 6 erteilt. Schüler*innen ab der siebten Klasse können das staatlich verantwortete Fach "Islamunterricht" besuchen, das als Modellprojekt erprobt wird.Quelle
In Berlin verantwortet der islamische Landesverband "Islamische Föderation Berlin" (IFB) den Religionsunterricht für Muslim*innen.
Rheinland-Pfalz und das Saarland erteilen islamischen Religionsunterricht in Modellprojekten. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gibt es befristete Übergangsmodelle. Muslimische Partner werden dabei auf unterschiedliche Weise einbezogen.
In Bayern und Schleswig-Holstein gibt es einen "islamkundlichen" Unterricht in staatlicher Verantwortung. Die Religionsgemeinschaften sind daran nicht beteiligt. In Bayern wird er als Modellprojekt erprobt.
Hamburg und Bremen bieten einen konfessionsübergreifenden Religionsunterricht an. Als erstes Bundesland will Hamburg diesen künftig interreligiös – mit Beteiligung verschiedener Religionsgemeinschaften – ausrichten.Quelle
In den fünf östlichen Bundesländern gibt es kein Angebot für muslimische Schüler*innen.
Die Expertise zum islamischen Religionsunterricht finden Sie hier.
Wie viele Schüler*innen nehmen am islamischen Religionsunterricht teil?
Knapp 60.000 Schüler*innen nehmen derzeit am islamischen Religionsunterricht teil. Im Schuljahr 2018/19 waren es knapp 56.000 Schüler*innen und vor zwei Jahren knapp 55.000 Kinder und Jugendliche. Seit 2017/18 sind bundesweit 35 Schulen hinzugekommen, die islamischen Religionsunterricht anbieten.Quelle
In den meisten Bundesländern ist die Zahl der Teilnehmer*innen in den letzten Jahren gestiegen. In Hessen und Baden-Württemberg besuchen im aktuellen Schuljahr etwas weniger Schüler*innen den islamischen Religionsunterricht als 2017/18. In Nordrhein-Westfalen nehmen bundesweit mit über 20.000 Schüler*innen die meisten Kinder und Jugendliche am islamischen Religionsunterricht teil. Dort sind auch die meisten Muslim*innen in Deutschland zuhause.Quelle
Wie geht es weiter mit den Modellprojekten?
Das Saarland hat sein Modellprojekt 2019 um vier Jahre verlängert und möchte künftig mehr Grundschulen einbeziehen. In Bayern wurde das Modellprojekt um zwei Jahre verlängert. Der Freistaat strebt an, das staatlich verantwortete Fach "Islamkunde" langfristig in ein Wahlpflichtfach umzuwandeln. Baden-Württemberg hat ein Stiftungsmodell ins Leben gerufen, das zunächst bis 2025 befristet ist. Nordrhein-Westfalen will den bisherigen Beirat durch eine Kommission muslimischer Verbände ersetzen. Das Übergangsmodell ist ebenfalls bis 2025 befristet.
Sowohl das Stiftungsmodell als auch das Kommissionsmodell sind umstritten. In Baden-Württemberg sehen Kritiker*innen die religiöse Neutralität des Staates verletzt, da das Land durch die Mitglieder im Stiftungsvorstand die Rolle einer Religionsgemeinschaft einnehme. In Nordrhein-Westfalen kritisieren islamische Verbände, dass das Land zu starken Einfluss auf den Unterricht nehme, da es über die Zusammensetzung der Kommission bestimme. Zudem erhilten Verbände mit wenigen Mitgliedern das gleiche Stimmrecht wie die islamischen Religionsgemeinschaften, die viele Muslime verträten.Quelle
Auch die Zusammenarbeit mit dem Islamverband Ditib steht weiter in der Kritik. Hessen setzt die Kooperation mit dem hessischen Ditib-Landesverband wegen seiner Nähe zum türkischen Staat ab dem kommenden Schuljahr aus. Stattdessen soll der staatlich organisierte "Islamunterricht" ausgeweitet werden. In Nordrhein-Westfalen ruht die Mitgliedschaft von Ditib im Beirat seit Anfang 2017.Quelle
Von Tomma Neveling
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