Rund zweihundert Frauen mit Migrationshintergrund von Vereinen aus ganz Deutschland haben sich am 10. März in Frankfurt am Main getroffen. Auf dem Kongress „Zusammen erreichen wir mehr!" haben sie mit großer Mehrheit für die Gründung eines bundesweiten Netzwerkes gestimmt. Und damit für ein wirkliches Novum: Die vielen bereits existierenden Vereine von aktiven Migrantinnen wollen sich darin mit einer Stimme für bestimmte Ziele stark machen. Beteiligen wollen sich dabei sehr unterschiedliche Organisationen wie Maisha, beramí oder die Internationalen Frauen Leipzig.
Ein aktuelles Anliegen der bundesweiten Initiative ist es, stärker auf die Benachteiligungen von Migrantinnen auf dem Arbeitsmarkt aufmerksam zu machen und sich auch in politische Debatten einzubringen. Die Zahlen belegen, warum das nötig ist: Laut einem Bericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von 2011 sind Frauen mit Migrationshintergrund deutlich seltener auf dem Arbeitsmarkt zu finden, ihre Erwerbsquote liegt bei 60 Prozent. „Unter den 2,4 Millionen ausschließlich geringfügig Beschäftigten Frauen haben fast 24 Prozent einen Migrationshintergrund", sagte Hans Dietrich von Loeffelholz vom BAMF auf dem Kongress. Damit gehört jede vierte Frau aus Einwandererfamilien zu den so genannten Mini-Jobbern.
Vernetzung auf Bundes- und Landesebene
Die Kongress-Teilnehmerinnen haben in Frankfurt auch Kontakte zu Organisation wie dem Deutschen Frauenrat geknüpft. Diesem gehört bisher nur der Bundesverband der Migrantinnen an. Trotz des umfassend klingenden Namens gehören dem Verband hauptsächlich Frauen mit türkischem und kurdischem Hintergrund an, weshalb sich viele andere nicht durch ihn vertreten fühlen. „Wir brauchen ein heterogenes Netzwerk mit Frauen verschiedener Herkunft, das die unterschiedlichen Perspektiven und Bereiche, in denen sie aktiv sind, repräsentiert und unter dem gemeinsamen Nenner Frau und Migrantin zusammenführt“, sagte Beshid Najafi vom Verein Agisra in Köln. Sie wurde auf dem Kongress zur Leiterin des Netzwerkes in der Gründungsphase gewählt. In den nächsten Monaten soll nun der Bedarf der Organisationen abgefragt und ein Satzungsentwurf formuliert werden. Unterstützt werden die Frauen dabei vom Bundesfamilienministerium.
Interessierte Vereine sind aufgerufen, sich dem Vorhaben anzuschließen und für die Idee zu werben. Über das Portal „migrantinnenforum.de“ des Bundesfamilienministeriums können sie sich vernetzen, austauschen und diskutieren: etwa über die prekären Beschäftigungssituation von Einwanderinnen aus Polen, die Zusammenarbeit muslimischer Frauenorganisationen und dem Katholischen Deutschen Frauenbund oder das Potential hochqualifizierter Migrantinnen besser genutzt werden kann. Und auch in den Ländern tut sich etwas: Bayern ist als Vorreiter bereits dabei, ein Migrantinnen-Netzwerk auf Landesebene aufzubauen.
In einem Punkt waren sich die Kongress-Teilnehmerinnen einig: Trotz Fachkräftemangels, dem Antidiskriminierungs-Gesetz (AGG) und dem Anerkennungsgesetz sei der Zugang zum Arbeitsmarkt immer noch mit vielen Schwierigkeiten und Hürden verbunden. Anwesende berichteten, dass Unternehmen Migrantinnen bei der Einstellung teilweise nach wie vor benachteiligen würden, etwa aufgrund ihres religiösen Hintergrunds.
MDI
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