Migration hat nicht nur die Geschichte der Bundesrepublik geprägt, sondern auch die der DDR. Anfangs war es jedoch nicht nur die Migration in die DDR, sondern aus der DDR heraus. Später kamen Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter aus anderen sozialistischen Staaten und auch Flüchtlinge. Die wichtigsten Einwanderungsphasen im Überblick.
Flüchtlinge und Vertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs flohen rund 14 Millionen Deutsche und sogenannte Volksdeutsche aus Osteuropa Richtung Westen. Viele kamen in der sowjetischen Besatzungszone unter: 1947 machten Flüchtlinge und Vertriebene dort rund ein Viertel der Bevölkerung aus, 1950 waren es 4,1 Millionen Personen. In der DDR wurden sie offiziell zunächst als "Umsiedler" und später als "Neubürger" bezeichnet. Das sollte der Bevölkerung signalisieren, dass die Flüchtlingsintegration abgeschlossen sei.Quelle
Abwanderung und Flucht in die BRD
Abwanderung war in der DDR ein großes Thema: Zwischen der Staatsgründung 1949 und dem Mauerbau 1961 reisten schätzungsweise zwischen 2,7 und 3,6 Millionen Menschen in die BRD aus. Gleichzeitig zogen rund 500.000 Personen aus der BRD in die DDR. Die SED ließ 1961 die Mauer bauen und die Grenzen schließen, um weitere Ausreisen zu verhindern. Dennoch verließen noch über 600.000 Bürgerinnen und Bürger die DDR in die BRD. Etliche flohen unter Lebensgefahr. In den 1980er Jahren gelang es mehr Personen, eine Ausreisegenehmigung zu erhalten. Zwischen 1949 und 1989 sank die Bevölkerungszahl in der DDR von 19,1 auf 16,4 Millionen.Quelle
Arbeitsmigration in die DDR
Die Abwanderung hatte gravierende Folgen für die DDR, denn es fehlten Arbeitskräfte. Deswegen schloss die Regierung Abkommen mit anderen sozialistischen Staaten ab – zunächst mit Polen und Ungarn, später mit außereuropäischen Staaten, darunter Kuba (1978), Mosambik (1979) und Vietnam (1980). 1966 waren rund 3.500 Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter in der DDR tätig, 1989 rund 94.000. Vietnamesinnen und Vietnamesen bildeten mit 59.000 Personen die größte Gruppe. Der Aufenthalt der Vertragsarbeiter war von vornherein nicht langfristig angelegt, sondern folgte einem "Rotationsprinzip": Nach vier bis fünf Jahren mussten sie in ihre Herkunftsländer zurückkehren, andere rückten nach. Offiziell kamen die Vertragsarbeitenden zu Aus- und Fortbildungszwecken, um nach der Rückkehr Aufbauhilfe in den sozialistischen "Bruderländern" zu leisten. Tatsächlich hatten aber gerade in den 1980er Jahren viele von ihnen bereits eine Ausbildung und erhielten keine Möglichkeit, sich weiterzubilden. Meist waren sie in der Produktion angestellt und an einen Betrieb gebunden, teilweise wurde ein Teil des Lohnes direkt an die Regierungen überwiesen. 15 Prozent der Vertragsarbeitenden waren Frauen.Quelle
Asyl
In der DDR lebten nur wenige politische Flüchtlinge. In den 1950er Jahren wurden etwa griechische Kinder und Jugendliche aufgenommen, deren Eltern Kommunisten oder Partisanen waren, sowie Lehrer und Parteifunktionäre. 1961 lebten 980 Erwachsene und 337 griechische Kinder in der DDR. Auch spanische Bürgerkriegsflüchtlinge wurden aufgenommen, zur Zahl gibt es jedoch nur ungenaue Angaben. Nach dem Putsch gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende erhielten in den 1970er Jahren rund 2.000 Chileninnen und Chilenen Asyl, unter ihnen viele ehemalige Parteifunktionäre.Quelle
Gesellschaftliche Teilhabe
In der DDR wurde offiziell wenig darüber gesprochen, dass es Migration gab. Der Bevölkerung sollte der Eindruck vermittelt werden, dass die DDR ein homogener Staat sei. Vertragsarbeitende sollten nicht an der Gesellschaft teilhaben: Ihre Familien durften sie nicht nachholen, nach Ablauf ihrer Arbeitsverträge mussten sie in ihre Herkunftsstaaten zurückkehren. Wenn Frauen schwanger wurden, mussten sie abtreiben oder ausreisen – diese Regelung wurde erst kurz vor der Wende geändert. Die Vertragsarbeitenden wurden von der restlichen Bevölkerung abgeschottet: Sie waren in Gemeinschaftsunterkünften in der Nähe der Betriebe untergebracht, nähere Kontakte zu DDR-Bürgerinnen und Bürgern waren genehmigungspflichtig. Einige machten – teils gewalttätige – rassistische Erfahrungen. Politische Flüchtlinge waren besser gestellt: teilweise erhielten sie Darlehen und Eingliederungshilfen.Quelle
Nach der Wende
Nur wenige Vertragsarbeitende blieben nach der Wende in Deutschland. Die letzte DDR-Regierung handelte noch ein Ende der Abkommen aus, Kuba holte seine Staatsangehörigen zurück. Personen, die gerade erst angekommen waren, konnten noch bis zum Ablauf der Arbeitsverträge in Deutschland bleiben, jedoch verloren viele ihre Arbeit. Einige suchten den Weg in die Selbstständigkeit, andere nahmen Prämien der Regierung für eine freiwillige Rückkehr an. Von den Flüchtlingen waren bei der Wende noch kaum welche in der DDR: 1989 hielten sich noch 482 Personen mit griechischer und 334 mit chilenischer Staatsbürgerschaft in der DDR auf.Quelle
Von Andrea Pürckhauer und Paulina Lorenz
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