Im Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin tauchte mehrere Jahre lang die Dar as-Salam-Moschee auf. Der Grund: Die Gemeinde hatte Kontakt zu islamistischen Organisationen. Im Bericht gab es aber keine Belege dafür, dass die Moschee selbst verfassungsfeindlich aktiv war. Der Trägerverein der Moschee legte Beschwerde ein. Ein Gericht beurteilte die Formulierungen im Verfassungsschutzbericht als unzulässige Verdachtsberichterstattung.
Muslimische Akteur*innen gelten oft allein deshalb als radikal, weil sie Kontakt zu radikalen Organisationen oder Personen hatten, sagt der Ethnologe Werner Schiffauer. In einer Expertise für den MEDIENDIENST bezeichent er das als "Kontaktschuld". Schiffauer rät Journalist*innen, Verfassungsschutzberichte und Vorwürfe, die sich auf Kontaktschuld stützen, kritisch zu hinterfragen: Vertreten die Akteur*innen tatsächlich extremistische Positionen? Sind sie verfassungsfeindlich aktiv, gibt es Belege dafür?
Langjährige Partner befragen
Um Moscheegemeinden einzuschätzen, könnten Journalist*innen die Kooperationspartner der Gemeinde kontaktieren, so Schiffauer. Oft gebe es jahrelange Zusammenarbeit etwa zwischen Moscheegemeinden und Kirchen. "Man muss danach suchen, wer kompetent und verlässlich etwas über Moscheegemeinden aussagen kann, um aus dem Teufelskreis von Verdacht und Misstrauen rauszukommen", sagte der Ethnologe.
Der Politikberater Engin Karahan rät Journalist*innen, muslimische Interviewpartner*innen auf Extremismusvorwürfe anzusprechen. "Das würde ich als fair ansehen", so Karahan. Zudem könnten Medienschaffende die Ziele und Inhalte von islamischen Organisationen mit deren tatsächlichem Handeln abzugleichen. Träten dabei Widersprüche oder verfassungsfeindliche Tendenzen auf, sei ein Extremismusverdacht begründet. Wenn Gemeinden sich aber verfassungstreu zeigen und auch so handeln, solle man ihre Glaubwürdigkeit anerkennen.
Von Miriam Kruse
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