Woran liegt es, dass Kinder in manchen Schulen schlechtere Chancen auf Bildungserfolg haben, als in anderen? Oft lautet die AntwortSegregation, also das Fehlen einer Mischung aus Schülern verschiedener sozialer und ethnischer Herkunft. Der SVR-Forschungsbereich hat nun Ausmaß, Ursachen und Wirkung von Segregation an deutschen Schulen anhand von Daten des Mikrozensus, Schulstatistiken und internationalen Schulleistungsuntersuchungen ausgewertet. Die SVR-Forscher unterstreichen: Ein Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Leistung einzelner Schüler besteht nicht. Das Ergebnis klingt selbstverständlich, macht aber deutlich, wie auch in der Bildungsdebatte oft der Blick für die Fakten verloren geht.
Ausmaß
Die Analyse der Daten zeigt, dass bundesweit rund 41 Prozent der Grundschüler aus Einwandererfamilien in so genannten segregierten Schulen unterrichtet werden. Gleichzeitig lernen knapp 15 Prozent Schüler deutscher Herkunft an Grundschulen, wo kein einziger Schüler einen Migrationshintergrund hat. In ganz Deutschland besuchen Schüler mit Migrationshintergrund rund fünfmal häufiger eine segregierte Grundschule, als Schüler ohne Migrationshintergrund. Für die Hauptschulen im westlichen Bundesgebiet gilt: In rund 20 Prozent bilden Schüler mit Migrationshintergrund die Mehrheit.
Ursache
Als Ursache für diese Segregation benennt die Untersuchung drei Punkte:
- Bereits beim Wohnen herrscht in deutschen Städten eine Segregation, die sich auf die Zusammenstellung der Klassenzimmer auswirkt. Denn die Schulbehörden der meisten Bundesländer weisen Schüler einer Schule nach dem Wohnort zu.
- Bildungsnahe Eltern versuchen Schulen mit hohem Zuwanderungsanteil zu meiden und schicken ihre Kinder notfalls auf eine andere als die zugewiesene Schule. Die Wahl der Eltern verstärkt die Segregation also. Dies gilt auch für Eltern mit Migrationshintergrund, die kein "Risiko" eingehen wollen.
- Der Weg von der Grund- auf die weiterführende Schule bedingt die Segregation wie dargestellt zusätzlich.
Wirkung
Entscheidend für den Lernerfolg sind das Elternhaus und das durchschnittliche Leistungsniveau der Mitschüler. Die Leistung eines Schülers wird also durchaus durch den schulischen Kontext beeinflusst.
Handlungsempfehlungen
Da sich "Busing" und andere internationale Versuche zur Verhinderung von Segregation nicht bewährt haben, empfehlen die Forscher die Entmischung hinzunehmen und die strukturschwachen Schulen besser zu stärken. Der SVR-Forschungsbereich formuliert Handlungsempfehlungen, die laut eigenen Angaben auf jüngsten Erkenntnissen der Schulentwicklungsforschung basieren. Konkret fordert er:
- Systematische Fortbildungen für alle Lehrkräfte,
- Sensibilisierung der Lehrer für die sprachliche Bildung der Schüler in allen Unterrichtsfächern,
- Zusammenarbeit mit den Eltern und
- Aufbau schulischer und außerschulischer Kooperationen.
Für verbesserte Lernbedingungen an segregierten Schulen führe kein Weg daran vorbei, dass eine langfristige Unterstützung der Schulen sowie eine bessere Ausstattung mit personellen und materiellen Ressourcen stattfinden muss. Längst gäbe es zahlreiche Brennpunktschulen, die vormachen, wie es gelingen kann. Als Beispiele nennt die Studie Schulen in Hamburg, Bremen, Dortmund und München.
"Segregation" beschreibt im Bildungssystem das Fehlen einer Mischung von Schülern verschiedener sozialer oder ethnischer Herkunft in einer Klasse bzw. Schule. In Wissenschaft und Praxis hat sich hier inzwischen der Begriff „segregierte Schule“ durchgesetzt. Ab welchem Punkt eine Schule als segregiert gilt, kann nicht allgemein beantwortet werden. Der SVR-Forschungsbereich versteht darunter Schulen, an denen der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund bei über 50 Prozent und somit überdurchschnittlich hoch liegt. Schülergruppen, in denen der Anteil von Kindern aus Einwandererfamilien besonders niedrig ist, können jedoch auch als segregiert bezeichnet werden.
Von Lea Hoffmann
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