Die Bundesregierung will den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in der Staatsverwaltung erhöhen. Bisher sei aber „immer nur gefühlsmäßig“ über das Thema gesprochen worden, so die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, bei der Vorstellung der Studie. Jetzt gäbe es eine statistische Basis, um diesen wichtigen Aspekt der interkulturellen Öffnung zu messen.
Dazu haben das Institut für Bevölkerungsforschung (BIB) und das Statistische Bundesamt (Destatis) 24 Bundesbehörden zum Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund befragt. Durchgeführt wurde die Studie auf Initiative des Bundesinnenministeriums und der Integrationsbeauftragten.
Aus der Studie geht hervor:
- In den befragten Bundesbehörden haben 15 Prozent aller Mitarbeiter einen Migrationshintergrund. In der Gesamtbevölkerung liegt ihr Anteil bei 20 Prozent. Menschen aus Einwandererfamilien sind also in der Bundesverwaltung unterrepräsentiert.
- Doch ihr Anteil könnte in Wahrheit noch niedriger sein, denn Angestellte mit Migrationshintergrund haben häufiger an der Umfrage teilgenommen als solche ohne. Das kann laut Studie aus bereits bekannten Informationen in den Bundesbehörden geschlossen werden.
- Je nach Behörde oder Ministerium ist der Anteil sehr unterschiedlich: Während im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fast jeder vierte Beschäftigte einen Migrationshintergrund hat, sind es beim Bundesministerium für Verteidigung nur sechs Prozent.
- Zum Vergleich: In der Privatwirtschaft stammt bereits rund jeder fünfte Mitarbeiter aus einer Einwandererfamilie. Die Bundesbehörden stehen allerdings besser da als der öffentliche Dienst, einschließlich Landes- und kommunaler Ebene. Hier liegt der Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund bei nur sieben Prozent, wie Ergebnisse aus dem Mikrozensus 2013 zeigen.
Mitarbeiter mit Migrationshintergrund oft befristet angestellt
Zudem zeigt die aktuelle Befragung in den Bundesbehörden, dass sich Beschäftigte mit Migrationshintergrund in mehreren Punkten von ihren Kollegen ohne Einwanderungsgeschichte unterscheiden:
- Sie sind jünger: 73 Prozent der Beschäftigten mit Migrationsbezügen sind unter 40 Jahren alt. Bei den Beschäftigten ohne Migrationshintergrund sind es nur knapp 60 Prozent (eigene Berechnung, Tabelle 11 auf Seite 64).
- Der Anteil von Frauen ist größer: Während 21,3 der Mitarbeiter ohne Migrationshintergrund Frauen sind, liegt der Frauenanteil bei Mitarbeitern aus Einwandererfamilien bei 22,2 (Seite 64).
- Sie sind öfter in Ausbildung: 6,4 Prozent aller Angestellten aus Einwandererfamilien sind Auszubildende. Bei den Mitarbeitern ohne Migrationsbezug trifft das nur auf 3,8 Prozent zu. Das gilt auch, wenn man mit einrechnet, dass die Belegschaft mit Migrationshintergrund insgesamt jünger ist und damit eher für eine Ausbildung infrage kommt (Seite 10).
- Sie haben öfter befristete Verträge: Bei den Mitarbeitern ohne Migrationshintergrund haben nur 44 Prozent befristete Verträge. Unter den Beschäftigten mit Migrationshintergrund sind es 61 Prozent. Außerdem sind unter ihnen verhältnismäßig weniger Beamte (12 Prozent) als unter denen ohne Migrationsbezüge (15 Prozent).
- Sie sind seltener im gehobenen Dienst beschäftigt: Nur rund jeder Fünfte arbeitet im höheren oder gehobenen Dienst. Bei den Mitarbeitern ohne Migrationshintergrund trifft das fast auf jeden Dritten zu (siehe GRAFIK).
Quelle: Beschäftigte mit Migrationshintergrund in der Bundesverwaltung 2015
Angesichts dieser Ergebnisse erklärte die Integrationsbeauftragte, es müsse "wachrütteln, dass sie nicht nur schwerer den Weg in die Verwaltung finden, sondern auch überproportional im einfachen und mittleren Dienst vertreten sind und offenbar nicht weiterkommen".
Gründe für den geringeren Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund gehen aus der Studie nicht hervor. Um mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund für Ausbildungen in der Verwaltung zu gewinnen, gibt es bereits mehrere Instrumente. Zum einen würden interkulturelle Kompetenzen in den Behörden gestärkt, so Özoğuz. Zum anderen versuche man derzeit Stellenprofile so zu gestalten, dass sich auch junge Menschen aus Einwandererfamilien darauf erfolgreich bewerben können. Um diese gezielt für Verwaltungsjobs anzuwerben gibt es zudem mehrere Projekte, so etwa in Hamburg, Berlin aber auch bundesweit.
Eine verbindliche Quote, um den Anteil an Menschen aus Einwandererfamilien in Bundesbehörden zu erhöhen, lehnen sowohl die Integrationsbeauftragte als auch das Bundesinnenministerium ab. Man könne sich jedoch eine Zielmarke vornehmen, sagt Özoğuz – mindestens bei 20 Prozent.
Von Jenny Lindner
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