Der Weg zum Job ist für die meisten Flüchtlinge lang, das legt die bisherige Forschung nahe. In der Vergangenheit hatte nach fünf Jahren die Hälfte der Geflüchteten einen Job gefunden. Erst nach 15 Jahren hatten Flüchtlinge dieselbe Erwerbsquote wie Migranten, die nicht geflohen sind.
Noch vor der Arbeitssuche geht es für die Flüchtlinge zunächst darum, Deutsch zu lernen. Das geschieht meist in Integrationskursen, die bis zu einem mittleren Sprachniveau (B1) ausbilden. Der Sprachkurs geht über insgesamt 600 Stunden, was mindestens sechs bis sieben Monaten entspricht. Für die tägliche Arbeit reiche das Niveau dann häufig, erklärt Fabian Hüppe von der Industrie- und Handelskammer Köln, der als "Willkommenslotse" Flüchtlingen und Unternehmen berät. Schwieriger fänden es die Geflüchteten zum Beispiel, dem Berufsschulteil in einer Ausbildung zu folgen.
Außerdem fällt es Geflüchteten nicht leicht, einen Überblick über die unterschiedlichen Ansprechpartner zu erlangen, die ihnen bei der Jobsuche helfen können: Bei Asylbewerbern und "Geduldeten" ist die Arbeitsagentur, bei anerkannten Flüchtlingen das Jobcenter zuständig. Über Ausbildungen können sich die Flüchtlinge bei der Kausa Servicestelle informieren, für die Anerkennungsberatung ist das Netzwerk "Integration durch Qualifizierung" (IQ) zuständig. Darüber hinaus gibt es viele Willkommensinitiativen. Um diese Angebote zu bündeln, wurden an einigen Orten wie Köln sogenannte "Integration Points" gegründet.
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Jeder, der seit Dezember 2015 in Köln einen Asylantrag gestellt hat und jetzt Arbeit sucht, kann sich beim Integration Point Köln melden. Diejenigen, die als Flüchtlinge bereits anerkannt sind, können dort auch einen Antrag auf Hartz IV stellen. Es gibt zudem die Möglichkeit, vom Jobcenter Unterstützung erhalten, um sich für den Arbeitsmarkt vorzubereiten: zum Beispiel Hilfe dabei, Abschlüsse anerkennen zu lassen, Zeugnisse zu übersetzen oder berufsspezifische Sprachkurse zu finden. Aber auch 1-Euro-Jobs oder Lohnkostenzuschüsse kann das Jobcenter beantragen, um jemandem den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Eine Herausforderung für die Flüchtlinge ist, dass sie sich auf dem Arbeitsmarkt nicht auskennen: Wie schreibt man eine Bewerbung? Welche Nachweise sind wichtig? "Ein Teil unserer Arbeit ist auch Übersetzungsleistung", erklärt Sabine Arimond vom Integration Point. Inzwischen gebe es neue Verfahren in der Anerkennung von Qualifikationen: Fehlen die Zeugnisse, kann ein Tischler der Handwerkskammer praktisch zeigen, ob er bestimmte Verfahren kennt und anwenden kann.
Viele Arbeitgeber zeigen Interesse daran, Flüchtlinge einzustellen
Was passiert von Seiten der Arbeitgeber, um Flüchtlinge zu integrieren? Zum Start des Integration Points im Dezember 2015 hätten sich viele Unternehmen von selbst gemeldet, die Flüchtlinge einstellen wollten, erzählt Ute Becher vom Integration Point. Dass viele Arbeitgeber sich für Flüchtlinge engagieren und bereit wären, sie einzustellen zeigen auch Umfragen und Projekte.
Der Autohersteller Ford in Köln hat sich für ein relativ niedrigschwelliges Angebot für Flüchtlinge entschieden, das sie auf eine Ausbildung vorbereiten soll: Seit diesem Herbst nehmen zwölf Geflüchtete bei Ford an einer "Einstiegsqualifikation" teil. Das Programm gibt es schon seit 1974, die Zielgruppe des Programms sind eigentlich Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Jetzt hat es Ford aufgestockt, damit auch Geflüchtete teilnehmen können. Elf Monate lang haben sie die Möglichkeit, die Abläufe im Werk kennenzulernen und eine Grundausbildung mit Schwerpunkt Metallverarbeitung, Logistik oder Gastronomie zu absolvieren. Zum Ende des Programms werden sie auch bei Bewerbungen unterstützt. Außerdem werden für die Teilnehmer, die als Flüchtlinge gekommen sind, Sprachkurse für technisches Deutsch angeboten. In der Vergangenheit haben rund 80 Prozent von ihnen einen Ausbildungsplatz gefunden, 60 Prozent blieben bei Ford.
Teilnehmer für das Programm zu gewinnen, sei allerdings schwieriger als gedacht: "Wir wollen Interesse an der Ausbildung wecken", erklärt der Ausbilder Klaus-Kenan Besiroglu. Das sei nicht leicht, denn mit Sprachkurs, Ausbildungsvorbereitung und Ausbildung könnten leicht einige Jahre verstreichen bevor jemand arbeiten könnte. Viele wollen aber möglichst sofort arbeiten, so Besiroglu.
Der Beratungsbedarf bei der Ausbildungssuche ist hoch
Das duale Ausbildungssystem sei im Ausland nicht bekannt, so Daniel König von der Kausa Servicestelle. Außerdem könnten sich die Bewerber unter vielen spezifischen Berufsbezeichnungen nichts Konkretes vorstellen. Allein bei der Industrie- und Handelskammer Köln sind über 150 Ausbildungsberufe gelistet. Deswegen seien die Beratungsgespräche wichtig. Hier zeigten die meisten ein großes Interesse für kaufmännische Ausbildungen. Und: Sie seien überdurchschnittlich motiviert, zu arbeiten und sich fortzubilden.
157.000 Flüchtlinge sind bei der Bundesagentur für Arbeit als "arbeitslos" gemeldet. Das bedeutet: Sie stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Doch trotz der Bemühungen, Flüchtlinge in Arbeit zu bringen, werden in den kommenden Jahre Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung von Flüchtlingen zunächst ansteigen, erläutert Carola Burkert vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Denn der Großteil der Geflüchteten sei noch nicht für den Arbeitsmarkt bereit. Erste Auswertungen von Umfragen lassen erkennen, dass viele von ihnen dem deutschen System nach "unqualifiziert" seien: Nur eine Minderheit könnte einen Berufsabschluss nachweisen, obwohl einer BAMF-Studie zufolge 64 Prozent der Asylbewerber, die 2016 ihren Antrag gestellt haben, in ihrem Herkunftsland gearbeitet haben. Deswegen sei eine längere Phase der Ausbildungsvorbereitung zu erwarten und die Flüchtlinge würden erst langsam auf dem Arbeitsmarkt ankommen.
Von Jenny Lindner
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