Über 90 Prozent der in Deutschland tätigen Imame kommen aus dem Ausland. Das geht aus einer Untersuchung der Konrad-Adenauer-Stiftung 2019 hervor. Die türkische Religionsbehörde Diyanet entsendet etwa seit den 1990er Jahren Imame im Rotationssystem nach Deutschland. Immer wieder wird die Kritik laut, dass die türkische Regierung dadurch Einfluss auf deutsche Moscheegemeinden und Verbände nehmen könnte. Hinzu kommt, dass einige Imame ausschließlich in ihrer Muttersprache predigen und nur schlecht mit deutschsprachigen Moscheebesucher*innen kommunizieren können. Das betrifft vor allem jüngere Muslim*innen.Quelle
Welche Aufgaben hat ein Imam? Was gehört zu einer Imamausbildung? Und warum kommen so viele Imame aus dem Ausland? Diese und weitere Fragen haben wir in einem Factsheet zusammengestellt. >>> zum Download
Neues Programm für eine unabhängige Imamausbildung
Politiker*innen und Fachleute fordern deshalb immer wieder eine deutschsprachige Imamausbildung, die unabhängig von anderen Staaten ist. Im Juni soll ein solches Ausbildungsprogramm in Osnabrück starten. Organisiert wird es vom "Islamkolleg Deutschland e.V.", das islamische Gemeindeverbände und Wissenschaftler*innen Ende 2019 gegründet haben. Die Ausbildung soll unabhängig von den großen Dachverbänden in Deutschland sein und eigene Schwerpunkt erarbeiten, etwa wie die Gemeindearbeit aussehen soll. Das Bundesinnenministerium (BMI) und das Land Niedersachsen fördern das Projekt.Quelle
Die Ausbildung am Islamkolleg ist das erste verbandsübergreifende Programm für Imame in Deutschland, das sich explizit an hiesige Absolvent*innen der Islamischen Theologie richtet. Bisher bilden mehrere islamische Dachverbände eigenes religiöses Personal aus, unterrichtet wird größtenteils in anderen Sprachen. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) bietet zudem seit Januar 2020 ein zweijähriges, hauptsächlich deutschsprachiges Ausbildungsprogramm an.Quelle
Bereits 2009 riet die Deutsche Islam Konferenz (DIK), das Studienfach Islamische Theologie an deutschen Hochschulen zu etablieren und damit eine Voraussetzung für die spätere Ausbildung von Imamen zu schaffen. Inzwischen gibt es bundesweit sieben Institute für Islamische Theologie und mehrere islamische Lehrstühle.Quelle
Was ist ein Imam?
Imame leiten die Pflichtgebete und das Freitagsgebet in islamischen Gemeinden. Weitere Aufgaben sind die praktische Gemeindearbeit wie Seelsorge oder religiöser Unterricht. Ein Imam ist in Deutschland kein geweihter Amsträger wie etwa ein Priester. In kleineren Gemeinden übernehmen teilweise Freiwillige die Aufgaben.Quelle
Wie viele Imame gibt es in Deutschland?
In Deutschland sind schätzungsweise 2.000 bis 2.500 Imame tätig. Die exakte Zahl wird nicht zentral erhoben. Die Schätzungen beruhen auf Umfragen und Untersuchungen zur Zahl der Moscheevereine.Quelle
Wie wird man Imam?
Welche Voraussetzung man als Imam braucht, bestimmen in Deutschland die Gemeinden. Manche fordern etwa ein abgeschlossenes Studium der islamischen Theologie und eine praktische Ausbildung. Die Ausbildung zum Imam ist aber nicht immer eine akademische, sie unterscheidet sich je nach Land und Ausbildungsprogramm.Quelle
Von Reza Nazir und Tomma Neveling
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