Deutschlands Einwohner leben länger und bekommen weniger Kinder, das wirkt sich schon heute aus: "Die Bevölkerung ist längst im sogenannten demografischen Wandel angekommen", erklärte der Präsident des Statistischen Bundesamts (destatis) bei der Präsentation der "13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung". Im Vergleich zu 1990 habe die Zahl der Geburten spürbar abgenommen. Die "Babyboomer"-Jahrgänge der 1950er und 60er seien zwar noch im erwerbsfähigen Alter, zählten allerdings schon zu den älteren Kollegen. Und die Zahl der über 69-Jährigen sei um fünf Millionen gestiegen.
Wie aber wird sich die Bevölkerung bis 2060 entwickeln? Für diese Vorausberechnung sind mehrere Faktoren wichtig, vor allem:
- die Geburtenrate,
- die Lebenserwartung,
- die Zahl der Sterbefälle
- und die "Nettozuwanderung".
Die Bundesstatistiker haben nun Daten aus allen Statistischen Ämtern in Deutschland ausgewertet und in verschiedenen Szenarien dargestellt. Denn "langfristige Bevölkerungsvorausberechnungen sind keine Prognosen", heißt es in der Pressemitteilung, sie lieferten lediglich „Wenn-Dann-Aussagen“ und zeigten, wie sich die Bevölkerung unter bestimmten Annahmen verändern würde.
Verschnaufpause: Vorübergehendes Bevölkerungswachtum
So hatten die Statistiker bei ihrer letzten Vorausberechnung 2009 beispielsweise nicht mit einer derart hohen Einwanderungsquote gerechnet und mussten ihre Berechnungen dieses Mal korrigieren. Tatsächlich verzeichnete die Bundesrepublik seit der deutschen Einheit einen Wanderungsüberschuss von 5,4 Millionen Menschen, wie aus dem Migrationsbericht 2013 hervorgeht: Von 1991 bis 2013 wurden demnach 21,3 Millionen Zuzüge und 15,9 Millionen Fortzüge registriert.
Nach einem Tiefpunkt der Wanderungszahlen im Jahr 2006 steigen sie derzeit wieder kontinuierlich an. Die aktuellsten gesicherten Zahlen liegen derzeit für 2013 vor: Damals haben die Behörden ein Plus von 428.607 bei der Nettozuwanderung verzeichnet. Dies entspreche dem höchsten Wanderungsüberschuss seit 1993.
Mit Blick auf die Einwanderungszahlen gehen die Experten vom Statistischen Bundesamt nun davon aus, dass die derzeit hohe Zuwanderung in den kommenden Jahren wieder stark sinken wird: bis 2021 auf 100.000 Einwanderer pro Jahr. Im zweiten Szenario wird angenommen, dass der jährliche Wanderungssaldo bis dann auf 200.000 Neubürger sinkt und dort stagniert. In jedem Fall gehen die Experten davon aus, dass das derzeitige Niveau nicht gehalten werden kann.
Denn die Einwanderer, die in Deutschland ankommen, machten überwiegend vom Freizügigkeitsrecht innerhalb der Europäischen Union gebrauch. Vor allem Polen, Rumänen und Bulgaren würden im deutschen Arbeitsmarkt lücken schließen. Doch auch in den anderen EU-Ländern sei auf Dauer ein Bevölkerungsschwund zu erwarten, so destatis-Präsident Roderich Egeler. Das bedeutet: Deutschlands Bevölkerung wird schrumpfen.
Besonders stark werde die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter abnehmen. Während die Anzahl der 20- bis 64-Jährigen 2013 noch bei 49 Millionen liegt, werde sie 2060 je nach Stärke der Nettozuwanderung 34 bis 38 Millionen betragen. Ebenso schrumpfen werde die jüngere Bevölkerung im Alter unter 20 Jahren von gegenwärtig 15 Millionen auf 11 bis 12 Millionen im Jahr 2060. Gleichzeitig werde die Anzahl der Menschen im Alter ab 65 Jahren in den kommenden 20 Jahren besonders stark wachsen. Während derzeit jeder fünfte Einwohner dieser Altersgruppe angehört, werde es 2060 jeder dritte sein. Eine Herausforderung für das deutsche Rentensystem, das auf Umlage baut.
Auch die "Arbeitsmarktprognose 2030" im Auftrag des Arbeitsministeriums macht deutlich, wie wichtig eine konstant hohe Zuwanderung für die Entwicklung in Deutschland ist. Falls die Statistiker Recht behalten und die Netto-Zuwanderung in den kommenden Jahren schrumpft, würden dem Arbeitsmarkt mehrere Millionen Erwerbspersonen fehlen. Auch in dieser Studie zeichnet sich demnach eine klare Tendenz ab: Je höher die Zuwanderungsquote, desto besser die langfristigen Perspektiven für die deutsche Wirtschaft.
Von Ferda Ataman
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