Ein Teil der rund 900.000 erwachsenen Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland hat Arbeit gefunden: Im November 2024 hatten rund 296.000 Ukrainer*innen – darunter auch nicht geflüchtete Personen – in Deutschland eine Beschäftigung. Die meisten von ihnen waren sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Beschäftigungsquote lag damit bei 31,7 Prozent.Quelle
Seit Monaten steigt die Zahl der Ukrainer*innen, die Arbeit finden, kontinuierlich. Im Vergleich zum Vorjahr sind knapp 40 Prozent mehr Ukrainer*innen in Arbeit. Ein Grund ist, dass mittlerweile viele einen Integrationskurs abgeschlossen haben.
Alle wichtigen Zahlen zu ukrainischen Flüchtlingen finden Sie in unserem Dossier.
Auch Befragungen unter ukrainischen Geflüchteten ergeben, dass immer mehr von ihnen in Deutschland Arbeit finden, die Beschäftigungsquote liegt für 2023/2024 zwischen 25 und 30 Prozent. Seit einer ersten Befragung (August bis Oktober 2022) hat sich der Anteil von 16 Prozent demnach nahezu verdoppelt.Quelle
Frauen aus der Ukraine sind den Befragungen zufolge seltener erwerbstätig als Männer. Das liegt unter anderem daran, dass viele alleinerziehend sind: In einer Befragung 2023/2024 gaben die Hälfte der Frauen im erwerbsfähigen Alter mit Kindern an, ohne Partner zu leben.Quelle
Befragungen unter ukrainischen Flüchtlingen
Seit Herbst 2022 werden geflohene Ukrainer*innen von mehreren Forschungsinstituten alle paar Monate in Bezug auf ihre Arbeitsmarkt–Integration befragt, zuletzt vom IAB-BAMF-SOEP (Juli 2023 bis Januar 2024, LINK) sowie im Frühjahr 2024 (LINK) vom BiB mit dem Familiendemographischen Panel (FReDA). Die ersten zwei Befragungen führen die Institute gemeinsam im Herbst 2022 (LINK) und im Frühjahr 2023 (LINK) durch.
Wie viele Ukrainer*innen sind arbeitslos?
Arbeitslos gemeldet waren laut der Bundesagentur für Arbeit im Januar 2025 rund 211.000 Ukrainer.Quelle
Insgesamt waren im Januar 2025 zwar rund 534.000 Ukrainer*innen bei der Arbeitsagentur als erwerbsfähig gemeldet. Etwa zwei Drittel von ihnen (374.000) hatten keinen Job – standen aber auch aktuell nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung – etwa, weil sie als alleinerziehendes Elternteil ein Kind betreuen oder Integrationskurse besuchen oder zeitweise arbeitsunfähig waren.Quelle
Zwischen Oktober 2023 und August 2024 waren rund 50.000 weniger Ukrainer*innen arbeitslos gemeldet als im Vorjahreszeitraum – sie haben entweder Arbeit gefunden, sich selbstständig gemacht oder eine Ausbildung begonnen.Quelle
Wie viele Ukrainer*innen besuchen Integrationskurse?
Im Januar 2025 waren laut Arbeitsagentur rund 98.000 Ukrainer*innen in Integrationskursen eingeschrieben – und standen dem Arbeitsmarkt damit nicht zur Verfügung. Laut einer Schätzung der Bundesarbeitsagentur werden fast alle die Kurse dieses Jahr abschließen, über 70 Prozent von ihnen innerhalb der nächsten sechs Monate.Quelle
Inzwischen haben rund 270.000 Ukrainer*innen einen Kurs absolviert, etwa 90 Prozent von ihnen mit Deutschkenntnissen auf B1- oder A2-Niveau (Stand: September 2024).Quelle
Wenige Flüchtlinge aus der Ukraine hatten bei ihrer Einreise Deutschkenntnisse – rund 80 Prozent gaben bei einer Befragung an, kein Deutsch zu sprechen. Das änderte sich in den darauffolgenden Monaten: Nach rund zwei Jahren Aufenthalt schätzen über die Hälfte ihre Deutschkenntnisse als gut oder eher gut ein.Quelle
Hohe Arbeitsbereitschaft
Die Bereitschaft, in Deutschland zu arbeiten, ist unter ukrainischen Geflüchteten hoch: Im Rahmen der IAB-BAMF-SOEP-Befragung 2023/2024 gaben 94 Prozent der nicht-erwerbstätigen Geflüchteten an, einer Arbeit in Deutschland nachgehen zu wollen. Die Häfte gibt zudem an, dabei Unterstützung zu benötigen – bei der Arbeitssuche oder beim Deutschlernen.Quelle
In einer Online-Erhebung des Ifo-Instituts unter ukrainischen Geflüchteten gaben drei von vier Befragten an, dass sie entweder schon einen Job gefunden haben oder sich für eine Arbeit interessieren – auch unter dem eigenen Qualifikationsniveau. Nur zehn Prozent der Teilnehmenden äußerten, dass sie kein Interesse oder keine Möglichkeit haben, eine Beschäftigung aufzunehmen. Weitere 16 Prozent gaben an, dass sie zwar gerne arbeiten würden, aber ihre Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt als gering einschätzen.Quelle
Hohe Qualifikation – und hohe Hürden
Ukrainer*innen, die nach Deutschland geflohen sind, haben im Durchschnitt ein hohes Bildungsniveau. 52 Prozent der Männer und 58 Prozent der Frauen der Befragung 2023/2024 gelten als "hochqualifiziert", besitzen also einen Hochschul- oder Fachhochschul-Abschluss. In vorherigen Befragungen lag dieser Wert noch höher, bei insgesamt 72 Prozent. Die Autoren gehen davon aus, dass geringer qualifizierte Personen später nach Deutschland geflohen sind und hochqualifizierte möglicherweise eher wieder auswandern.Quelle
Viele Geflüchtete aus der Ukraine arbeiten hier unter ihrer Qualifikation und unter dem Niveau der Tätigkeiten, die sie in der Ukraine ausgeübt haben. Bei Männern sind es 50 Prozent der Befragten, unter den Frauen 57 Prozent. Aktuell sind besonders viele im Gastgewerbe oder der Reinigung sowie der Erziehung und Sozialarbeit tätig. Gerade ukrainische Frauen steige noft über Helfertätigkeiten in den Arbeitsmarkt ein.Quelle
Der Arbeitsagentur zufolge gehen derzeit rund 45 Prozent der berufstätigen Flüchtlinge aus der Ukraine einer Tätigkeit im "Helferbereich" nach – etwa im Dienstleistungsbereich, der Zeitarbeit, im Gast– oder Baugewerbe (Stand: Januar 2025).Quelle
Inzwischen hat sich der Anteil der Ukrainer*innen, die als Fachkraft arbeiten, der Arbeitsagentur zufolge deutlich erhöht: Kapp 40 Prozent der Ukrainer*innen hat eine Stelle als Fachkraft, der Wert hat sich innerhalb eines Jahres fast verdoppelt (Stand: Januar 2025). Knapp 17 Prozent der berufstätigen Ukrainer*innen sind als Expert*innen oder Spezialist*innen tätig.Quelle
Die letzte Befragung des BiB ergab, dass rund die Hälfte der Ukrainer*innen Berufserfahrung für sogenannte Engapssberufe mitbringt. Gerade im Bereich Gesundheit, Pflege und Handel, wo der Bedarf an Arbeitskräften hierzulande besonders hoch ist, sei das Potenzial unausgeschöpft, so die Analyse des BiB.Quelle
Für viele Ukrainer ist es aber schwer, einen Job zu finden, der ihrer Qualifikation entspricht. Eine Hürde ist neben den Sprachkenntnissen die Anerkennung der Berufsabschlüsse, die oft notwendig ist. Ein Fünftel der Geflüchteten mit beruflicher Ausbildung oder Hochschulabschluss haben bereits einen Antrag auf Anerkennung gestellt. Der IAB-BAMF-SOEP-Befragung zufolge fehlen vielen jedoch Informationen oder Unterstützung beim Anerkennungsverfahren. Ein weiteres Ergebnis: Persönliche Kontakte scheinen wichtig zu sein, um Arbeit zu finden: Die Hälfte der erwerbstätigen Geflüchteten haben über Freunde von ihrer Stelle erfahren.Quelle
Mit dem sogenannten Jobturbo verkündete das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Herbst 2023 ein Maßnahmenpaket, um Geflüchtete aus der Ukraine und anderen Ländern schneller in Arbeit zu bringen. Im Rahmen des Jobturbo wurde unter anderem mehr Personal für Sprachkurse für ukrainischen Geflüchtete angestellt. Außerdem gab es mehr Jobbörsen und Informationsangebot.Quelle
Noch immer sind Deutschland deutlich weniger ukrainische Geflüchtete in Arbeit als in vielen anderen EU-Staaten. Das liegt zum einen am Ansatz, dass sie erst einen Sprachkurs besuchen sollen. Eine Analyse des Politikwissenschaftlers Dietrich Thränhardt zeigt, dass an vielen Stellen bürokratische Hürden Geflüchtete davon abhalten, eine Tätigkeit aufzunehmen und entsprechend ihrer Qualifikation zu arbeiten. Dazu gehören langwierige Anerkennungserfahren, hohe Sprachanforderungen oder dass Genehmigungen für einen Umzug notwendig sind. So habe etwa Sachsen ukrainischen Lehrer*innen schnell ermöglicht zu arbeiten, andere Bundesländer hätten das versäumt.Quelle
Von Martha Otwinowski und Andrea Pürckhauer
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