Wie stark die Flüchtlingsmigration viele islamische Gemeinden in Deutschland beschäftigt, zeigt das Beispiel der Hamburger Al-Nour-Moschee: Sie hat im vergangenen Winter jede Nacht bis zu 200 Flüchtlinge untergebracht, erzählte der Vorstandsvorsitzende Daniel Abdin bei der Medien-Tour des MEDIENDIENSTES. Die Moschee gehört zu den wenigen arabischsprachigen Gemeinden in der Hansestadt. Auch aus diesem Grund suchen viele Flüchtlinge sie auf. Abdin sagte, die Zahl der Besucher habe sich in den Freitagsgebeten seit dem vergangenen Jahr verdoppelt. Die Moschee sei durch die Ausgaben für Beherbergung und Verpflegung der Flüchtlinge in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Jedoch habe sie auch viel Unterstützung von außen erfahren, unter anderem von Kirchengemeinden.Die türkischsprachige Centrum-Moschee wird ebenfalls häufig von Flüchtlingen aufgesucht. Vorstandsmitglied Özlem Nas sagte, ihre Gemeinde bekomme auch Anfragen von Lehrern, die unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterrichten, und von Ärzten, die Geflüchtete behandeln. Wenn Flüchtlinge in die Moschee kommen, gehe es ihnen nicht nur um Religion, erzählte Nas, die auch im Vorstand des "Bündnisses der islamischen Gemeinden in Norddeutschland" (BIG) sitzt. Sie suchten Kontakt zu Menschen in Deutschland, um Deutsch zu lernen oder den Alltag zu bewältigen. Der Ethnologe Werner Schiffauer von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) hat zur Arbeit von islamischen Gemeinden geforscht. Er stellt fest: „Das Ehrenamt ist Stärke und Schwäche der Gemeinden.“ Das gelte auch für die Flüchtlingsarbeit. Ehrenamtliche könnten schnell mobilisiert werden, aber sie arbeiteten nicht immer professionell und die Strukturen seien nicht nachhaltig. Staatliche Unterstützung für Projekte zu erhalten, ist laut Schiffauer schwierig. Die Arbeit der muslimischen Gemeinden in der Flüchtlingshilfe werde "mit äußerstem Misstrauen" betrachtet. Wenn Gemeinden etwa in Verfassungsschutzberichten erwähnt würden, hätten sie faktisch keine Chance mehr, Kooperationen mit anderen Organisationen einzugehen.#1537#
Medien-Tour in Hamburg
Wie verändern Flüchtlinge den Islam in Deutschland?
Journalisten im Gespräch mit Daniel Abdin von der Al-Nour-Moschee. Foto: Thomas Lobenwein