Ausführlichere Informationen finden Sie in unserem Dossier & der Studie "Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland"
Zahl der Geflüchteten in Deutschland
Zwischen Ende Februar 2022 und dem 12. Februar 2023 wurden laut Bundesinnenministerium 1.062.029 Geflüchtete aus der Ukraine im Ausländerzentralregister (AZR) registriert. Davon haben:
- 764.148 einen Aufenthalt nach §24 AufenthG
- 127.807 eine Fiktionsbescheinigung (d.h. es wurde noch nicht über Antrag entschieden)
- 128.067 ein Schutzgesuch geäußert
- 42.007 noch kein Schutzgesuch oder Titelerteilung.
Wie viele Personen genau Deutschland erreicht beziehungsweise verlassen haben, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Einige Geflüchtete können bereits weiter- beziehungsweise zurück in die Ukraine gereist sein.
Was weiß man über die Flüchtlinge aus der Ukraine?
Von den im AZR registrieren Geflüchteten aus der Ukraine sind:
- Rund 96 Prozent ukrainische Staatsbürger*innen.
- Unter den Erwachsenen 69 Prozent Frauen, rund 30 Prozent Männer.
- Rund 356.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.Quelle
Der Studie "Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland" zufolge liegt das Durchschnittsalter der ukrainischen Geflüchteten bei etwa 28 Jahren. Viele von ihnen sind ohne Partner nach Deutschland gekommen (77 Prozent). Fast die Hälfte der erwachsenen Geflüchteten reiste mit Kindern (48 Prozent) ein.Quelle
37 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine möchte der Studie zufolge langfristig in Deutschland bleiben, weitere 34 Prozent nur bis Kriegsende. Lediglich zwei Prozent planen, innerhalb eines Jahres zurückzukehren.
Wie steht es um die Unterbringung?
Die meisten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind in NRW, Bayern und Baden-Württemberg registriert. Einige Geflüchtete werden jedoch bereits weitergezogen sein.
Wie viele Plätze gibt es noch in den Aufnahmeeinrichtungen der Länder?
Alle Bundesländer haben ihre Aufnahmekapazitäten 2022 deutlich erweitert (s. Karte). Bundesweit wurden seit März 2022 mindestens 70.000 Plätze geschaffen.
Trotzdem ist die Aufnahmeinfrastruktur in fast allen Bundesländern stark ausgelastet. Die Belegung der Erstaufnahmeeinrichtungen variiert stark von Bundesland zu Bundesland (Stand Februar 2023):
- Bayern und das Saarland haben auf Anfrage des MEDIENDIENSTES mitgeteilt, dass ihre Aufnahmeeinrichtungen zu rund 90 Prozent ausgelastet sind. Auch Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt geben an, dass ihre Aufnahmeeinrichtungen "weitgehend ausgelastet" sind.
- In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind die Einrichtungen zu rund 80 Prozent belegt.
- In Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sind sie zu drei Viertel belegt – zu 65 Prozent in Niedersachsen.
- Zu rund 50 Prozent in Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen.
Wie kam es zur Überlastung des Aufnahmesystems?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Seit Beginn von Russlands Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 sind mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Auch die Zahl der Asylbewerber*innen aus anderen Ländern ist im Verhältnis zu den "Covid-Jahren" 2020 und 2021 gestiegen. Nicht die Zahl der Geflüchtete per se habe jedoch zur starken Belastung des Aufnahmesystems geführt, so Fachleute.
Das Hauptproblem liege darin, dass das Aufnahmesystem für Geflüchtete nicht für die aktuelle Situation geschaffen sei: Normalerweise werden Schutzsuchende gleich bei der Einreise auf die Bundesländer verteilt – und erst später auf die Kommunen. Das gilt aber nicht für Geflüchtete aus der Ukraine: Viele von ihnen sind zunächst privat untergekommen und kamen dann direkt in das kommunale Aufnahmesystem. Ein weiterer Faktor sei Mangel der an bezahlbaren Wohnungen.
Arbeitsmarkt
Ein Teil der Ukrainer*innen, die seit Kriegsbeginn nach Deutschland gekommen sind, hat eine Arbeit gefunden. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ukrainischer Staatsangehörigkeit ist laut Bundesagentur für Arbeit von Februar bis November 2022 von 57.000 auf rund 125.000 gestiegen. Etwa 29.000 Personen waren geringfügig beschäftigt.Quelle
Der Studie "Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland" zufolge haben 17 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine im erwerbsfähigen Alter (15-64 Jahre) eine Arbeit in Deutschland (Stand: Oktober 2022). 71 Prozent von ihnen üben einen "qualifizierten" oder "hochqualifizierten" Beruf aus – insbesondere im Dienstleistung-Sektor.Quelle
Ende Januar waren nach Angaben der Bundesagentur etwa 471.000 Flüchtlinge aus der Ukraine bei den Jobcentern und Arbeitsagenturen gemeldet. Etwa 40 Prozent von ihnen sind arbeitslos, Ende Januar waren es rund 189.000 Ukrainerinnen und Ukrainer. Die Mehrheit besucht beispielsweise Integrationskurse oder betreut Kinder.Quelle
Welche Qualifikation bringen sie mit?
Geflüchtete aus der Ukraine haben im Durchschnitt ein sehr hohes Bildungsniveau: Fast drei Viertel von ihnen (72 Prozent) gelten als "hochqualifiziert", besitzen also einen Hochschul- beziehungsweise Fachhochschul-Abschluss.Quelle
Wie gut die Integration der Geflüchteten auf dem Arbeitsmarktintegration gelingt, hänge stark davon ab, wie schnell ihre Qualifikationen anerkennt werden, sagen Expert*innen. Eine weitere Herausforderung sind Sprachkenntnisse: 80 Prozent der Ukrainer*innen, die im Rahmen der Studie "Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland" befragt wurden, gaben an, dass sie nur ein wenig beziehungsweise gar kein Deutsch sprechen; 50 Prozent besuchen einen Sprachkurs.
Ukrainische Kinder und Jugendliche an Schulen
Rund 204.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine wurden an deutschen allgemein- und berufsbildenden Schulen aufgenommen (Stand: 5. Februar 2023). Die meisten Kinder und Jugendlichen sind derzeit an Schulen in Nordrhein-Westfalen (38.000), Bayern (30.000) und Baden-Württemberg (30.000). Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Schüler*innen nahmen Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen die meisten Schüler*innen auf.Quelle
Im März 2022 kündigten die meisten Bundesländer an, sogenannte Willkommensklassen einzurichten, in denen die Kinder und Jugendlichen zunächst getrennt von anderen Schüler*innen unterrichtet werden. Eine Umfrage des MEDIENDIENSTES im November unter den Kultusministerien zeigt: Mittlerweile wird in vielen Bundesländern ein Teil der ukrainischen Schüler*innen in Regelklassen unterrichtet, andere in getrennten Klassen. Viele ukrainische Schüler*innen konnten bereits in die Regelklassen wechseln, da sie ausreichend Deutsch können. Viele Schüler*innen nehmen aber nachmittags am Online-Unterricht aus der Ukraine teil.
Die Recherche des MEDIENDIENSTES ergab: Für fast alle Bundesländer ist die größte Herausforderung, dass Lehrkräfte und Räume in den Schulen fehlen. Zudem seien viele Kinder und Jugendliche psychisch durch den Krieg belastet und hätten Traumata. Hinzu komme, dass es für viele Familien nicht klar sei, wie lange sie in Deutschland bleiben, die Motivation, in Deutschland zur Schule zu gehen sei deshalb bei einigen Schüler*innen gering. Mehr Expert*inneneinschätzungen zum Thema hier.
Exkurs: Geflüchtete aus der Ukraine in anderen Ländern
Seit der russischen Invasion in der Ukraine sind Millionen Menschen auf der Flucht. Die wichtigsten Zahlen:
- 8.054.405 Menschen aus der Ukraine sind dem UNHCR zufolge vorläufig als Flüchtlinge in Europa registriert (Stand: 7. Februar 2023).
- 4.830.738 Personen haben dem UNHCR zufolge europaweit temporären Schutz auf Basis der Massenzustromrichtlinie der EU oder ähnlichen Mechanismen (wie beispielsweise dem Schutzstatus S in der Schweiz) erhalten (Stand 7. Februar 2023).
- Der IOM zufolge sind derzeit rund 5,35 Millionen Menschen Flüchtlinge im eigenen Land (Stand: 23. Januar).Quelle
- 5,56 Millionen Menschen sind der IOM zufolge wieder an ihren Wohnsitz in der Ukraine zurückgekehrt (Stand 23. Januar).
Von Cordula Eubel, Fabio Ghelli, Johnas Lehnen, Martha Otwinowski, Andrea Pürckhauer und Sophie Thieme
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