Ende 2022 lebten nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 28,6 Millionen Menschen als Flüchtlinge außerhalb ihres Landes – das sind 24 Prozent mehr als im Vorjahr. Stärkster Treiber war dabei Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine: Fast acht Millionen Geflüchtete aus der Ukraine wurden in Europa aufgenommen. Von ihnen leben Schätzungen zufolge etwa eine Million Menschen in Deutschland. Darüber hinaus hat Deutschland 2022 rund 200.000 Asylbewerber*innen aus anderen Ländern aufgenommen.
Acht von zehn Schutzsuchenden, die 2022 in Deutschland eingereist sind, kommen aus der Ukraine. Dabei handelt es sich überwiegend um Frauen und Kinder. Darüber hinaus haben etwa 244.000 Personen aus anderen Ländern einen Asylantrag in Deutschland gestellt – rund 218.000 zum ersten Mal. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien (70.976 Erstanträge), Afghanistan (36.358), der Türkei (23.938) und dem Irak (15.175). In etwa elf Prozent der Fälle handelte es sich dabei um Kinder von Geflüchteten, die in Deutschland geboren sind. Tatsächlich nach Deutschland eingereist sind also rund 193.000 Schutzsuchende aus anderen Ländern – etwa 58 Prozent mehr als im Vorjahr.
Wie kommen Geflüchtete nach Europa?
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine dürfen frei in die Europäische Union einreisen. Die meisten Geflüchteten aus anderen Ländern müssen hingegen irregulär die EU-Außengrenzen überschreiten – in der Regel über eine der gefährlichen Routen, die durch das Mittelmeer führen. 2022 kamen die meisten Geflüchteten über die sogenannte zentrale Mittelmeer-Route nach Europa: Rund 100.000 Personen erreichten Italien und Malta, etwa 32.000 Personen Spanien (inkl. Kanarische Inseln) und knapp 22.700 Griechenland und Zypern. Etwa die Hälfte der Menschen, die Europa über das Mittelmeer erreicht haben, kamen aus drei Ländern: Tunesien (rund 33.000 Personen), Ägypten (etwa 29.000 Personen) und Bangladesh (22.000). Die Mittelmeer-Routen sind weiterhin extrem gefährlich: 2022 sind nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration mehr als 2.000 Menschen bei der Überfahrt gestorben.
Wie viele haben in Deutschland Schutz erhalten?
Geflüchtete aus der Ukraine müssen in Deutschland keinen Asylantrag stellen. Sie bekommen einen sogenannten vorübergehenden Schutz. Rund 860.000 Menschen haben diesen erhalten beziehungsweise beantragt. Von den Personen aus anderen Ländern, die 2022 einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, haben mehr als die Hälfte einen positiven Bescheid erhalten (rund 128.500 Personen). Rechnet man allerdings die Anträge heraus, die aus formellen Gründen abgelehnt wurden (etwa, weil ein anderer EU-Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig ist), lag die Schutzquote bei etwa 72 Prozent.
Wo leben sie in Deutschland?
Geflüchtete aus der Ukraine können prinzipiell ihren Wohnort in Deutschland frei wählen, wenn sie die Kosten für ihre Unterbringung selber tragen können. Nur wenn sie eine Unterkunft benötigen, werden sie mittels des sogenannten FREE-Verteilungsschüssels auf die Bundesländer verteilt. Asylbewerber*innen aus anderen Ländern werden in der Regel gleich durch den sogenannten Königsteiner Schlüssel einem bestimmten Bundesland zugeteilt. Die Bundesländer, die die meisten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben, sind auch die Länder, in denen die meisten Asylbewerber*innen aus anderen Ländern aufgenommen wurden.
Wenn man die Zahl der Schutzsuchenden (Asylerstanträge und Geflüchtete aus der Ukraine) ins Verhältnis zur Einwohner*innenzahl setzt, sieht man jedoch, dass Hamburg die meisten Schutzsuchende im Verhältnis zur Bevölkerung aufgenommen hat: Mehr als 19 Geflüchtete per Tausend Einwohner*innen. Es folgen die Stadtstaaten Bremen und Berlin.
Wie viele haben eine Arbeit?
2022 ist sowohl die Zahl der Beschäftigten als auch die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland gestiegen. Das liegt zum Teil an der Fluchtmigration aus der Ukraine. Von den etwa eine Million Kriegsflüchtlingen haben bereits 120.000 Personen einen Job in Deutschland gefunden (Stand: Oktober 2022). Weitere 183.000 Geflüchtete aus der Ukraine sind als arbeitslos gemeldet (Stand: Dezember 2022). Auch unter den Geflüchteten aus anderen Ländern ist die Zahl der Beschäftigten sowie die der Arbeitslosen gestiegen. Inzwischen sind mehr als 600.000 Personen aus "Asylherkunftsländern" in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Wie viele haben Deutschland verlassen?
2022 (Januar-November) wurden 11.970 ausreisepflichtige Personen aus Deutschland abgeschoben – etwa neun Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Personen, die Deutschland freiwillig mittels des REAG/GARP Förderprogramms verlassen haben, ist ebenfalls um 19 Prozent gestiegen – auf rund 7.000 Menschen. Die Zahl der Personen, die Deutschland verlassen sollten, lag Ende November 2022 bei rund 300.000 Menschen – mehr als 80 Prozent von ihnen hat eine Duldung.
Von Fabio Ghelli und Jonas Lehnen
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