1. JANUAR
Vor 15 Jahren: Bulgarien und Rumänien treten der EU bei
Im Zuge der sogenannten Osterweiterung traten Bulgarien und Rumänien 2007 der Europäischen Union bei. Der Beitrittsvertrag erlaubte es den EU-Mitgliedstaaten, den Zugang zum Arbeitsmarkt für Personen aus den beiden Ländern zunächst zu beschränken. Deutschland schöpfte die maximale Frist von sieben Jahren aus, bis die Einschränkungen 2014 aufgehoben wurden. 2020 sind rund 160.000 Menschen aus Rumänien und 63.000 Menschen aus Bulgarien nach Deutschland eingewandert. Sie stellen damit die größte beziehungsweise die drittgrößte Gruppe an neuzugewanderten EU-Bürger*innen dar. Wie sich der EU-Beitritt beider Länder entgegen vielen Befürchtungen zu einer Erfolgsgeschichte wurde – das haben wir kürzlich in einem Artikel aufgeschrieben.
31. JANUAR
Vor zehn Jahren: „Nationaler Aktionsplan Integration“ verabschiedet
Beim fünften Integrationsgipfel der Bundesregierung am 31. Januar 2012 wurde ein neuer „Nationaler Aktionsplan Integration“ verabschiedet. Er folgte auf den „Nationalen Integrationsplan“ von 2007 und formulierte gemeinsame Ziele von Bund und Ländern bei der Integrationspolitik. Darunter etwa die Einrichtung eines „medienübergreifenden Informationsdiensts“, der schnell und unbürokratisch „Auskünfte über die Verhältnisse in der deutschen Einwanderungsgesellschaft“ geben kann. Diese Idee wurde wenige Monate später mit der Gründung des MEDIENDIENST INTEGRATION umgesetzt.
19. FEBRUAR
Zwei Jahre nach dem Anschlag: Stadt Hanau will ein Mahnmal errichten
Am 19. Februar jährt sich der rassistische Anschlag von Hanau zum zweiten Mal. Die Stadt Hanau will der neun Todesopfer mit einem Mahnmal gedenken, das laut ursprünglicher Planung an dem Jahrestag eingeweiht werden soll. Dazu wurde ein künstlerischer Wettbewerb ausgeschrieben. Eine Jury aus Angehörigen der Opfer sowie ein Fachbeirat sollen entscheiden. Die Gremien präsentierten im vergangenen September fünf Modelle, die sie in die engere Auswahl aufgenommen hatten. Im Oktober waren dann noch zwei Vorschläge im Rennen. Allerdings ist umstritten, wo das Denkmal stehen soll. Die Angehörigen sprechen sich für den zentralen Marktplatz aus. Die Stadtverwaltung bevorzugt einen anderen Standort. Wegen der anhaltenden Diskussionen ist es unwahrscheinlich, dass das Mahnmal wie geplant im Februar eingeweiht werden kann. Die Entwürfe selbst stehen auch in der Kritik: Rassismus werde nicht klar genug als das Tatmotiv benannt.
22. MÄRZ
Vor fünf Jahren: Herkunft von Tatverdächtigen – neue Richtlinien für Medien
Nach der Kölner Silvesternacht 2015/2016 waren einige Medien dazu übergegangen, die Herkunft von Tatverdächtigen häufiger zu nennen. Das führte zu Kritik: Die Herkunftsnennung berge die Gefahr, Vorurteile gegenüber Minderheiten zu schüren. Andererseits wurde Medien, die die Herkunft nicht nannten, vorgeworfen, damit vermeintlich wichtige Informationen zu „verschweigen“. Im Zuge dieser Debatten änderte der Deutsche Presserat am 22. März 2017 die Richtlinie 12.1 im Pressekodex. Medien sollen die Herkunft nennen, wenn es „ein begründetes öffentliches Interesse“ gibt. Vorher war von einem „begründbaren Sachbezug“ die Rede. Wissenschaftler*innen und Redaktionen kritisierten, dass auch die neue Formulierung zu schwammig und daher wenig hilfreich sei. Zahlen der „Hochschule Macromedia“ zeigten Ende 2019, dass Medien immer öfter die Herkunft von Tatverdächtigen erwähnen, wenn sie über Gewaltkriminalität berichten.
16. APRIL
Vor fünf Jahren: Verfassungsreferendum in der Türkei
Rund 1,4 Millionen türkische Staatsangehörige in Deutschland konnten am 16. April 2017 mit abstimmen beim Verfassungsreferendum in der Türkei. Zur Abstimmung stand, ob die Staatsform von einem parlamentarischen in ein präsidiales System umgewandelt werden soll – mit erweiterten Befugnissen für den autokratisch regierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Im Vorfeld des Referendums gab es eine anhaltende Diskussion über Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland. Die Verfassungsänderungen wurden mit einer knappen Mehrheit von 51,4 Prozent Ja-Stimmen angenommen. In Deutschland waren die Ergebnisse eindeutiger: Fast zwei Drittel stimmten mit Ja (63,1 Prozent). Die Wahlbeteiligung war mit 46,2 Prozent allerdings vergleichsweise niedrig.
27. UND 28. APRIL
Integrationsministerkonferenz 2022 in Hamburg
Die für Integrationsthemen zuständigen Minister*innen und Senator*innen der Bundesländer kommen einmal im Jahr bei der Integrationsministerkonferenz zusammen. Als Gast nimmt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), teil. Das Gremium tagt am 27. und 28. April 2022 in Hamburg.
1. BIS 3. JUNI
Würzburg: Frühjahrstagung der Innenministerkonferenz
Die Innenministerkonferenz trifft sich vom 1. bis zum 3. Juni 2022 zu ihrer Frühjahrstagung in Würzburg. Bei dem Treffen, an dem neben den Innenminister*innen der Länder auch die Bundesinnenministerin als Gast teilnimmt, werden Themen der inneren Sicherheit, Migration und Integration besprochen. Im kommenden Jahr wird außerdem der Katastrophenschutz im Fokus stehen.
29. JULI
Vor fünf Jahren: Verschärfung im Asylrecht
Am 29. Juli 2017 traten Asylrechtsverschärfungen in Kraft, die für mehr Abschiebungen sorgen sollten: Das „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ sieht vor, dass Asylsuchende „ohne Bleibeperspektive“ bis zu zwei Jahre in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden dürfen – zuvor hatte die Frist bei sechs Monaten gelegen. Außerdem darf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seitdem Handys und andere Datenträger von Geflüchteten auslesen, um Informationen über ihre Herkunft und Identität zu erhalten. Ausreisepflichtige „Gefährder“ dürfen in Abschiebehaft genommen werden oder mittels elektronischer Fußfesseln überwacht werden, wenn sie nicht im Gefängnis sind. 2019 folgte ein „Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“. Menschenrechtsorganisationen und weitere Fachleute kritisierten die Verschärfungen als „Hau-ab-Gesetz“.
24. AUGUST
Vor 30 Jahren: Rassistische Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen
Im Spätsommer 1992 belagerten Rechtsextremist*innen tagelang einen Wohnblock in Rostock-Lichtenhagen, in dem Geflüchtete und vietnamesische Vertragsarbeiter*innen untergebracht waren. Die Anwohner*innen tolerierten oder bejubelten die Gewalt. Am 24. August setzte der Mob das sogenannte Sonnenblumenhaus in Brand und brachte die Eingeschlossenen in Lebensgefahr. Sie retteten sich auf das Dach, während die Angreifenden die Löscharbeiten der Feuerwehr blockierten. Die Polizei griff kaum ein, sodass die Ausschreitungen drei Nächte lang andauerten.
3. SEPTEMBER
Vor zehn Jahren: Mediendienst Integration geht online
Mit einem Informationsdienst laufende Debatten begleiten und zu einer sachlichen Berichterstattung über Migration und Integration beitragen: Diesen Vorschlag aus dem „Nationalen Aktionsplan Integration“ will der MEDIENDIENST INTEGRATION umsetzen. Unsere Webseite ging am 3. September 2012 online. Neben eigenen Recherchen sowie Expertisen aus der Wissenschaft bieten wir verständlich aufbereitete Daten und Zahlen sowie Ergebnisse von Studien und vermitteln Expert*innen für die Berichterstattung. Der MEDIENDIENST ist ein Projekt des „Rat für Migration“, einem bundesweiten, disziplinenübergreifenden Zusammenschluss von Migrationsforscher*innen.
8. SEPTEMBER
Vor zehn Jahren: Start von Flüchtlingsprotesten in Würzburg und Berlin
Anfang 2012 beging ein Geflüchteter in Würzburg aus Protest gegen seine Situation Suizid. Deshalb brach dort am 8. September 2012 eine Gruppe von Geflüchteten zu einem Protestmarsch auf. Einen Monat lang liefen sie von Würzburg bis nach Berlin und errichteten auf dem Oranienplatz ein Camp. Sie demonstrierten gegen die Residenzpflicht, die Geflüchteten den Wohnort vorschreibt und die Bewegungsfreiheit stark einschränkt. Weitere Forderungen waren, alle Abschiebungen sofort auszusetzen und Geflüchtete in Wohnungen statt in Sammelunterkünften unterzubringen. Am 24. Oktober trat ein Teil der Gruppe am Brandenburger Tor in den Hungerstreik. Als die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung eine Woche später ihre Forderungen anhörte, beendeten sie den Streik. Doch der Protest ging weiter: Die Geflüchteten besetzten am 8. November die leerstehende Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg. Das Protestcamp am Oranienplatz bestand noch bis April 2014.
24. SEPTEMBER
Vor 5 Jahren: AfD zieht erstmals in den Bundestag ein
Bei der Bundestagswahl am 24. September 2017 zog erstmals die AfD in den Bundestag ein. Drei Jahre nach den ersten „Pegida“-Protesten und zwei Jahre nach dem „Flüchtlingssommer“ erreichte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen. Sie wurde drittstärkste Kraft und bildete die größte Oppositionsfraktion. Viele der neuen AfD-Bundestagsabgeordneten und -Mitarbeiter*innen vertreten offen rechtsextreme Positionen oder pflegen Kontakte in die rechtsextreme Szene. Bei der Wahl 2021 erreichte die Partei nur noch rund 10 Prozent.
13. NOVEMBER
Vor zehn Jahren: Hamburg unterzeichnet Staatsvertrag mit islamischen Verbänden
Als erstes Bundesland unterzeichnete Hamburg am 13. November 2012 einen Staatsvertrag mit den islamischen und alevitischen Gemeinden. Der Vertrag soll die Gleichberechtigung der islamischen und alevitischen Gemeinden mit dem Christentum symbolisch anerkennen. Zudem ermöglicht er den Gemeinden, den Religionsunterricht an Schulen mitzugestalten und stellt islamische und alevitische Feiertage gleich mit kirchlichen Feiertagen. 2022 soll der Staatsvertrag evaluiert werden.
23. NOVEMBER
Vor 30 Jahren: Brandanschlag in Mölln
In der Nacht auf den 23. November 1992 verübten Neonazis einen Brandanschlag auf zwei Häuser in der Kleinstadt Mölln in Schleswig-Holstein, in denen türkeistämmige Familien wohnen. Drei Menschen kamen ums Leben, darunter zwei Kinder. Neun weitere Menschen wurden schwer verletzt. Die beiden Täter gehörten der Skinhead-Szene an. Nach dem Anschlag protestierten deutschlandweit hunderttausende Menschen mit Lichterketten gegen Rassismus und Rechtsextremismus.
30. NOVEMBER BIS 2. DEZEMBER
München: Herbsttagung der Innenministerkonferenz
Die Herbsttagung der Innenministerkonferenz findet unter Vorsitz Bayerns vom 30. November bis 2. Dezember 2022 in München statt. Ein offizieller Themenschwerpunkt wurde noch nicht bekanntgegeben.
6. DEZEMBER
Vor 30 Jahren: Union, FDP und SPD einigen sich auf „Asylkompromiss“
Mit dem Zerfall des „Ostblocks“ und dem Jugoslawienkrieg Anfang der 1990er Jahre stieg die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland stark an. Es folgte eine polarisierte Asyl-Debatte, die von den rassistischen Ausschreitungen und Morden in Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen begleitet wurde. Anstatt Rassismus und Rechtsextremismus entschlossen zu bekämpfen, drängte die Union darauf, das Asylrecht einzuschränken. Weil das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert ist, brauchte es dafür nicht nur die Zustimmung des Koalitionspartners FDP, sondern auch die der SPD. Am 6. Dezember 1992 beschlossen Vertreter*innen von CDU/CSU, FDP und SPD den sogenannten Asylkompromiss. Seitdem können sich Schutzsuchende, die über einen „sicheren Drittstaat“ nach Deutschland eingereist sind, nicht mehr auf das Grundrecht auf Asyl berufen. Ausnahmen gelten nur für Einzelfälle, die beweisen können, dass sie im vermeintlich sicheren Drittstaat weiterhin in Gefahr sind. Die Änderungen wurden am 26. Mai 1993 vom Bundestag verabschiedet und traten am 1. Juli 1993 in Kraft.
28. DEZEMBER
Vor zehn Jahren: Beschneidungsgesetz tritt in Kraft
Der Bundestag hat vor zehn Jahren ein Gesetz verabschiedet, das die Beschneidung von minderjährigen Jungen erlaubt. Am 28. Dezember 2012 trat es in Kraft. Der Regelung war eine lange und kontroverse Debatte vorausgegangen. Gestritten wurde über das Recht auf freie Religionsausübung, das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit sowie über das Erziehungsrecht der Eltern. Immer wieder wurden jedoch auch antisemitische und islamfeindliche Vorurteile geäußert.
Von Joe Bauer und Hanno Fleckenstein
Sie sind Journalist*in und haben weitere Fragen oder suchen Fachleute zum Thema? Dann können Sie uns gern kontaktieren. Wir helfen schnell und unkompliziert. Unsere Texte und Grafiken können kostenfrei unter den Regeln der Creative Commons und unserer Namensnennung verwendet werden. Dies gilt nicht für Bilder und Fotos, die wir von Dritten erworben haben.