Flüchtlinge aus der Ukraine
Seit dem erweiterten russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind Millionen Menschen auf der Flucht. Wohin fliehen sie? Wie ist ihre rechtliche Lage? Wie viele haben hierzulande Sprachkurse absolviert und eine Arbeit gefunden? Diese und weitere Themen in der Rubrik.
Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland
Derzeit halten sich dem Ausländerzentralregister (AZR) zufolge in Deutschland 1.215.048 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf, von ihnen waren 1.175.867 ukrainische Staatsbürger*innen (Stand: 12. Oktober 2024).Quelle
Von den 1.215.048 Flüchtlingen aus der Ukraine haben (Stand 12. Oktober 2024):
- 1.027.354 einen Aufenthaltstitel nach §24 AufenthG
- 62.305 eine Fiktionsbescheinigung (d.h. es wurde noch nicht über den Antrag entschieden)
- 50.125 einen Antrag auf §24 AufenthG gestellt
- 39.517 ein Schutzgesuch geäußert
- 35.747 noch kein Schutzgesuch geäußert und keine Titelerteilung.Quelle
374.278 Personen, die zwischen Februar 2022 und Ende August 2024 aus der Ukraine nach Deutschland geflohen waren, sind seither als hierzulande nicht mehr aufhältig im AZR gespeichert. Von ihnen sind rund 5.000 Personen verstorben (Stand: 31. August 2024).Quelle
Wichtige Hinweise zu den AZR–Zahlen: Wie viele Personen aus der Ukraine genau Deutschland erreicht beziehungsweise verlassen haben, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen können ukrainische Staatsbürger*innen ohne Visum in die Europäische Union einreisen und sich in EU-Mitgliedstaaten des Schengen-Raums frei bewegen. Zum anderen können Ausländerbehörden (auf deren Meldungen das AZR beruht) die Zahlen der Personen, die sich in Deutschland aufhalten beziehungsweise das Land verlassen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten melden, weil sie etwa verzögert von einer Ausreise erfahren.Quelle
Der Migrationsforscher Franck Düvell geht davon aus, dass die Zahlen des AZR zu hoch sind. Er schätzt, dass sich zum Jahreswechsel 2023/24 nicht mehr als rund 900.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland aufhielten. Für die Schätzung verwendet er Zahlen von Ukrainer*innen in der Grundsicherung sowie in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen. Schwer zu schätzen sei etwa die Zahl der Personen, die im Home Office für Arbeitgeber in der Ukraine arbeiten oder studieren.Quelle
Weitere Zahlen
FREE–Register des BAMF
Im März 2024 berichteten mehrere Medien, die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sei auf 1,65 Millionen gestiegen. Sie beriefen sich dabei auf Daten des FREE–Registrierungs–Systems. Das System wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Mai 2022 eingerichtet, um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine besser auf die Bundesländer verteilen zu können. Laut BAMF–Pressestelle ist diese Zahl deutlich höher als die des AZR, da Fortzüge aus Deutschland "nicht rückwirkend berücksichtigt" werden. Das heißt: Personen, die Deutschland verlassen, werden nicht ausgetragen, FREE rechnet neue Einträge im Register seit Februar 2022 immer weiter auf. Laut AZR sind Stand März 2024 mehr als 330.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die sich zwischenzeitlich hierzulande aufhielten, nicht mehr im im Register vermerkt (siehe oben). Ein weiteres Problem: Zur Einführung von FREE im Frühjahr 2022 kam es laut der BAMF-Pressestelle zu einigen Doppelzählungen im System.Quelle
Statistisches Bundesamt
Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge lebten im Oktober 2023 rund 1,1 Millionen Ukrainer*innen in Deutschland (Stand: 22. Februar 2024). Laut Destatis wanderten 2022 rund 960.000 Ukrainer*innen ein, im Jahr 2023 waren es 121.000 Personen. Grundlage dieser Wanderungsstatistik sind Daten der örtlichen Meldebehörden, also Standes–/Bürgerämter oder Rathäuser. Die Destatis–Zahl schließt ukrainische Staatsbürger*innen mit ein, die bereits vor Februar 2022 in Deutschland lebten (Mehr zu dieser Gruppe hier im Dossier); Geflüchtete ohne ukrainische Staatsbürgerschaft sind nicht einberechnet. Auch für diese Zahlen gilt: Da Ukrainer*innen grundsätzlich freie Wohnortwahl haben und sich möglicherweise nicht alle bei Wegzug abmelden, gibt es auch hier keine eindeutige Sicherheit.Quelle
Wo wohnen die meisten Geflüchteten aus der Ukraine?
Die meisten Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine halten sich dem AZR zufolge in den folgenden Bundesländern auf (Zahlen gerundet, Stand: 05. Januar 2024):Quelle
- Nordrhein-Westfalen: 232.000
- Bayern: 159.000
- Baden-Württemberg: 155.000
- Niedersachsen: 112.000
- Hessen: 89.000
Eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts setzte den Anteil der Ukrainer*innen ins Verhältnis zur Bevölkerung in den Bundesländern. Demnach lebten im Oktober 2023 die meisten Ukrainer*innen in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin, mit anteilig jeweils rund 1,7 und 1,6, gefolgt von Mecklenburg–Vorpommern mit 1,5 (Stand: Februar 2024).Quelle
Was weiß man über die Flüchtlinge aus der Ukraine?
Von den 1.215.048 im AZR registrierten Geflüchteten aus der Ukraine (Stand 12. Oktober 2024):
- Sind knapp 97 Prozent ukrainische Staatsbürger*innen.
- Sind unter den Erwachsenen etwa 63 Prozent Frauen und rund 37 Prozent Männer.
- sind rund 356.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Unter den Minderjährigen sind knapp 131.500 im Grundschulalter (6–11), rund 95.000 sind im Alter zwischen 14 und 17.Quelle
Die groß angelegte Studie "Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland" mehrerer Forschungsinstitute untersuchte in mehreren Befragungsdurchläufen die Lebenssituation der Geflüchteten. Die letzte Analyse von Mitte 2023 ergab:
- Alter: Das Durchschnittsalter der Geflüchteten betrug 40 Jahre. Der ersten Untersuchung zufolge waren die meisten Geflüchteten aus der Ukraine 30-39 Jahre alt. Im Schnitt sind die Geflüchteten jünger als die Bevölkerung in der Ukraine.
- Geschlecht: 80 Prozent der Geflüchteten beider Befragungsdurchläufe waren Frauen.
- Familie: Im Spätsommer gaben 77 Prozent an, ohne Partner nach Deutschland gekommen zu sein. Fast die Hälfte der erwachsenen Geflüchteten reiste mit Kindern (48 Prozent) ein.Quelle
Erhebungen zur Lebenslage der Kriegsflüchtlinge: Bereits dreimal in Folge befragten mehrere Forschungsinstitute Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine: Zunächst in der zweiten Jahreshälfte 2022 (LINK), dann im Frühjahr 2023 (LINK). Die Auswertung der dritten Umfrage von Mitte 2023 (LINK) sowie weitere, darauf folgende Befragungen und Analysen, führt das BiB durch.
Wo wohnen sie?
Flüchtlinge aus der Ukraine, die einen Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG haben, können ihren Wohnort in der Regel frei wählen – im Gegensatz zu anderen Schutzsuchenden. Befragungen sowie Studienergebnisse deuten darauf hin, dass dies dazu beitrug, dass viele Ukrainer*innen relativ zügig in eigene, private Unterkunft ziehen konnten. Anfang 2023 gaben knapp 80 Prozent der Geflüchteten an, inzwischen in privaten Wohnungen und Häusern zu wohnen. Weitere 13 Prozent der Geflüchteten gaben an, in "sonstigen Unterkünften" wie etwa Hotels zu leben, nur 8 Prozent waren in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht (Stand: Juli 2023).Quelle
In einer Mediendienst–Expertise zur Situation der Unterbringung gehen Forscher der Universität Hildesheim davon aus, dass aufgrund der grundsätzlich freien Wohnortwahl nur etwa ein Viertel der rund eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine "Kapazitäten im klassischen Aufnahmesystem beansprucht hat" (Stand: Juli 2023).Quelle
Wie viele von ihnen wollen in Deutschland bleiben?
Zu Beginn 2023 gaben 44 Prozent der Befragten Geflüchteten aus der Ukraine an, längerfristig in Deutschland bleiben zu wollen – ein Zuwachs um fünf Prozentpunkte verglichen mit der Befragung aus dem Spätsommer 2022. Auch wollten 31 Prozent der Geflüchteten bis Kriegsende in Deutschland bleiben, nur zwei Prozent wollen innerhalb eines Jahres zurückzukehren.Quelle
Bei einer Befragung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) gaben rund 35 Prozent der befragten Mütter aus der Ukraine an, bis Kriegsende in Deutschland bleiben zu wollen. Knapp 28 Prozent planen, mindestens fünf Jahre zu bleiben, während 26 Prozent keine konkreten Pläne hatten. Außerdem gab die Hälfte an, zunächst am jetzigen Wohnort bleiben zu wollen, etwa 11 Prozent würden lieber innerhalb Deutschlands umziehen. Nur 1,4 Prozent der Befragten wollte von Deutschland aus in ein anderes Land ziehenQuelle
Ukrainische Flüchtlinge in anderen Ländern
Seit der russischen Invasion in der Ukraine sind Millionen Menschen auf der Flucht. Die wichtigsten Zahlen:
- Ende August 2024 hatten knapp 4,2 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Eurostat zufolge in EU–Ländern, Norwegen und Island Schutz unter der temporären Massenschutzrichtlinie erhalten (Stand: 10. Oktober 2024). Während es für den temporären Schutz EU–Leitlinien gibt, unterscheidet sich die Ausgestaltung im Detail von Land zu Land. Hier eine Übersicht.Quelle
- Zwischenzeitlich waren dem UNHCR zufolge knapp 6,2 Millionen Menschen aus der Ukraine in europäische Länder geflohen (Stand: 15. Oktober 2024).Quelle
- Der IOM zufolge waren im März rund 3,7 Millionen Menschen als Flüchtlinge im eigenen Land registriert (Stand: August 2024).Quelle
- 4,4 Millionen Menschen sind der IOM zufolge wieder an ihren Wohnsitz in der Ukraine zurückgekehrt (Stand: August 2024).Quelle
Wichtige Hinweise zu den Zahlen:
- Kurz nach Kriegsbeginn flohen die meisten Menschen zunächst in die nächstgelegenen Nachbarländer – insbesondere nach Polen; Mitte 2022 waren dort zwischenzeitlich rund 1,8 Millionen Kriegsflüchtlinge offiziell registriert. Mittlerweile meldet Deutschland die höchste Zahl.Quelle
- Die Zahlen in verschiedenen Ländern sind nur bedingt miteinander vergleichbar, da unterschiedliche Gruppen erfasst werden: In Deutschland beinhaltet die Gesamtzahl aus dem AZR nicht nur Ukrainer*innen, sondern auch rund 39.000 Drittstaatler*innen, die aus der Ukraine flüchteten sowie mehrere hundert tausende Personen in unterschiedlichen Bewerbungsstadien um §24 AufenthG und zehntausende, die noch keinen Antrag gestellt haben. Die Zahl für Polen hingegen bildet nur ab, wie viele Ukrainer*innen dort derzeit einen gültigen Aufenthalt als Kriegsflüchtling besitzen ("PESEL"). Seit einer Gesetzesänderung Anfang 2023 ist es wahrscheinlich, dass immer mehr Ukrainer*innen in Polen in ein Arbeitsvisum wechseln und damit nicht (mehr) als Flüchtlinge erfasst sind.Quelle
- Wie viele Geflüchtete aus der Ukraine sich in welchem EU–Land aufhalten, kann nicht genau ermittelt werden: Da einige Geflüchtete aus der Ukraine zunächst in ein Land fliehen, dort möglicherweise Schutz beantragen und anschließend in ein anderes weiterreisen (z.B. über die Republik Moldau nach Rumänien), kann es zu Verzögerungen oder mehrfachen Registrierungen kommen. Ukrainische Staatsbürger*innen können sich innerhalb des Schengen-Raums frei bewegen.Quelle
Auch die Angaben zu den Schutzsuchenden, die bereits einen Aufenthaltstitel im jeweiligen Land erhalten haben, sind nicht direkt miteinander vergleichbar: Eurostat zufolge brauchen etwa minderjährige Geflüchtete in Frankreich "in der Regel" kein gesondertes, offizielles Schutzgesuch und werden daher statistisch nicht abgebildet (Stand: 8. Februar 2024).
Was weiß man über die Kriegsflüchtlinge?
Eurostat zufolge waren von den europaweit registrierten Kriegsflüchtlingen (Stand Ende August):
- Rund 45 Prozent Frauen
- Rund 32 Prozent Kinder
- Knapp 23 Prozent Männer.Quelle
Die Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) und die OECD befragen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine europaweit regelmäßig. Einige Erkenntnisse aus der aktuellen Untersuchung vom Oktober 2023:
- Alter und Geschlecht: Nahezu 80 Prozent der Befragten waren Frauen, 71 Prozent waren zwischen 18 und 44 Jahre alt. 55 Prozent gaben an, mit ihren Kindern geflüchtet zu sein. 73 Prozent der Befragten gab an, dass ihre Kinder im entsprechenden Alter Schulen im Aufenthaltsland besuchten.
- Staatsangehörigkeit: 98 Prozent der aktuell Befragten waren ukrainische Staatsbürger*innen.
- Qualifikation: 64 Prozent der befragten Kriegsflüchtlinge gab an, überdurchschnittlich qualifiziert zu sein (Bachelor, Master oder Promotion).
- Arbeitsmarktintegration: 78 Prozent der Befragten gaben an, grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, rund 60 Prozent arbeiteten tatsächlich. Vor dem Krieg hatten nahezu alle von ihnen – 90 Prozent – eine Arbeit (in der Ukraine oder auch andernorts). Von den Kriegsflüchtlingen, die eine Anstellung hatten, waren knapp 80 Prozent durch Arbeitgeber im aktuellen Aufenthaltsland beschäftigt, weitere 21 Prozent arbeiteten im Home Office für ausländische Arbeitgeber, davon 16 Prozent für ukrainische Betriebe und Organisationen.Quelle
- Unterbringung: Innerhalb weniger Monate stieg der Anteil derer, die angaben, eine private Unterkunft zu mieten deutlich an: Bei der ersten Befragung kurz nach Kriegsbeginn hatten nur 16 Prozent eine private Unterkunft, im Juni 2023 schon 44 Prozent.Quellle
Wie viele Menschen kehrten in die Ukraine zurück?
Der IOM zufolge kehrten rund 4,6 Millionen Ukrainer*innen in ihre Heimatregionen zurück (Stand: Ende 2023). Einer IOM–Untersuchung unter Rückkehrer*innen vom Juni 2023 zufolge waren etwa 1,08 Millionen von ihnen aus dem Ausland zurückgekehrt, davon 87 Prozent aus EU-Ländern: Knapp 40 Prozent kehrten aus Polen zurück, 9 Prozent aus Deutschland, 7 Prozent aus Italien und 6 aus Tschechien.Quelle
Das Kiewer Centre for Economic Strategy untersuchte im September 2023 zum zweiten Mal die Lage und (Rückkehr-)Absichten der ukrainischen Kriegsflüchtlinge im Ausland. Die Befragten gaben eine geringere Bereitschaft an, in die Ukraine zurückzukehren, als noch Ende 2022 – damals waren es 70 Prozent, im Mai 2023 63 Prozent. Eine Autorin der Studie sagte dem MEDIENDIENST, insbesondere die Länge und der Ausgang des Krieges würden auch künftig Rückkehr-Absichten beeinflussen. Ein weiterer Faktor wären Aufnahmekapazitäten der Aufenthaltsländer.Quelle
Ukrainer*innen in Russland und Belarus
Offiziellen Angaben aus Russland zufolge waren zuletzt rund 1,2 Millionen Ukrainer*innen als Kriegsflüchtlinge im Land (Stand: 31. Dezember 2023), knapp 46..000 in Belarus (Stand: 30. September 2024). Das UNHCR kann eigenen Angaben zufolge in den Ländern nicht ausreichend Daten erheben und erhält keine Zahlen von offizieller Stelle. Berichten von humanitären NGOs und Medien zufolge ist unklar, inwieweit die Menschen freiwillig nach Russland gingen. Auch berichteten Medien und Hilfsorganisationen von rund 20.000 verschleppten ukrainischen Kindern. Quelle
Rechtliche Situation für Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland
Ukrainische Kriegsflüchtlinge erhalten grundsätzlich EU-weit bis 4. März 2026 vorrübergehenden Schutz unter der "Massenzustrom-Richtlinie". Die EU-Richtline wurde erstmals Anfang März 2022 aktiviert und seitdem mehrfach verlängert. Mitte Juni 2024 beschloss der Rat der Europäischen Union, die Maßnahme bis März 2026 und damit um ein weiteres Jahr zu verlängern.Quelle
Der Vorteil der europaweiten Regelung: Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine müssen in Deutschland und allen anderen EU-Ländern kein normales – üblicherweise langwieriges und bürokratisches – Asylverfahren durchlaufen. Stattdessen bekommen sie automatisch einen Aufenthaltsstatus.
In Deutschland wird die Richtlinie durch den §24 AufenthG umgesetzt. Der Aufenthaltstitel gewährt den Kriegsflüchtlingen weiterreichende Rechte. Mit der sogenannten "Fortgeltungsverordnung" beschloss die Bundesregierung Ende November 2023, dass allen Kriegsflüchtlingen, die zum 1. Februar 2024 einen gültigen Aufenthalt nach § 24 hatten, dieser automatisch bis zum 4. März 2025 verlängert wird. Sie müssen also nicht einzeln eine Verlängerung bei der Ausländerbehörde beantragen.Quelle
Welche Rechte ergeben sich aus § 24 AufenthG / der "EU-Massenzustrom-Richtlinie"?
Personen, die gemäß der "EU-Massenzustrom-Richtlinie" (in Deutschland: § 24 AufenthG) vorübergehenden Schutz bekommen, haben im Aufnahmeland folgende Rechte:
- Ausübung einer abhängigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit,
- Zugang zu Bildungsangeboten für Erwachsene, Fortbildungen bzw. Zugang zum Bildungssystem für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren
- Anspruch auf medizinische Versorgung
- Anspruch auf Sozialleistungen
- Anspruch auf angemessene Unterbringung bzw. finanzielle Unterstützung für eine Unterkunft. Die Geflüchteten werden in Deutschland nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Das betrifft nicht Personen, die privat untergekommen sind.Quelle
- Ein späterer Wechsel zu einem anderen Aufenthaltsstatus (z.B. Studium, Arbeit) ist laut Rundschreiben des Bundesinnenministeriums möglich.Quelle
Sonder–Schutzform für Juden und Jüdinnen aus der Ukraine
Eine Sonderregelung gibt es für Jüdinnen:Juden aus der Ukraine. Sie können über eine jüdische Gemeinde in Deutschland dauerhaften Aufenthalt als Kontingentflüchtlinge beantragen. Das gilt, wenn sie zum Zeitpunkt des russischen Angriffs dauerhaft in der Ukraine gelebt haben und jüdischer Abstammung sind.Quelle
Minderjährige Flüchtlinge aus der Ukraine
In Deutschland sind 357.459 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren als Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im Ausländerzentralregister (AZR) registriert (Stand: 14. September 2024). Davon sind rund 132.000 im Grundschulalter (6-11 Jahre), rund 94.000 Alter von 14–17 Jahren.Quelle
Laut UNHCR sind schätzungsweise 26,5 Prozent der Personen, die aus der Ukraine geflohen sind, Kinder und Jugendliche. Laut IOM wurden rund 1,42 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren innerhalb der Ukraine vertrieben.Quelle
Ukrainische Kinder in Kitas
Immer mehr ukrainische Kinder besuchen hierzulande eine Kita, das zeigen Daten aus umfassenden Befragungen unter ukrainischen Kriegsflüchtlingen: Anfang 2023 besuchten rund 63 Prozent der Kinder zwischen 3 und 6 Jahren eine Kita, bei einer weiteren Befragung im Sommer waren es schon 70 Prozent. Die Autor*innen der Erhebung sehen darin eine wichtige Voraussetzung für die Arbeitsmarktintegration der Eltern, da sie oft alleinerziehend sind.Quelle
Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) untersuchte die Aufnahmesituation ukrainischer Kinder an deutschen Kitas. Von bundesweit 621 befragten Einrichtungen hatte rund die Hälfte ukrainische Flüchtlingskinder bei sich aufgenommen. Als Hauptgründe dafür, keine Kinder aufgenommen zu haben, nannte das befragte Leitungspersonal der Tagesstätten, sie haben keine entsprechenden Anfragen erhalten (63 Prozent), gefolgt von fehlenden Kapazitäten (51 Prozent). Meist veranlassten die Kindeseltern die Aufnahme (63 Prozent), gefolgt von der Flüchtlingshilfe (50 Prozent).Quelle
Ukrainische Kinder und Jugendliche an deutschen Schulen
Derzeit sind bundesweit 209.958 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine an allgemein– und berufsbildenden Schulen aufgenommen worden, wie Zahlen der Kultusministerkonferenz belegen (Stand: August 2024). Rund 208.189 davon werden aktuell unterrichtet. Gegenüber Juli sind es rund 11.000 Schüler*innen weniger. Die meisten werden derzeit an Schulen in Bayern (33.000), Baden-Württemberg (32.300) und Nordrhein-Westfalen (29.000) (Stand: August 2024).Quelle
Im August 2023 waren Ukrainer*innen die größte Gruppe unter neu zugewanderten Schüler*innen: In NRW kamen mehr als 40 Prozent aller Schüler*innen in sogenannten Erstförderung-Klassen aus der Ukraine. In Rheinland-Pfalz machen sie fast 60 Prozent aller neu eingeschulten geflüchteten Schüler*innen aus.Quelle
Wie schnell können Kriegsflüchtlinge eingeschult werden?
Zu Beginn des laufenden Schuljahres 2023/24 gaben die Bildungsministerien fast aller Länder an, dass es Schwierigkeiten bei der Einschulung von geflüchteten Kindern gebe. In Berlin und Nordrhein-Westfalen gab es im August 2023 Wartelisten für Schulplätze (Stand: August 2023, mehr).
Einer repräsentativen Befragung unter ukrainischen Geflüchteten zufolge besuchten fast alle Kinder und Jugendlichen im Schulalter eine Schule (Stand: Juli 2023).Quelle
Lehrkräfte und Schulkapazitäten
Fast alle Bundesländer sahen sich in den ersten Monaten nach Kriegsbeginn der Herausforderung gegenüber, dass Lehrkräfte und Räume in den Schulen fehlten, wie eine Befragung des MEDIENDIENSTES zu Ende 2022 ergab. Seitdem haben sie verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Lehrkräfte und Schulpersonal aufzustocken, so das Ergebnis der letzten bundesweiten MEDIENDIENST-Befragung vom August 2023.Quelle
Möglicherweise gibt es noch höheren Bedarf an Lehrkräften. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hatte im Frühjahr 2022 prognostiziert, dass zwischen 13.500 und 19.400 zusätzliche Lehrkräfte nötig sein würden, um die neuen Schüler*innen zu unterrichten. Gleichzeitig gaben Anfang 2023 dem Philologenverband gegenüber mehr als 80 Prozent der Schulleitungen an, kein zusätzliches Personal eingestellt zu haben.Quelle
Zu Ende 2022 hatten zudem rund 3.000 Personen aus der Ukraine eine Stelle an deutschen Schulen gefunden – das ergab eine Umfrage des MEDIENDIENSTES unter den Kultusministerien. Meist unterrichten sie jedoch nicht als Lehrer*innen, sondern unter anderem als Sprachmittler*innen oder Lernbegleitung. Um als Lehrer*innen zu arbeiten, müssten sie den normalen Anerkennungsprozess durchlaufe, die Hürden sind hoch.
Regel- oder Brückenklassen für ukrainische Schüler*innen?
In den ersten Monaten nach Kriegsbeginn richteten die meisten Bundesländer sogenannte Willkommensklassen ein, in denen ukrainische Kinder und Jugendlichen getrennt von anderen Schüler*innen unterrichten wurden. Ende 2022 war das Bild gemischter, wie eine Befragung des Mediendienstes zeigte: In Niedersachsen und Brandenburg beispielsweise besuchten ukrainische Schüler*innen Regelklassen, in Hessen und Baden–Württemberg kamen sie zuerst in Intensiv– beziehungsweise Vorbereitungsklassen; in Nordrhein–Westfalen konnten Schulen frei zwischen Beschulungsmodellen wählen.Quelle
In einer qualitativen Untersuchung des DJI beschrieben geflüchtete ukrainische Schüler*innen Erfahrungen mit "Brückenklassen": Da darin verschiedene Altersgruppen gemeinsam unterrichtet würden, kämen unterschiedliche Bedarfe der Kinder und Jugendlichen zu kurz. Der teilweise wechselnde Unterricht von Brücken- zu Regelklassen für unterschiedliche Fächer erschwerte es Schüler*innen, soziale Kontakte zu knüpfen.Quelle
Ukrainischer Unterricht für die Geflüchteten?
Die staatlichen Schulen hierzulande bieten selbst keinen Unterricht an, der einem ukrainischen Lehrplan folgt. Das hat die Kultusminister*innenkonferenz im Juni 2022 beschlossen. Kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland im Jahr 2022 nahmen noch viele Kinder und Jugendliche nachmittags am Online-Unterricht aus der Ukraine teil. Zu Beginn des Jahres 2023 gaben rund 27 Prozent der Familien mit Kindern im schulpflichtigen Alter an, dass mindestens ein Kind ukrainischen Online-Unterricht besucht.Quelle
Drittstaatsangehörige aus der Ukraine
Im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine mussten auch viele Drittstaatsangehörige das Land verlassen. In Deutschland befinden sich seit vielen Monaten relativ konstant rund 39.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ohne ukrainische Staatsbürgerschaft (Stand: 14. September 2024).Quelle
Rechtliche Situation geflüchteter Drittstaatler*innen in Deutschland
Einreise: Eine Übergangsregelung ermöglichte Drittstaatler*innen in den ersten Monaten nach Kriegsbeginn, nach Deutschland einzureisen und sich hier aufzuhalten. Seit August 2022 können sie sich grundsätzlich nur noch 90 Tage legal in Deutschland aufhalten. Die Regelung galt bis 2. Juni 2024 für Personen, die bis zum 4. März 2024 einreisten (Stand: 7. Mai 2024). Grundlage hierfür ist die "Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung". Eine Verlängerung dieser Verordnung liegt derzeit dem Bundesrat vor, dort wird sie am 17. Mai beraten.Quelle
Ein Auslaufen dieser Verordnung hätte andernfalls zur Folge, dass Drittstaatler*innen, die vor Kriegsausbruch in der Ukraine wohnten, nach dem 4. März 2024 eine Visums–freie Einreise nach Deutschland verwehrt bliebe. Auch Ukrainer*innen ohne biometrischen Pass könnten dann eigentlich nicht mehr nach Deutschland einreisen.Quelle
Aufenthalt nach 90 Tagen: Nach den 90 Tagen gestalten sich rechtliche Aufenthaltsmöglichkeiten für Drittstaatsangehörige komplizierter als für ukrainische Staatsangehörige, denn: Viele bekommen keinen Schutz unter der Massenzustromrichtlinie.Quelle
Wer erhält Schutz nach der Massenzustrom-Richtlinie?
Kriegsflüchtlinge aus Drittstaaten können nach der Massenzustrom-Richtlinie nur dann wie Ukrainer*innen einen Aufenthaltstitel in Deutschland erhalten, wenn sie:
- vor Kriegsbeginn anerkannte Schutzsuchende in der Ukraine waren.Quelle
- Familienmitglieder von ukrainischen Kriegsflüchtlingen hierzulande sind (Nachweispflicht).Quelle
- einen unbefristeten Aufenthaltstitel als Schutzsuchende in der Ukraine hatten – bei ihnen wird Regelfall davon ausgegangen, dass sie nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können.
- mit befristetem Aufenthaltstitel in der Ukraine waren und aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea kommen. Bei diesen Herkunftsländern wird grundsätzlich angenommen, dass eine Rückkehr unmöglich ist, wie das Bundesinnenministerium in einem Rundschreiben im März 2022 klarstellte.Quelle
Für wen gelten andere Regeln?
Personen, die mit einem befristeten Aufenthaltstitel in der Ukraine waren, müssen sich grundsätzlich um andere Aufenthaltstitel bemühen. Sie können humanitären Schutz beantragen; dafür müssen sie erst ein Asylverfahren durchlaufen, in dem sie individuell darlegen, warum eine Rückkehr in das Land, dessen Staatsbürger*innen sie sind, nicht möglich ist – etwa wegen politischer Verfolgung oder Krieg.
Auch können sie sich grundsätzlich um anderweitige Aufenthaltstitel bemühen: Etwa um ein Arbeits– oder Studierenden–Visum. Für letzteres sind die Hürden jedoch beachtlich – für ein Studium in Deutschland müssen sie Deutschkenntnisse auf C1-Niveau nachweisen sowie Ersparnisse in Höhe von 10.000 Euro für den eigenen Lebensunterhalt.
Sonderregelung in einigen Bundesländern
Viele der geflüchteten Drittstaatler*innen waren vor Kriegsbeginn zum Studium in der Ukraine. Insbesondere für diese Gruppe führten einige Bundesländer im Frühjahr 2022 spezielle Richtlinien ein: Sie erteilten den Personen vorübergehenden sechsmonatigen (Hamburg, Bremen, Berlin) oder zwölfmonatigen Aufenthalt (Niedersachsen, NRW) mithilfe von sogenannten Fiktionsbescheinigungen. In Berlin können geflüchtete Drittstaatsangehörige eine Fiktionsbescheinigung bis Anfang März 2024 erhalten.Quelle
Die meisten Sonderregelungen durch die Bundesländer sind bereits ausgelaufen oder laufen in Kürze aus.Quelle
Wie viele Ausländer*innen lebten vor Kriegsausbruch in der Ukraine?
- Unbefristet in der Ukraine: Rund 293.600 Ausländer*innen sollen 2020 – Zeitpunkt der jüngsten Erhebung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) – in der Ukraine mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus gelebt haben.
- Befristeter Aufenthalt in der Ukraine: Mehr als 150.000 Personen hatten befristete Aufenthaltstitel. Etwa die Hälfte von ihnen waren internationale Studierende – vor allem aus Indien (23,6 Prozent), Marokko (11,5 Prozent), Turkmenistan und Aserbaidschan (jeweils sieben und sechs Prozent) und Nigeria (fünf Prozent).Quelle
- Unter den Drittstatsangehörigen waren laut UNHCR ungefähr 4.900 Flüchtlinge und Asylsuchende (vorläufige Zahlen für 2021; 2020: rund 4.600). Die meisten von ihnen kamen aus Afghanistan und Syrien. Der Migrationsforscher Franck Düvell schätzt allerdings, dass bei Kriegsausbruch deutlich mehr Geflüchtete im Land lebten: Seit den 80er Jahren sollen im Land etwa rund 20.000 afghanische Flüchtlinge Schutz gesucht haben.Quelle
Welche Sozialleistungen bekommen Flüchtlinge aus der Ukraine?
Während sie Sprachkruse besuchen oder nicht in Arbeit sind, haben Flüchtlinge aus der Ukraine in der Regel Anrecht auf Bürgergeld oder Sozialhilfe. Alleinstehende können dann zum Beispiel 563 Euro pro Monat erhalten. Dazu kommen bei einer Wohnung Hilfen für Miete und Heizung sowie Krankenversorgung. Sie erhalten damit einen Betrag, der dem Arbeitsministerium zufolge das Existenzminimum in Deutschland sichert.Quelle
Weniger bekommen lediglich Asylbewerber*innen, über deren Asylanträge noch nicht entschieden wurde. Für sie gilt das Asylbewerberleistungsgesetz; sie bekommen weniger Hilfen (460 Euro pro Monat, mehr Infos) und unterliegen weiteren Einschränkungen. So haben sie etwa noch keinen Anspruch auf Beratung durch das Jobcenter.Quelle
Wie viele Ukrainer*innen beziehen Sozialleistungen?
Im Juni 2024 waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit rund 505.000 Ukrainer*innen als "erwerbsfähig" bei den Jobcentern gemeldet sowie "Bürgergeld-berechtigt". Ein Großteil davon befindet sich aktuell in Jobcenter-Maßnahmen, Integrationskursen oder in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit, zum Beispiel Alleinerziehende mit Kindern ohne Kitaplatz. Zwei Drittel davon sind Frauen.Quelle
Von März bis Juni ist der Anteil der erwerbsfähigen Bürgergeld-Bezieher*innen um knapp fünf Prozent zurückgegangen.Quelle
Nicht jede*r, der oder die Bürgergeld bekommt, kann auch einen Job annehmen. Tatsächlich arbeitslos gemeldet waren laut der Bundesagentur für Arbeit im September 2024 rund 212.000 Ukrainer*innen. Das sind rund 9.000 Personen weniger als im August.Quelle
Mit rund 108.000 Personen wartete etwa die Hälfte derer, die im September 2024 arbeitslos gemeldet waren, auf Anerkennung ihrer Berufsausbildung in Deutschland oder hatte noch keine Berufsausbildung.Quelle
Wer bekommt was beim Bürgergeld?
Seit dem 1. Juni 2022 haben Geflüchtete aus der Ukraine Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – also auf Bürgergeld (vorher Arbeitslosengeld II) oder Sozialhilfe. Dafür müssen sie einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz (§24 AufenthG) oder eine vorläufige Aufenthaltserlaubnis (sogenannte Fiktionsbescheinigung) besitzen und ihren dauerhaften Wohnsitz in Deutschland haben. Ihre Identität muss außerdem geklärt sein.Quelle
Wer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch bezieht, hat Anspruch auf monatliche Geldbeträge, sowie Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehende und Schwangere. Leistungsbeziehende erhalten eine Krankenversicherungskarte und haben Anspruch auf Behandlung bei Krankheit, Schwangerschafts- und Mutterschaftsleistungen, sowie Vorsorgeuntersuchungen. Sie bekommen außerdem Zugang zu den Vermittlungs- und Beratungsangebote der Bundesagentur für Arbeit.Quelle
Anspruch auf Familienleistungen, BAföG für Studierende: Zudem haben die Kriegsflüchtlinge Anspruch auf Kindergeld, vorausgesetzt ihre Kinder haben ihren Wohnsitz in Deutschland. Um Kindergeld beantragen zu können, müssen sie einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz (§24 AufenthG) besitzen. Grundsätzlich können Eltern auch Elterngeld und Unterhaltsvorschuss beziehen, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Studierende, die als Flüchtlinge aus der Ukraine kamen, haben seit dem 1. Juni 2022 Anspruch auf BAföG.Quelle
Seit Januar 2024 kann die Leistungshöhe für Flüchtlinge gekürzt werden, die in Gemeinschaftsunterkünften leben – etwa, wenn Verpflegung und/oder Heizkosten vom Träger gestellt werden.Quelle
Ukrainische Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt
Ein Teil der Ukrainer*innen, die seit Kriegsbeginn nach Deutschland gekommen sind, hat Arbeit gefunden: Im Juli 2024 hatten rund 265.800 Ukrainer*innen eine Beschäftigung. Rund 213.200 von ihnen waren sozialversicherungspflichtig beschäftigt, weitere 52.600 übte eine geringfügige Beschäftigung aus. Die Beschäftigungsquote lag im Juli 2024 bei 29,4 Prozent.Quelle
Anteil der Berufstätigen steigt: Die größte bundesweite Befragung unter erwachsenen Flüchtlingen bis 65 Jahre ergab, dass immer mehr von ihnen in Deutschland Arbeit finden: In der neuesten Studie 2024 waren es 30 Prozent. Seit der ersten Befragung (August bis Oktober 2022) hat sich der Anteil der Befragten in Arbeit von 16 Prozent demnach nahezu verdoppelt. Auch seit der vorherigen Befragung im Sommer 2023 ist der Anteil um sieben Prozentpunkte gestiegen.Quelle
Männer häufiger berufstätig als Frauen: Dem Bericht des BiB zufolge waren Frauen seltener erwerbstätig als Männer (zuletzt 29 gegenüber 35 Prozent). Für beide Gruppen gab es aber seit der Vorbefragung im Sommer 2023 einen Anstieg: Damals waren 21 Prozent Frauen und 29 Prozent Männer in Arbeit. Während bei Frauen, die Kinder unter sechs Jahren betreuten, der Anteil der Berufstätigen bei 22 Prozent lag, ergab sich bei Männern hier kein Unterschied.Quelle
Welche Qualifikation bringen sie mit?
Die Befragung ergab für Geflüchtete aus der Ukraine mit einem höheren Bildungsabschluss: Die Wahrscheinlichkeit, angestellt zu sein, lag um sieben Prozentpunkte höher lag als bei geringer qualifizierten Kriegsflüchtlingen. Geflüchtete aus der Ukraine haben im Durchschnitt ein sehr hohes Bildungsniveau – sowohl im Vergleich zu anderen Geflüchteten, als auch im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in Deutschland. Fast drei Viertel von ihnen (72 Prozent) gelten als "hochqualifiziert", besitzen also einen Hochschul- oder Fachhochschul-Abschluss. Auch im Verhältnis zur ukrainischen Bevölkerung sind Geflüchtete, die nach Deutschland gekommen sind, besonders gut qualifiziert.Quelle
In der Ukraine haben vergleichsweise viele Frauen in akademischen, technischen oder medizinischen Berufen gearbeitet – also in Bereichen, in denen in Deutschland große Personalengpässe herrschen. Das dürfte die Jobsuche erleichtern. Zahlen aus Beratungsstellen zeigen, dass viele Ukrainer*innen als Lehr- oder Pflegekräfte arbeiten möchten.Quelle
Regelmäßige Arbeitsmarkt–Befragungen ukrainischer Kriegsflüchtlinge: Seit Herbst 2022 werden geflohene Ukrainer*innen von mehreren Forschungsinstituten alle paar Monate im Bezug auf Arbeitsmarkt–Integration befragt, zuletzt im Frühjahr 2024 (LINK). Diese und die vorausgehende Befragung (LINK) führte das BiB mit dem Familiendemographischen Panel (FReDA) durch. An den ersten beiden Befragungsrunden im Herbst 2022 (LINK) und im Frühjahr 2023 (LINK) waren außerdem das IAB, das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) sowie das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) beteiligt.
In welchen Berufen arbeiten die Flüchtlinge aus der Ukraine?
Der Arbeitsagentur zufolge haben zum Sommer 2024 mehr als die Hälfte der berufstätigen Flüchtlinge aus der Ukraine eine Tätigkeit im "Helferbereich" aufgenommen, etwa im Dienstleistungsbereich, der Zeitarbeit, im Gast– oder Baugewerbe.Quelle
Den wissenschaftlichen Befragungen zufolge gingen knapp 45 Prozent der berufstätigen Flüchtlinge aus der Ukraine zuletzt Tätigkeiten nach, die dem Anforderungsniveau ihrer Anstellungen vor Kriegsbeginn in der Ukraine entsprachen (Stand: Dezember 2023).Quelle
Ende 2022 gab etwa ein Fünftel der Geflüchteten (21 Prozent) an, in Berufen mit eher niedrigem Qualifikationsniveau zu arbeiten, beispielsweise in der Reinigung oder Gastronomie. Weitere 23 Prozent waren zuletzt in Jobs tätig, die hohe Qualifikationen erfordern: Etwa in der Lehre und Forschung an Hochschulen, in der Softwareentwicklung und -programmierung oder im Rechnungswesen und Controlling.Quelle
Bis sie ausreichende Deutschkenntnisse haben, könnten sich einige von ihnen für Jobs entscheiden, in denen weniger Deutschkenntnisse nötig sind, wie etwa Reinigungsberufe oder Zeitarbeit – und dann in diesen niedrig qualifizierten Bereichen "festhängen". Fachleute empfehlen deshalb bessere Sprach- und Integrationsangebote.Quelle
In der ersten Hälfte des Jahres 2022, als die meisten Flüchtlinge nach Deutschland kamen, hatten noch die wenigsten von ihnen Deutschkenntnisse – einer Befragung zufolge schätzten 80 Prozent ihre Deutschkenntnisse als schlecht ein. Das änderte sich in den darauffolgenden Monaten: Bei einer erneuten Befragung im Sommer 2023 gab schon die Hälfte von ihnen an, inzwischen mäßige bis gute Deutschkenntnisse zu haben.Quelle
Wie viele Ukrainer*innen sind arbeitslos?
Tatsächlich arbeitslos gemeldet waren laut der Bundesagentur für Arbeit im September 2024 rund 212.000 Ukrainer*innen. Das sind rund 9.000 Personen weniger als im August.Quelle
Mit rund 108.000 Personen wartete etwa die Hälfte derer, die im September 2024 arbeitslos gemeldet waren, auf Anerkennung ihrer Berufsausbildung in Deutschland oder hatte noch keine Berufsausbildung.Quelle
Insgesamt waren im September 2024 zwar rund 531.000 Ukrainer*innen bei der Arbeitsagentur als erwerbsfähig gemeldet. Etwa zwei Drittel von ihnen (326.000) hatten keinen Job – standen aber auch aktuell nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung – etwa, weil sie als alleinerziehendes Elternteil ein Kind betreuen oder Integrationskurse besuchen, um Deutsch zu lernen.Quelle
Zwischen Oktober 2023 und August 2024 waren rund 50.000 weniger Ukrainer*innen arbeitslos gemeldet als im Vorjahreszeitraum – sie haben entweder Arbeit gefunden, sich selbstständig gemacht oder eine Ausbildung begonnen.Quelle
Wie viele Ukrainer*innen besuchen Integrationskurse?
Die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine werden entweder demnächst Sprachkurse absolvieren oder haben diese bereits durchlaufen, wie Daten der Bundesagentur für Arbeit sowie aus die jüngste Befragungsstudie des BiB belegen.
Im September 2024 waren laut Arbeitsagentur rund 100.000 Ukrainer*innen in Integrationskursen eingeschrieben – und standen dem Arbeitsmarkt damit nicht zur Verfügung. Inzwischen haben rund 270.000 Ukrainer*innen einen Kurs absolviert, etwa 90 Prozent von ihnen mit Deutschkenntnissen auf B1- oder A2-Niveau (Stand: September 2024).Quelle
Laut einer Schätzung der Bundesarbeitsagentur werden mehr als 70 Prozent der aktuell 100.000 Teilnehmenden die Kurse innerhalb des kommenden halben Jahres abschließen.Quelle
Der vierten Befragungsstudie des BiB zufolge hatten zum Mai 2024 bereits knapp 70 Prozent der Flüchtlinge einen Sprach– und Integrationskurse abgeschlossen, 55 Prozent von ihnen mit B1-Niveau.Quelle
Abgesehen von Sprachkenntnissen sind weitere Herausforderungen für den Arbeitsmarktzugang langwierige Anerkennungsverfahren von Qualifikationen, wie Expert*innen regelmäßig betonen. Auch können viele der oft alleinerziehenden Mütter hierzulande noch nicht arbeiten, da sie kleine Kinder betreuen.Quelle
Arbeitsbereitschaft
Die Bereitschaft, in Deutschland zu arbeiten, ist unter Kriegsflüchtlingen hoch: Im Rahmen einer Befragung im Frühjahr 2023 gaben 93 Prozent der nichterwerbstätigen Geflüchteten an, einer Arbeit in Deutschland nachgehen zu wollen. In einer Online-Erhebung des Ifo-Instituts unter ukrainischen Geflüchteten gaben drei von vier Befragten an, dass sie entweder schon einen Job gefunden haben oder sich für eine Arbeit interessieren – auch unter dem eigenen Qualifikationsniveau. Nur zehn Prozent der Teilnehmenden äußerten, dass sie kein Interesse oder keine Möglichkeit haben, eine Beschäftigung aufzunehmen. Weitere 16 Prozent gaben an, dass sie zwar gerne arbeiten würden, aber ihre Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt als gering einschätzen.Quelle
Jobturbo für ukrainische Geflüchtete
Mit dem sogenannten Jobturbo verkündete das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Herbst 2023 ein Maßnahmenpaket, um Geflüchtete aus der Ukraine und anderen Ländern schneller in Arbeit zu bringen. Im Rahmen des Jobturbo wurde unter anderem mehr Personal für Sprachkurse für ukrainischen Geflüchtete angestellt. Außerdem soll es mehr Jobbörsen und Informationsangebote geben. Für das Programm wurden rund 300.000 ukrainische Haushalte angeschrieben.Quelle
Internationaler Vergleich: Arbeitsmarktintegration ukrainischer Flüchtlinge
Das Institut für Arbeitsmarkt– und Berufsforschung (IAB) untersuchte in einer Studie 2024 Arbeitsmarkintegration von Flüchtlingen aus der Ukraine im europäischen Vergleich. Die Beschäftigungsquote der Kriegsflüchtlinge in Deutschland lag im gesamten untersuchten Zeitraum im Mittelfeld.
Wie schnell und nachhaltig Arbeitsmarktintegration der Kriegsflüchtlinge gelingt, hänge mit Faktoren wie etwa offenen Stellen, Betreuungsangeboten sowie politischen Integrationsstrategien zusammen. Die seien europaweit sehr unterschiedlich, so die Studie.Quelle
Große Unterschiede bei Beschäftigungsquoten
Die Beschäftigungsquoten unterscheiden sich europaweit erheblich.
Die Arbeitsmarktintegration der Flüchtlinge entwickelt sich sehr unterschiedlich: Über eineinhalb Jahre stieg die Beschäftigungsquoten ukrainischer Kriegsflüchtlinge in den meisten der 26 untersuchten Ländern mehr oder weniger an. Nach einem zunächst starken Anstieg gingen die Beschäftigungsquoten in Frankreich allerdings im vierten Quartal 2023 wieder leicht zurück, in Österreich bereits ab dem dritten Quartal. In Irland stiegen die Beschäftigungsquoten zunächst kontinuierlich. Anfang 2024 gingen sie jedoch zurück: Im ersten Quartal 2024 waren weniger ukrainische Kriegsflüchtlinge in Arbeit als noch Ende 2022.Quelle
Erklärungsansätze für Unterschiede in der Arbeitsmarktintegration
Arbeitsmärkte und Sozialsysteme unterscheiden sich in den Ländern stark – das kann die Arbeitsmarktintegration für die Neuankömmlinge erschweren oder erleichtern:
Arbeitsmarkt: Dort, wo eine große Nachfrage nach Beschäftigten im Niedriglohnsektor herrscht (etwa in den Niederlanden oder Litauen), haben mehr ukrainische Kriegsflüchtlinge Arbeit. Als mögliche Gründe hierfür nennen die Autor*innen die vergleichsweise geringen sprachlichen und rechtlichen Hürden. Geringer ist die Arbeitsmarkintegration der Ukrainer*innen in Ländern, in denen es starke Kündigungsschutz–Regelungen gibt (etwa in Norwegen) oder die Arbeitslosigkeit vergleichsweise hoch ist.Quelle
Sozialstaat: Ob höhere Sozialleistungen zu geringeren Beschäftigungsquoten unter Ukrainer*innen führen, dafür fand die Studie nur eine schwache Tendenz, aber keine eindeutigen Belege. Den Autor*innen zufolge können geringere Sozialleistungen unerwünschte Langzeitfolgen haben: Personen würden tendenziell schnell eine Tätigkeit aufnehmen und eher einen Beruf unterhalb ihres Qualifikationslevels ausüben. Sehr geringe Sozialleistungen könnten auch höhere Kriminalitätsraten und schlechtere Bildungschances für die Kinder der Betroffenen zur Folge haben.Quelle
Weitere Faktoren: Gute Betreuungsmöglichkeiten für Kinder sowie Gesundheitsversorgung wirken sich tendenziell positiv auf die Arbeitsmarktintegration der Kriegsflüchtlinge aus.Quelle
Verschiedene Integrations–Ansätze: "Work first" oder Spracherwerb vor Arbeit
Wie schnell Neuankömmlinge Arbeit finden und auf welchem Qualifikationsniveau sie arbeiten hängt von den Integrationsansätzen der Länder ab:
- In Polen und Dänemark etwa gilt das "work first"-Prinzip: Neu Zugewanderte sollen schnell ein Arbeitsverhältnis finden, Spracherwerb und andere Integrationsmaßnahmen sind nachhrangig.
- In Deutschland hingegen besuchen Personen erst Sprach– und Integrationskurs, parallel läuft die Anrerkennung ihrer beruflichen Qualifikationen. Sie stehen dem Arbeitsmarkt zwar später zur Verfügung, haben dann aber mehr Sprachkenntnisse und können eher entsprechend ihres Qualifikationslevels Arbeit finden. Dies wirkt sich positiv auf die Zufriedenheit und den Verdienst der Migrant*innen; auch ihr Beitrag zum Sozialsystem steigt.Quelle
Studierende aus der Ukraine
Im Wintersemester 2022/2023 studierten 7.376 Ukrainer*innen an deutschen Hochschulen, wie eine Auswertungdes Statistischen Bundesamtes ergab. Fast 1.800 von ihnen waren im ersten Semester eingeschrieben. Die Zahl der ukrainischen Studienanfänger*innen hat damit zugenommen: Im Wintersemester 2020/2021 und 2021/22 waren es je rund 1.200 Personen im ersten Semester. Wie viele von ihnen Kriegsflüchtlinge sind, ist nicht bekannt.Quelle
Vorbereitungskurse
Einige Universitäten, Hochschulen und Fachhochschulen hatten 2022 Kurse eingerichtet, die sich speziell an Geflüchtete richten und sie auf ein Studium in Deutschland vorbereiten sollten – die "Integra-Kurse". Im Sommersemester 2022 haben 2.418 ukrainische Studierende einen Integra-Kurs besucht. Auch waren im Sommersemester 2022 678 Drittstaatler*innen, die zuvor in der Ukraine studiert hatten, in Integra-Kursen deutscher Hochschulen eingeschrieben. Deutschlandweit gibt es derzeit etwa 160 Integra-Kursangebote.Quelle
Anfeindungen und Angriffe im Zusammenhang mit dem Krieg
Das Bundeskriminalamt hat deutschlandweit seit Ausweitung des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 rund 8.500 "strafrechtlich relevante Ereignisse" im Zusammenhang mit dem Krieg registriert (Stand 29. Januar 2024). Darunter sind rund 350 Gewaltdelikte. Während es zunächst rund 200 Straftaten pro Woche gab, ging die Zahl der Straftaten ab Ende Mai 2022 deutlich zurück. Bei den Straftaten handelt es sich etwa um Sachbeschädigungen, Beleidigungen und Bedrohungen sowie Körperverletzungen. Betroffen waren Personen ukrainischer, russischer oder belarusischer Herkunft.Quelle
Desinformation und Propaganda
Expert*innen warnen im Zusammenhang mit vermeintlichen Angriffen auf russische Menschen und Einrichtungen vor Desinformationen und Propaganda. Besonders in den sozialen Medien lasse sich beobachten, dass Accounts, die ansonsten russische Propaganda teilen, gezielt Falschmeldungen zu Angriffen kreieren und verbreiten.
Einer Untersuchung der Amadeu Antonio Stiftung zufolge wurden derartige Falschmeldungen auch immer wieder gezielt von Verschwörungsideolog*innen oder Personen aus der „Querdenken-Szene“ verbreitet. Fachleute meinen, dass auch die russische Regierung mit Propagandakampagnen versuchten, innerhalb Deutschlands Unruhe zu stiften und die Erfassung des Ausmaßes des tatsächlichen Problems zu erschweren.Quelle
Konflikte in den Communities?
In den Monaten nach dem Krieg standen häufig Konflikte in Communities in Deutschland im Fokus. Laut Fachleuten verlaufen die nicht entlang von ethnischen oder sprachlichen Linien. Wer Russisch als Muttersprache hat, ist nicht automatisch loyal zu Russland und entsprechendes gilt für die Menschen aus der Ukraine.
Mehr zu den Expert*innen-Statements >> hier und >>>hier
Einstellungen russischstämmiger Communities
Politische Einstellungen der russischstämmigen Bevölkerung in Deutschland sind heterogen; zu ihrer Haltung zum Ukraine–Krieg liegen derzeit keine empirischen Erhebungen vor. Einer qualitativen Studie des Zentrum für Osteuropa und internationale Studien (ZOiS) zufolge betätigen sich sowohl neuzugewanderte Migrant*innen aus Russland als auch solche, die schon länger hier leben, gegen den Krieg: Zivilgesellschaftliche Organisationen hätten sich neu gegründet oder bestehende Initiativen neu ausgerichtet, um sich gegen den Krieg in der Ukraine und für die Unterstützung des Landes auszusprechen.Quelle
Laut einer Umfrage des DeZIM-Instituts kurz nach Kriegsbeginn sahen Eingewanderte aus Russland und ihre Nachkommen den Krieg ähnlich kritisch wie der Rest der Bevölkerung: Mehr als 80 Prozent befanden die russische Regierung als verantwortlich für den Krieg (Online-Umfrage mit rund 2.600 Befragten, davon 370 mit postsowjetischem Migrationshintergrund). Die Annahme, diese Gruppe würde Putin unterstützen, sei nicht haltbar, so die Studie. Aber es gibt auch Unterschiede: Unter den Eingewanderten ist die Zustimmung zu Sanktionen gegen Russland etwas geringer und etwas mehr halten die NATO für verantwortlich als im Rest der Bevölkerung.Quelle
Einstellungen und ehrenamtliches Engagement
Mehrere Umfragen untersuchten in den letzten zwei Jahren, inwieweit die Bevölkerung in Deutschland der Aufnahme Geflüchteter aus der Ukraine zustimmt und wie es um das Engagement für ukrainische Geflüchtete steht.
Einstellungen zu Geflüchteten aus der Ukraine
Laut der aktuellen "Mitte-Studie" der Friedrich-Ebert-Stiftung 2022/2023 sind 62 Prozent der Befragten mehrheitlich dafür, ukrainische Kriegsflüchtlinge aufzunehmen. Knapp 17 Prozent der Befragten sind gegen die Aufnahme, 22 Prozent stimmen ihr teilweise zu. Für andere Herkunftsregionen waren Zustimmungswerte niedriger: Knapp 40 Prozent stimmen der Aufnahme syrischer Geflüchtete zu, bei Geflüchteten aus afrikanischen Staaten sind es 35 Prozent.Quelle
Aus Erhebungen des "eupinions"-Projekts der Bertelsmann Stiftung geht hervor, dass 70 Prozent der Befragten in Deutschland die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine befürworten (Stand: September 2023). Zu Beginn des Krieges sprachen sich mit 86 Prozent noch mehr Personen für die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine aus (Stand: März 2022). EU-weit ist die Zustimmung im gleichen Zeitraum von 86 Prozent auf 75 Prozent gesunken.Quelle
Im Rahmen einer Befragung aus dem Herbst 2022 stimmten 49 Prozent der Aussage zu, Ukrainer*innen können gut integriert werden.Quelle
Engagement für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine
Einer Umfrage des DeZIM-Instituts von Anfang 2023 zufolge, konnten 46 Prozent der Befragten sich vorstellen, sich ehrenamtlich für Geflüchtete aus der Ukraine zu engagieren. Außerdem waren 16 Prozent der Befragten dazu bereit, Kriegsflüchtlinge zuhause aufzunehmen. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) sagte, sie würde Geld spenden. Damit ist die Unterstützungsbereitschaft seit Kriegsbeginn leicht gesunken: Bei einer vorherigen Erhebung von März 2022 sagten noch 56 Prozent, sie wollen sich engagieren, 27 Prozent wollten Geflüchtete privat aufnehmen und 67 Prozent Geld spenden.Quelle
Laut eines gemeinsamen Berichts des DeZIM und der Plattform "Unterkunft Ukraine" haben sich nach Kriegsbeginn bis September 2022 über 150.000 Personen auf der digitalen Plattform registriert, 49.000 Personen konnte darüber eine Unterkunft vermittelt werden. In einer gemeinsamen Befragung von 3.000 unterbringenden Personen gaben 82 Prozent an, positive Erfahrungen bei der privaten Aufnahme gemacht zu haben. 80 Prozent konnten sich vorstellen, erneut Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen.Quelle
Medienangebote für ukrainische Geflüchtete
Sehr schnell nach Kriegsbeginn sind zahlreiche Medienangebote für Geflüchtete aus der Ukraine entstanden:
⇒ Die Deutsche Welle schreibt sowohl auf Ukrainisch als auch auf Russisch und veröffentlicht täglich Nachrichten in beiden Sprachen auf YouTube.
⇒ Der WDR veröffentlicht Informationen für Ukrainische Geflüchtete rund um das Leben in Deutschland auf Ukrainisch und Deutsch. Die Informationen stehen auch auf Facebook zur Verfügung.
⇒ Der Mitteldeutsche Rundfunk veröffentlicht Informationen und Hilfsangebote auf Ukrainisch für Geflüchtete in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
⇒ Funk, das Jugendportal von ARD und ZDF, betreibt den Instagram-Account how.to.deutschland und vermittelt dort Informationen über den Alltag in Deutschland.
⇒ Die ARD-Mediathek bietet Zugang zur Sendung mit der Maus und vielen weiteren Kinderprogrammen auf Ukrainisch.
Vor dem Krieg: Ukrainer*innen in Deutschland
Vor dem Ukraine-Krieg lebten rund 331.000 Menschen mit einem ukrainischen Migrationshintergrund in Deutschland. Sie machten rund 10 Prozent der postsowjetischen Migrant*innen und deren Nachkommen aus. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen hatte die deutsche Staatsangehörigkeit (196.000), etwas weniger die ukrainische (135.000), so die Zahlen der Bevölkerungsfortschreibung für 2020.Quelle
Bereits nachdem russische Einheiten 2014 die Krim besetzten und Krieg im Osten der Ukraine führten, haben viele Ukrainer*innen ihr Land verlassen. Die Zahl der Ukrainer*innen, die nach Deutschland eingewandert sind, nahm zu:
Tatsächlich könnten vor Februar 2022 bis zu 250.000 ukrainische Staatsbürger*innen in Deutschland gewesen sein, schätzte Migrationsforscher Franck Düvell, denn: Viele Menschen pendelten visumsfrei zwischen den beiden Ländern.
Wo lebten die meisten Ukrainer*innen vor Februar 2022?
Die meisten Ukrainer*innen lebten vor dem Krieg in Berlin (13.000) und München (7.300). Zudem lebten viele in Städten und Ballungsräume im Westen und Süden. Verglichen mit anderen ausländischen Bevölkerungsgruppen wohnten Ukrainer*innen stärker über das Bundesgebiet verteilt. In Ostdeutschland war ihr Anteil höher, vor allem weil dort verhältnismäßig wenige andere Ausländer*innen leben, wie IAB-Forscher*innen gezeigt haben. Die Verteilung lag unter anderem daran, dass jüdische Kontingentflüchtlinge aus der Ukraine in den 1990er Jahren über das Bundesgebiet verteilt wurden.Quelle
Viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zogen zunächst zu Familie und Bekannten. Vielerorts, beispielsweise in Berlin und in Bayern, wurden im Laufe des Jahres 2022 strengere Regeln eingeführt. Flüchtlinge aus der Ukraine durften sich dann beispielsweise nur niederlassen, wo sie enge Familienmitglieder nachweisen konnten.
Aufenthaltstitel der Ukrainer*innen
Die meisten ukrainischen Staatsangehörigen, die vor dem Krieg in Deutschland lebten, hatten unbefristete Aufenthaltstitel. Von den Personen, die einen befristeten Aufenthaltsstatus hatten, kamen die Hälfte über den Familiennachzug (47 Prozent), als Flüchtlinge (22 Prozent) oder zu Erwerbszwecken (13 Prozent) nach Deutschland.Quelle
Einen Asylantrag hatten vor Februar 2022 nur wenige Ukrainer*innen gestellt – und von ihnen haben nur wenige Asyl erhalten. Ende 2021 lag die Schutzquote für ukrainische Geflüchtete bei rund vier Prozent.Quelle
Mehr Zahlen und Fakten zu post-sowjetischen Communities in Deutschland in unserem Dossier sowie im Infopapier "Post-Sowjetische Migration in Deutschland" (Juni 2021).
Exkurs: Rechtliche Situation in Polen, Tschechien, Ungarn
Das Mercator Forum Migration und Demokratie (MIDEM) hat in drei Policy Briefs staatliche Maßnahmen und gesellschaftliche Reaktionen in Polen, Ungarn und Tschechien zur Flucht aus der Ukraine zusammen gefasst.
Rechtliche Situation für ukrainische Flüchtlinge in Polen
Polen hat bislang die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Am 12. März ist dort ein Gesetzespaket in Kraft getreten, um unbürokratisch die rechtliche Situation der Geflüchteten zu regeln. Es gilt nur für ukrainische Staatsbürger*innen sowie deren Ehegatt*innen und Kinder. Dem Vizeminister Maciej Wąsik zufolge müssen Drittstaatsangehörige bestehende Kanäle nutzen, um eine Aufenthaltserlaubnis in Polen zu erlangen.
Unter anderem sieht das Sonder-Gesetzespaket vor:
- Aufenthaltserlaubnis: Bei legaler Einreise (frühestens 24. Februar 2022) nach Polen, bekommen ukrainische Staatsbürger*innen sowie deren Ehegatten und enge Familienmitglieder eine 18-monatige Aufenthaltserlaubnis. Diese können sie nach Ablauf verlängern. Bei Ausreise von über einem Monat aus Polen verlieren sie den Status. Ukrainer*innen, die sich bereits zuvor in Polen aufhielten und nicht bereits eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis haben, bekommen ihr Visum ebenfalls automatisch ab dem 24. Februar für 18 Monate verlängert.
- Arbeitsmarkt und Sozialsystem: Für ukrainische Flüchtlinge wurde im nationalen Registersystem (PESEL) eine neue Kategorie eingeführt. Die Nummer können Ukrainer*innen über kommunale Bürgerämter beantragen. Damit können sie z.B. ein Bankkonto eröffnen, sich beim Arzt oder Finanzamt registrieren und arbeiten. Nach Registrierung bekommen die Flüchtlinge einmalig 300 PLN (rund 60 Euro). Nach Erhalt der PESEL-Nummer können ukrainische Flüchtlinge auch Arbeitslosengeld beantragen und andere Sozialleistungen beziehen (z.B. Familiengeld und Kita-Zuschüsse). Arbeitgeber können ukrainische Angestellte unbürokratisch anmelden, wobei das Innenministerium Obergrenzen einführen kann, die sich u.a. nach dem lokalen Arbeitsmarkt richten.
- Finanzielle Unterstützung für Haushalte, die Flüchtlinge aufnehmen: Menschen in Polen, die Geflüchtete aus der Ukraine bei sich zu Hause aufnehmen, bekommen dafür bis zu zwei Monate lang umgerechnet 1.200 PLN monatlich (etwa 250 Euro).
- Finanzierung: Die polnische Staatsbank richtet einen Sonderfonds ein, um Kommunen bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu unterstützen. Bezirke (Wojwodschaften), die den Großteil der Maßnahmen koordinieren (beispielsweise die Erstaufnahmepunkte), können unbürokratisch Aufträge an zivilgesellschaftliche Organisationen vergeben.
- Gesundheitssystem: Das Sonder-Gesetzespaket sieht für ukrainische Flüchtlinge einen regulären Zugang zum polnischen Gesundheitssystem vor und ermöglicht ihnen auch staatlich finanzierte psychologische Unterstützung.
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