Rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien sind ein wichtiger Faktor dafür, welchen Stellenwert Migration und Integration im Wahlkampf einnehmen. Sie profilieren sich vor allem über ihre ablehnende Haltung gegenüber Zuwanderung. Es ist zu erwarten, dass sie auch die Europawahl nutzen werden, um weiter gegen Migration zu mobilisieren.
Wenn rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien gute Wahlergebnisse erzielen oder sich sogar an der Regierung beteiligen, kommt es oft zu einer Sogwirkung: Die großen Parteien sowohl rechts als auch links der Mitte befürchten, Wählerinnen und Wähler an die Rechtspopulisten zu verlieren. Sie übernehmen Themen und Positionen der Rechtspopulisten und widmen sich verstärkt dem Thema Migration. Dabei vernachlässigen sie andere Themen oder stellen sie zunehmend in Zusammenhang mit Migration.
Dr. Malisa Zobel ist Leiterin der Kommunalen Integrations- und Entwicklungsinitiative an der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform in Berlin und forscht an der Europa-Universität Viadrina zu den Themen Migration, Integration und Parteipolitik. In ihrer Doktorarbeit untersuchte sie den Einfluss rechtspopulistischer und rechtsradikaler Parteien auf Parteienwettbewerb und Gesetzgebung im Bereich Migration. Foto: Heide Fest
Dänemark: Migration ist das wichtigste Wahlkampfthema
Am Beispiel Dänemarks lässt sich diese Dynamik gut verdeutlichen. Dort ist Migration seit Jahren für alle Parteien das wichtigste Wahlkampfthema. Debatten um den Sozialstaat drehen sich vor allem darum, dass Migrantinnen und Migranten vermeintlich den Wohlfahrtsstaat gefährden oder betrügen könnten.
Diese Entwicklung ist untrennbar mit dem Aufstieg der Dänischen Volkspartei verbunden. Seit 2001 dient sie mit kurzer Unterbrechung als Mehrheitsbeschafferin der Minderheitsregierung. Seit 2015 ist sie zweitstärkste Kraft im Parlament. Die Erfolge der Partei haben dazu geführt, dass das gesamte Parteienspektrum stark nach rechts gerückt ist. Dänemark hat sowohl seine Migrations- und Flüchtlingspolitik als auch seine Integrationspolitik verschärft. Die Regierung schränkte den Familiennachzug von Migrantinnen und Migranten ein und führte Grenzkontrollen ein, um Geflüchtete auf dem Weg nach Dänemark zu stoppen. Sie kürzte die Sozialleistungen für Geflüchtete und führte ein härteres Strafrecht in Gegenden ein, in denen mehrheitlich Migrantinnen und Migranten wohnen. Gegen die Gesetzesvorhaben gab es aus der Opposition kaum Gegenwind.
Wie viel Aufmerksamkeit der Flüchtlings- und Asylpolitik im Wahlkampf geschenkt wird, hängt nicht unmittelbar mit der Zahl der Flüchtlinge zusammen, die tatsächlich ankommen. Vielmehr mobilisieren Rechtspopulisten gegen Geflüchtete, die möglicherweise einwandern könnten. So wurde zum Beispiel in Polen 2015 vor den Parlamentswahlen sehr viel über Flüchtlinge und die von der EU vorgeschlagene Aufnahmequote für europäische Länder diskutiert. Die rechtspopulistische Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit) schürte Ängste vor Geflüchteten, vor allem aus muslimisch geprägten Ländern. In Polen leben aber kaum Flüchtlinge aus Syrien. Dennoch konnte die PiS viele Wählerinnen und Wähler mobilisieren und stellt seit 2015 die Regierung.
Seit auch in Italien und Österreich rechtspopulistische und rechtsradikale Parteien an der Regierung beteiligt sind, hat sich der Diskurs auf europäischer Ebene verschoben. Auch viele migrationspolitische Entscheidungen wurden durch die Blockadehaltung einiger Länder verhindert. Inwzischen hat die EU wichtige Reformen auf Eis gelegt: etwa eine Reform der Dublin-Richtlinien oder eine Verteilungsquote für Flüchtlinge.
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