Staatsangehörigkeit und Einbürgerung
Viele Rechte sind in Deutschland an den deutschen Pass gebunden. Bei der Bundestagswahl etwa sind nur deutsche Staatsbürger*innen wahlberechtigt, Ausländer*innen sind von der Abstimmung ausgeschlossen. Welche Wege gibt es, den deutschen Pass zu erhalten? Wer hat Anspruch auf eine Einbürgerung? Und wie viele Menschen leben in Deutschland, die zwei Pässe haben?
Wie bekommt man die deutsche Staatsbürgerschaft?
Es gibt drei Wege, deutsche*r Staatsbürger*in zu werden: per Abstammung, per Geburt in Deutschland oder durch eine Einbürgerung.
Abstammung
Per Abstammung bedeutet: Wer mindestens einen deutschen Elternteil hat, erhält mit der Geburt automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Wird das Kind im Ausland geboren oder ist bei der Geburt nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und nicht mit der Mutter verheiratet, müssen bestimmte Nachweise erbracht werden.Quelle
Geburt in Deutschland
Per Geburt in Deutschland bedeutet: Kinder, die zwei ausländische Eltern haben und in Deutschland geboren sind, können neben dem Pass ihrer Eltern auch den deutschen Pass erhalten – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass mindestens ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und zum Zeitpunkt der Geburt ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat.Quelle
Für einige dieser Kinder gilt die sogenannte Optionspflicht. Das heißt: Zwischen ihrem 18. und 22. Geburtstag müssen sie sich entscheiden, welchen der beiden Pässe sie dauerhaft behalten wollen. Von der "Optionspflicht" ist jedoch ausgenommen, wer bis zu seinem 22. Geburtstag acht Jahre in Deutschland gelebt hat, sechs Jahre in Deutschland zur Schule gegangen ist oder einen Schul- oder Berufsabschluss in Deutschland erworben hat. Ebenso ausgenommen sind Personen, die neben der deutschen die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Staates oder der Schweiz besitzen.Quelle
Einbürgerung
Wer nicht per Abstammung oder per Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, kann sich einbürgern lassen. Antragsteller*innen müssen dafür allerdings verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Einen Anspruch auf Einbürgerung hat, wer:
- seit acht Jahren dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland lebt,
- sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes bekennt,
- zum Zeitpunkt der Einbürgerung ein unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht hat,
- seinen Lebensunterhalt eigenständig sichern kann,
- über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt,
- nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist und
- den "Einbürgerungstest" bestanden hat (hier gibt es Ausnahmeregelungen),
- seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt (auch hier gibt es Ausnahmeregelungen).
Für Antragsteller*innen, die nicht alle Voraussetzungen erfüllen, gibt es die Möglichkeit einer "Ermessenseinbürgerung". In diesen Fällen muss die Einbürgerungsbehörde entscheiden, ob ein "öffentliches Interesse" an der Einbürgerung besteht und einige Mindestanforderungen erfüllt sind.Quelle
Die Einbürgerung kostet 255 Euro für Erwachsene und 51 Euro für minderjährige Kinder, die zusammen mit ihren Eltern eingebürgert werden.Quelle
Das Staatsbürgerschaftsrecht in Deutschland war lange Zeit sehr restriktiv geregelt. Bis 2000 galt ausschließlich das Abstammungsprinzip: Demnach war nur Deutsche*r, wer auch deutsche Eltern hatte. Mit einer Gesetzesreform im Jahr 2000 wurde auch das "Geburtsortsprinzip" eingeführt. Seitdem können auch Kinder, die keine deutschen Eltern haben, aber hier geboren sind, die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.Quelle
Wie viele Menschen wurden in Deutschland eingebürgert?
Rund 168.500 Menschen wurden im Jahr 2022 in Deutschland eingebürgert. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Einbürgerungen damit um rund 28 Prozent (36.900 Personen). Den größten Anteil an Einbürgerungen machten syrische Staatsangehörige aus (rund 48.300 Menschen). Von ihnen konnten rund 13.900 Personen schon nach sechs Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit "aufgrund besonderer Integrationsleistungen" erwerben. Ein weiterer Grund für den Anstieg der Einbürgerungszahlen waren ukrainische Staatsangehörige: 2021 gab es rund 1.900 Einbürgerungen von Ukrainer*innen, 2022 waren es rund 5.600.Quelle
Die häufigsten Herkunftsländer der Eingebürgerten im Jahr 2022 waren:
- Syrien: Rund 48.300 Einbürgerungen (Plus 153 Prozent im Vergleich zum Vorjahr)
- Türkei: Rund 14.200 Einbürgerungen (Plus 16 Prozent)
- Irak: Rund 6.800 Einbürgerungen (Plus 54 Prozent)
- Ukraine: Rund 5.600 Einbürgerungen (Plus 191 Prozent)
2021
Einbürgerungen insgesamt: ca. 131.600. Davon:
- Syrien: Rund 19.100 Einbürgerungen
- Türkei: Rund 12.200 Einbürgerungen
- Rumänien: Rund 6.900 Einbürgerungen
Schon 2021 war die Zahl der Syrer*innen, die sich einbürgern ließen, deutlich gestiegen. Viele der syrischen Schutzsuchenden, die zwischen 2014 und 2016 nach Deutschland kamen, erfüllen mittlerweile die Voraussetzungen für eine Einbürgerung.Quelle
Zwischen 2000 und 2020 wurden insgesamt mehr als 2,7 Millionen Menschen in Deutschland eingebürgert. Mehr als 700.000 von ihnen waren Türkinnen und Türken.Quelle
Warum lassen sich nur wenige Menschen einbürgern, die eigentlich das Recht dazu hätten? Zum einen liegt das an hohen Anforderungen für die Einbürgerung, zum anderen an zu wenig Personal in den Behörden. Zahlen zu anhängigen Einbürgerungsverfahren in mehreren deutschen Städten finden Sie in diesem Artikel: mediendienst-integration.de/artikel/mehr-einbuergerungen-noch-mehr-antraege.html
Wie viele Menschen könnten sich einbürgern lassen?
Wer die Kriterien für eine Einbürgerung erfüllt, ist statistisch nur schwer zu erfassen. Das Statistische Bundesamt geht deshalb vereinfachend von der Annahme aus, dass ausländische Staatsbürger*innen, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben, eingebürgert werden könnten.
Ende 2022 waren das laut Ausländerzentralregister (AZR) rund 5,3 Millionen Menschen. Im Jahr 2022 wurden allerdings nur 168.500 Personen eingebürgert. Das "ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial" liegt daher lediglich bei rund 3,1 Prozent. Der Wert liegt damit zum ersten Mal seit 2003 wieder bei mehr als drei Prozent.Quelle
Die Quoten variieren deutlich zwischen den Bundesländern: In Mecklenburg-Vorpommern ließen sich 2022 rund acht Prozent der Ausländer*innen einbürgern, die zehn Jahre oder länger in Deutschland leben. In Bremen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen waren das rund fünf Prozent der Ausländer*innen mit mindestens zehn Jahre Aufenthalt. In Baden-Württemberg und Bayern waren es hingegen rund zwei Prozent.Quelle
Einem Forschungsbericht der Robert-Bosch-Stiftung zufolge hängen die Quoten oft mit der Zusammensetzung der nichtdeutschen Bevölkerung in den Ländern zusammen. Fallstudien würden allerdings auch zeigen, dass Maßnahmen in den Kommunen – insbesondere Einbürgerungskampagnen – messbare Effekte haben.Quelle
Wenig Einbürgerungen können ein "Problem für die Demokratie" sein, weil viele Menschen dauerhaft in Deutschland leben, die kein Wahlrecht haben. Warum lassen sich so wenige Menschen einbürgern? Und welche Vorteile hat eine Einbürgerung? Weitere Informationen finden Sie in diesem Artikel.
Was ist der Einbürgerungstest?
2008 wurde in Deutschland der sogenannte Einbürgerungstest eingeführt. Seitdem müssen Menschen, die sich einbürgern lassen möchten, 33 Fragen zur deutschen Gesellschaft und Politik beantworten – mindestens 17 davon richtig. Vom Test befreit sind Personen unter 16 sowie Antragsteller*innen, die die Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht erfüllen können. Ebenso ausgenommen sind Personen mit deutschem Schulabschluss oder einem abgeschlossenen Studium der Rechts-, Gesellschafts-, Sozial-, Politik- oder Verwaltungswissenschaft an einer deutschen Hochschule.Quelle
Von den 33 Testfragen behandeln 30 die Geschichte und Politik der Bundesrepublik und drei das Bundesland, in dem der Antragsteller oder die Antragstellerin wohnt. Beispielfragen sind: Wie heißt die deutsche Verfassung? Was ist die Bundeswehr? Zu welchem Fest tragen Menschen in Deutschland bunte Kostüme und Masken?Quelle
Für den Einbürgerungstest haben die Teilnehmer*innen eine Stunde Zeit. Er kann beliebig oft wiederholt werden. Jeder Versuch kostet 25 Euro.Quelle
Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben 2019 rund 44.000 Personen am Einbürgerungstest teilgenommen – 98,4 Prozent erfolgreich. Seit der Einführung im Jahr 2008 liegt die Erfolgsquote bei über 98 Prozent (siehe Tabelle).Quelle
Expert*innen haben wiederholt Kritik am Einbürgerungstest geübt: Er mache das Einbürgerungsverfahren komplizierter und schrecke Menschen davon ab, sich einbürgern zu lassen.Quelle
Was ist die Optionspflicht?
Die Optionspflicht ist eine Sonderregelung für Menschen, die als Kind zweier ausländischer Eltern in Deutschland geboren wurden und neben dem Pass ihrer Eltern auch den deutschen Pass besitzen: Sie müssen sich bis zu ihrem 22. Geburtstag entscheiden, welche der beiden Staatsangehörigkeiten sie dauerhaft behalten wollen. Die jeweils andere wird entzogen.Quelle
Von der "Optionspflicht" ist ausgenommen, wer:
- "in Deutschland aufgewachsen ist" – das heißt bis zu seinem 22. Geburtstag
- acht Jahre in Deutschland gelebt hat,
- sechs Jahre in Deutschland zur Schule gegangen ist
- oder einen Schul- oder Berufsabschluss in Deutschland erworben hat.
- neben der deutschen die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Staates oder der Schweiz besitzt.Quelle
Wer bekommt die doppelte Staatsbürgerschaft?
Obwohl Mehrstaatigkeit nach offizieller Erklärung vermieden werden soll, gibt es viele Menschen in Deutschland, die zwei oder mehrere Pässe haben. Das hat unterschiedliche Gründe:
- Kinder, die einen deutschen und einen ausländischen Elternteil haben, erwerben in der Regel per Geburtsrecht beide Staatsangehörigkeiten – und können diese auch behalten.
- Auch Kinder ausländischer Eltern erhalten seit 2000 unter bestimmten Voraussetzungen mit der Geburt zusätzlich den deutschen Pass. Für einige von ihnen gilt jedoch die Optionspflicht – das heißt: Sie müssen sich zwischen dem 18. Geburtstag und dem 22. Geburtstag für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden.
- Einbürgerungen: Zwar soll bei Einbürgerungen das Entstehen von Mehrstaatigkeit vermieden werden. In der Praxis gibt es aber viele Ausnahmen. So akzeptieren deutsche Behörden eine Einbürgerung "unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit" etwa, wenn
- eine Entlassung aus der Staatsangehörigkeit nach dem Recht des bisherigen Staates nicht möglich ist oder der bisherige Staat die Entlassung regelmäßig verweigert. Das trifft etwa auf Afghanistan, Algerien, Eritrea, Kuba, Libanon, Marokko, Syrien oder Tunesien zu.
- der Person bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen würden.
- die Person Bürger*in der Europäischen Union oder der Schweiz ist.
- die Person ein anerkannter Flüchtling nach der "Genfer Flüchtlingskonvention" ist.
Zahl der Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft in Deutschland
Genaue Zahlen zu Doppelstaatler*innen sind nicht bekannt. Die Angaben variieren zwischen 2,6 und 4,3 Millionen Personen in Deutschland, die neben der deutschen (mindestens) eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.
Laut Zensus 2011 gab es 4,3 Millionen Doppelstaatler*innen, davon hatten
- 710.000 auch die russische,
- 690.000 die polnische und
- 530.000 die türkische Staatsbürgerschaft.Quelle
Laut Mikrozensus gab es 2021 hingegen nur knapp 2,6 Millionen deutsche Doppelstaatler*innen. Diese Zahl dürfte zu niedrig sein. Denn: Der Mikrozensus beruht auf Selbstauskünften der Befragten. Viele wissen nicht, dass sie eine zweite Staatsangehörigkeit besitzen, möchten es möglicherweise nicht angeben oder sehen die zweite Staatsangehörigkeit nicht als Teil ihrer Identität an.Quelle
Aber auch die Zahl von 4,3 Millionen Doppelstaatler*innen aus dem Zensus 2011 ist nicht genau. Der Zensus beruht auf Eintragungen aus Melderegistern. Diese enthalten häufig Fehler, etwa weil die Behörden des zweiten Landes Deutschland nicht immer darüber informieren, dass eine Person ausgebürgert wurde. Die tatsächliche Zahl der Doppelstaatler*innen dürfte zwischen 2,6 und 4,3 Millionen liegen.
In einer Studie aus dem Jahr 2017 schätzt der Migrationsforscher Dietrich Thränhardt die Zahl der Doppelstaatler*innen auf 2,9 Millionen. Zudem geht Thränhardt davon aus, dass etwa 10,1 Millionen Deutsche das Recht auf eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Die wenigsten würden dieses Recht aber wirklich einfordern.Quelle
Wie viele Eingebürgerte dürfen ihren alten Pass behalten?
2020 durften rund 65 Prozent der neu Eingebürgerten ihren alten Pass behalten.Quelle
Ob ein Antrag auf Mehrstaatigkeit Erfolg hat, ist von Herkunftsland zu Herkunftsland sehr unterschiedlich:
- Bei einigen Herkunftsländern wird darauf verzichtet, dass Eingebürgerte ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben, weil das nicht möglich oder zumutbar wäre. Beispiele dafür sind Syrien, Iran, Libanon, Algerien, Marokko oder Tunesien.
- Auffällig hoch ist die "Hinnahme von Mehrstaatigkeit" auch bei Antragsteller*innen aus den USA (rund 94 Prozent) und einigen südamerikanischen Staaten wie Brasilien oder Argentinien (je 100 Prozent).
- Die Türkei liegt mit rund 10 Prozent Einbürgerungen unter Beibehaltung der alten Staatsbürgerschaft im unteren Mittelfeld.
- Menschen aus einigen afrikanischen Ländern müssen ihre bisherige Staatsangehörigkeit dagegen oft abgeben. Von den im Jahr 2020 Eingebürgerten aus der Demokratischen Republik Kongo und Ghana etwa konnten nur rund acht Prozent ihre Staatsbürgerschaft behalten.Quelle
News Zum Thema: Staatsbürgerschaft
Menschen ohne Papiere Zum Arzt ohne Angst?
Menschen ohne Papiere können in Deutschland nicht ohne Angst vor einer Abschiebung zum Arzt gehen. Die Ampel-Regierung will diese Lücke in der Gesundheitsversorgung schließen.
Einbürgerung Wie weit ist der Weg zum deutschen Pass?
Die Ampel-Koalition plant, die Voraussetzungen für Einbürgerungen zu lockern. Wer kann sich in Deutschland einbürgern lassen? Wie viele Personen tun das? Wie sieht es in anderen Ländern aus? Und hilft Einbürgerung bei der Integration?
Staatsangehörigkeit Mehr Einbürgerungen, noch mehr Anträge
Nach fast 20 Jahren steigt die Zahl der Einbürgerungsanträge. Viele Ausländerbehörden kommen kaum hinterher. Der MEDIENDIENST INTEGRATION hat in 23 Städten nachgefragt, wie sie mit dem Bearbeitungsstau umgehen.