Staatsangehörigkeit und Einbürgerung
Viele Rechte sind in Deutschland an den deutschen Pass gebunden. Bei der Bundestagswahl etwa sind nur deutsche Staatsbürger*innen wahlberechtigt, Ausländer*innen sind von der Abstimmung ausgeschlossen. Welche Wege gibt es, den deutschen Pass zu erhalten? Wer hat Anspruch auf eine Einbürgerung? Und wie viele Menschen leben in Deutschland, die zwei Pässe haben?
Wie viele Menschen wurden in Deutschland eingebürgert?
Rund 168.500 Menschen wurden im Jahr 2022 in Deutschland eingebürgert. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Einbürgerungen damit um rund 28 Prozent (36.900 Personen). Den größten Anteil an Einbürgerungen machten syrische Staatsangehörige aus (rund 48.300 Menschen). Von ihnen konnten rund 13.900 Personen schon nach sechs Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit "aufgrund besonderer Integrationsleistungen" erwerben. Ein weiterer Grund für den Anstieg der Einbürgerungszahlen waren ukrainische Staatsangehörige: 2021 gab es rund 1.900 Einbürgerungen von Ukrainer*innen, 2022 waren es rund 5.600.Quelle
Die häufigsten Herkunftsländer der Eingebürgerten im Jahr 2022 waren:
- Syrien: Rund 48.300 Einbürgerungen (Plus 153 Prozent im Vergleich zum Vorjahr)
- Türkei: Rund 14.200 Einbürgerungen (Plus 16 Prozent)
- Irak: Rund 6.800 Einbürgerungen (Plus 54 Prozent)
- Ukraine: Rund 5.600 Einbürgerungen (Plus 191 Prozent)
2021
Einbürgerungen insgesamt: ca. 131.600. Davon:
- Syrien: Rund 19.100 Einbürgerungen
- Türkei: Rund 12.200 Einbürgerungen
- Rumänien: Rund 6.900 Einbürgerungen
Schon 2021 war die Zahl der Syrer*innen, die sich einbürgern ließen, deutlich gestiegen. Viele der syrischen Schutzsuchenden, die zwischen 2014 und 2016 nach Deutschland kamen, erfüllen mittlerweile die Voraussetzungen für eine Einbürgerung.Quelle
Zwischen 2000 und 2020 wurden insgesamt mehr als 2,7 Millionen Menschen in Deutschland eingebürgert. Mehr als 700.000 von ihnen waren Türkinnen und Türken.Quelle
Warum lassen sich nur wenige Menschen einbürgern, die eigentlich das Recht dazu hätten? Zum einen liegt das an hohen Anforderungen für die Einbürgerung, zum anderen an zu wenig Personal in den Behörden. Zahlen zu anhängigen Einbürgerungsverfahren in mehreren deutschen Städten finden Sie in diesem Artikel: mediendienst-integration.de/artikel/mehr-einbuergerungen-noch-mehr-antraege.html
Wie viele Menschen könnten sich einbürgern lassen?
Wer die Kriterien für eine Einbürgerung erfüllt, ist statistisch nur schwer zu erfassen. Das Statistische Bundesamt geht deshalb vereinfachend von der Annahme aus, dass ausländische Staatsbürger*innen, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben, eingebürgert werden könnten.
Ende 2022 waren das laut Ausländerzentralregister (AZR) rund 5,3 Millionen Menschen. Im Jahr 2022 wurden allerdings nur 168.500 Personen eingebürgert. Das "ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial" liegt daher lediglich bei rund 3,1 Prozent. Der Wert liegt damit zum ersten Mal seit 2003 wieder bei mehr als drei Prozent.Quelle
Die Quoten variieren deutlich zwischen den Bundesländern: In Mecklenburg-Vorpommern ließen sich 2022 rund acht Prozent der Ausländer*innen einbürgern, die zehn Jahre oder länger in Deutschland leben. In Bremen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen waren das rund fünf Prozent der Ausländer*innen mit mindestens zehn Jahre Aufenthalt. In Baden-Württemberg und Bayern waren es hingegen rund zwei Prozent.Quelle
Einem Forschungsbericht der Robert-Bosch-Stiftung zufolge hängen die Quoten oft mit der Zusammensetzung der nichtdeutschen Bevölkerung in den Ländern zusammen. Fallstudien würden allerdings auch zeigen, dass Maßnahmen in den Kommunen – insbesondere Einbürgerungskampagnen – messbare Effekte haben.Quelle
Wenig Einbürgerungen können ein "Problem für die Demokratie" sein, weil viele Menschen dauerhaft in Deutschland leben, die kein Wahlrecht haben. Warum lassen sich so wenige Menschen einbürgern? Und welche Vorteile hat eine Einbürgerung? Weitere Informationen finden Sie in diesem Artikel.
Was ist der Einbürgerungstest?
2008 wurde in Deutschland der sogenannte Einbürgerungstest eingeführt. Menschen, die sich einbürgern lassen möchten, müssen 33 Fragen zur Gesellschaft und Politik in Deutschland beantworten – mindestens 17 davon richtig. Vom Test befreit sind Personen unter 16 sowie Antragsteller*innen, die die Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht erfüllen können. Ebenso ausgenommen sind Personen mit deutschem Schulabschluss oder einem abgeschlossenen Studium der Rechts-, Gesellschafts-, Sozial-, Politik- oder Verwaltungswissenschaft an einer deutschen Hochschule.Quelle
Von den 33 Testfragen behandeln 30 die Geschichte und Politik der Bundesrepublik und drei das Bundesland, in dem der Antragsteller oder die Antragstellerin wohnt. Beispielfragen sind: Wie heißt die deutsche Verfassung? Was ist die Bundeswehr? Zu welchem Fest tragen Menschen in Deutschland bunte Kostüme und Masken?Quelle
Für den Einbürgerungstest haben die Teilnehmer*innen eine Stunde Zeit. Er kann beliebig oft wiederholt werden. Jeder Versuch kostet 25 Euro.Quelle
Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben 2021 rund 71.000 Personen am Einbürgerungstest teilgenommen – 97,1 Prozent erfolgreich. In den Jahren zuvor lag die Erfolgsquote immer über 98 Prozent.Quelle
Expert*innen haben wiederholt Kritik am Einbürgerungstest geübt: Er mache das Einbürgerungsverfahren komplizierter und schrecke Menschen davon ab, sich einbürgern zu lassen.Quelle
Zahl der Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft in Deutschland
Genaue Zahlen zu Doppelstaatler*innen sind nicht bekannt. Die Angaben variieren zwischen 2,9 und 4,3 Millionen Personen in Deutschland, die neben der deutschen (mindestens) eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.
Die neuesten Daten liefert der Mikrozensus 2023. Demnach gab es rund 2,9 Millionen deutsche Doppelstaatler*innen, mehr als 70 Prozent von ihnen mit einer weiteren, europäischen Staatsbürgerschaft. Davon hatten 392.000 auch eine polnische Staatsbürgerschaft, gefolgt von der türkischen mit 320.000 Personen und der russischen mit 307.000 Personen.Quelle
Die Zahlen dürften zu niedrig sein. Denn: Der Mikrozensus basiert auf Selbstauskünften der Befragten. Viele wissen nicht, dass sie eine zweite Staatsangehörigkeit besitzen, möchten es möglicherweise nicht angeben oder sehen die zweite Staatsangehörigkeit nicht als Teil ihrer Identität an.Quelle
Andere Werte liefert der Zensus 2011. Demnach gab es zu der Zeit 4,3 Millionen Doppelstaatler*innen hierzulande, davon hatten:
- 710.000 auch die russische,
- 690.000 die polnische und
- 530.000 die türkische Staatsbürgerschaft.Quelle
Aber auch die Zahl von 4,3 Millionen Doppelstaatler*innen aus dem Zensus 2011 ist nicht genau. Der Zensus beruht auf Eintragungen aus Melderegistern. Diese enthalten häufig Fehler, etwa weil die Behörden des zweiten Landes Deutschland nicht immer darüber informieren, dass eine Person ausgebürgert wurde. Die tatsächliche Zahl der Doppelstaatler*innen dürfte zwischen 2,6 und 4,3 Millionen liegen.
In einer Studie aus dem Jahr 2017 schätzt der Migrationsforscher Dietrich Thränhardt die Zahl der Doppelstaatler*innen auf 2,9 Millionen. Zudem geht Thränhardt davon aus, dass etwa 10,1 Millionen Deutsche das Recht auf eine doppelte Staatsbürgerschaft haben. Die wenigsten würden dieses Recht aber wirklich einfordern.Quelle
Wie viele Eingebürgerte dürfen ihren alten Pass behalten?
2022 durften rund 76 Prozent der neu Eingebürgerten ihren alten Pass behalten.Quelle
Ob ein Antrag auf Mehrstaatigkeit Erfolg hat, kommt darauf an, aus welchen Land die Eingebürgerten kommen:
- Bei einigen Herkunftsländern wird darauf verzichtet, dass Eingebürgerte ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben müssen, weil das nicht möglich oder zumutbar wäre. Beispiele dafür sind Syrien (99,9 Prozent), Iran, Libanon, Algerien, Marokko oder Tunesien.
- Auffällig hoch ist die "Hinnahme von Mehrstaatigkeit" auch bei Antragsteller*innen aus den USA (rund 96 Prozent) und einigen südamerikanischen Staaten wie Brasilien oder Argentinien (je rund 100 Prozent).
- Die Türkei liegt mit rund acht Prozent Einbürgerungen unter Beibehaltung der alten Staatsbürgerschaft deutlich im unteren Bereich.
- Auch Menschen aus einigen afrikanischen Ländern müssen ihre bisherige Staatsangehörigkeit oft abgeben. Von den im Jahr 2022 Eingebürgerten aus Somalia konnten etwa nur rund 12 Prozent ihre Staatsbürgerschaft behalten, aus Kenia rund 11 Prozent und aus Kamerun sogar nur rund sieben Prozent.Quelle
News Zum Thema: Staatsbürgerschaft
Einbürgerung Wie weit ist der Weg zum deutschen Pass?
Das neue Gesetz zur Staatsangehörigkeit sieht schnellere Einbürgerungen und Mehrstaatigkeit vor. Die Verdienste der ehemaligen "Gastarbeiter" werden honoriert. Sozialhilfeempfänger*innen hingegen sollen auch dann nicht eingebürgert werden, wenn sie ihre Bedürftigkeit nicht zu vertreten haben.
Menschen ohne Papiere Zum Arzt ohne Angst?
Menschen ohne Papiere können in Deutschland nicht ohne Angst vor einer Abschiebung zum Arzt gehen. Die Ampel-Regierung will diese Lücke in der Gesundheitsversorgung schließen.
Staatsangehörigkeit Mehr Einbürgerungen, noch mehr Anträge
Nach fast 20 Jahren steigt die Zahl der Einbürgerungsanträge. Viele Ausländerbehörden kommen kaum hinterher. Der MEDIENDIENST INTEGRATION hat in 23 Städten nachgefragt, wie sie mit dem Bearbeitungsstau umgehen.