Die Erziehungswissenschaftlerinnen Ursula Neumann und Drorit Lengyel haben rund 3.000 Hamburger Eltern mit Migrationshintergrund befragt: Wie stehen sie zum herkunftssprachlichen Unterricht? Welche Angebote kennen sie und welche nimmt ihr Kind wahr? Es ist die erste repräsentative Elternbefragung zu dem Thema. Die Studie wurde von der Stiftung Mercator gefördert. Bislang gab es im deutschsprachigen Raum nur wenige und kleine Erhebungen.
Das Ergebnis: 88 Prozent der befragten Eltern gaben an, dass ihnen der herkunftssprachliche Unterricht wichtig ist. Die meisten erhoffen sich, dass sich ihr Kind dadurch besser integrieren kann, erfolgreicher in der Schule wird und besser eine eigene Identität findet. In der Studie heißt es dazu: "Die Einstellungen der überwiegenden Mehrheit der Eltern zum herkunftssprachlichen Unterricht sind positiv, ihre Begründungen zur Relevanz des Unterrichts bildungs- und zukunftsorientiert." Diese Haltung haben die Eltern unabhängig von ihrem Bildungsstand.
Doch die Studie weist nach, dass es an schuleigenen Angeboten mangelt, besonders an Gymnasien. Viele Eltern weichen auf andere Angebote aus – zum Beispiel auf Unterricht, der von Vereinen oder von Konsulaten der Herkunftsländer organisiert wird. Den Angaben der Eltern zufolge besuchten nur 17 Prozent der Kinder eine Form des herkunftssprachlichen Unterrichts. Von diesen wiederum nahmen 44 Prozent an einem Kurs teil, der von einer Gemeinde oder einem Verein organisiert wurde. 27 Prozent besuchten ein von der Schule selbst durchgeführtes Angebot – und 23 Prozent einen sogenannten Konsulatsunterricht. Dieser wird von den Vertretungen des jeweiligen Herkunftslandes organisiert und findet außerhalb des regulären Stundenplans an Schulen statt. Dabei wünschen sich die Eltern etwas anderes: Deutlich mehr als die Hälfte möchte einen Sprachkurs, der von Schulen selbst durchgeführt wird.
Ein weitere Erkenntnis der Untersuchung: Viele Eltern sind über den herkunftssprachlichen Unterricht nur wenig informiert: 30 Prozent der Befragten kannten Angebote der Konsulate in ihrer Familiensprache. 44 Prozent waren über Kurse von privaten Initiativen in Moscheen, Kirchen oder Kulturzentren informiert – und nur 35 Prozent wussten von schulischen Angeboten.
Lassen sich die Ergebnisse auf andere Städte übertragen? In westdeutschen Großstädten und in Berlin sei die Situation vermutlich ähnlich, sagte die Mitautorin Ursula Neumann. In anderen Städten gebe es vermutlich noch weniger Angebote.
Von Pavel Lokshin
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