Überlastete Ausländerbehörden, mangelnder Wohnraum, anerkannte Flüchtlinge, die über mehrere Jahre in Gemeinschaftsunterkünften leben: Diese sind einige der zentralen Probleme der Flüchtlingsaufnahme in den Kommunen. Das zeigt die zweite bundesweite Umfrage der Forschungsgruppe Migrationspolitik der Universität Hildesheim und des Mediendienstes zum Stand der Unterbringung und Integration von Geflüchteten. Über die Ergebnisse haben Expert*innen aus Wissenschaft, Verwaltung und Verbänden bei einem Online-Pressegespräch des Mediendienstes gesprochen.
Laut Migrationsforscher Boris Kühn, der die Umfrage koordinierte, gab es im Verhältnis zum Herbst 2023 – als eine erste Umfrage durchgeführt wurde – einen "Rückgang des Notfallmodus in den Kommunen". Bei der ersten Umfrage im Oktober 2023 hatten rund 40 Prozent der Kommunen gesagt, sie seien "im Notfallmodus". Im Mai 2024 waren das noch rund 23 Prozent der beteiligten Kommunen.
Viele Probleme blieben dennoch bestehen, sagt Kühn. Besonders akut sei die "Auszugskrise" aus den Flüchtlingsunterkünften. Das bedeutet, dass Personen mit Bleibeberechtigung und Anspruch auf eine Wohnung nicht aus den Unterkünften ausziehen können, weil sie keine Wohnungen finden. Diese Krise entsteht durch den angespannten Wohnungsmarkt und hat Konsequenzen für die Aufnahmekapazitäten der Kommunen.
Das bestätigt auch Stefanie Kaygusuz-Schurmann, Leiterin des Servicebereiches Bildung und Integration der Stadt Cottbus. Wie andere Städte in Brandenburg würde Cottbus unter einem zunehmenden Wohnraummangel leiden. Das habe in erster Linie damit zu tun, dass sich die Wohnungsnot in und um die Metropole Berlin immer mehr in den umliegenden Regionen ausbreitet. "Kommunen in Brandenburg können weder alternative Unterbringungsmöglichkeiten bieten, noch ausreichend geförderte Sozialwohnungen bereitstellen", so Kaygusuz-Schurmann. Zwar könne die Stadt zugewiesene Geflüchtete noch aufnehmen: "Seit 2016 haben wir jedoch auch mit der 'Auszugskrise' zu kämpfen."
Auch in Niedersachsen sei die Situation angespannt, so Ralf Sabelhaus, Fachdienstleiter Integration der Stadt Osnabrück: "Es ist eine riesige Herausforderung, auf dem Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden oder das Auszugsmanagement zu organisieren." Geflüchtete würden zudem sehr oft auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert werden – etwa wegen Aussehen oder Sprache. Ein weiteres Problem: Es sei zunehmend schwierig, Bauflächen für den sozialen Wohnungsbau zu finden: "In Anbetracht des hohen Bedarfs nach bezahlbarem Wohnarum für Flüchtlinge und nicht-Flüchtlinge, weiß ich nicht, ob es sinnvoll ist, so viel Fläche für Einfamilienhäuser zu verbrauchen. Das entlastet den Wohnungsmarkt mittelfristig nicht", so Sabelhaus.
Finn-Christopher Brüning, Referatsleiter für Ausländerrecht, Flüchtlingspolitik und Kommunalrecht beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, bestätigt ebenfalls, dass die "Auszugskrise" in vielen Mitgliedskommunen die größte Herausforderung ist: "Viele Menschen leben immer noch in den Wohnungen, die ihnen seit 2015-16 zugewiesen wurden, weil sie Schwierigkeiten haben, neue Wohnungen zu finden und anzumieten."
Neue Wohnungen zu bauen sei weiterhin eine Herausforderung für die Kommunen: Die Material- und Baukosten sind stark gestiegen, unter anderem aufgrund der Zinspolitik. Das erschwere die Situation der Kommunen enorm, da hohe Baukosten, Baustandards und energetische Sanierungen berücksichtigt werden müssen.
Von Sara Miranda Gutiérrez
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