Wie viele Geflüchtete aus der Ukraine leben in Deutschland?
Dem Ausländerzentralregister (AZR) zufolge halten sich in Deutschland derzeit 1.139.689 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf, 1.100.590 davon sind ukrainische Staatsbürger*innen (Stand: 03. Februar 2024). Von ihnen haben:
- 941.559 einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz nach §24 AufenthG (nach der EU-Massenzustrom-Richtlinie) erhalten
- 75.929 eine Fiktionsbescheinigung (d.h. es wurde noch nicht über den Antrag entschieden)
- 35.564 haben einen Antrag auf Aufenthalt nach §24 AufenthG gestellt
- 51.389 ein Schutzgesuch geäußert
- 35.248 noch kein Schutzgesuch geäußert und noch keine Titelerteilung.Quelle
307.526 Personen, die zwischen Februar 2022 bis Mitte Januar 2024 nach Deutschland geflohen sind, sind nicht mehr im AZR vermerkt – sie sind entweder ausgereist oder verstorben (Stand: 15. Januar 2024).Quelle
Weitere Zahlen und Fakten zu Geflüchteten aus der Ukraine finden Sie in unserem Dossier.
In den ersten Monaten nach Kriegsbeginn stieg die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland zunächst stark an. Seit September 2022 halten sich dem AZR zufolge hierzulande konstant knapp über eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf.
Der Migrationsforscher Franck Düvell geht davon aus, dass die Zahlen des AZR zu hoch sind. Er schätzt, dass sich zum Jahreswechsel 2023/24 nicht mehr als rund 900.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland aufhielten.Quelle
Die meisten Kriegsflüchtlinge halten sich laut AZR in folgenden Bundesländern auf – einige könnten jedoch bereits weitergezogen sein (Zahlen gerundet, Stand: 05. Januar 2024):
- Nordrhein-Westfalen: 232.000
- Bayern: 159.000
- Baden-Württemberg: 155.000
- Niedersachsen: 112.000
- Hessen: 89.000.Quelle
Immer mehr finden Arbeit
Ein Teil der Ukrainer*innen, die seit Kriegsbeginn nach Deutschland gekommen sind, hat Arbeit gefunden: Im November 2023 gingen rund 170.000 Ukrainer*innen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, weitere rund 44.000 Ukrainer*innen hatten ausschließlich eine geringfügige Beschäftigung (Stand Januar 2024).Quelle
Die größte bundesweite Befragung unter erwachsenen Flüchtlingen aus der Ukraine ergab, dass zuletzt immer mehr in Deutschland Arbeit fanden: Im Herbst 2022 gaben 16 Prozent an, einen Job zu haben, im Frühjahr 2023 waren es 19 Prozent und im Sommer 2023 bereits 23 Prozent. Frauen sind seltener erwerbstätig als Männer (zuletzt jeweils 21 und 29 Prozent) – vor allem, wenn sie Kinder haben.Quelle
Insgesamt waren im Januar zwar rund 519.000 Ukrainer*innen bei der Arbeitsagentur als erwerbsfähig gemeldet. Ein Teil dieser Personen kann faktisch (noch) nicht arbeiten – etwa, weil sie als alleinerziehendes Elternteil ein Kind betreuen oder Integrationskurse besuchen, um Deutsch zu lernen.Quelle
Tatsächlich arbeitslos gemeldet waren im Januar laut der Bundesagentur für Arbeit im Januar rund 206.000 Ukrainer*innen – gegenüber Dezember ein Anstieg um 4,5 Prozent (Dezember 2023: 197.000).Quelle
Viele haben Integrationskurse absolviert
Im Januar 2024 waren rund 124.000 Ukrainer*innen in Integrationskursen eingeschrieben, etwa 175.000 hatten bereits einen Kurs absolviert. Die allermeisten Absolvent*innen der Kurse (rund 90 Prozent) schlossen mit Deutschkenntnissen auf A2 oder B1 Niveau ab (Stand: 1. Februar 2024).Quelle
Die meisten Ukrainer*innen werden die Integrationskurse voraussichtlich in den kommenden Monaten abschließen und viele dann dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen: Laut einer Schätzung der Bundesarbeitsagentur werden drei Viertel der aktuell 124.000 Teilnehmenden die Kurse bis Sommer abschließen; die Verbleibenden werden spätestens im Januar 2025 fertig sein.Quelle
Abgesehen von Sprachkenntnissen sind weitere Herausforderungen für den Arbeitsmarktzugang langwierige Anerkennungsverfahren von Qualifikationen, so Expert*innen. Auch können viele der oft alleinerziehenden Mütter hierzulande noch nicht arbeiten, da sie kleine Kinder betreuen.Quelle
Ukrainische Kinder und Jugendliche an deutschen Schulen
Bundesweit haben Schulen 218.613 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine aufgenommen, wie Zahlen der Kultusministerkonferenz zeigen (Stand: Anfang Februar 2024). Rund 217.790 davon werden aktuell unterrichtet, die meisten an Schulen in Nordrhein-Westfalen (38.600), Baden-Württemberg (32.200) und Bayern (32.200) (Stand: Anfang Februar 2024). Auch immer mehr ukrainischer Kinder besuchen eine Kita.Quelle
Geflüchtete aus der Ukraine in Europa
Mehr als 4,3 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine haben Eurostat zufolge in EU-Ländern, Norwegen und Island Schutz unter der temporären Massenschutzrichtlinie erhalten (Stand: 8. Februar 2024). Während es für den temporären Schutz EU-Leitlinien gibt, unterscheidet sich die Ausgestaltung im Detail von Land zu Land. Hier eine Übersicht.
Dem UNHCR zufolge waren zeitweise rund sechs Millionen Menschen aus der Ukraine als Flüchtlinge in europäische Länder geflohen (Stand: 15. Februar 2024). Die meisten flohen in den ersten Monaten nach Ausweitung des Kriegs in die unmittelbar umliegenden Nachbarländer, vor allem nach Polen. Zwischenzeitlich waren dort offiziell rund 1,6 Millionen Kriegsflüchtlinge registriert. Seit Spätsommer 2023 meldet Deutschland die höchste Zahl von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, während die Zahl der Kriegsflüchtlinge in Polen zurückging. Quelle
Der IOM zufolge kehrten rund 4,6 Millionen Ukrainer*innen in ihre Heimatregionen zurück (Stand: Ende September 2023). Einer IOM-Untersuchung unter Rückkehrer*innen vom Juni 2023 zufolge waren etwa 1,08 Millionen von ihnen aus dem Ausland zurückgekehrt, davon 87 Prozent aus EU-Ländern: Knapp 40 Prozent kehrten aus Polen zurück, 9 Prozent aus Deutschland, 7 Prozent aus Italien und 6 aus Tschechien.Quelle
Perspektive für Aufenthalt nach März 2025
Geflüchtete aus der Ukraine erhalten seit Anfang März 2022 Schutz im Rahmen der "Massenzustrom-Richtlinie": Sie bekommen automatisch einen Aufenthaltsstatus und weitreichende Rechte – etwa eine Arbeitserlaubnis und Zugang zur gesundheitlichen Versorgung. Dieser "vorübergehende Schutz" galt zunächst für ein Jahr. Im Herbst 2023 beschloss die EU, den Status auf die maximal mögliche Dauer von drei Jahren bis zum 4. März 2025 zu verlängern.Quelle
Ab März 2025 müssten die Geflüchteten im Fall eines Kriegsendes eigentlich entweder in die Ukraine zurückkehren, oder in einen anderen Aufenthaltstitel wechseln – beispielsweise in ein Arbeitsvisum. Für den Fall, dass der Krieg in der Ukraine über März 2025 hinaus andauert, plädieren Expert*innen für eine rechtliche Lösung auf EU-Ebene, um einen Flickenteppich verschiedener Regelungen und eine Überlastung der Behörden zu vermeiden.
Auf EU-Ebene wird derzeit geprüft, ob eine Verlängerung oder Neuauflage der Massenzustromrichtline im Fall eines andauernden Krieges über März 2025 hinaus möglich wäre (Stand: 19. Februar 2024). Auf einem Treffen der Justiz- und Innenminister Ende Januar 2024 gab es erste Signale: Eine weitere Verlängerung der Richtlinie sei grundsätzlich denkbar und auch wohl auch juristisch möglich.Quelle
Abgesehen von einer verlängerten Anwendung der Massenzustromrichtlinie seien grundsätzlich auch andere EU-weite Regelungen denkbar, so Expert*innen-Einschätzungen – etwa über die EU-Regelung für Drittstaatsangehörige, die aktuell überarbeitet wird.
Von Martha Otwinowski
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