Lehrer werden in den meisten Bundesländern nicht ausreichend auf den Unterricht in der Einwanderungs-gesellschaft vorbereitet. Zu diesem Ergebnis kommen der Forschungsbereich des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) und das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache in ihrer Untersuchung "Lehrerbildung in der Einwanderungs-gesellschaft". Dafür haben die Autoren unter anderem die Fortbildungskataloge aller Bundesländer ausgewertet.
Die Forscher betonen: Die Vorbereitung der Lehrer auf den Umgang mit Vielfalt sei entscheidend, um Kindern mit und ohne Migrationshintergrund gerechte Bildungschancen zu ermöglichen. Sie helfe ihnen zum Beispiel, unterschiedliche Sprachkenntnisse der Schüler zu erkennen und sie gezielt zu fördern. Zudem stärke sie die interkulturelle Kompetenz von Lehrern und damit ihre Offenheit gegenüber Vielfalt.
Zentrale Ergebnisse der Studie
- In nur sechs Bundesländern sind Kurse zur Sprachförderung für alle Lehramtsstudenten verpflichtend. In den anderen Ländern bleibt die Entscheidung den Hochschulen selbst überlassen.
- Sprachförderung und der Umgang mit Vielfalt werden auch während des Referendariats nur selten als Lerninhalte vorgeschrieben. Nur in Berlin gibt es die Pflicht, einen Kurs "Deutsch als Zweitsprache" zu belegen.
- Auch bei der Fortbildung der Lehrer gibt es zu wenige Angebote, die auf den Unterricht in sprachlich und kulturell heterogenen Klassen eingehen. Dabei bestehen aber Unterschiede zwischen den Ländern: In Bremen und Hamburg fanden die Forscher ein breites Angebot vor, in Sachsen und Brandenburg hingegen nur vereinzelte Fortbildungen.
- In fast allen Ländern sind die angebotenen Fortbildungen zu kurz und damit wenig wirksam. Zudem werden sie selten innovativ gestaltet, so die Autoren der Studie.
Wo sehen die Forscher Verbesserungsbedarf?
Um die Aus- und Fortbildung von Lehrern an die Bedürfnisse der Einwanderungsgesellschaft anzupassen, empfehlen die Forscher im Wesentlichen drei Maßnahmen.
- Erstens sollen alle Lehramtsstudenten verpflichtend an einer Grundausbildung zum Umgang mit sprachlicher und kultureller Vielfalt teilnehmen.
- Zweitens fordern die Forscher ein größeres Angebot an Fortbildungen für Lehrer. Diese sollen länger dauern und im Idealfall ganze Kollegien gemeinsam für Vielfalt sensibilisieren.
- Drittens sollen Aus- und Fortbildungsinhalte besser zugänglich gemacht werden. Für die Lehrer sei das Angebot oft unübersichtlich, da neben den Ländern auch Lehrerverbände, Kirchen und Stiftungen Fortbildungen organisierten.
Allerdings sei bereits ein Bewusstseinswandel in der Bildungspolitik zu erkennen, betonten Cornelia Schu, Direktorin des SVR-Forschungsbereiches, und Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Institus für Sprachförderung, bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Mit der Flüchtlingsmigration und den neu hinzukommenden Schülern sei deutlich geworden, dass die sprachliche Förderung an Schulen besser unterstützt werden muss. Um die Lehrerbildung langfristig auf die Einwanderungsgesellschaft einzustellen, müssten zudem die Bedingungen an den Schulen verbessert und zum Beispiel mehr Personal eingestellt werden, so dass für Fortbildungen kein Unterricht ausfallen muss.
Von Magdalena Breyer
Sie sind Journalist*in und haben weitere Fragen oder suchen Fachleute zum Thema? Dann können Sie uns gern kontaktieren. Wir helfen schnell und unkompliziert. Unsere Texte und Grafiken können kostenfrei unter den Regeln der Creative Commons und unserer Namensnennung verwendet werden. Dies gilt nicht für Bilder und Fotos, die wir von Dritten erworben haben.