Deutschland ist auf ausländische Fachkräfte angewiesen. Schätzungen zufolge müssten jährlich zwischen 260.000 und 400.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland kommen, um den Bedarf der Unternehmen zu decken. Bisher kommen vor allem EU-Bürger*innen zum Arbeiten nach Deutschland und Drittstaatsangehörige mit einem Hochschulabschluss. Das neue Einwanderungsgesetz, das seit dem 1. März in Kraft ist, soll nun auch beruflich qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten anlocken.Quelle
Der Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker erklärte bei einem Online-Pressegespräch des MEDIENDIENSTES, was sich mit dem neuen Gesetz ändert und an welchen Stellen es nicht weit genug geht.
Was ändert sich?
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
- Menschen aus Nicht-EU-Staaten, die einen anerkannten Berufsabschluss besitzen, können künftig zum Arbeiten nach Deutschland kommen. Für sie entfällt die bisherige Begrenzung auf Engpassberufe.
- Die Arbeitsplatzsuche soll einfacher werden: Fachkräfte mit Berufsabschluss können für sechs Monate einreisen, um einen Job zu suchen. Davor galt das nur für Personen mit Hochschulabschluss. Falls Fachkräfte länger bleiben wollen, brauchen sie einen Arbeitsplatz.
- Die Vorrangprüfung entfällt weitgehend. Es wird also nicht mehr geprüft, ob deutsche Staatsbürger*innen oder EU-Bürger*innen für den Job in Frage kommen.Quelle
Zudem sollen Botschaften und Konsulate schneller Visa vergeben. Dafür werden sie besser ausgestattet. Auch ausländische Abschlüsse sollen schneller anerkannt werden. Hierzu eröffnete im Februar 2020 die neue zentrale Servicestelle Berufsanerkennung in Bonn.Quelle
Was sind die Hürden?
Mit dem Gesetz bleibe eine wesentliche Hürde für Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten bestehen: Bevor sie einreisen können, müssen sie ihre Abschlüsse prüfen und als „gleichwertig“ anerkennen lassen. Das ist sehr kompliziert und dauert lange. Denn für viele Ausbildungen in Deutschland gibt es keine vergleichbaren Abschlüsse. Das erschwert die Einreise, so Brücker.
Zudem schaffe das Gesetz eine neue Hürde: Ausländische Staatsbürger*innen, die nur einen Berufsabschluss und kein Studium haben, müssen bereits in ihrem Herkunftsland Deutsch lernen. Wer beispielsweise nach Deutschland kommt, um eine Arbeit zu suchen, muss Deutschkenntnisse auf B1-Niveau mitbringen. Laut Herbert Brücker ist das aber nicht sinnvoll. Deutsch lerne man am besten im Arbeitsalltag.Quelle
Das Gesetz werde laut Brücker keinen "Einwanderungsboom" auslösen. Dafür blieben die Hürden zu hoch. Die Bundesregierung rechnet mit zusätzlichen 25.000 Fachkräften aus Drittstaaten pro Jahr. Diese Zahl hält Bürcker für realistisch.Quelle
Wie könnten mehr Fachkräfte kommen?
Deutschland könnte sich ein Beispiel an anderen Ländern nehmen, sagt Brücker. Kanada oder die USA hätten etwa einfachere Regelungen. Wer dort einreisen will, müsse lediglich einen Arbeitsvertrag vorlegen und bräuchte keinen anerkannten Abschluss. In den USA müssen ausländische Fachkräfte ihre Qualifikationen in der Regel nur beim Unternehmen vorweisen. Wenn Deutschland das genauso handhaben würde, könnten Fachkräfte einfacher einreisen, so Brücker.Quelle
Der MEDIENDIENST hat die wichtigsten Informationen zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz in einem Infopapier zusammengefasst.
Von Sude Yıldız
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