Im Mai 2013 hatte Deutschland eine erste Aufnahme-Anordnung erlassen, um 5.000 Menschen aus dem Bürgerkriegsland aufzunehmen. Im Dezember vergangenen Jahres folgte dann eine zweite Anordnung, mit der die Innenminister-Konferenz (IMK) die Aufnahme von weiteren 5.000 Flüchtlingen aus Syrien beschloss. Die erste Aufnahmeanordnung verfügt, dass sich Kriegsflüchtlinge, die sich in Libanon, Jordanien oder Syrien aufhalten, beim UNHCR oder beim Caritas Libanon um einen Platz im Aufnahmeprogramm bewerben können. Die zweite richtet sich hauptsächlich an Personen mit in Deutschland lebenden Verwandten.
Wie das Bundesministerium des Innern auf Anfrage des Mediendienstes mitteilte, sind bis Ende Februar 2014 im Rahmen der ersten Aufnahmeanordnung 3.500 Flüchtlinge in Deutschland eingereist, im Rahmen der zweiten lediglich 14. Bis zum 28. Februar hatten in Deutschland wohnende Syrer Zeit, die Aufnahme eigener Verwandter, die sich noch in Syrien oder in den Nachbarländern aufhalten, zu beantragen.
Die Zahl der Anträge übertrifft jedoch bei weitem die Landeskontigente:
- So gab es etwa in Niedersachsen rund 3.200 Aufnahmeersuche für 470 Plätze,
- in Schleswig-Holstein rund 3.500 für 118 Plätze.
Hinzu kommt, dass die Aufnahmeersuche häufig nicht nur für eine Person, sondern für mehrere Verwandte gestellt werden. So beziehen sich etwa die rund 3.200 in Niedersachsen gestellten Ersuche insgesamt auf bis zu 10.000 Angehörige hier lebender Syrer, die auf eine Aufnahme in Deutschland hoffen. Bundes-Innenminister Thomas de Maizière und die Landes-Innenminister Ralf Jäger (Nordrhein-Westfalen), Boris Pistorius (Niedersachsen) und Lorenz Caffier (Mecklenburg-Vorpommern) kündigten an, dass auch nach Ausschöpfung der vorhandenen Kontingente und bisherigen Aufnahmemöglichkeiten Syrern aus der Krisenregion in Deutschland weiter Schutz gewährt werden soll.
Laut UNHCR sind über sechs Millionen der rund 22 Millionen Syrer auf der Flucht vor Krieg und Gewalt – davon 3,6 Millionen innerhalb der syrischen Grenze und 2,4 Millionen im Ausland. Jeder dritte Syrer sucht also Schutz. Vor diesem Hintergrund sei die Bilanz der Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Europa und Deutschland bedrückend, betonen Kritiker.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl rief die Bundesregierung in einer Presseerklärung dazu auf, das Kontingente-System aufzugeben. Syrische Kriegsflüchtlinge, die Verwandte in Deutschland haben, könnten nach § 36 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthaltserlaubnis zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte) aufgenommen werden, um eine besondere Härte zu vermeiden. Der Jurist und stellvertretende Pro Asyl-Vorsitzende Huberts Heinhold hat dazu ein Rechtsgutachten erstellt.
Die Organisation fordert außerdem eine Aufhebung der Dublin III-Verordnung für syrische Flüchtlinge. Das Dublin-Abkommen regelt, welches Land für die Bearbeitung eines Asylantrags verantwortlich ist – nämlich in der Regel das Land, durch das der Asylbewerber zuerst in die EU eingereist ist. Bereits jetzt gäbe es mehrere hundert Fälle, in denen syrische Kriegsflüchtlinge augfrund der Verordnung nach Bulgarien oder Italien zurückgeschickt wurden, sagte Pro Asyl- Geschäftsführer Günter Burkhardt gegenüber dem Mediendienst.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Dossier "Syrische Flüchtlinge" .
Von Rana Göroğlu und Fabio Ghelli
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