REFERENT*INNEN
Prof. Jannis Panagiotidis ist stellvertretender Leiter des Forschungszentrums für die Geschichte von Transformationen an der Universität Wien und Autor des Buchs "Postsowjetische Migration in Deutschland: eine Einführung"
Nikolai Klimeniouk ist Journalist und Programmleiter der Initiative Quorum, einer NGO für die Partizipation von Menschen mit Wurzeln in der ehemaligen UdSSR.
Dr. Anna Litvinenko ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin.
STATEMENTS DER REFERENT*INNEN (AUSZÜGE)
Prof. Jannis Panagiotidis, Universität Wien
Konfliktlinien entlang ethnischer Zugehörigkeiten sind nicht erkennbar
Die Konflikte innerhalb der verschiedenen postsowjetischen Communities in Deutschland laufen nicht entlang von ethnischen oder sprachlichen Linien, sagt der Historiker Panagiotidis. Wer Russisch als Muttersprache hat, ist nicht automatisch loyal mit Russland und wer aus dem Gebiet der heutigen Ukraine nach Deutschland gekommen ist, empfindet nicht unbedingt eine besondere Nähe zur Ukraine. Die Konfliktlinien verlaufen quer durch Communitys und sogar quer durch Familien, sagt Panagiotidis.
Nikolai Klimeniouk, Initiative Quorum
"Wo bleibt die Friedensbewegung?"
Innerhalb der russischsprachigen Communitys in Deutschland findet die russische Propaganda weniger Zuspruch als bei der Krim-Annexion 2014, sagt Nikolai Klimeniouk, Journalist und Leiter der "Initiative Quorum". Dies deckt sich mit der Situation in Russland, wo die Bevölkerung ebenfalls mehrheitlich gegen eine Invasion zu sein scheint. Sowohl in Russland als auch in Deutschland sind Russ*innen auf die Straße gegangen, um gegen den Krieg zu demonstrieren. An den Demonstrationen in Deutschland nahmen bislang wenige deutsche Aktivist*innen teil. "Wo bleibt in diesem Fall die Friedensbewegung?", fragt der Journalist.
Dr. Anna Litvinenko, Freie Universität Berlin
Die ukrainische Diaspora hat sich politisiert
Menschen mit Bezug zur Ukraine in Deutschland seien in den vergangenen Monaten politisch aktiver geworden, sagt Kommunikationswissenschaftlerin Anna Litvinenko. Ähnlich wie zu Beginn des Ukraine-Kriegs 2014 würden viele von ihnen ihre Solidarität bekunden, Hilfslieferungen organisieren und an Kundgebungen gegen die russische Aggression teilnehmen, so Litvinenko. Unterstützt würden sie dabei auch von Vertreter*innen der russischen Diaspora. Von der Bundesregierung würden sich die Ukraine-solidarischen Communities vor allem klare Worte und eindeutige Warnungen an die russische Regierung wünschen. Auch materielle Unterstützung und Waffenlieferungen würden immer wieder gefordert.
Von Nikolas Schäfer
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