Arbeitskräfte aus dem Ausland
Immer mehr ausländische Arbeitskräfte arbeiten in Deutschland. Für die Wirtschaft sind sie längst unverzichtbar – auch weil die Bevölkerung immer älter wird. Lange Zeit kamen jährlich hunderttausende Arbeitskräfte aus der EU. Inzwischen kommen viele Menschen aus Staaten außerhalb der EU, zum Beispiel Indien. Woher sie kommen und wie viele in Deutschland einen Job finden, erfahren Sie hier.
Wie viel Ausländer arbeiten in Deutschland?
Der Anteil ausländischer Beschäftigter steigt seit Jahren: 2023 lag er bei 15,3 Prozent und hat sich damit seit 2010 mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: In der Bevölkerung lag der Anteil ausländischer Menschen 2022 laut Mikrozensus bei 14 Prozent. Es arbeiteten 2023 insgesamt 5,3 Millionen ausländische Beschäftigte in Deutschland in sozialversicherungspflichtigen Jobs (von insgesamt 34,7 Millionen Beschäftigten). Wenn man die geringfügig Beschäftigten mit einbezieht, liegt ihr Anteil etwas höher, bei 15,5 Prozent (von insgesamt 42,6 Millionen Beschäftigten).Quelle
Die meisten ausländischen Beschäftigten in Deutschland haben eine türkische Staatsbürgerschaft, gefolgt von den Beschäftigten aus Polen. Besonders stark stieg in den letzten Jahren die Zahl der Beschäftigten aus Rumänien und Bulgarien. Und die Nicht-EU-Staaten werden immer wichtiger, seit die Zuwanderung aus der EU zurückgeht (Stand: 2021).
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Staatsbürgerschaft, 2021
Quelle: Bundesagentur für Arbeit / Migrationsmonitor
Was sind die Gründe?
Ein Grund ist der demographische Wandel: Jedes Jahr gehen mehr Beschäftigte in den Ruhestand als neue nachkommen. Je größer die Engpässe in verschiedenen Branchen werden, desto wichtiger wird Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Einschätzungen von Expert*innen finden Sie hier in einem ausführlichen Artikel.Quelle
Angesichts dieses Rückgangs wächst die Bedeutung von Migration für die Wirtschaft. Aktuell wäre ein Wirtschaftswachstum ohne Zuwanderung kaum noch möglich. Das zeigen Zahlen der Bundesregierung: Demnach sind etwa Dreiviertel der Stellen, die zwischen 2010 und 2023 neu geschaffen wurden, mit ausländischen Arbeitskräften besetzt worden (71 Prozent). Diese seien "unverzichtbar" für "Wohlstand und Stabilität der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland", so die Bundesregierung.Quelle
Aktuelle Zahlen zu ausländischen Beschäftigten in verschiedenen Branchen finden sich bei der Bundesagentur für Arbeit im Migrationsmonitor, der monatlich aktualisiert wird.
Wie viele Bürger aus anderen EU-Ländern arbeiten in Deutschland?
In Deutschland arbeiten rund 2,72 Millionen Staatsangehörige aus anderen EU-Ländern (Stand: Januar 2024). Die Beschäftigungsquote liegt bei rund 61,3 Prozent. In der Gesamtbevölkerung sind es 68,7 Prozent. Viel weniger sind arbeitslos: Im Januar 2024 waren etwa 238.000 EU-Staatsbürger arbeitslos, das ist ein Anteil von 8,9 Prozent (Gesamtbevölkerung: 7 Prozent).Quelle
Die Zahlen gehen aus dem "Zuwanderungsmonitor" des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Gezählt werden hier alle, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, auch in Minijobs. Selbstständige sind dabei nicht berücksichtigt.Quelle
Besonders aus den Gebieten der EU-Osterweiterung arbeiten viele Menschen in Deutschland, insgesamt 1,6 Millionen Beschäftigte (EU-8 und EU-2). Allein aus Bulgarien und Rumänien (EU-2) sind es über 730.000. Die befürchtete "Armutszuwanderung" ist größtenteils ausgeblieben, stattdessen kamen sehr viele Arbeitskräfte. Forscher sprechen von einer Erfolgsgeschichte für die Wirtschaft. Die Beschäftigungsquoten für diese beiden Länder liegen für die EU-8 Staaten bei 62,1 Prozent, für die EU-2 sogar bei 69,1.
Wie viele EU-Bürger sind arbeitslos?
Leistungen nach SGB II ("Hartz IV") erhalten laut IAB 400.000 EU-Ausländer in Deutschland (Stand: Dezember 2023). Arbeitslos waren im Januar 2024 etwa 238.000 EU-Staatsbürger. Die sogenannte SGB-II-Hilfequote von Unionsbürger*innen lag im Dezember 2023 bei 8,8 Prozent (Gesamtbevölkerung: 8,4 Prozent). Darunter fallen auch sogenannte Aufstocker, die zwar arbeiten, aber so wenig verdienen, dass sie zusätzlich Hartz IV beantragt haben.Quelle
In welchen Berufen arbeiten viele Ausländer?
Mehr als jede dritte Reinigungskraft hat eine nicht-deutsche Staatsbürgerschaft. Auf Baustellen sind es ähnlich viele. Auch bei LKW-Transporten, Paketzustelldiensten oder in der Altenpflege – ohne Zuwanderung würde in vielen Branchen kaum noch etwas funktionieren.
Was sind die Gründe?
Ein Grund ist der demographische Wandel: Jedes Jahr gehen mehr Beschäftigte in den Ruhestand als neue nachkommen. Je größer die Engpässe in verschiedenen Branchen werden, desto wichtiger wird Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Daher wächst in der "Mitte" der Arbeitswelt der Anteil ausländischer Arbeitskräfte. Also in klassischen Mittelstandsberufen wie LKW-Fahrer, Bürokraft, Bauelektriker oder in der Altenpflege.Quelle
Ein weiterer Grund: Deutsche Schulabgänger*innen bevorzugten eher akademische Berufe anstatt der klassischen Ausbildungsberufe. "Hier tun sich Lücken auf, in die ausländische Arbeitskräfte vorstoßen." Damit federn sie heute schon die Engpässe ab, die sonst deutlich stärker spürbar wären, so die Einschätzungen von Expert*innen in einem ausführlichen Artikel.
In einigen Berufen sind ausländische Beschäftigte die Mehrheit
Besonders deutlich zeigt sich der Trend, wenn man einzelne Berufe anschaut. In einzelnen, sehr kleinen, Berufsgruppen machen sie inzwischen sogar die Mehrheit der Beschäftigten aus, zum Beispiel bei den Tänzer*innen und Köch*innen. Die Statistik zeigt auch Kurioses: Jeder fünfte der "Zauberer/innen und Illusionist/innen" kommt aus dem Ausland. Kaum ausländische Beschäftigte findet man hingegen in der Justiz, bei Notaren oder unter den Schornsteinfeger*innen.
Aktuelle Zahlen zu ausländischen Beschäftigten in verschiedenen Branchen finden sich bei der Bundesagentur für Arbeit im Migrationsmonitor, der monatlich aktualisiert wird.
Wie viele Visa werden für Deutschland erteilt?
Ein Visum benötigt, wer aus einem Nicht-EU-Staat kommt und nach Deutschland einreisen will. Rund 1,2 Millionen Visa hat Deutschland 2022 erteilt (1.265.100). Zu einem großen Teil sind das kurzfristige (Reise-) Visa (872.000) und zu einem kleineren Teil längerfristige Visa (393.100).Quelle
Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (2021: 592.400). Aber die Zahlen liegen immer noch deutlich unter den Vor-Corona-Jahren (2019: 2,3 Millionen Visa). Der Rückgang betrifft vor allem Visa für Kurzaufenthalte ("Schengen-Visa"), die Zahl der längerfristigen Visa ("Nationale Visa") ist weiter gestiegen, darunter die für Beschäftigung und Studium. Sie liegt inzwischen über dem Vor-Corona-Niveau (2022: 393.100, 2019: 325.000).
Besonders stark war der Rückgang für Visa aus China (minus 95 Prozent im Vergleich zu 2019) und für Visa aus Russland (minus 88 Prozent im Vergleich zu 2019). Die fünf wichtigsten Herkunftsländer (kurz- und längerfristige Visa zusammen) waren:
- Türkei (215.000 Visa; 2021: 103.500 Visa, 2020: 83.000 Visa; 2019: 251.000),
- Indien (99.000 Visa, 2021: 49.200),
- Kosovo (66.500 Visa, 2021: 34.700),
- Russland (43.500 Visa; 2021: 39.400 Visa, 2020: 77.000 Visa, 2019: 341.000),
- China (25.000 Visa; 2021: 18.300 Visa; 2020: 49.000 Visa, 2019: 435.000).
Die meisten Menschen, die längerfristig bleiben, zum Beispiel zum Arbeiten oder Studieren, kommen aus:
- Indien (49.500 Visa)
- Türkei (40.000 Visa)
- Russland (22.000 Visa)
Rund 212.000 Anträge wurden abgelehnt. Das entspricht einer Ablehnungsquote von etwa 16,7 Prozent (einige Anträge wurden von den Antragssteller*innen selbst zurückgezogen).Quelle
Aufenthalt für Hochqualifizierte - Blaue Karte EU
Die Blaue Karte EU ist ein Aufenthaltstitel, der es Hochqualifizierten aus Nicht-EU-Staaten ("Drittstaaten") erlaubt, in einem EU-Staat zu arbeiten. Sie ist das europäische Pendant zur US-amerikanischen "Green Card". Wer einen Job in Aussicht hat, kann so für zunächst vier Jahre nach Deutschland kommen.Quelle
Im ersten Halbjahr 2023 wurden in Deutschland rund 22.000 Blaue Karten neu ausgestellt, was fast ein Drittel der gesamten Erwerbsmigration ausmachte. Zum Stichtag 30. Juni 2023 lebten etwa 102.000 Menschen mit einer Blauen Karte in Deutschland. Im gesamten Jahr 2022 wurden in Deutschland rund 39.000 Blaue Karten neu ausgestellt. Seit Einführung der Blauen Karte 2012 ist die Zahl der Neuausstellungen, außer während der Corona-Pandemie, kontinuierlich gestiegen.Quelle
Es werden auch Menschen mitgezählt, die schon länger in Deutschland leben und vorher einen anderen Aufenthaltstitel hatten. Mehr als die Hälfte aller Blauen Karten ging 2022 an Menschen, die neu zugewandert sind (rund 21.000). Der Großteil der Blauen Karten der EU wird in Deutschland ausgestellt (2022 waren es rund 77 Prozent).Quelle
Die wichtigsten Herkunftsländer unter den Zugewanderten mit einer Blauen Karte waren im ersten Halbjahr 2023:
- Indien (rund 25 Prozent)
- die Russische Föderation (rund 22 Prozent)
- die Türkei (rund 10 Prozent)
- der Iran (rund 5 Prozent)
Der Anteil an Staatsangehörigen aus der Russischen Föderation stieg zuletzt stark an (um 16 Prozentpunkte).Quelle
Wer kann eine Blaue Karte bekommen?
Die Blaue Karte wird vorrangig an Personen mit abgeschlossenem Hochschulstudium erteilt. Für IT-Spezialist*innen gilt allerdings eine Sonderregel: Sie können auch eine Blaue Karte erhalten, wenn sie statt eines Hochschulabschlusses drei Jahre Berufserfahrung vorweisen.
Außerdem benötigen alle Interessierten einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot mit einem bestimmten Mindestgehalt. Derzeit liegt die Untergrenze bei einem Jahresgehalt von 45.300 Euro. Für einige Berufe ist das Mindestgehalt etwas niedriger und liegt bei rund 41.000 Euro, da in diesen Branchen besonders viele Stellen unbesetzt sind. Das betrifft zum Beispiel Ärzt*innen, Apotheker*innen, Ingenieur*innen, Lehrkräfte und Beschäftigte in der Kinderbetreuung und im Gesundheitswesen. Die Liste der Engpassberufe wurde im November 2023 zuletzt erweitert. Die Blaue Karte ist auf maximal vier Jahre befristet und kann unter bestimmten Voraussetzungen nach zwei bis drei Jahren in eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis münden.Quelle
Wer besitzt eine Blaue Karte EU?
2023 lebten etwa 102.000 Menschen in Deutschland, die eine Blaue Karte hatten. Mehr als die Hälfte von ihnen (rund 70.000) hatten bereits eine Niederlassungserlaubnis.Quelle
Die erste repräsentative BAMF-Befragung von Inhaber*innen der Blauen Karte kam 2016 zu folgenden Ergebnissen:
- Zwei Drittel der Besitzer*innen eine Blauen Karte waren in MINT-Berufen tätig, etwa ein Fünftel als Ärzt*innen.
- Zwei Drittel waren verheiratet oder lebten in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (61 Prozent). Der überwiegende Teil der Ehepartner*innen lebt ebenfalls in Deutschland (90 Prozent). 37 Prozent haben ein oder mehrere Kinder.
- Ein Drittel von ihnen konnte sich vorstellen, dauerhaft in Deutschland zu leben (31,4 Prozent) und 39 Prozent wollen mindestens zehn Jahre bleiben.Quelle
Ausländer*innen in Leiharbeit
Ausländische Beschäftigte arbeiten deutlich häufiger in der Leiharbeit (6 Prozent) als deutsche Beschäftigte (2 Prozent). In der Leiharbeitsbranche stieg ihr Anteil in den letzten Jahren: Mehr als jede*r dritte Beschäftigte in der Leiharbeit hatte 2019 einen ausländischen Pass (37 Prozent). In den Jahren von 2000 bis 2012 lag ihr Anteil noch bei durchschnittlich 17,4 Prozent.Quelle
Der Anstieg ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Geflüchtete, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, in der Branche arbeiten. Jede*r sechste Beschäftigte in Leiharbeit kommt inzwischen aus einem Asylherkunftsland. Unter Geflüchteten arbeiten deutlich mehr in der Leiharbeit (13 Prozent) als bei Beschäftigten insgesamt (2 Prozent). Für sie bietet Zeitarbeit offenbar einen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt. Gewerkschaften kritisieren, dass Leiharbeit oft keine Perspektive auf einen sicheren Job biete, und sie mit einem höheren Risiko verbunden ist, arbeitslos zu werden.Quelle
Anerkennung von ausländischen Abschlüssen
Im Jahr 2020 haben Bund und Länder 44.800 ausländische Berufsabschlüsse ganz oder teilweise anerkannt. Es wurden rund 42.000 Neuanträge auf Anerkennung bearbeitet. Das zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes. 2020 wurden weniger Anträge als im Vorjahr gestellt, Grund hierfür sind vor allem die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Insgesamt wurden 59.000 Anträge auf Anerkennung bearbeitet Zwei Drittel der Anerkennungen gab es in Gesundheitsberufen (29.900), vor allem für Pflegekräfte. Vergleichsweise wenige Anerkennungen gab es zum Beispiel bei Lehrerinnen und Lehrern (2.100).Quellen
Zum Hintergrund: Es gibt zahlreiche Berufe, in denen sich ausländische Arbeitskräfte unmittelbar bei Unternehmen bewerben können (zum Beispiel im Bereich KFZ-Mechatronik, im Einzelhandel oder als Tischlerin oder Tischler). Für einige Berufe benötigt man in Deutschland aber eine Zulassung (z.B. Ärztinnen und Ärzte oder Lehrkräfte). Für Zugewanderte heißt das, sie müssen zuerst ihre Abschlüsse anerkennen lassen, bevor sie in Deutschland in diesen Berufen arbeiten dürfen.
Für Berufe, die vom Bund geregelt werden, gibt es das Anerkennungsgesetz (z.B. Ärztinnen und Ärzte oder Pflegekräfte). Für Berufe, die auf Länderebene geregelt werden, gibt es für alle Bundesländer eigene Anerkennungsgesetze (z.B. bei Lehrkräften, bei Erzieherinnen und Erziehern oder in Ingenieurberufen). Die Regelungen weichen zum Teil stark voneinander ab. Die meisten Anerkennungen entfallen auf den Bund, etwa ein Fünftel auf die Bundesländer.Quellen
Wer lässt seine Abschlüsse anerkennen?
Die Personen, die im Jahr 2020 eine Anerkennung bekommen haben, kamen zu etwa je einem Drittel aus der EU, aus den übrigen europäischen Ländern sowie aus Ländern außerhalb Europas. Am häufigsten ließen Menschen aus Bosnien-Herzegowina ihre Abschlüsse anerkennen, gefolgt von Menschen aus Serbien und Syrien. Die meisten können künftig als Ärztinnen und Ärzte oder Pflegekräfte in Deutschland arbeiten.Quelle
In unserer Rubrik "Flucht und Asyl" finden Sie Zahlen und Fakten zu Flüchtlingen, die ihre Berufsabschlüsse anerkennen lassen möchten.
Eine bundesweite Übersicht von Beratungsstellen, die Einwanderer bei der Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse unterstützen, bietet das IQ Netzwerk "Integration durch Qualifizierung".
Wie groß ist der Fachkräftemangel?
Der Fachkräftemangel ist in den letzten Jahren zu einem der größten Probleme der deutschen Wirtschaft geworden. Hauptgrund ist der demographische Wandel in Deutschland: In den nächsten 15 Jahren wird die Generation der Babyboomer in den Ruhestand gehen. Unter dem Strich gehen mehr Menschen in Rente als neue einheimische Arbeitskräfte nachkommen. Hierdurch fehlen in vielen Bereichen Arbeitskräfte.
Bis zum Jahr 2026 werden laut einem Fachkräftemonitoring für das Bundesarbeitsministerium schätzungsweise 240.000 Stellen mehr neu zu besetzen sein, als Arbeitskräfte verfügbar sein werden. In diesem Szenario ist Zuwanderung schon eingerechnet. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hält langfristig eine Nettozuwanderung von mindestens 400.000 Personen im Jahr für notwendig. Weitere Strategien gegen den Fachkräftemangel sind, die Frauenerwerbstätigkeit weiter zu erhöhen und mehr Menschen zu qualifizieren.Quelle
In welchen Berufen fehlen Fachkräfte?
Fachkräfte sind in den vergangenen Jahren in vielen Berufen und Regionen deutlich knapper geworden: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) verzeichnete Ende 2022 Engpässe in 200 Berufsgruppen – das ist ein neuer Höchstwert (zum Vergleich: 2017 waren es 25 Berufsgruppen). Insgesamt fehlten damit Fachkräfte in jedem sechsten untersuchten Beruf. Ein Mangel an Fachkräften besteht vor allem in den Pflege- und Gesundheitsberufen, im Handwerk und in den Bauberufen. Darüber hinaus gibt es Engpässe im technischen Bereich, in Verkaufsberufen, im Gastronomieservice, sowie bei Berufskraftfahrer*innen im Güterverkehr.Quelle
Die Engpässe schlagen sich oft darin nieder, dass Stellen lange unbesetzt bleiben. Ein Beispiel: In der Pflege konnten 2022 offene Fachkräftestellen im Schnitt rund viereinhalb Monate (136 Tage) lang nicht besetzt werden. Außerdem gibt es in manchen Berufen starke regionale Unterschiede: Während 2022 Fachkräfte im Gartenbau in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg und Bayern gesucht wurden, war die Situation in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt entspannter.Quelle
Ein Problem für Unternehmen
Auch die Unternehmen sehen Probleme: Laut einer Umfrage hatten 2022 mehr als die Hälfte aller befragten Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen (53 Prozent), besonders in der Baubranche und im Industriebereich – so der jüngste "Fachkräftereport" des Deutschen Industrie- und Handelskammertags von Januar 2023. Jedes dritte Unternehmen sieht Arbeitskräfte aus dem Ausland als mögliche Gegenstrategie (35 Prozent).Quelle
Nicht nur Fachkräfte fehlen
Häufig wird in der Debatte um Arbeitskräftezuwanderung von "Fachkräfteeinwanderung" gesprochen. Expert*innen weisen jedoch daraufhin, dass in vielen Wirtschaftsbereichen, beispielsweise im Dienstleistungsbereich, auch ungelernte Arbeitskräfte dringend gesucht werden. Oft wäre es also präziser, von "Arbeitskräftemangel" zu sprechen.
Wichtige Quellen
• Bundesagentur für Arbeit: Interaktives Datenportal mit Details zum Bedarf in einzelnen Branchen, Link
• Bundesagentur für Arbeit: Übersicht zu Fachkräfte-Engpässen in verschiedenen Berufen, Link
• Bundesagentur für Arbeit: Jährliche Fachkräfteengpassanalyse, Link
• DIHK-Arbeitsmarkt- und Konjunkturreport: Jährliche Umfrage bei Unternehmen, Link
• Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (2022): Fachkräftemonitoring für das BMAS, Mittelfristprognose bis 2026, Link
Wie beliebt ist Deutschland bei Fachkräften aus dem Ausland?
Deutschland ist im Vergleich zu anderen großen Industriestaaten mittelmäßig attraktiv für Fachkräfte. So liegt es im aktuellen OECD-Ranking für "Fachkräfte-Attraktivität" auf Platz 15 von 38, hinter Ländern wie Kanada, den USA, Großbritannien oder Schweden. Sehr beliebt ist es bei Studierenden. Quelle
Potentielle Fachkräfte sind sehr interessiert an einem Job in Deutschland - entscheiden sich aber oft für andere Länder. Die Gründe hat die OECD in einer großen Umfrage unter 30.000 potentiellen Migrant*innen im Ausland abgefragt. Ergebnis: Nur 5 Prozent arbeiteten drei Jahre später in Deutschland. Die größten Probleme: die deutschen Visa-Stellen im Ausland. Befragte berichten von teilweise monatelangen Wartezeiten, während andere Länder teilweise schon nach einer Woche eine Visa-Entscheidung anbieten können. Ein weiteres Problem: Die Fachkräfte, die in Deutschland arbeiten, berichten häufig von Rassismus und Diskriminierung, besonders bei der Wohnungssuche, in der Schule der Kinder oder auf der Straße.Quelle
In einer Online-Umfrage (Methodik) unter mehr als 12.000 "Expats" landete Deutschland 2023 unter beliebten Zielen zum Arbeiten auf Platz 49 von 53 weltweit. Die Hauptgründe für die Unzufriedenheit vieler Expats: die fehlende Willkommenskultur sowie fehlende Digitalisierung, Sprachbarrieren und Probleme bei der Wohnungssuche. Drei von zehn Expats finden, dass die deutsche Bevölkerung "nicht freundlich" zu ausländischen Arbeitskräften sei (weltweit: 18 Prozent). Quelle
Schreckt Rechtspopulismus Fachkräfte ab?
Der Fachkräftemangel ist in den letzten Jahren zu einem der größten Probleme der deutschen Wirtschaft geworden. Aktuelle Zahlen haben wir hier zusammengestellt.
Starker Rechtspopulismus ist vermutlich schlecht für Fachkräfte-Anwerbung
Die rechtspopulistischen und teils rechtsextremen Positionen der AfD belasten vermutlich den Wirtschafts-Standort Deutschland. Das ist das Ergebnis einer Forschungs-Übersicht von 2024, die empirische Studien zum Thema ausgewertet hat. Wo die AfD oder ähnliche rechtspopulistische Bewegungen stark seien, gebe es "einen nicht zu unterschätzenden Nachteil bei der Anwerbung von in- und ausländischen Fachkräften". Unter anderem wird auf ein Experiment hingewiesen, wonach Dresden weniger attraktiv sei für inländische Fachkräfte, weil dort über Jahre "asyl- und migrationskritische Kundgebungen" stattfanden.Quelle
Mehr als 500 Unternehmen haben sich Anfang 2024 gegen Rechtspopulismus ausgesprochen. Auch die deutschen Handwerks-Betriebe sprachen sich gegen "Hetze und Rassismus" aus. Bei direkten Befragungen sehen die Vertreter von Wirtschafts- und Arbeitgeberverbänden die AfD kritisch: Die Mehrheit lehnt laut einer Befragung des WZB 2024 den Kontakt zur Partei ab und sieht von ihr keine positiven Beiträge zur Wirtschaft in Deutschland. Vielmehr werde die Partei als "systemfeindlich und systemgefährdend" angesehen. Ein Grund: die wirtschaftspolitischen Ideen der AfD. Kritisch sehen die Wirtschaftsvertreter*innen Forderungen nach dem Austritt aus der EU oder dem Euro-Raum und die Ablehnung von Zuwanderung.Quelle
Qualifizierte Arbeitskräfte fühlen sich abgeschreckt
Intoleranz und Diskriminierung beeinflussen stark, ob qualifizierte Arbeitskräfte in ein Land gehen wollen oder nicht, das belegen Studien. Zwar ist Deutschland beliebt bei Studierenden, aber nur mittelmäßig beliebt bei ausgebildeten Arbeitskräften. Ein wichtiger Grund: Die als mittelmäßig wahrgenommene Willkommenskultur ("inclusiveness"), so OECD-Befragungen.Quelle
In einer Online-Umfrage unter mehr als 12.000 "Expats" landete Deutschland 2023 unter beliebten Zielen zum Arbeiten auf Platz 49 von 53 weltweit. Die Hauptgründe für die Unzufriedenheit vieler Expats: die fehlende Willkommenskultur. Drei von zehn Expats finden, dass die deutsche Bevölkerung "nicht freundlich" zu ausländischen Arbeitskräften sei (weltweit: 18 Prozent). Quelle
Wie viel Geld schicken Migranten in ihre Herkunftsländer?
Insgesamt flossen im Jahr 2023 etwa 6,8 Milliarden Euro als Rücküberweisungen ("Remittances") ins Ausland. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein leichter Rückgang (-4 Prozent). Experten schätzen, dass der Großteil von Arbeits-Migranten in Deutschland stammt – und nicht von Geflüchteten. Ein Großteil ging an Angehörige in Europa (ca. 5 Milliarden). Besonders viel Geld ging in die Türkei, nach Polen, Italien und Rumänien. Das ist wenig überraschend, da aus diesen Ländern in der Vergangenheit die meisten Menschen zum Arbeiten nach Deutschland kamen. Besonders stark stiegen Rücküberweisungen in "Asylherkunftsländer" wie Syrien, die Ukraine, den Irak und Afghanistan (insgesamt: ca. 1 Milliarde Euro). Diese Gelder dürften vor allem von Geflüchteten stammen, die einen Job gefunden haben. Quelle
Die Zahlen zu Remittances sind Schätzungen anhand von verschiedenen Statistiken (Methode). Dazu werden freiwillige Meldungen von Kreditinstituten abgeglichen mit der Zahl der ausländischen Beschäftigten aus dem jeweiligen Land in Deutschland. Bei Abweichungen entscheidet die Beschäftigten-Zahl. Es ist nicht möglich, zu unterscheiden, ob Arbeits-Migrant*innen oder Geflüchtete das Geld überwiesen haben. Die Bundesbank betont: Auf Basis dieser Zahlen lässt sich keine Aussage treffen darüber, ob Geflüchtete Teile ihrer Sozialleistungen ins Ausland überweisen.Quelle
Kaum Rückgänge während Corona
Der Einfluss der Corona-Pandemie auf die Rücküberweisungen war erstaunlich gering. Der Anstieg bei den Überweisungen setzte sich fort, wenn auch etwas verlangsamt. Auch weltweit sind die Werte der Rücküberweisungen im Jahr 2021 insgesamt stabil und vergleichbar mit denen vor Beginn der Pandemie. Dafür könnte es verschiedene Gründe geben: Migrant*innen schicken oft kurzfristig mehr Geld in ihr Heimatland, wenn es benötigt wird, etwa bei Naturkatastrophen oder anderen Krisen. Viele würden eher bei sich sparen, als Rücküberweisungen an die Familie einzustellen.
Gute und schlechte Folgen von Rücküberweisungen
Mit den Geldern finanzieren die Familien in den Herkunftsländern etwa Arztbesuche oder ermöglichen es Kindern, zur Schule zu gehen. Und sie reduzieren generell die Armut der Empfänger. In einigen Ländern , wie zum Beispiel Moldawien, gab es durch die höhere Nachfrage teilweise sehr schnelle Lohnsteigerungen.
Es gibt aber auch Nachteile: Rücküberweisungen können die Inflation verstärken, da die Wirtschaft mehr importiert und selbst weniger konkurrenzfähig ist. Und Haushalte, die keine Rücküberweisungen erhalten, leiden an der Preissteigerung.
Die wichtigsten Fragen zu Rücküberweisunge / Remittances beantworten wir in einem Factsheet, hier >>
Eine aktuelle Übersicht zum Forschungsstand zu "Rücküberweisungen" bietet die Bundeszentrale für politische Bildung, hier >>
Wie viel Kindergeld geht ins Ausland?
Insgesamt zahlte Deutschland 2021 für rund 16,7 Millionen Kinder Kindergeld. Davon waren rund 1,8 Prozent (etwa 292.100) nicht-deutsche Kinder, die im Ausland leben – in den allermeisten Fällen die Kinder von EU-Arbeitskräften, die in Deutschland arbeiten. Nach Wohnsitz waren das besonders häufig Kinder polnischer Kindergeldberechtigter (134.000), gefolgt von Kindern rumänischer (rund 31.500) und tschechischer Staatsbürger*innen (rund 31.900).Quelle
Mehrere Jahre stieg die Zahl der im Ausland lebenden Kinder von ausländischen Arbeitskräften in Deutschland, für die Kindergeld gezahlt wird. Das sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass heute mehr EU-Ausländer*innen in Deutschland lebten und arbeiteten als noch vor ein paar Jahren, erklärte der Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker vom „Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“ (IAB) im Interview mit dem MEDIENDIENST. Inzwischen stagniert die Zahl.
Nach geltendem EU-Recht sowie nach dem deutschen Einkommensteuergesetz können EU-Bürger*innen für ihre Kinder im Ausland Kindergeld beantragen, sofern sie in Deutschland steuerpflichtig arbeiten. Das gilt auch für Saisonarbeiter*innen, die einkommensteuerpflichtig in Deutschland arbeiten. Die Höhe des Kindergeldes muss exakt dem von inländischen Arbeitskräften entsprechen – so ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs EuGH von 2021. Niedrigere Sätze – etwa für Arbeitskräfte, deren Kinder im Ausland leben – sind nicht zulässig. Im konkreten Fall ging es um eine Sonderregelung in Österreich, die vom EuGH für unzulässig erklärt wurde.Quelle
Dass EU-Bürger*innen für ihre im Ausland lebenden Kinder in Deutschland Kindergeld beziehen können, sorgt immer wieder für Kontroversen. Ein Faktencheck des MEDIENDIENSTES zeigt jedoch, dass die Aufregung nicht angebracht ist. Etwa ist es nicht möglich, in mehreren EU-Staaten volles Kindergeld zu bekommen.
Wann kamen die meisten Einwanderer nach Deutschland?
Es lassen sich in der deutschen Einwanderungsgeschichte verschiedene Phasen und Haupt-Wanderungsmotive erkennen.
Die meisten Einwanderer*innen kamen
- mittels Anwerbeabkommen als sogenannte "Gastarbeiterinnen" und "Gastarbeiter" in die BRD (1955 bis 1973) und als "Vertragsarbeiter" in die DDR (bis 1990),
- durch den Familiennachzug zu bereits in Deutschland lebenden Ausländern (vor allem zwischen 1973 und 1985, aber auch bis heute),
- als Aussiedler und Spätaussiedler (vor allem zwischen 1987 und 1999),
- als Flüchtlinge (Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre und verstärkt wieder seit 2014),
- und als Bürger der Europäischen Union im Zuge der Freizügigkeit.
Der MEDIENDIENST hat in einem Artikel die wichtigsten Migrationsbewegungen seit dem 18. Jahrhundert dargestellt. Ein weiterer Artikel gibt eine Übersicht über Migration in die DDR.
News Zum Thema: Arbeitskräfte
Migration in Portugal "Ausnahmeerscheinung in Europa"
Portugal wirbt seit Jahren um Flüchtlinge und Migrant*innen. Warum? Ein Gespräch mit dem portugiesischen Sozialwissenschaftler Carlos Nolasco.
Faktencheck Kindergeld für EU-Bürger
Deutschland zahlt mehr Kindergeld für Kinder, die im Ausland leben, als vor einigen Jahren. Das sorgt für emotionale Debatten. Der Faktencheck des MEDIENDIENSTES zeigt aber: Die Aufregung ist nicht angebracht.
Europäische Union Fakten zur Kindergeld-Debatte
Seit Tagen gibt es eine kontroverse Debatte über Kindergeld-Zahlungen für Kinder im Ausland. Der MEDIENDIENST hat wichtige Informationen zusammengefasst: Um wie viele Kinder von EU-Bürgern geht es? Was sind die rechtlichen Rahmenbedingungen? Und was würde passieren, wenn man die Zahlungen kürzt?